Fotoaufträge für das Image oder den Geldbeutel?

Ich arbeite seit ein paar Jahren immer mal wieder für einen TV-Shopping-Sender. Nicht vor der Kamera, sondern im Hintergrund, als Fotograf, der die Mode-Aufnahmen für den Online-Shop erstellt. Das ist nichts, worauf ich stolz bin, aber auch nichts, wofür ich mich schäme.

„Ein wahrer Künstler zeigt sich darin, dass er auch unter Einschränkungen Großartiges leistet.“

Sebastian Sonntag

Tatsächlich geht es vielen Models und Fotografen-Kollegen so. Während man auf der Website und der Sedcard ausschließlich aufwendig inszenierte Hochglanz-Bilder von möglichst renommierten Modezeitschriften oder Labels findet, wird das eigentliche Geld bei immer wiederkehrenden, unspektakulären Katalog-Shootings verdient.

Fließbandarbeit statt Feuilleton

Das zieht sich konzeptuell übrigens bis in höchste Kreise. Ich traf vor Jahren einen jungen, aufstrebenden Fotografen, der mir erzählte, er hätte eine Strecke für die französische Vogue fotografieren dürfen. Selbst organisiert, 3000 Euro Gage. Klang gut, allerdings dient so eine Fotostrecke in der Vogue in erster Linie als Referenz, weshalb er Top-Models buchte, Top-Locations, Flüge und erstklassige Hotels, wodurch unterm Strich ein fettes Minus zustande kam. Die Intention dahinter: Mit den spektakulären Vogue-Bildern Industrie-Kunden zu locken, die ihn dann für weit weniger spektakuläre Aufnahmen deutlich besser bezahlen.

Ganz so elitär geht es beim Online-Shopping nicht zu, dennoch sollten Sie als Fotograf bei Fließband-Fotos Ihre Kreativität nicht abschalten, sondern genau im Gegenteil versuchen, handwerklich wie fotografisch das Maximum herauszuholen.

Ein wahrer Künstler zeigt sich darin, dass er auch unter Einschränkungen Großartiges leistet. Bleiben Sie anspruchsvoll und motiviert, dann haben Sie Spaß, entwickeln sich weiter und werden auch bei Ihren nächsten freien Foto-­Shootings davon profitieren.