Wer seine Fototour zu Fuß startet und mehr als nur eine Kamera und Objektiv mitnimmt, packt seine Ausrüstung idealerweise in einen Fotorucksack. So wird sie am bequemsten transportiert und die Hände bleiben frei. Zum Test haben wir uns sieben Modelle von renommierten Herstellern vorgeknöpft, die ein paar Sachen gemeinsam haben: So besitzen alle variable Inneneinteiler, Tragegriff, Regenhülle (außer Nya-Evo), Außen- und Innenfächer, einen gepolsterten Rücken und ein Laptop-Fach.
Rückenzugriff & Co.
Unterschiede gibt es beim Zugriff auf das Hauptfach: Die Kamerarucksäcke von Lowepro, Nya-Evo, Rollei und ThinkTank haben den Zugang über Reißverschlüsse auf der Rückenseite. Das hat die Vorteile, dass zum Be- oder Entladen das Tragesystem nicht auf dem Boden liegen muss, sondern trocken und sauber bleibt, und der Reißverschluss für Diebstahlschutz nahe am Körper liegt.
Nachteil: Das Gurtgeraffel ist beim Öffnen und Schließen ständig im Weg. Eine Lösung wie bei den König-Fotorucksäcken, bei denen das Tragesystem im starren „Deckel“ integriert ist, findet sich nicht. An die Umstände gewöhnt man sich mit der Zeit, doch wenn es mal schnell gehen muss, gibt es bessere Lösungen – oder zusätzliche seitliche Eingriffe (Lowepro, Rollei).
> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test der Fotorucksack-Anbieter.
Fotorucksäcke, auch zum Wandern
Die Modelle von Evoc und Nya-Evo sind sehr auf sportliche Nutzer ausgerichtet, die neben der Kamera auch (Mehr-)Tagestourenausrüstung oder Sportgeräte mitnehmen möchten. Gepolsterte Einsätze für empfindliche Sachen, die in herkömmliche Wanderrucksäcke gepackt werden, gibt es zum Beispiel von Tatonka.
Ebenso wie Köcher für Objektive und ähnliches, die über Schlaufen am Rucksack befestigt werden. Die helfen, wenn der Rucksack bereits voll ist oder ständig zwischen zwei Linsen gewechselt wird.
Die Rucksäcke haben wir in der Praxis gut beladen getestet und in fünf Kategorien, die gleich gewichtet werden, bewertet: Ausstattung, Verarbeitung, Tragekomfort, Bedienung und Schutz der Ausrüstung.
Kamerarucksack richtig packen
- Versuchen Sie den Fotorucksack so zu beladen, dass schwere Gegenstände eher körpernah getragen werden (Hebelwirkung).
- Schnallen Sie den Gürtel enger: Nutzen Sie den Hüftgurt nicht als Mode-Accessoire, sondern als Hilfe, das Gewicht zum großen Teil auf die Hüfte zu verlagern. Dazu sollten die Hüftflossen mittig auf den Hüftknochen aufliegen.
- Sorgen Sie mit den Fixier-(Lastkontroll-) und Kompressionsriemen dafür, dass der Rucksack fest am Körper anliegt und nicht nach links und rechts schaukelt.
- Auch außen angebrachtes Equipment sollte spielfrei festgezurrt werden.
- Im Inneren darf selbstredend nichts purzeln. Unvermeidbare Lücken stopfen Sie mit federleichten Mikrofasertüchern.
Evoc Photop 22l
Ausstattung: Der Photop 22l hat als einziger ein Rolltop-System, bei dem die große obere Öffnung zusammengerollt wird. So lässt sich das Fassungsvolumen des Nicht-Foto-Abteils um einige Liter im Handumdrehen erweitern oder komprimieren. Dieses Hauptfach ist mit einer Reißverschluss-(RV)-Trennwand vom eigentlichen Fotofach separiert. Der eingesetzte „Foto-Block“ mit variablen Inneneinteilern, Griff und Ösen fasst neun Liter, also etwa 40 Prozent des Rucksacks, und reicht für eine kleine Ausrüstung. Er wird für schnellen Zugriff seitlich eingeschoben. Neben Rollei und ThinkTank das einzige Modell mit abnehmbarem Hüftgurt.
