Seit Ende der 90er-Jahre testet das fotoMAGAZIN die Bildqualität von Digitalkameras nach dem von Anders Uschold entwickelten Verfahren DCTau (Digital Camera Test anders uschold). Aus verschiedenen Gründen endet die Zusammenarbeit nun; unter anderem hatte die DCTau-Software zunehmend Probleme mit sehr hochauflösenden Kameras. Unser neuer Partner bei Kameratests ist digitalkamera.de. Die Lübecker testen Kameras schon seit 2011 mit der Software DxO Analyzer der französischen Firma DxO Labs. Der Testverfahren unterscheidet sich grundlegend von DCTau, sodass die meisten neuen Messergebnisse (vor allem zur Auflösung) nicht mit den alten vergleichbar sind.
Auflösungsmessung mit Texturchart
Unsere Erachtens stellt das neue Testverfahren einen deutlichen Fortschritt dar. So basiert die Auflösungsmessung auf einem Texturchart mit unregelmäßigen Mustern – auch als Dead Leaves (DL) bekannt, das näher an realen Motiven liegt als die bisher verwendeten Siemenssterne. Auch das Bildrauschen messen wir deutlich differenzierter. Getestet wird hier mit einem Leuchtkasten in dem sich 15 kleine, im Kreis angeordnete Öffnungen befinden, 14 davon mit verschieden starken Graufiltern, eines ohne Filter.
digitalkamera.de nimmt mit weiteren Testcharts Objektivmessungen zu Verzeichnung, Randabdunkelung und Farbsäumen vor, die wir für den Test von Wechselobjektivkameras nicht nutzen, weil der Objektiveinfluss hier möglichst gering sein soll.
Des weiteren verzichten wir auf eine Wertung der Eingangsdynamik, da die auf JPEG-Basis ermittelten Messwerte nicht zuverlässig sind. So nimmt bei einigen Kameras die gemessene Eingangsdynamik in den höheren ISO-Stufen zu, weil durch die Rauschunterdrückung der hellste Bereich im Mittel heller und der dunkelste im Mittel dunkler wird. Auch auf eine mit dem Colorchecker vorgenommene Messung der Farbabweichung verzichten wir, da die Farbdarstellung stark subjektiv und vom verwendeten Bildstil abhängig ist.
Wertungsbereich bis ISO 12.800
Desweiteren haben wir uns entscheiden, den Wertungsbereich um eine ISO-Stufe von maximal 6400 auf 12.800 anzuheben und damit den gestiegenen Fähigkeiten der Kameras und den Ansprüchen der Fotografen gerecht zu werden.
Wie bisher finden die Labormessungen im JPEG-Modus der Kamera mit Werkseinstellungen und Standard-Bildstil statt, lediglich eine möglicherweise ab Werk aktive Dynamikerweiterung schalten wir aus. Außerdem nutzen wir meist Kitobjektive oder hochwertige Zooms, wobei in die Auflösungswertung nur die Ergebnisse in der Bildmitte bei bester Brennweite und Blende einfließen.
Die Messwerte: Auflösung, Texturschärfe, Bildrauschen
Folgende Messwerte ziehen wir zukünftig für die Bewertung von Kameras heran:
- Auflösung. Die Auflösung leitet sich aus der gemessenen MTF-Kurve ab. Sie stellt die Leistung des Gesamtsystems aus Objektiv, Bildsensor und Bildverarbeitung dar. Wir haben uns entschlossen, die Messung bei 50 % Kontrast (MTF50) heranzuziehen, da dies realitätsnaher ist als niedrigere Kontraste wie MTF10. Dies hat zur Folge, dass die „Wirkungsgrade“ deutlich niedriger sind als bisher bei DCTau. Zur besseren Vergleichbarkeit zwischen Kameras mit unterschiedlichen Sensorgrößen wird die Auflösung in Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bezogen auf einen Kleinbildsensor (36 x 24 Millimeter) angegeben. Kleinere Sensoren mit mehr Pixeln pro Fläche und damit einer theoretische höheren Auflösung pro mm werden also anhand des Crop-Faktors umgerechnet. Ermittel wird die Auflösung mit Hilfe eines Dead-Leaves-Texturcharts, dessen unregelmäßigen Muster näher an realen Motiven liegen als die bisher genutzten Siemenssterne.
