Im Test: Telezooms für das Vollformat

Zu den ganz typischen Objektiven professioneller Fotografen zählt das leichte Telezoom 2,8/70-200 mm. In jüngster Zeit sind von Nikon, Sony und Tamron gleich drei neue Telezooms für das Vollformat erschienen, die wir dem BAS-Digital-Test unterzogen haben. Ein Oldie komplettiert das Testfeld.

Porträt Lars Theiß

Lars Theiß

Praxis-Redakteur, seit 1995 im fotoMAGAZIN-Team.

Telezooms für das Vollformat Aufmacher Tamron
Foto: © Tamron

Gleich drei neue Vollformat-Telezooms aus der Profiklasse mit der hohen Lichtstärke von f/2,8 haben wir im Labor testen können. Am frischesten ist das Tamron SP 2,8/70-200 mm Di VC USD G2, das als Generation zwei dem äußeren und inneren Facelift der Edellinie SP unterzogen wurde und für Canon- und Nikon-Spiegelreflexen erhältlich ist.

Tabelle: Übersicht Testobjektive

Die Testobjektive auf einen Blick

Großes Augenmerk der Kundschaft liegt auch auf der G-Master-Reihe von Sony für das spiegellose ILCE-System. Diese junge Top-Reihe wartet mit dem FE 2,8/70-200 mm GM OSS auf. Nicht minder neugierig dürften Nikon-Fotografen auf das AF-S Nikkor 2,8/70-200 mm FL ED VR äugen, das erst Ende letzten Jahres angekündigt wurde.

Zum Quartett wird das Testfeld durch das Sony 2,8/70-200 mm G SSM II, das bereits seit Anfang 2014 auf dem Markt ist und als modifizierte zweite Auflage auf einer älteren Rechnung basiert. Als weiteren Fremdhersteller, der in dieser Liga mitspielt, hätten wir gerne Sigma mit einer neuen Version gesehen, doch das schon länger erwartete 70-200 mm Art (oder Sports?) wurde bislang nicht angekündigt.

Nikon AF-S 2,8/70-200 mm FL ED VR

Nikon AF-S 2,8/70-200 mm FL ED VR: ca. 3180 Euro

Foto: © Nikon

Eine ganze Weile mussten Nikon-Fotografen auf den Nachfolger des G ED VR II warten. Nun ist das AF-S Nikkor 2,8/70-200 mm FL ED VR da und rund 400 Euro teurer. Mechanisch gab es nur noch Kleinigkeiten zu verbessern. Der Zoomring wanderte an die Vorderseite, wodurch die Kamera-Objektiv-Kombi besser und ruhiger gehalten werden kann, wenn die Brennweite verstellt werden muss.

Wie bei den letzten, hochwertigen Neuerscheinungen auch, hat Nikon eine elektromagnetische Blende installiert. Vier Tasten am Tubus können wahlweise mit Schärfespeicherung oder Autofokus-Start belegt werden. Mit den Kameramodellen D5 und D500 stehen über Individualfunktionen weitere Optionen zur Verfügung. Der Bildstabilisator VR bietet die Einstellungen Normal und Sport für Mitzieher. Ein Fokussierbereichsbegrenzer stoppt die Schärfesuche bei fünf Metern Entfernung.

Nikon AF-S 2,8/70-200 mm FL ED VR nah

Ein Schalter beim Nikkor 70-200 mm FL ED VR weist den vier Tasten die AF-Funktion zu

Foto: © Angela Franke

Die obligatorische Stativschelle verfügt über einen abnehmbaren Stativfuß mit zwei kleinen Stativgewinden. Drinnen steckt neben ED-Glas auch eine Fluoritlinse, die neben den besseren optischen Eigenschaften auch ein niedrigeres Gewicht aufweist. Insgesamt konnte die Neuheit um 110 g abgespeckt werden.

