Die Blende ist ein Bauelement, das sich zwar nicht den Blicken, sehr wohl aber dem Zugriff entzieht: Wir können sie sehen, kommen aber nicht an sie heran. Wir können die Blende wählen, aber wie groß die von den Blendenlamellen gebildete Öffnung dann ist, wissen wir nicht. Der Hersteller gibt es gewöhnlich nicht an und um es herauszufinden, müssten wir das Objektiv vollständig zerlegen.
Die Eintritts- und Austrittspupille sind virtuelle Trugbilder
Immerhin können wir die Blendenöffnung sehen, als Eintrittspupille beim Blick von vorne in das Objektiv und bei Wechselobjektiven auch als Austrittspupille beim Blick durch die Hinterlinse. Eintritts- und Austrittspupille sind jedoch virtuelle Trugbilder, nämlich Produkte der Linsen, durch die wir schauen. Sammellinsen lassen die Blende größer und näher erscheinen, Zerstreuungslinsen dagegen verkleinern sie. Weder Eintritts- noch Austrittspupille stimmen daher mit der tatsächlichen Blendenöffnung überein und außer bei symmetrischen Objektivkonstruktionen sind Eintritts- und Austrittspupille auch nicht identisch.
Dass wir normalerweise nur die virtuellen Bilder der Blende sehen und deren Durchmesser ermitteln können, ist dennoch kein so großes Problem, denn die Eintritts- und Austrittspupille sind tatsächlich von größerer Bedeutung als die Blendenöffnung selbst.
So berechnet sich die Blendenzahl
Die Blendenzahl ist gleich der Brennweite, geteilt durch den Durchmesser der Eintrittspupille; umgekehrt erhält man den Durchmesser der Eintrittspupille, indem man die Brennweite durch die Blendenzahl teilt. Bei einem 50-mm-Objektiv entspricht also Blende 2,8 einer Eintrittspupille von 17,9 mm.
Dass sich die Blendenzahl gar nicht auf die eigentliche Blendenöffnung bezieht, sondern auf ein bloßes Bild der Blende, verwundert zunächst, hat aber einen guten Grund: Es ist die Eintrittspupille, und nicht etwa die Blendenöffnung selbst, von der die Lichtstärke, die Schärfentiefe und das Ausmaß der Beugungsunschärfe abhängen. Man kann sich diesen Zusammenhang leicht veranschaulichen:
Wenn die Linsen vor der Blende diese scheinbar vergrößern, dann muss es sich um Sammellinsen handeln, die das Licht bündeln. Ein breites Strahlenbündel wird so durch eine kleinere Blendenöffnung geleitet; die wirksame Blendenöffnung ist also größer. Umgekehrt fächern die verkleinernden Zerstreuungslinsen die Lichtstrahlen auf, sodass nur ein schmales Bündel von Strahlen durch die Öffnung passt. Bei Zooms ändert sich generell die Eintrittspupille, wenn man die Brennweite verändert; je länger die Brennweite, desto größer erscheint auch das Bild der Blende, obwohl die Blendenöffnung selbst gleich bleibt. Manche Zooms sind so gerechnet, dass die Eintrittspupille proportional zur Brennweite wächst; solche Objektive haben dann eine über den gesamten Zoombereich konstante Lichtstärke.
Der parallaxfreie Drehpunkt und der Nodalpunkt
Auch die Lage der Eintrittspupille ist von Bedeutung. Ihr Mittelpunkt ist der parallaxfreie Drehpunkt, um den man eine Kamera schwenken muss, damit sich überlappende Bilder zu einem Panorama zur Deckung bringen lassen. Mit dem Nodalpunkt, mit dem dieser Punkt oft verwechselt wird, hat er nichts zu tun, und das ist auch gut so: Im Gegensatz zu den Nodalpunkten kann man die Eintrittspupille und ihren Mittelpunkt unmittelbar sehen, was die Ausrichtung einer Kamera für Panoramaaufnahmen erheblich vereinfacht.
Die Bedeutung der Austrittspupille
Der Verlauf der Lichtstrahlen zwischen Objektiv und Sensor werden von der Austrittspupille bestimmt. Sie ist der Ort, von dem die auf den Sensor treffenden Strahlen zu kommen scheinen. Je weiter die Austrittspupille vom Sensor entfernt ist, desto steiler trifft das Licht auch noch an dessen Rand auf. Im Extremfall eines telezentrischen Objektivs liegt die Austrittspupille im Unendlichen und die Strahlen treffen stets senkrecht auf den Sensor. Schon nahezu telezentrische Objektive, deren Austrittspupille lediglich relativ weit vom Sensor entfernt ist, minimieren den Abfall von Helligkeit und Schärfe im Randbereich.
Auch auf die Größe der Austrittspupille kommt es an: Die lichtempfindliche Fläche jedes Sensorpixels liegt am Grunde eines Schachts, der um so enger ist, je dichter die Pixel gepackt sind. Sehr kleine Pixel können eine große Austrittspupille gar nicht mehr vollständig sehen und die Lichtstärke eines Objektivs mit großer Öffnung wäre dann möglicherweise verschenkt. Daraus kann man allerdings kein allgemeingültiges Argument gegen lichtstarke Objektive konstruieren, denn dieses Problem hängt ja von der Größe der Austrittspupille ab, die Lichtstärke eines Objektivs aber von seiner Eintrittspupille. Wenn die Eintrittspupille groß, die Austrittspupille aber klein ist, können auch kleine Sensorpixel einen Nutzen aus der hohen Lichtstärke ziehen.
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