Verarbeitung: Sehr hochwertig, keine Schwachstellen entdeckt.
Tragekomfort: Trotz der sehr weichen Hüftflossen trägt sich der Photop ziemlich bequem. Die Rückenbelüftung könnte jedoch besser sein.
Bedienung: Wer nur schnell fotografieren möchte, kommt an seine Ausrüstung seitlich auch flott heran. Dann muss allerdings noch der Block geöffnet werden (es sei denn, Sie lassen ihn innen immer offen). Die Außentasche hat mit Parallelreißverschlüssen einen fummeligen Zugriff, auch das Ein- oder Ausrollen des Hauptfachs mit zwei Steckverschlüssen ist zeit- und gewöhnungsbedürftig.
Schutz der Ausrüstung: Im eingesetzten Foto-Block ist das Equipment sehr gut geschützt. In Verbindung mit der Regenhülle kommt auch Regen nicht so schnell an die Kamera.
Lowepro Flipside BP 400 AW III
Ausstattung: Zugang zum Hauptfach bieten die große Klappe am Rücken und jetzt in der dritten Generation ein kleiner seitlicher Eingriff unten, um ihn fast wie einen Sling-Rucksack zu bedienen. Laptop- und Tablet-Fächer sind in der Rückenklappe untergebracht. Abgelegt wird er auf zwei Hartschalen für Schutz und stabile Lage. Die entnehmbare RV-Tasche steht zur freien Verfügung.
Verarbeitung: Robuste und bewährte Materialien kommen beim Lowepro Flipside BP 400 AW III zum Einsatz, wie man es von einem Klassiker der Branche erwartet. Der Flipside wird viele Touren problemlos überstehen.
Tragekomfort: Da das Laptop körpernah untergebracht wird und das Stativ seitlich, zerrt der Flipside nicht nach hinten. Die Hüftgurtflossen könnten etwas länger sein, dennoch trägt er sich sehr gut.
Bedienung: Als Rückenbelader hat der Flipside die typischen Probleme mit den Gurten; ist nur die Kamera nötig, geht es über den Seiteneingang sehr schnell. Ziemlich genial sind die Klammern an den Tragegurten, die die losen Enden bändigen und weder – wie die Gummivarianten – ausleiern noch sich selbstständig verschieben. Clips fixieren den Brustgurt in der gewünschten Höhe. Das helle Innenleben erleichtert die Suche, Verschlüsse und Griffe haben die richtige Größe.
Schutz der Ausrüstung: Die kräftigen Polster und geschickte Raumaufteilung sorgen für einen sehr guten Schutz. Nur bei Regen sollte flott die Hülle übergestreift werden.
Manfrotto Advanced² Gear Rucksack M
Ausstattung: Das Manfrotto-Modell liegt mit dem Rollei-Fotoliner an der preislichen Untergrenze. Im Gegensatz zu ihm ist der Advanced² Gear ein schlichtes Leichtgewicht ohne nennenswerte Ausstattungshöhepunkte. Einen Hüftgurt gibt es nicht, dafür eine Schlaufe zum Befestigen an einem Koffer-Teleskopgriff. Sein Laptop-Fach liegt dicht am Rücken, ein Stativ wird an der Seite befestigt. Für keinen Riemen gibt es eine Befestigung für das lose Ende.
Verarbeitung: Der Advanced² Gear ist gut verarbeitet, unangenehm fiel jedoch ein verdrehter unterer Riemen des Schultergurts auf. Da deren Enden sinnvollerweise immer umgenäht sind, müsste zur Behebung ein Stück abgeschnitten, aus- und wieder eingefädelt und neu umgenäht werden.
Tragekomfort: Mangels Hüftgurt nur auf den Schultern zu tragen, was bei voller Zuladung auf Dauer unbequem wird. Die Belüftung ist gut, baumelnde Riemenenden können stören.
Bedienung: Um an seine Ausrüstung zu kommen, muss der Fotograf den Rucksack auf das Tragesystem legen. Die RV sind sehr gut gängig, der Tragegriff ist bequem und der Brustgurt angenehm stramm verschiebbar.