Die hohe Wertung in der Mechanik wird von der Optik sogar noch übertroffen. Die Auflösung ist ausgezeichnet, bei der kurzen und mittleren Brennweite wird bei beiden Sensorformaten die Maximalleistung bereits bei Blende 4 erreicht. Etwas anders sieht es bei 200 mm aus, da wird der beste Wert bei Blende 8 erzielt, wobei die Blende 5,6 einen ungewöhnlichen Durchhänger in der Leistungskurve produziert.

Testbild Nikon AF-S 2,8/70-200 mm FL ED VR

Nikon AF-S 2,8/70-200 mm FL: Aufnahme mit 185 mm (277 mm KB), Blende f/2,8, 1/640 s und ISO 400 an D500

Foto: © Lars Theiss

Bei der Randabdunklung verhält sich das Nikkor typisch für solche Telezooms, im Vollformat ist die Vignettierung bei Offenblende und 200 mm deutlich, ansonsten sichtbar. Abgeblendet ist sie ausgezeichnet. Ebenfalls typisch, aber auf niedrigem Niveau zeigt sich die Verzeichnung, die nur bei 200 mm im Vollformat deutlich ist.

Unter dem Strich sammelt das Nikkor 70-200 mm FL ED VR hervorragende 96 Prozent für die Optik, was ein locker erzieltes „Super“ ergibt.

Sony 2,8/70-200 mm G SSM II und FE 2,8/70-200 mm GM OSS

Wie erwähnt, ist das Sony 2,8/70-200 mm G SSM II für Spiegelreflexkameras schon länger auf dem Markt und war bei Erscheinen auch keine neue optische Konstruktion, sondern ein durch optimiertes AF-Tracking und überarbeiteter Vergütung verbessertes Modell II.

Die ältere Rechnung merkt man dem Zoom an. Die Auflösung an APS-C-Kameras ist noch in Ordnung, hier hilft bei 70 und 200 mm das Abblenden um eine Stufe, um ausgezeichnete (70 mm) oder mittlere bis gute Werte zu erzielen. Besser wird es dann nicht mehr.

Sony 2,8/70-200 mm G SSM II

Sony 2,8/70-200 mm G SSM II: ca. 3500 Euro

Foto: © Angela Franke

Beim viel wichtigeren Vollformat allerdings liegen die Auflösungswerte bei 120 und 200 mm noch deutlich darunter. Ein erheblicher Randabfall der Auflösung bei 120 mm sorgt dafür, dass um vier Stufen abgeblendet werden muss, um eine (nur) sehr gute Auflösung zu erzielen.

Noch schwächer ist die lange Brennweite, um vier Blendenstufen geschlossen erreicht die Auflösung lediglich ein Gut. Daran zeigt sich die betagte optische Rechnung, die für die aktuelle Vollformat-Kamerageneration nicht mehr ausreicht.

Sony 2,8/70-200 mm G SSM II nah

Beim Sony 70-200 mm G SSM II kann über DMF in die Fokussierung eingegriffen werden.

Foto: © Angela Franke

Unkritisch sind die Werte bei der Verzeichnung, wo die Endbrennweiten sichtbar bis deutlich (70 mm) zu gekrümmten Linien führen. Vergleichsweise gut ist die Randabdunklung. Sie ist im Vollformat bei allen Brennweiten und offener Blende gut, wenn auch etwas spontan; abgeblendet ist sie sehr gut.

Als G-Objektiv wartet das 70-200 mm SSM II erwartungsgemäß mit einer erstklassigen Mechanik auf. Aufgrund des sensorbasierten Bildstabilisators in den Sony-Gehäusen wurde auf den Stabilisator im Objektiv verzichtet.

Mit drei Fokushaltetasten am Tubus, einem Fokussierbereichsbegrenzer (bis drei Meter) oder der Streulichtblende mit Polfilter-Fenster gibt es dennoch einige Besonderheiten. Die Stativschelle hat je ein kleines und ein großes Stativgewinde im Fuß und lässt sich komplett abnehmen.

