Im Test: Fujifilm GFX50S II

Fujifilm baut sein Mittelformatsystem aus. Mit der GFX50S II kam im Herbst 2021 schon die fünfte GFX-Kamera auf den Markt. Wir haben sie ausführlich getestet und mit anderen Modellen im GFX-System verglichen.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Fujifilm GFX50S II
Foto: © Fujifilm

Gut viereinhalb Jahre nach der ersten GFX-Kamera, der GFX50S, bringt Fujifilm nun also die Nachfolgerin auf den Markt. In der Zwischenzeit hat sich viel getan.

Fujifilm GFX50S II top

Mit Kitobjektiv ist die GFX50S II für eine Mittelformatkamera kompakt und leicht. Die Oberseite bietet trotzdem genug Platz für das große OLED-Display.

Foto: © Fujifilm

Die GFX50S II ist bereits die fünfte Mittelformatkamera von Fujifilm mit einem rund 44 x 33 mm großen Sensor. Aktuell sind neben der GFX50S II noch die GFX50R (ebenfalls 51 MP) sowie die beiden 102-MP-Modelle GFX100S und GFX100 erhältlich.

Und natürlich wurde auch das Objektivangebot kräftig ausgebaut: 13 Objektive und ein Telekonverter kommen von Fuji selber und auch einige Fremdhersteller haben Angebote für das G-Bajonett (Venus Optics/Laowa, Mitakon, Kipon/Stand: Oktober 2021). 2022 will Fuji außerdem das Ultraweitwinkel GF 20-35 mm auf den Markt bringen, für 2023 sind dann die lichtstarke Festbrennweite GF 1,7/55 mm und das erste Tilt-und-Shift-Objektiv geplant.

Beachtlich ist auch die Preisentwicklung: Kostete die GFX50S bei Marktstart noch ca. 7000 Euro, so ruft Fuji für die deutlich verbesserte GFX50S II rund 4000 Euro auf. Manche hochauflösende Vollformatkamera ist teurer, allerdings auch deutlich schneller. Erstmals schnürt Fuji außerdem ein Mittelformat-Kit – und zwar mit dem neuen GF 4,5-5,6/35-70 mm für ca. 4500 Euro.

Dank Fujifilms GFX-System wird das digitale Mittelformat immer erschwinglicher.

- Andreas Jordan, foMA-Technik-Redakteur -

Fujifilm GFX50S II mit modernem Bedienkonzept

Rein äußerlich ist die GFX50S II identisch mit der seit Februar 2021 erhältlichen und 2000 Euro teureren GFX100S. Das gegen Spritzwasser und Staub geschützte Magnesiumgehäuse bewegt sich bei Abmessungen und Gewicht etwa auf dem Niveau einer größeren Kleinbildkamera und liegt gerade mit großen Händen gut in der Hand.

Bei der Bedienung setzt Fuji nicht mehr (wie noch in der GFX50S) auf mechanische Einstellräder für Zeit und ISO, sondern auf das moderne Konzept mit PASM-Wahlrad und Rändelrädern auf Vorder- und Rückseite. Lediglich die Blende lässt sich mechanisch an den meisten G-Objektiven einstellen – auf Wunsch aber auch per Rändelrad an der Kamera.

Die ISO- und Zeitenräder kann die Kamera auf dem großen OLED-Schulterdisplay nachbilden; hier lässt sich auch ein Histogramm einblenden. Auf der Rückseite gibt es unter anderem einen AF-Joystick, eine AF-On-Taste und einen Fokus-Umschalter (MF, C-AF, S-AF).

Die Drive-Modi werden über eine Taste und ein Kurzmenü ausgewählt. Hier finden sich auch die diversen Bracketing-Modi (einschließlich Fokus-Bracketing), Mehrfachbelichtungen (bis zu neun Aufnahmen) und der Pixel-Shift-Modus. Ist dieser aktiv, so nimmt die Kamera mit elektronischem Verschluss 16 in Halbpixelschritten verschobene Bilder hintereinander auf, die am Computer mit der Software „Pixel Shift Combiner“ zu einer Aufnahme mit 205 Megapixeln zusammengesetzt werden. Voraussetzungen sind natürlich ein stabiles Stativ und ein statisches Motiv.

Neben dem PASM-Rad befindet sich ein Videoschalter, der vom Foto- in den Videomodus wechselt – dann stehen nur noch die videorelevanten Menü-Einträge zur Verfügung.

Touchscreen nach oben, unten und seitlich ausklappbar

Fujifilm GFX50S II mit ausklapparem Monitor

Der Monitor der GFX50S II lässt sich in drei Richtungen bewegen.