Schutz der Ausrüstung: Mit dem Mix aus weicheren und festeren Inneneinteilern sowie den innen überlappenden Reißverschlüssen und Regenhülle bietet der Manfrotto einen sehr guten Schutz.
MindShift FirstLight 20L
Ausstattung: Ein Rucksack mit dem eher klassischen, schlichten Zuschnitt: ein großes Fotofach mit individueller Einteilung, außen ein hochwertiges Tragesystem mit elf Einstellpunkten – das einzige im Testfeld, das eine Längenverstellung bietet und damit den FirstLight für nahezu jederfrau/-mann anpassbar macht. Das Stativ wird mittig oder seitlich angebracht. Der FirstLight hat große, hochwertige (und am Hauptfach abschließbare) Reißverschlüsse, teilweise wasserabweisend. Diverse Details machen ihn sporttauglich.
Verarbeitung: Robuste Materialien, zigfach sauber vernäht, sorgen für ein gutes Gefühl auf Fototour.
Tragekomfort: Mit seiner Längenverstellung ist der FirstLight hervorragend an herkömmliche Körperlängen anpassbar. Hinzu kommen nicht zu weiche Flossen, breite Schultergurte, vier Fixierriemen und sehr tiefe und breite Lüftungskanäle. Absolut top.
Bedienung: Trotz der Fülle an Elementen ist der FirstLight leicht zu bedienen. Werden die Gurte z. B. in der Bahn nicht benötigt, können sie um den Rucksack herum befestigt werden. Die zwei langen, starren Inneneinteiler sind wenig flexibel und erfordern je nach Ausrüstung etwas Fantasie.
Schutz der Ausrüstung: Das Fotofach ist insgesamt sehr steif und dick gepolstert, deshalb ist die Ausrüstung sehr gut darin aufgehoben. Für den Laptop in der ungepolsterten Außentasche empfiehlt sich allerdings eine zusätzliche Hülle.
Nya-Evo Fjord 36
Ausstattung: Die Features des Fjord 36 sind auf sportliche Fotografen abgestimmt. Foto-Equipment kommt in das RCI (Removable Camera Insert), Trinkblase, Helm, Schneeschaufel etc. finden drumherum ihren Platz. Der Aufbau mit Aluminiumrahmen und ansonsten weichen Materialien stammt aus der Bergsportabteilung, er kann flach zusammengelegt werden und ist dennoch am schwersten. Der Fjord hat steife Flossen. Das RCI (drei Größen, Zubehör!) ist schlicht gestaltet mit zwei Ösen und einem Griffband. Im Test nutzten wir Small (25 % des Fjord-Fassungsvermögens).
Verarbeitung: Viele verschiedene Materialien werden beim Fjord kombiniert, sie hinterlassen einen hochwertigen und robusten Eindruck. Teilweise wasserabweisende RV.
Tragekomfort: Das Tragesystem mit Alurahmen und Kompressionsgurten leitet das Gewicht sehr gut auf den Hüftgurt; der Fjord ist sehr gut anpassbar und angenehm zu tragen. Im Lendenbereich spürt man das RCI aufliegen und die Rückenbelüftung könnte insbesondere dort wirkungsvoller sein.
Bedienung: Anfänglich etwas schwergängig laufende RV mit großen Griffen. Das Einsetzen des RCI geht nur über die große Rückenklappe und gestaltet sich angesichts des schlappen Außenmaterials schwierig.
Schutz der Ausrüstung: Im RCI ist die Kamera gut aufgehoben. Das Laptop-Fach liegt außen, daher unten beim Laden; wegen des dünnen Polsters sollten Sie vorsichtig sein.
Rollei Fotoliner Ocean L
Ausstattung: Der nagelneue Fotoliner Ocean L ist das größte Modell im Vergleich und sehr gut ausgestattet. Wie beim Lowepro ist der Hauptzugriff an der Rückseite, doch ein seitlicher Zugang bietet schnellen Zugriff; nicht für Diebe, wenn der vorbereitete RV mit einem kleinen Schloss gesichert wird. Das etwas kleinere Laptop-Fach ist im Rückendeckel untergebracht. Sein weicher Hüftgurt kann komplett abgenommen werden. Das Stativ wird mittig außen befestigt.
