Im Test: Leica Q3

Mit dem nunmehr dritten Modell der Q-Baureihe pflegt Leica als einziger Hersteller weiterhin die Nische kompakter Vollformatkameras mit Festbrennweite. Wir haben die 60-Megapixel-Kamera ausführlich getestet.

Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann

freier Journalist und Technikexperte

Leica Q3 mit Ladepad
sehr gut

Fazit
Wie schon ihre Vorgängermodelle kombiniert die Q3 die bewusste Beschränkung auf eine feste Brennweite mit einer Bildqualität auf hohem Niveau. Anhänger dieses Konzepts wird weniger die moderate Steigerung der Sensorauflösung gegenüber der Q2 als die vielfältigen Verbesserungen bei Ausstattung und Handling vom neuen Modell überzeugen. Angesichts des hohen Preises bleibt allerdings die Frage, ob der Einstieg in ein Kamerasystem mit Wechselobjektiven nicht die bessere Option wäre.

Preis (Liste/Straße): ca. 5950 Euro/ ca. 5950 Euro

Testergebnisse

  • Bildqualität (60%) 88.4%
  • Geschwindigkeit (20%) 89.2%
  • Ausstattung & Bedienung (20%) 84.8%
  • Gesamt 87.8%

Nachdem die Sony RX1R II und die Zeiss ZX1 eingestellt wurden, blieb zuletzt allein die Leica Q2 aus dem Jahr 2019 als Vertreter der Vollformat-Kompaktkameras übrig. Deren Nachfolger Q3 unterstreicht, dass der letzte deutsche Kamerahersteller die Liebhaber von Edelkompakten nicht im Stich lässt. Alternativen findet man nur noch in den APS-C-Modellen Fujifilm X100V und Ricoh GR III.

Gegenüber dem Vorgängermodell ist die Sensorauflösung der Leica Q3 von 47,3 auf 60,3 Megapixel gestiegen. Die Q2 kostete bei Markteinführung 4790 Euro, nach Preiserhöhungen nun 5650 Euro, die Q3 liegt nochmal 300 Euro darüber.

Vertrautes Design: Leica Q3 ähnelt der Q2

Von vorne betrachtet gleichen sich Q3 und Q2 aufs Haar und auch das Summilux 1,7/28 mm Asph. mit optischem Bildstabilisator hat Leica von den Vorgängern übernommen.

Leica Q3 und Leica Q2

Ähneln sich sehr: links Leica Q3 (130 x 80,3 x 92,6 mm, rechts Q2 (130 x 80 x 91,9 mm).

© Leica

Stärken und Schwächen des fest verbauten Objektivs sind daher bekannt. Es bildet scharf und kontrastreich ab, verzeichnet allerdings tonnenförmig. Das Summilux bildet aber einen größeren Bildwinkel als den eines 28-mm-Objektivs auf dem Sensor ab, sodass – trotz nicht abschaltbarer Verzeichnungskorrektur – der Bildwinkel weiter 28 mm entspricht. Die Verzeichnungskorrektur wird auch von Raw-Konvertern wie Lightroom oder Capture One automatisch angewandt, der Fotograf merkt davon also in der Regel nichts. Im Makromodus mit einer Einstellgrenze von 17 Zentimetern sinkt die Lichtstärke auf f/2,8, aber wegen der geringen Schärfentiefe von Makroaufnahmen wäre eine größere Blende ohnehin selten sinnvoll nutzbar.

Hochauflösender Sensor mit Digitalzoom

Die Megapixelzahl steigt gegenüber der Q2 um 27 Prozent, was mehr Raum für Ausschnittvergrößerungen lässt. Nachdem die Q2 ein Digitalzoom auf 35, 50 und 75 mm unterstützte, kommt nun eine 90-Millimeter-Option hinzu. Der elektronische Sucher und das rückwärtige Display zeigen dann keine Ausschnittvergrößerung; im Messsucherstil wird stattdessen ein entsprechend kleinerer Rahmen eingeblendet. Während das JPEG nur einen Ausschnitt speichert, bleiben in einer DNG-Datei die vollständigen Bilddaten erhalten.

Im Raw-Konverter lässt sich der Ausschnitt daher noch verschieben, vergrößern, verkleinern oder auch das vollständige Bild exportieren. Selbst bei 90 mm bleiben noch knapp 6 Megapixel übrig, die für manche Anwendungen ausreichen, und die Abbildungsleistung des Objektivs lässt diesen digitalen Zoomfaktor von 3,2 problemlos zu.