- Texturschärfe: Zusätzlich zur Auflösung ermitteln wir mit dem gleichen Texturchart auch die Texturschärfe. Dadurch wird zusätzlich zur MTF-Auflösungsmessung der Grad des Detailverlustes in den verschiedenen ISO-Stufen ermittelt. Hervorgerufen wird dieser durch das Bildrauschen, aber vor allem auch die Rauschunterdrückung der Kamera, die neben dem Rauschen als Nebeneffekt auch Details aus den Bildern entfernt. Ein Texturschärfewert von 0,95 ist ideal, Werte darüber bedeuten, dass die Kamera durch die Detailaufbereitung – wie etwa Nachschärfen – den Fotos künstliche Details (Artefakte) hinzufügt. Bei Werten unter 0,85 wird eine Unschärfe und damit ein Detailverlust sichtbar, Werte unter 0,7 sind bereits deutlich sichtbar verlustbehaftet und Werte unter 0,5 zeigen einen inakzeptablen Detailverlust.
- Signal-Rausch-Abstand (SNR, Signal Noise Ratio): Hier wird das Verhältnis des Bildsignals zum Rauschsignal (Störsignal) gemessen. Die Maßeinheit der Pegelmessung ist Dezibel (dB). Je größer der Wert, desto deutlicher ist das Signal und desto geringer ist das störende Rauschen. Ein kleiner Wert bedeutet, dass vor allem schwache Bildsignale, etwa feine Bilddetails mit niedrigem Kontrast, vom Rauschsignal überlagert werden, sodass die Bilddetails im Rauschen untergehen.
- Luminanz- und Farbrauschen: Während der Signal-Rausch-Abstand das Bildrauschen allgemein erfasst, findet hier eine differenziertere Messung statt. Das Luminanzrauschen beschreibt die Helligkeitsabweichungen vom Sollwert. Störender ist das Farbrauschen, also farblich abweichende Pixel, die daher in der Regel von der Rauschunterdrückung in den Kameras stärker reduziert werden.
Neben dem Labortest fließen weiter auch visuelle Eindrücke aus dem Praxistest in die Bildqualitätswertung ein.
Bewertungsschema
Der DxO Analyzer gibt tausende von Messdaten pro Kamera aus, von denen wir nur einen kleinen Teil veröffentlichen können. Anders als digitalkamera.de geben wir in unseren Artikeln die mit dem Texturchart ermittelte MTF50-Auflösung in verschiedenen ISO-Stufen an: aus Platzgründen von ISO 100 bis ISO 12.800. In die Bewertung fließt bei allen Messwerten zusätzlich die Grundempfindlichkeit ein, die je nach Kamera variiert. Die Messwerte gießen wir in eine Bewertungsschema, aus dem sich die Prozentpunkte in jeder Kategorie ergeben. Dabei werten wir die Auflösung stärker als andere Aspekte der Bildqualität.
Den gewichteten Mittelwert für die Bildqualität geben wir in der Tabelle neben Ausstattung und Geschwindigkeit an. Bei den ersten nach dem neuen Verfahren getesteten Kameras liegt der Gesamtwert für die Bildqualität ungefähr auf dem Niveau vergleichbarer nach DCTau getesteter Kameras. Wir haben uns daher entschieden, unsere Bestenliste gemischt mit den alten und neuen Ergebnissen fortzuführen. Kameras, die mit dem neuen Verfahren getestet wurden, kennzeichnen wir mit einem Sternchen. Da das Bewertungsschema zurzeit auf dem Test weniger Kameras basiert, kann es sein, dass wir es etwas nachjustieren, sobald wir mehr Erfahrungen mit dem neuen Testverfahren gesammelt haben.
Ausstattung und Geschwindgkeit
Unverändert bleibt übrigens die Ausstattungswertung anhand einer Checkliste und die Messung der Serienbildgeschwindigkeit, die im Rahmen des Praxistest in der Redaktion stattfindet. Die Gesamtnote einer Kamera ergibt sich wie bisher aus Bildqualität (gewichtet mit 60 %), Ausstattung und Geschwindigkeit (jeweils mit 20 % gewichtet). Ab einem Gesamtergebnis von 90 % erhält eine Kamera die Notw „Super“ mit fünf Sternen, ab 80 % „Sehr gut“ mit vier Sternen, ab 75 % „Gut“ mit drei Sternen und ab 65 % „Befriedigend“ mit zwei Sternen.
Weiterführende Informationen
Die vollständigen Laborprotokolle stehen als Kaufinhalte auf digitalkamera.de zur Verfügung. Weitere Informationen zum DxO Analyzer gibt es bei DxO Labs.
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