Foto: © Fujifilm

Der 3,2-Zoll-Touchscreen bringt einen eher ungewöhnlichen Klappmechanismus mit. Er kann nicht nur nach oben (90 Grad) und unten (45 Grad), sondern auch seitlich (60 Grad) ausgeklappt werden, beispielsweise für Hochformataufnahmen vom Stativ. Die Selbstportraitposition oder das geschützte Einklappen sind aber nicht möglich. Die Touch-Bedienung schließt das Quick-Menü ein, aber nicht das Hauptmenü.

Der Sucher löst 3,69 Millionen Punkte auf und zeigt ein großes und scharfes Bild, das allerdings nicht ganz Moiré-frei ist. Er ist, anders als bei der GFX50S, fest montiert, lässt sich also nicht mehr abnehmen und mit einem Winkeladapter nach oben klappen. Unseres Erachtens ist das angesichts des Klappmonitors kein relevanter Nachteil. Sowohl in den Sucher als auch auf dem Monitor lässt sich eine Wasserwaage einblenden, die das seitliche Verkippen, aber nicht die Neigung nach vorne oder hinten anzeigt.

Hinter den Abdeckungen verbergen sich Schnittstellen für HDMI, USB, Mikrofon, Kopfhörer sowie eine Blitzsynchronbuchse. Zwei Laufwerke unterstützen die schnellen UHS-II-SD-Karten.

Fujifilm GFX50S mit besserer Ausstattung als GFX100S

Auch die sonstige Ausstattung hat Fuji zum großen Teil von der GFX100S übernommen und damit gegenüber der GFX50S deutlich verbessert. Die wichtigste Neuerung ist der 5-Achsen-Bildstabilisator mit Sensorshift (IBIS), der dank Software-Optimierung gegenüber der GFX100S sogar noch etwas effektiver geworden sein und bis zu 6,5 Stufen kompensieren soll.

Uns gelangen mit dem GF 2,8/63 mm (50 mm beim Kleinbild) mit sehr ruhiger Hand scharfe Aufnahmen mit 1/5 s, in Ausnahmefällen auch mit längeren Zeiten. 6,5 Blendenstufen erscheinen uns aber etwas zu optimistisch.

Farb-Chrome-Einstellung

Die Farb-Chrome-Einstellungen dunkeln Farben ab. Für satteres Himmelsblau ist „Farb Chrome Blau“ ideal. Linke Seite: Filmsimulation Velvia. Rechts: Filmsimulation Velvia mit Farb Chrome Blau.
Kamera: GFX50S II. Objektiv: GF 4,5-5,6/35-70 mm WR. Aufnahmedaten: 53,6 mm, f/8, 1/160 s, ISO 100.

Foto: © Andreas Jordan

Einer der größten Nachteile gegenüber der GFX100S dürfte der Autofokus sein, der ausschließlich auf Kontrast-Basis und ohne Phasendetektionspixel arbeitet und damit nicht ganz so schnell ist. Immerhin wurde auf Basis des aktuellen X-Prozessors 4 die Präzision der Augen- und Gesichtserkennung verbessert.

Zur insgesamt sehr guten Ausstattung tragen die diversen Filmsimulationen bei (darunter der bisher nur in der GFX100S zu findende Stil „Nostalgisch Negativ“), die sich auch nach der Aufnahme im integrierten Raw-Konverter anwenden lassen. Das gilt auch für den Körnungseffekt und die Farbabdunkelung, beispielsweise „Farb Chrome Blau“, die ähnlich wie ein Polfilter das Himmelsblau satter erscheinen lässt.

Weitere Funktionen sind: Intervallaufnahmen, diverse Seitenverhältnisse, der Kleinbildmodus mit rund 30 Megapixeln und lautloses Auslösen mit E-Verschluss. Die kürzeste Blitzsynchronzeit fällt mit 1/125 s hinter die Kleinbildkonkurrenz zurück. Beim Lieferumfang hat Fuji die Ladeschale eingespart. Der Akku lässt sich aber über das mitgelieferte USB-Netzteil und das USB-C-Kabel laden.

Einen klaren Nachteil gegenüber der GFX100S hat die Neue beim Videomodus: Da sich der Sensor langsamer auslesen lässt, nimmt die Fujifilm GFX50S II statt mit 4K nur mit Full-HD auf (30p, 4:2:0, 8 Bit).