Das kann durchaus Sinn machen, denn zum einen kann ihr Gewicht stören und zum – wichtigeren – anderen behindert sie das Zoomen. Der Zoomring liegt nämlich in der Mitte des Objektivs, was das Handling erschwert. Gleiches gilt übrigens auch für das FE 2,8/70-200 mm GM OSS von Sony.

Etwas verwunderlich ist, dass das G-Objektiv keine Dichtungslippe am Bajonett besitzt. Die lange Nahgrenze von 1,2 Metern ist nicht mehr standesgemäß.

Von den Prozentpunkten her würde das Sony G SSM II ein Super erreichen können – die bedeutsamen Schwächen in der Auflösung am entscheidenden Vollformatsensor haben uns zu einer Abwertung auf „Sehr gut“ veranlasst.

Dass das Sony FE 2,8/70-200 mm GM OSS das modernere Objektiv ist, merkt man an vielen Stellen. Besonders bei der optischen Leistung: Zwar verträgt auch hier die Auflösung ein oder zwei Stufen Abblenden, um ihr Maximum zu erreichen, doch startet sie gleich auf einem viel höheren Niveau und gelangt abgeblendet auf sehr gute bis ausgezeichnete Werte.

Sony FE 2,8/70-200 mm GM OSS

Sony FE 2,8/70-200 mm GM OSS: ca. 3000 Euro

Foto: © Sony

Interessanterweise verhalten sich die beiden Sensorformate über die Anfangsblenden nahezu identisch. Zwar wirkt bei APS-C ab Blende 11 die Beugung negativ, doch bis dahin ist das FE 2,8/70-200 mm GM auch eine klare Empfehlung für die kleinen Sony-Spiegellosen.

Seine Randabdunklung ist bei Vollformat und Offenblende sichtbar, aber sehr natürlich und abgeblendet sehr gut. Bei der Verzeichnung zeigt das Objektiv das typische Verhalten der Vollformat-Telezooms: Während sie bei der mittleren Brennweite nahezu unsichtbar ist, macht sie sich bei den Endbrennweiten sichtlich bemerkbar.

Sony FE 2,8/70-200 mm GM OSS nah

Das Sony FE 70-200 mm GM OSS bietet zwei Stabilisierungsmodi.

Foto: © Angela Franke

Die Fassungsqualität ist höher als beim Spiegelreflexbruder. So steckt beispielsweise ein Optical Steady Shot (OSS) im Tubus, der je nach verwendeter Alpha-7-Kamera alleine oder in Kombination mit dem Sensorstabilisator arbeitet. Das in Thailand gefertigte Zoom besitzt auch eine Dichtungslippe gegen Witterungseinflüsse am Bajonett und eine kürzere Nahgrenze.

Vermissen wird der ein oder andere Fotograf eine Entfernungsskala. Kritikwürdig ist auch die scharfkantige Erhebung, auf der die Schalter sitzen. Der Stativring lässt sich nicht abnehmen, wohl aber der kleine Fuß mit zwei kleinen Stativgewinden.

Zusammengefasst spielt das Sony FE 2,8/70-200 mm auf sehr hohem Niveau und erreicht locker das „Super“.

Tamron SP 2,8/70-200 mm Di VC USD G2

Die Originalhersteller haben damit die Latte für das Tamron SP 2,8/70-200 mm Di VC USD G2 sehr hoch gehängt. In Sachen Mechanik springt der Fremdhersteller auch problemlos mit.

So wartet der Neuling mit einem Bildstabilisator VC auf, der bis zu fünf Blendenstufen kompensieren können soll und drei Modi besitzt: erstens Standard mit Kombination aus ruhigem Sucherbild und Bildprojektion, zweitens Mitzieher sowie drittens maximale Stabilisierung der Bildprojektion ohne Sucherbild. Modus eins kann mit Hilfe der als Zubehör erhältlichen Tap-in-Konsole und einem Rechner noch individualisiert werden.

