Im Test: Leica Q2

Qualitätsoffensive: Mit einem massiven Auflösungssprung von 24 auf 47 Megapixel wertet Leica seine Vollformatkamera Q mit lichtstarker 28-mm-Festbrennweite auf. Ob Leica mit der Q2 die beste Vollformat-Kompakte baut, zeigt unser Praxis- und Labortest.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Leica Q2

Die Leica Q2 hat eine Höhe von 80 mm und ist 130 mm breit.

Fotos: © Leica

Fast konkurrenzlos ist Leicas Q-Serie auf dem Markt der Vollformatkameras mit festmontierter Weitwinkelbrennweite. Am ehesten ist die Sony RX1 RII (42 Megapixel) vom Oktober 2015 eine Alternative. Sie ist allerdings etwas lichtschwächer (f/2 statt f/1,7) und hat eine Brennweite von 35 mm. Schnäppchen sind beide Kameras nicht: Sony verlangt 3500, Leica 4800 Euro. Eine preiswerte Alternative könnte eine Wechselobjektivkamera sein: Die Sony Alpha 7R II mit 42 Megapixeln geht für 1800 Euro über die Ladentheke, das Sony 2/28 mm gibt es für rund 400 Euro. Diese Kombination ist allerdings etwas schwerer und größer als die beiden Kompaktkameras.

Die Q2 bringt 734 Gramm auf die Waage und ist damit auch kein Leichtgewicht. Dafür fühlt sich das flache Magnesiumgehäuse im Messsucher-Design grundsolide an und ist nun gegen Staub und Spritzwasser geschützt (nach IP52). An der klassischen Bedienweise hat sich nur wenig geändert. Blende und Entfernung werden über Ringe am Objektiv gesteuert. Der Blendenring lässt sich in die Automatik-Position bringen und der Fokusring auf Autofokus umstellen.

Ein Makro-Umschaltring verkürzt die Naheinstellgrenze von 30 auf 17 cm, wobei die maximale Blendenöffnung auf 1:2,8 verringert wird. Mit dem Zeitenrad auf der Oberseite kann der Fotograf Verschlusszeiten von 1/2000 s bis zu 1 s direkt anwählen. Über das Daumenrad sind weitere Zeiten zugänglich: Bis zu 120 s bzw. bis zu 1/40.000 s – bei der Leica Q war bei 1/16.000 s Schluss. Für Zeiten kürzer als 1/2000 s kommt ausschließlich der elektronische Verschluss zum Einsatz.

Einen Schwachpunkt, den wir beim Test der Q bemängelt hatten, hat Leica beseitigt: Der lautlose E-Verschluss lässt sich nun auch bei Zeiten zwischen 1s und 1/2000 s nutzen, was beispielsweise das Fotografieren im Theater erleichtert. Wie bei allen aktuellen Kameras kann es auch bei der Q2 beim Einsatz des E-Verschlusses unter flackerndem Kunstlicht zu Streifenbildungen kommen. Hier empfiehlt sich also der mechanische Verschluss, der angenehm leise ist.

Leica Q2 Weitwinkelaufnahme

Vollformatsensor und hohe Lichtstärke ermöglichen auch im Weitwinkel Aufnahmen mit geringer Schärfentiefe und Bokeh – hier auf dem Hamburger Dom.
Kamera: Leica Q2, Einstellungen: f/1,7/ 1/50 s, ISO 100.

Bild in Originalgröße

Foto: © Andreas Jordan

Einige Änderungen hat sich Leica bei der Bedienung einfallen lassen. Im Test der Leica Q hatten wir kritisiert, dass der Einschalthebel auch für Serienbilder zuständig ist und man daher beim schwungvollen Einschalten schnell im Serienbildmodus landet. Dies hat Leica nun geändert: Die Serienbildfunktion ist ins Menü gewandert, kann aber auch auf eine Funktionstaste gelegt werden. Außerdem lässt sich das Rad für den Dioptrienausgleich nun im Gehäuse versenken, sodass es sich nicht mehr versehentlich verstellt.