Die neue Fuji-Kamera erreicht bei ISO 100 einen hervorragenden Wirkungsgrad von 96,5 %

Wie zu erwarten, ist der reine Kontrast-Autofokus deutlich langsamer als der Hybrid-AF der GFX100S. Fujiflm selber gibt eine Fokussierzeit mit dem Kitobjektiv von 0,272 s im Vergleich zu 0,05 s bei der GFX100S an. Wir haben bei guten Lichtverhältnissen eine Gesamtauslöseverzögerung von ca. 0,35 s ermittelt.

Das ist langsamer als bei den meisten aktuellen Vollformatkameras, die fast alle mit einem Hybrid-
Autofokus arbeiten. In der Praxis störte uns die Auslöseverzögerung bei der GFX50S II mit Kitobjektiv aber selten. Serien schießt die Kamera wie versprochen mit rund 3 Bildern/s, mit Autofokus-Nachführung ist sie je nach Aufnahmesituation etwas langsamer.

Erfreulich ist die Serienbildlänge, die bei JPEGs nur von der Kapazität der Speicherkarte begrenzt ist. Selbst bei verlustfrei komprimierten Raws haben wir mit der aktuell schnellsten SD-Karte mehr als 800 Aufnahmen in Folge, also gut vier Minuten, aufnehmen können, ohne dass die Kamera ins Stocken geraten wäre. Danach haben wir den Test abgebrochen. Lediglich bei unkomprimierten Raws wurde die GFX50S II schon nach 11 Bildern in Folge langsamer.

Dynamikumfang im Raw-Konverter

Der große Sensor bietet viel Potenzial zur Erweiterung des Dynamikumfangs im Raw-Konverter. Linke Seite: JPEG aus der Kamera. Rechts: In Adobe Camera Raw bearbeitetes Raw.
Kamera: GFX50S II. Objektiv: GF 4,5-5,6/35-70 mm WR. Aufnahmedaten: 35 mm, f/7,1, 1/100 s, ISO 100.

Foto: © Andreas Jordan

Im JPEG-Labortest mit dem Referenzobjektiv GF 2,8/63 mm erreichte die neue Fuji-Kamera bei ISO 100 einen hervorragenden Wirkungsgrad von 96,5 %. Möglich macht das unter anderem der Verzicht auf ein auflösungsdämpfendes Tiefpassfilter, was wiederum zu Artefakten wie Moirés führen kann (Artefaktnote 4). Tatsächlich ergaben sich im Praxistest bei Architekturaufnahmen Farb-Moirés.

Bei JPEGs werden diese in der Kamera deutlich reduziert, das Gleiche gilt, wenn die Raws in Fujis Konverter X Raw Studio entwickelt werden. Deutlich sichtbar werden sie dagegen bei der Konvertierung mit Capture One und noch stärker fallen sie bei Adobe Camera Raw bzw. Lightroom aus. In solchen Fällen kann man die Moirés immer noch manuell mit einem Pinsel retuschieren.

Gemessen über den ISO-Bereich sinkt der Wirkungsgrad kontinuierlich, erreicht bei ISO 1600 aber immer noch sehr gute 84 %, erst danach bricht er stärker ein (ca. 73 % bei ISO 3200). Wer im High-ISO-Bereich mehr Details erhalten will, sollte die Rauschreduzierung in der Kamera bzw. im Raw-Konverter niedriger einstellen. Adobe Camera Raw erhält in der Standardeinstellung mehr Details und lässt mehr Rauschen zu.

Dieses fällt aber sehr feinkörnig aus und stört daher wenig. Bei den JPEGs aus der Kamera fängt das Rauschen ab ISO 6400 an zu stören. Der im Labor gemessene JPEG-Dynamikumfang ist mit maximal 8,4 Blendenstufen für eine Mittelformatkamera überraschend gering. Im Raw-Konverter kann der große Sensor sein Potenzial aber entfalten und ermöglicht großzügige Korrekturen bei Schatten, Lichtern und Farbe.

Moirés vermeiden

FAZIT

Wer preiswert in das Mittelformat einsteigen will, ist mit der GFX 50S II gut beraten. Das ältere Schwestermodell GFX 50R ist nach Straßenpreisen sogar 500 Euro günstiger, verzichtet aber unter anderem auf den Bildstabilisator. Den souveränen Testsieg erzielt nach wie vor das 102-MP-Spitzenmodell GFX100, das aber mit 11.000 Euro fast das Dreifache der GFX50S II kostet.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test: Fujifilm GFX50S II, Fujifilm GFX50R, Fujifilm GFX100S, Fujifilm GFX100.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 12/2021 erschienen.

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