Verarbeitung: Aus rund 36 PET-Flaschen soll der Ocean L bestehen, die zu einem ziemlich plüschig wirkenden Rucksack verarbeitet wurden. Die RV sind teilweise wassergeschützt. Nicht aufregend, aber solide.
Tragekomfort: Aufgrund seiner Größe kann der Fotoliner Ocean schwerer werden – dennoch blieb er im Test sehr bequem auf den Hüften, auch wegen seiner Spannriemen am Hüftgurt und der gut lüftenden Rückenauflage.
Bedienung: Mit Ausnahme des für Rückenlader typischen Gurtproblems beim Öffnen des Hauptfachs lassen sich alle Elemente prima benutzen. Lediglich der ungewöhnlich umwickelte und dadurch schwammige Handgriff stört.
Schutz der Ausrüstung: Die plüschige Anmutung mag täuschen, insgesamt ist der Fotoliner überall sehr gut gepolstert. Mit den wasserabweisenden Reißverschlüssen plus Regenhülle ist das Equipment darin sehr gut aufgehoben.
ThinkTank BackStory 15
Ausstattung: Sehr durchdacht und üppig ist die Ausstattung des BackStory, obwohl er bei Bedarf sehr dezent als Fototasche daherkommen kann. Das geschieht durch Entfernen des Hüftgurts und die nach hinten gedrehten, umschlingenden Schultergurte. Dann kann er leicht mittels Schlaufe auf einen Koffergriff gesteckt oder mit dem seitlichen Griff getragen werden. Die kurzen Hüftriemen sind nicht gut für Gewamperte, dafür schlackert wenig unnötiges Gurtmaterial bei Schlanken. Der Brustgurt wird rastend verstellt. Für ein Stativ gibt es zwei Befestigungsvorrichtungen in der Mitte.
Verarbeitung: Hochwertige und robuste Materialien werden tiptop verarbeitet. Der BackStory dürfte ein langer Begleiter werden.
Tragekomfort: Der BackStory trägt sich recht bequem, doch der schlichte, ungepolsterte Hüftgurt ist auf Dauer unangenehm, besonders bei voller Auslastung. Dafür ist er abnehmbar.
Bedienung: Der Zugriff zum Hauptfach erfolgt entweder über den großen Rückendeckel (mit der Behinderung durch die Schultergurte) oder über den RV im Deckel. Die Reißverschlussgriffe sind groß und griffig, sein klarer Aufbau gewährt schnellen Zugriff.
Schutz der Ausrüstung: Die Außenpolsterung ist unterschiedlich dick, ebenso die Inneinteiler. Hier sollte mit Vorsicht gepackt werden: Ebenfalls nicht perfekt gelöst: Das Laptop-Fach ist nicht am Rücken, sondern außen gelegen. Deshalb liegt der BackStory gegebenenfalls auf dem Laptop, das im oberen Teil des Fachs keine Polsterung genießt.
Fazit – Welcher Fotorucksack ist zu empfehlen?
Der ThinkTank BackStory 15 macht sich in der Stadt besser, für Outdoor-Sportler ist er weniger geeignet. Gleiches gilt für den eher schlichten Manfrotto-Vertreter. Der hochpreisige Nya-Evo Fjord 36 ist ein sehr technischer und variabler Rucksack, eher für den Fotografen, der sportlich unterwegs ist.
Ähnliches trifft auf den kleineren Evoc Photop 22l zu. Dem Flipside BP 400 AW III merkt man die jahrzehntelange Erfahrung von Lowepro einfach an: ein äußerst cleverer Fototransporter im dezenten Look. Wer den hervorragend anpassbaren MindShift FirstLight 20L nicht gemütlich findet, sollte auf Rucksäcke ganz verzichten. Sparfüchse sollten sich den neuen Rollei Fotoliner Ocean L anschauen, der knapp das „Super“ verpasst hat.
> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test der Fotorucksack-Anbieter.
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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 6/2021 erschienen.
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