Gut ein Jahr nach Vorstellung der ersten spiegellosen Vollformatkamera hatte Sony überraschend im November die Alpha 7 II vorgestellt. Markteinführung in Deutschland soll zwar erst im Januar sein, wir konnten die neue Kamera aber schon vor Weihnachten einem Praxis- und Labortest unterziehen.
Gegenüber ihrer Vorgängerin ist die Neue etwas größer geworden – vor allem der Handgriff ist deutlich ausladender und verleiht beim Einsatz großer und schwerer Objektive einen besseren Halt. Der Auslöser ist von der Kameraoberseite nach vorne auf den Griff gewandert und damit ergonomisch perfekt positioniert. Den frei gewordenen Platz auf der Kamera nutzt Sony für einen weiteren Custom-Knopf. Alles in allem lässt sich die Kamera nun komfortabler bedienen, hat aber ein wenig ihres Retro-Charms verloren.
Die Sony Alpha 7 II stabilisiert fünf Achsen
Die wichtigste technische Neuerung ist der Fünf-Achsen-Bildstabilisator, der Verwacklungen durch das Bewegen des Bildsensors ausgleicht.
Wie alle Stabilisatoren korrigiert er Änderungen des Aufnahmewinkels, also ein Kippen der Kamera zur Seite und nach unten beziehungsweise oben. Speziell für Aufnahmen im Nahbereich ist die Korrektur der Verschiebung entlang der X- und Y-Achse gedacht – eine Funktion die sich beispielsweise auch in Canons Makro-Objektiv EF 2,8/100 mm L IS USM findet.
Schließlich kann die Alpha 7 II Drehbewegungen kompensieren – das ist mit einem Bildstabilisator im Objektiv nicht möglich. Bei E-Bajonett-Objektiven mit Bildstabilisator nutzt die Alpha den Objektivstabilisator für die Winkelkorrektur und kompensiert selber nur noch die X- und Y-Achse sowie die Drehbewegungen.
Besonders interessant ist die Technologie natürlich bei Objektiven, die keinen eigenen Stabilisator haben. Dies trifft auf alle Sony- und Minolta-Objektive mit A-Bajonett zu, da Sony in seinen Spiegelreflexkameras schon seit langem auf die Bildstabilisierung in der Kamera setzt. Schließlich profitieren natürlich alle Fotografen, die alte manuelle Objektive per Adapter nutzen – auch hier funktioniert die Bildstabilisierung.
Sony gibt an, dass die Alpha 7 II bis zu 4,5 Blendenstufen kompensiert (gemessen nach CIPA-Standard). Allerdings gilt diese Angabe exklusiv für das Zeiss FE 1,8/55 mm. Sehr gute Ergebnisse haben wir auch mit dem Zeiss FE 2,8/35 mm erzielt – hier waren bei ruhiger Kamerahaltung und mit etwas Glück Aufnahmen mit 0,4 s noch optimal scharf. Beim Einsatz eines SAL 2,8/70-200 mm G SSM II für A-Bajonett mit Adapter war die Effektivität des Stabilisators nicht ganz so ausgeprägt – immerhin gelangen mit 1/30 s aus der Hand scharfe Bilder.
Bessere Videos mit der neuen Sony
Wie schon der Alpha 7s hat Sony auch der Alpha 7 II einen Videomodus mit höherer Datenrate spendiert:
Das XAVC-S-Format erlaubt bei Full-HD mit 60 Bildern/s bis zu 50 MBit/s – AVCHD nur 28 MBits/s. Der Modus lässt sich allerdings nur aktivieren, wenn eine SDXC-Speicherkarte in der Kamera steckt. Ebenfalls aus der Alpha 7s bekannt ist die S-Log2-Videoeinstellung, die für einen besonders großen Dynamikbereich sorgt, der optimal für die Nachbearbeitung geeignet ist. Die Möglichkeit, 4K-Video aufzuzeichnen, fehlt der Alpha II allerdings.
Verbessert wurde der kippbare Monitor. Er hat nach wie vor eine Diagonale von 7,5 cm, stellt nun aber 1,23 Millionen statt 921.600 Punkte dar und bringt weiße Subpixel mit, die den Stromverbrauch etwas reduzieren und die Darstellung bei Sonnenlicht verbessern (WhiteMagic-Technologie).
Wie schon die anderen Modelle der Alpha-7-Serie bringt auch die Neue einen zuschaltbaren ersten elektronischen Verschluss mit, der verhindern soll, dass Vibrationen zu Unschärfen im Bild führen. Ein komplett lautloser elektronischer Verschluss bleibt allerdings der 12-Megapixel-Kamera Alpha 7s vorgehalten – er scheint sich bei einem höher auflösenden Sensor schwerer realisieren zu lassen. Unter dem Strich ist die Alpha 7 II sehr gut ausgestattet. Vermissen könnte der eine oder andere Fotograf vielleicht einen Touchscreen und einen Gehäuseblitz.
Spitze bei der Bildqualität
Im Labor haben wir die Alpha 7 II mit dem Zeiss FE 1,8/55 mm Referenzobjektiv vermessen. Dabei brilliert die Kamera mit herausragenden Auflösungswerten – die Alpha 7 hatten wir noch mit dem 2,8/35 mm getestet, das nicht ganz so hoch auflöst.
Über den ISO-Bereich nimmt die Auflösung langsam und gleichmäßig ab, erst bei ISO 25.600 bricht sie massiv ein. Sehr niedrig fällt das Bildrauschen aus, das ebenfalls kontinuierlich ansteigt, aber bis ISO 6400 weitgehend unkritisch bleibt.
Unter dem Strich liefert die Kamera bis ISO 1600 fast tadellose und bis ISO 6400 gute Ergebnisse. In den extrem hohen ISO-Stufen (ISO 12.800 und 25.600) fällt das Rauschen übrigens etwas stärker aus als bei der Alpha 7, dafür bleiben allerdings mehr Details erhalten – offensichtlich setzt Sony hier den Rauschfilter zurückhaltender ein.
Serien nimmt die Alpha 7 II weiterhin mit 5 Bildern/s auf, wobei sie dank Hybrid-Autofokus, also einer Kombination aus Phasen- und Kontrast-Detektion auf dem Bildsensor, die Schärfe nachführt. Allerdings gelingt die Nachführung nur in einem relativ zentralen Bereich des Bildes, in dem die Phasen-AF-Pixel sitzen. Im Randbereich führt die Kamera die Schärfe auch bei aktiviertem kontinuierlichen AF nicht nach.
Im Labor haben wir die Geschwindigkeit des Einzel-AFs mit dem Zeiss Vario Tessar 4,0/24-70 mm OSS gemessen. Mit etwas über 0,3 s Auslöseverzögerung ist er etwa so schnell wie der Autofokus der Alpha 7 mit dem 3,5-5,6/28-70 mm OSS.
Sony Alpha 7 II: Effektivität der Bildstabilisierung
Fazit zur Sony Alpha 7 II
Die Integration des Bildstabilisators in das Kameragehäuse ist ein wichtiger Schritt für Sonys spiegelloses Vollformat-System: Sony-Fotografen mit A-Objektiven oder Nutzer alter manueller Objektive müssen nun nicht mehr auf die Bildstabilisation verzichten. Auch sonst hat uns die Alpha 7 II begeistert. Mit 88 % erreicht sie bei der Bildqualität sogar den zurzeit besten Wert aller Vollformat- und spiegellosen Systemkameras.
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