Das aktuell häufig gelesene Modewort "Achtsamkeit" – gemeint ist die bewusste, körperliche und mentale Präsenz im speziellen Augenblick ohne permanente Bewertung und Einordnung – wird gerade inflationär benutzt und soll zur inneren Ruhe führen. Dazu muss man nicht meditieren, auch eine bestimmte Art zu fotografieren kann diesen Zustand erzeugen.
„Fotografie ist eine wundervolle Beschäftigung, dem Alltagsstress zu entkommen.“
Nicht die hektische Reportagefotografie ist hier gemeint, sondern – und das kennen viele engagierte Fotoamateure – das scheinbar ziellose Schlendern mit entspannter Motivsuche, dem erfreuten Finden, Gestalten und Umsetzen auch mithilfe technischer Kenntnisse. Als Fotograf nähere ich mich dem Motiv, wende mich dem Bild zu und suche nach einer Aussage, nach einer Essenz. Dieser Akt ist ein ganz persönlicher, der aus dem Augenblick entsteht und wohl nur im ausgeglichenen Zustand möglich ist. Hektik und Unruhe stören die Kreativität.
Ratgeber für fotografische Achtsamkeit
Es gibt sie tatsächlich, Ratgeber für fotografische Achtsamkeit, teilweise mit Tipps, die eher zwanghaft anmuten und dem Ziel teils entgegenstehen: Das bewusste Reduzieren von Speicherplatz soll in die Zeit zurückführen, als mit dem 36-Aufnahmen-Film der Druck auf den Auslöser wohl überlegt war. (Ja, das unbedachte Vollknallen von Speicherkarten ist dem Bildergebnis nicht dienlich, wenig Speicherplatz schafft aber auch einen permanenten Stresszustand, der der Entspannung sicher entgegensteht.)
Fotografie ist eine wundervolle Beschäftigung, dem Alltagsstress zu entkommen, ob nun Achtsamkeit, verstanden im modernen Sinne, die Voraussetzung für befriedigende Fotos ist oder die Fotografie den Zustand Achtsamkeit fördert, ist schließlich unwichtig.
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