Die Bildwirkung entspricht der einer echten Brennweitenverlängerung, aber wenn es um die Schärfentiefe geht, muss man die Lichtstärke wie für kleinere Sensoren umrechnen – fotografiert wird effektiv mit 90 mm bei f/5,4. Aktiviert man die automatische Perspektivkorrektur, so werden kippende Horizonte und stürzende Linien im gespeicherten JPEG kompensiert; eine DNG-Datei bleibt wiederum unverändert. Diese Perspektivkorrektur funktioniert auch zusammen mit dem Digitalzoom.

Hybrid-Autofokus

Der 60-MP-Sensor, wie er beispielsweise auch von der Sony Alpha 7R V bekannt ist, unterstützt eine Fokussierung mit Phasendetektionspixeln. Der Autofokus der Q3 nutzt neben Phasendetektion und Kontrastvergleich auch noch Panasonics DFD-Verfahren – nicht nur in diesem Bereich der Kameraelektronik kann man die Auswirkungen von Leicas langjähriger Technologiepartnerschaft mit Panasonic erkennen.

Neben einer Motivverfolgung beliebiger Motive gibt es die Option einer Personen- und Augenerkennung, wobei auch mehrere Menschen im Bildfeld registriert werden – das ist insbesondere in der Street-Fotografie nützlich, für welche die Q3 prädestiniert scheint.

Leica Q3 back

Die Rückseite der Q3 ist sehr aufgeräumt und wird von dem hochaulösenden 3,0-Zoll-Touch-Monitor dominiert.

Foto: © Leica

Von der Rückseite betrachtet werden weitere Neuerungen sichtbar. Das rund 1,8 Millionen Bildpunkte auflösende 3,0-Zoll-Touchdisplay ist nunmehr beweglich und kann für Aufnahmen aus besonders tiefen oder hohen Perspektiven nach oben und unten gekippt, aber nicht für Videoaufnahmen nach vorne geklappt werden. Wegen dieses etwas schwergängigen Mechanismus schließt das Display nun nicht mehr bündig mit der Rückwand der Kamera ab. Die bei der Q2 noch links des Monitors angeordneten Tasten sind auf die rechte Seite gewandert und daher mit dem rechten Daumen gut erreichbar; die linke Hand wird nur noch gebraucht, um die Kamera abzustützen und den Blendenring zu drehen.

Neben dem Vierwege-Controller gibt es vier frei belegbare Funktionstasten und ein konfigurierbares Rändelrad. Weiterhin fehlt jedoch ein Joystick. Der OLED-Sucher löst zeitgemäße 5,76 Millionen Bildpunkte auf; an seiner Konstruktion mit einem zum Schutz vor einer versehentlichen Verstellung versenkbaren Dioptrienkorrekturrad hat sich ansonsten nichts geändert. Zur Speicherung der Bilddaten setzt Leica weiterhin auf SDXC-Karten, für die es in der Q3 nur einen Steckplatz gibt – der leider unzugänglich ist, wenn man die Kamera auf ein Stativ montiert.

Leica Q3 seitlich mit Klappmonitor

Neu bei der Q3 ist unter anderem der Klappmonitor.

Foto: © Leica

Kontaktfreundlich mit und ohne Kabel

Neu sind ein USB-C- und ein HDMI-Anschluss (Typ D), wobei die Q3 über USB auch nach dem Power-Delivery-Standard mit Strom versorgt und ihr Akku geladen werden kann. Wie bei Leica mittlerweile üblich gibt es keine Batterieklappe; die Unterseite des Akkus selbst schließt witterungsdicht mit dem Gehäuse ab. Mit einem optionalen Handgriff kann die Batterie auch kabellos über Induktion geladen werden. Der Handgriff sorgt gleichzeitig für einen sicheren Halt – die hinten glatte und vorne nur dezent strukturierte Gehäuseoberfläche der Q3 gibt wenig Halt; allein eine Ausbuchtung für den Daumen hilft, dass die Kamera nicht aus den Fingern rutscht.

Leica Q3 mit Ladepad

Kabellos laden lässt sich der Akku der Q3 mit optionalem Zubehör, bestehend aus Handgriff (195 Euro) und Ladepad (175 Euro).