Das Bedienkonzept ist puristisch

Die Viererwippe der Leica Q2 ist nicht mit Funktionen belegt, sondern dient nur zum Verschieben des AF-Messfeldes. Pfiffig gelöst ist die Belegung der beiden Funktionstasten. Durch kurzes Drücken werden voreingestellte Funktionen aufgerufen, nach längerem Drücken taucht ein kleines Menü auf, mit dem sich die Funktionszuweisung ändern lässt. Etwas unübersichtlich zu navigieren ist das Hauptmenü. Der 3,0-Zoll-Monitor ist touch-sensitiv und erlaubt beispielsweise des Setzen das AF-Messfeldes sowie das Blättern und Zoomen im Wiedergabemodus.

Neue Ausstattungsmerkmale an der Leica Q2

Neben dem neuen Bildsensor und dem Verbesserungen beim elektronischen Verschluss hat die Q2 noch einige weitere Neuerungen zu bieten. Den Sucher hat Leica vor allem durch die Umstellung von LCD- auf OLED-Technologie verbessert. Außerdem ist er etwas größer geworden – die Vergrößerung beträgt nun 0,76x statt 0,72x. Er hat nach wie vor eine hohe Auflösung von 3,68 Millionen Punkte und liefert damit ein brillantes Bild. Vor dem Kauf lohnt sich möglicherweise ein Kontrollblick. Bei unseren fabrikneuen Testgerät hatte sich Staub in die Sucheroptik gesetzt.

Vom neuen 47-Megapixel-Sensor profitiert auch der digitale Crop-Modus. So stehen bei kleinbildäquivalenten 35 mm noch 30 Megapixel zur Verfügung, bei 50 mm 14,7 und bei 75 mm 6,6. Der gewählte Ausschnitt wird im Sucher und auf dem Monitor als Rahmen dargestellt, der Fotograf hat auch den Bereich außerhalb des gewählten Crops im Blick. Positiv fällt der optische Bildstabilisator auf, der in der Automatikposition erst bei längeren Belichtungszeiten ab 1/60 s aktiv wird. Leica macht keine Angaben zur Effektivität. Zu den besten Stabilisatoren auf dem Markt dürfte er allerdings nicht zählen – vereinzelt gelangen uns scharfe Aufnahmen aus der sehr ruhigen Hand mit 1/4 s, zum Teil waren aber auch schon Aufnahmen mit 1/15 s unscharf.

Leica Q2 seitlich
Foto: © Leica

Deutliche Verbesserungen gibt es bei der Videoauflösung. So nimmt die Q2 nun 4K auf, sogar im 17:9-Cinema-Format, also mit 4096 x 2160 Pixeln und 24p. 16:9-4K lässt sich wahlweise mit 24p oder 30p aufzeichnen, Full-HD mit bis zu 120p. In unserem Test konnten wir ca. 29 Minuten 4K am Stück aufnehmen.

Schwächen der Leica Q2

Die Q2 hätte also durchaus das Potenzial für eine sehr gute Videokamera, wären da nicht zwei große Schwachpunkte:
Zum einen erfolgt die Belichtung ausschließlich vollautomatisch – Blende und Zeit lassen sich nicht beeinflussen (Anmerkung der Redaktion: ab Firmware 2.0 ist die manuelle Steuerung von Blende und Zeit möglich). Zum anderen fehlt ein Mikrofonanschluss. Eine weitere Neuerungen ist die Bluetooth-Schnittstelle, die eine permanente Kopplung zwischen Kamera und Smartphone ermöglicht. Die drahtlose Bildübertragung und Fernsteuerung erfolgt per Wi-Fi und mit der Leica Fotos-App. Ungewöhnlich ist das völlige Fehlen mechanischer Schnittstellen – weder USB noch HDMI sind an Bord.

Verbessert hat Leica außerdem die Akkulaufzeit: Sie beträgt nun 350 statt 270 Aufnahmen. Schon aus der Q bekannt sind die Funktionen Gesichtserkennung, Intervallaufnahmen, Panorama, HDR und eine 3D-Wasserwaage.

Leica Q2 top

Die Q2 hat eine Tiefe von 91,9 mm.

