Superzooms erobern auch die spiegellosen Vollformatkameras. Nach Sony und Canon haben auch Nikon für das Z-System und Tamron für Sony-E interessante Modelle vorgestellt, die sich als Allrounder für viele Zwecke eignen. Wir haben das Nikon Z Nikkor 4-6,3/24-200 mm VR und das Tamron 2,8-5,6/28-200 mm Di III RXD in den BAS-Digital-Test geschickt.
Nikkor-Superzoom mit Vibration Reduction
Das Z Nikkor 4-6,3/24-200 mm VR ist im Gegensatz zu fast allen anderen Vollformat-Z-Objektiven kein „S“-Objektiv, besitzt allerdings einen Bildstabilisator, der mit den kamerainternen Stabilisatoren harmoniert und fünf Blendenstufen Verwacklungsausgleich bieten soll. Das 8,3fach-Zoom ist sehr gut bis ausgezeichnet verarbeitet und gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Seine Nahgrenze ist von 0,50 bis 0,70 m gleitend. Mechanisch leistet es sich keine großen Schwächen, lediglich der Fokussierring könnte breiter und besser bedienbar sein.
Superzooms zeigen üblicherweise Schwächen beziehungsweise Kompromisse in der optischen Auflösung. Das Nikkor hat bei 24 mm eine deutliche und bei 70 mm eine leichte Offenblendeinschränkung, abgeblendet um eine Stufe läuft es jedoch zur (guten bis sehr guten) Höchstform auf.
Die Werte bei 200 mm liegen typischerweise niedriger, dort ist es aber offenblendtauglich. Bei der Randabdunklung gibt es bei 24 mm aufgeblendet eine deutliche, spontane Vignettierung, die durch Abblenden gut wird. Die anderen Brennweiten sind erheblich besser. Praktisch voll korrigiert ist die Verzeichnung: zu gut, um nur durch die optische Konstruktion erklärt zu werden.
Tamron mit hoher Lichtstärke
Als erstes derart gespreiztes Superzoom (7,14fach) mit einer Anfangsöffnung von f/2,8 bei 28 mm ist das Tamron 2,8-5,6/28-200 mm Di III RXD – vergleichbare Objektive starten eher bei f/3,5 oder lichtschwächer. Die Lichtstärke von Blende f/2,8 bei 28 mm springt bereits bei 32 mm auf f/3,2.
Das Tamron bietet allerdings nicht die rund neun Grad mehr Bildwinkel am Weitwinkelende, die ein bei 24 mm beginnendes Zoom leistet. Dafür gelang eine vergleichsweise kompakte und mit 575 g eher leichte Bauart. Es reiht sich nahtlos in die anderen Modelle für Sony E ein, sowohl äußerlich als auch beim Filtergewinde und Wetterschutz.
Ein Bildstabilisator ist nicht integriert, da vertraut Tamron auf den Gehäusestabilisator der Sony-Modelle. Über die Kamera können bei Bedarf Firmware-Updates für das Objektiv aufgespielt werden. Erwähnenswert sind die starken Nahaufnahmequalitäten durch die kurze, fließende Nahgrenze: Bei 28 mm beträgt sie 19 cm (Abbildungsmaßstab 1:3,1), im Telebereich bei 200 mm kommt es auf 1:3,8 (Nahgrenze 80 cm).
Sowohl die Korrektur von Randabdunklung als auch der Verzeichnung können im Kameramenü aktiviert bzw. deaktiviert werden. Ohne Korrektur ist die Verzeichnung bei 28 mm leicht tonnenförmig, bei 70 und 200 mm stärker kissenförmig. Die Randabdunklung ist im Vollformat bei 28 mm deutlich, ansonsten sichtbar und nimmt mit der Brennweite ab.
Auch beim Tamron empfiehlt sich das Abblenden um eine (oder bei 70 mm zwei) Stufe(n), um sehr gute bis ausgezeichnete Werte zu erreichen. Auffällig sind die höheren Werte bei 200 mm im Vergleich mit dem Nikkor.
Superzooms von Canon und Sony
Werfen wir noch einen Blick auf die Konkurrenz: Das oben erwähnte Sony FE 3,5-6,3/24-240 mm OSS schnitt im Test (fM 11/16) am APS-C-Sensor etwas schwächer, aber am VF-Sensor (80 %) deutlich besser als das Tamron ab. Die höhere Wertung ist vor allem auf die bessere Verzeichnung und Vignettierung zurückzuführen, die Auflösung insbesondere bei 240 mm liegt beim Sony hingegen deutlich niedriger. Die Optik-Gesamtnote beträgt 80 %, mechanisch ist es schwächer (83 %).
Ein etwas lichtschwächeres Superzoom liefert Canon mit dem RF 4-6,3/24-240 mm IS USM für seine spiegellosen R-Kameras. Dank kamerainterner Optimierungen liefert es im Test (fM 2/20) sehr gute Leistungen (Optik 83 %, Mechanik 78 %).
FAZIT
Es ist schon erstaunlich, zu welchen Leistungen die kleinen und leichten Superzooms für spiegellose Systemkameras imstande sind. Wunderdinge dürfen Sie von ihnen allerdings auch nicht erwarten, solange die Objektive in der 1000-Euro-Liga spielen. Ich bin gespannt, ob sich ein Hersteller – wie damals Canon mit dem EF 28-300 mm L IS USM – traut, eine Profivariante vorzustellen. Bis dahin haben die Kunden mit den aktuellen Superzooms sehr gute Alternativen.
> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test.
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 12/2020 erschienen.
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