Foto: © Leica

Der Q3 liegt ein Lightning-Kabel für den Anschluss eines iPhones bei. Nachdem sich Leicas – für iOS und Android verfügbare – „Fotos“-App mit der Kamera bekannt gemacht hat, ist auch eine WLAN-Verbindung ohne eine weitere Konfigurierung möglich; die Kabelverbindung erlaubt allerdings eine schnellere Übertragung der Bilddaten. Mit Android-Smartphones ist derzeit nur eine WLAN-Kopplung möglich. Die „Fotos“-App unterstützt eine Fernsteuerung der Kamera, die Synchronisierung von Uhrzeit und GPS-Daten zwischen Kamera und Smartphone sowie die Verwaltung der Aufnahmen; darüber hinaus lassen sich damit weitere, von Leica angebotene Bild-Looks in der Kamera installieren.

Videos mit 8K-Auflösung

Im Videomodus zeichnet die Q3 8K-Filme mit 8192 × 4320 oder 7680 × 4320 Pixeln und einer Bildfrequenz von 29,97 fps auf. Bei einer Farbunterabtastung von 4:2:2 oder 4:2:0 werden bis zu 10 Bit gespeichert oder über die HDMI-Buchse ausgegeben. Im 4K-Modus wird eine Bildfrequenz von 59,94 und mit Full-HD 119,88 fps erreicht. Neben den Codecs H.265 und H.264 unterstützt die Q3 auch Apple ProRes.

Leica Q3: Geschwindigkeit und Bildqualität

Der Autofokus der Q3 stellt im Mittel in 0,23 Sekunden scharf. Für die maximale Serienbildfrequenz von 15 Bildern/s digitalisiert die Q3 12 Bit pro Pixel. Der AF stellt dabei nur einmal scharf und nach maximal 61 Aufnahmen, sei es im JPEG- oder DNG-Format, endet die Serie. Wenn Fotos mit der maximalen Tonwertauflösung von 14 Bit aufgezeichnet werden sollen, wird eine Serienbildfrequenz von 6,6 Bildern/s erreicht. Auch nachdem der Pufferspeicher nach 65 JPEGs oder 61 DNGs seine Füllgrenze erreicht hat, wird die Serie fortgesetzt, die Frequenz fällt allerdings auf 1,8 (JPEG) beziehungsweise 1,1 Bilder/s (DNG) ab. Bei einer Beschränkung auf 4 Bilder/s ist auch eine kontinuierliche Fokussierung möglich.

Im JPEG-Labortest erreicht die effektive Auflösung bei der Grundempfindlichkeit von ISO 100 44,2 Megapixel (Wirkungsgrad 85,6 %); bis ISO 3200 sinkt sie nur wenig auf 41,1 Megapixel. Der Wirkungsgrad fällt erst bei ISO 12.500 unter 80%. Die Artefaktnote von 3,5 zeigt, dass es kaum eine künstliche Aufbereitung der Bilddaten gibt. Das Rauschen ist mit einem Wert von 1,9 bei ISO 100 trotz der 3,8 µm kleinen Sensorpixel unauffällig. Bis ISO 3200 steigt es auf 6,6, womit es dann etwas stärker als das der Sony Alpha 7R V ist. Die Eingangsdynamik bewegt sich je nach Empfindlichkeit zwischen 9,1 und 8,8 Blendenstufen und überflügelt damit Sonys 60-MP-Modell. Die Verzeichnung beträgt nur 0,2 Prozent, was allerdings der digitalen Korrektur zuzurechnen ist. Indirekt verringert sich so auch die Vignettierung auf 0,8 Blendenstufen, denn die dunklen Bildecken werden dabei zum Teil abgeschnitten.

„Die Bildqualität der Leica Q3 bewegt sich auf einem hohen Niveau.“

Michael J. Hußmann, Autor und Technikexperte

FAZIT
Wie schon ihre Vorgängermodelle kombiniert die Leica Q3 die bewusste Beschränkung auf eine feste Brennweite mit einer Bildqualität auf hohem Niveau. Anhänger dieses Konzepts wird
weniger die moderate Steigerung der Sensorauflösung gegenüber der Q2 als die vielfältigen Verbesserungen bei Ausstattung und Handling vom neuen Modell überzeugen. Angesichts des hohen Preises bleibt allerdings die Frage, ob der Einstieg in ein Kamerasystem mit Wechselobjektiven nicht die bessere Option wäre.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Labortest Lecia Q3 und Leica Q2

Labormessungen: Anders Uschold

Dieser Test ist im fotoMAGAZIN 9/2023 erschienen.

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