Foto: © Leica

Wie schon die Q hat auch die Q2 einen sehr schnellen Einzel-Autofokus. Wir haben eine Auslöseverzögerung von 0,13s gemessen. Mit elektronischem Verschluss kann die Q2 Serien mit bis zu 20 Bildern/s aufnehmen. Allerdings mit einigen Einschränkungen. So hatte die Kamera in unserem Test bei 20 B/s trotz deaktiviertem Autofokus rund eine halbe Sekunde Auslöseverzögerung. Außerdem stoppt die Q2 bei JPEGs nach 21 und bei Raws nach 14 Bildern in Folge, die Serien sind also bestenfalls gut eine Sekunde lang. Mit mechanischem Verschluss schafft die Leica 10 Bilder/s, dann auch ohne die halbe Sekunde Auslöseverzögerung.

Die Serienbildlänge bleibt hierbei gering: 25 JPEGs oder 15 Raws haben wir ermittelt. Weiterer Nachteil der schnellen Serienbildmodi: Im AF-C-Modus wird die Schärfe laut Leica nur bei den ersten drei Bildern nachgeführt. Praktikabler sind daher die langsameren Serienbildmodi, in denen die Kamera die Schärfe über die komplette Serie nachführt. Bei 6 Bildern/s schafft sie 33 JPEGs oder 15 Raws in Folge, bei zwei Bildern/s sind dann lange JPEG-Serien möglich, aber weiterhin nur 16 Raws in Folge.

Testaufnahme Leica Q2

Das lichtstarke Objektiv mit Bildstabilisator erlaubt auch in dunklen Umgebungen – wie hier auf dem Hamburger Dom – Aufnahmen mit ISO 100 aus der Hand.
Kamera: Leica Q2, Einstellungen: f/1,7/ 1/50 s, ISO 100.

Bild in Originalgröße

Foto: © Andreas Jordan

Wirklich beeindruckend ist die Auflösung der Q2

Zwischen ISO 50 und ISO 400 setzt sie die 47 Megapixel des Sensors mit einem sehr guten Wirkungsgrad von rund 90 Prozent um. Bis ISO 1600 bleibt der Wirkungsgrad bei über 80 Prozent. Danach geht es dann deutlicher bergab, wobei die absolute Auflösung auch bei ISO 3200 mit gut 26 Megapixeln noch hoch ist. Ein Wermutstropfen ist der starke Auflösungsverlust am Bildrand, der selbst beim Abblenden auf f/6,3 noch gut 20 Prozent beträgt. Ein Grund dafür dürfte die starke digitale Verzeichnungs- und Vignettierungskorrektur sein.

Die Verzeichnung und Vignettierung werden übrigens nicht nur im JPEG in der Kamera, sondern auch in Adobes Raw-Konvertern automatisch korrigiert. Erst Raw-Konverter wie Luminar, welche die entsprechenden Korrekturdaten in den Opcodes nicht auslesen, zeigen die negativen Effekte. Erfreulich ist auch das niedrige Rauschen: Bis ISO 3200 stellt es kein Problem dar. Sehr gute Werte erzielt die Q2 auch bei der Eingangs- und Ausgangsdynamik.

Leica Q2 Raw-Vergleich Leica Q2 Raw-Vergleich

Das JPEG aus der Kamera (Bild 1) zeigt dank digitaler Korrektur keine Verzeichnung oder Vignettierung – die Verzeichnungskorrektur kostet allerdings etwas Weitwinkel. Das gilt auch für Raws, die in Lightroom oder Camera Raw entwickelt werden, da hier die Korrekturinformationen automatisch übernommen werden.
Das in Luminar entwickelte Raw (Bild 2) zeigt dagegen das nicht korrigierte Bild.
Kamera: Leica Q2, Einstellungen: f/1,7, 1/20 s, ISO 100.
Fotos: © Andreas Jordan

FAZIT

Respekt: Die aktuell beste Kompaktkamera mit lichtstarker Festbrennweite kommt aus Wetzlar. Vor allem die – mit Abstrichen bei der Randschärfe – hervorragende Bildqualität sichert der Leica Q2 den ersten Platz im Testfeld. Im Vergleich zur Konkurrenz hat primär der Serienbildmodus noch Luft nach oben, aber eine Leica ist eben keine Action-Kamera. Wem die 4800 Euro zu happig sind, der findet Alternativen entweder bei Wechselobjektivkameras oder im APS-C-Bereich, beispielsweise bei der Fujifilm X100F.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit den Ergebnissen aus unserem Test: Fujifilm X100F, Leica Q Typ 116, Leica Q2, Sony RX1R II.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 6/2019 veröffentlicht.

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