Tamron SP 2,8/70-200 mm Di VC USD G2

Tamron SP 2,8/70-200 mm Di VC USD G2: ca. 1950 Euro

Foto: © Tamron

Punkten kann das Tamron mit seinem Spritzwasserschutz, der gummiummantelten Filterfassung, einer kurzen Nahgrenze, der Entfernungsskala und dem Fokussierbereichsbegrenzer (bis drei Meter).

Die Stativschelle lässt sich komplett abnehmen und hinterlässt dann allerdings eine Art Rohbau. Ihr Fuß hat zwar nur ein kleines Stativgewinde, dafür aber serienmäßig eine Arca-Swiss-kompatible Nut, die die Schnellwechselplatte erspart.

Was im Vergleich zu den anderen Telezooms fehlt, sind die Funktionstasten am Tubus, etwas Liebe bei der Streulichtblende und das letzte Quäntchen Geschmeidigkeit beim Zoomring; letzterer ist angenehmerweise vorne platziert.

Tamron SP 2,8/70-200 mm Di VC USD G2 nah

Gleich drei Bildstabilisierungs-Modi lassen sich beim Tamron 70-200 mm G2 auswählen.

Foto: © Angela Franke

Optisch zeigt das Tamron G2 an den beiden Sensorformaten ähnliche Auflösungs-Charakteristiken, bei APS allerdings höher. Die Einschränkungen bei offener Blende 2,8 sind recht milde, im Vollformat gelangt es durch Abblenden um zwei Stufen von mittleren bis guten auf gute bis sehr gute Werte. Die Beugung wirkt sich ab Blende 11 bei Vollformat und ab Blende 8 bei APS negativ aus. Sehr gut korrigiert ist die Verzeichnung, die im Vollformat nur bei den Endbrennweiten leicht bis sichtbar ist.

Testbild Tamron SP 2,8/70-200 mm Di VC USD G2

Tamron SP 2,8/70-200 mm Di VC USD G2: Aufnahme mit 200 mm, Blende f/3,5, 1/500 s und ISO 100 an Canon EOS 5D Mark III

Foto: © Lars Theiss

Einen Schwachpunkt hat das Tamron 70-200 mm dennoch: die Randabdunklung. Im Vollformat fällt sie bei Offenblende sehr deutlich aus, abgeblendet bleibt sie sichtbar und wird zu den Bildecken hin spontan zunehmend. Da die Randabdunklung bei APS erheblich besser ist und nur bei 200 mm und Offenblende auffällt, scheint der Bildkreis etwas zu knapp bemessen.

Insgesamt verdient sich das Tamron 70-200 mm G2 das „Super“.

Fazit: einmal „Sehr gut“, dreimal „Super“

In diesem Testfeld der Vollformat-Telezooms räumt das Nikkor 70-200 mm FL ED VR den Testsieg ab. Nikon ruft dafür auch einen stolzen Preis auf; daher werden sich einige Nikon-Fotografen auch das Tamron G2 näher ansehen, das ebenfalls eine sehr gute Figur abgibt.

Für Nutzer des spiegellosen Sony-ILCE-Systems stellt sich die Auswahlfrage nicht, wenn es denn ein 2,8er sein soll – sie können bedenkenlos zugreifen. Wer allerdings im Spiegelreflexsystem von Sony zuhause ist, sollte sich überlegen, ob er das 70-200 mm G SSM II für seine moderne Vollformatkamera auswählt.

Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test: Nikon AF-S Nikkor 2,8/70-200 mm FL ED VR, Sony 2,8/70-200 mm G SSM II, Sony FE 2,8/70-200 mm GM OSS, Tamron SP 2,8/70-200 mm Di VC USD G2.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 05/2017 erschienen.

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