Im Test: Fujifilm GFX100S

Mit der 102-Megapixel-Kamera GFX100 hatte Fujifilm schon 2019 den Mittelformatmarkt aufgemischt. Das Schwestermodell GFX100S übernimmt nun viele Merkmale des Flaggschiffs, kommt aber im kompakteren Gehäuse und für 5000 Euro weniger auf den Markt.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Fujifilm GFX100S

Wir haben die Fujifilm GFX100S im März 2021 in der Praxis und im Labor getestet und sie mit den anderen GFX-Modellen verglichen.

Foto: © Fujifilm

Der digitale Mittelformatmarkt war lange Zeit wegen der hohen Preise, einer eher trägen technischen Entwicklung und gewöhnungsbedürftiger Handhabung eine kleine Profinische. Nicht zuletzt dank Fuji sieht das heute anders aus. Nach der 50-Megapixel-Kamera GFX50S vom Februar 2017 kam Ende 2018 mit der GFX50R eine vergleichsweise kompakte und preiswerte Variante hinzu (aktuell schon für rund 3500 Euro erhältlich). Im Sommer 2019 brachten die Japaner mit der GFX100 ein neues Flaggschiff, das sich mit einer Auflösung von 102 Megapixeln deutlich von hochauflösenden Vollformatkameras absetzen konnte und auch sonst moderne Technologien wie den integrierten Bildstabilisator, einen Hybrid-AF und 4K-Video erstmals ins Mittelformat einführte.

Ende 2020 folgte per Firmware-Update der Modus „Pixel Shift Multi Shot“, der es ermöglicht, bei statischen Motiven aus 16 Aufnahmen ein Bild mit 400 Megapixeln zu erstellen. Der Hauptnachteil der GFX100 war der Preis (11.000 Euro) und – für manche Einsatzgebiete und Fotografen – das Gewicht (1,4 kg), das unter anderem dem integrierten Hochformatauslöser mit Zweitakku geschuldet war.

Fujifilm GFX100S

Auch mit dem Zoom GF 4/32-64 mm bleibt die GFX100S einigermaßen kompakt.

Foto: © Fujifilm

Kompaktes Mittelformat

Mit der GFX100S bringt Fuji nun also ein kleineres und preiswerteres Schwestermodell für ca. 6000 Euro auf den Markt. Das Mittelformat sieht man ihr äußerlich kaum an. Tatsächlich ist das spritzwassergeschützte Magnesiumgehäuse kleiner als manche Vollformatkamera und mit einem Gewicht von 900 Gramm ist die neue GFX sogar 120 Gramm leichter als die besonders schwere Panasonic Lumix S1/S1R.
Auch das Bedienkonzept hat sich geändert. So setzt Fuji nun (wie schon bei der APS-C-Kamera X-S10) auf ein PASM-Modusrad. Das große Info-Display auf der Oberseite bleibt erhalten. Es zeigt neben den Belichtungsinformationen virtuelle Räder für ISO und Belichtungszeit (beides auch bei ausgeschalteter Kamera) sowie ein Histogramm.

Auf der Rückseite ist Fuji dem gewohnten Konzept treu geblieben. So gibt es unter anderem einen (etwas klein geratenen) AF-Joystick, eine AF-On-Taste und einen Fokus-Umschalter (MF/C-AF, S-AF). Die Drive-Modi werden über eine Taste und ein Kurzmenü ausgewählt. Im Videomodus kann man hier schnell zwischen den Formaten wechseln. Unverändert ist der 3,2-Zoll-Touchscreen, der einen eher ungewöhnlichen Klappmechanismus mitbringt. Er kann nicht nur nach oben (90 Grad) und unten (45 Grad), sondern auch seitlich (60 Grad) ausgeklappt werden, beispielsweise für Hochformataufnahmen vom Stativ. Die Selbstportraitposition oder das geschützte Einklappen sind aber nicht möglich.

Fujifilm GFX100S Rückseite

Der Monitor der Kamera hat einen ungewöhnlichen Klappmodus, der auch das seitliche Ausklappen ermöglicht, aber keine Selbstporträt-Position.

Foto: © Fujifilm

Die erste Sparmaßnahme macht sich beim Sucher bemerkbar. Statt 5,76 hat er nur noch 3,69 Millionen Punkte und die Vergrößerung beträgt 0,77x statt 0,86x. Trotzdem zeigt er ein großes und scharfes Bild, bei bestimmten Motiven allerdings mit Moiré-Neigung. Brillenträger, die nicht das ganze Bild im Blick haben, können die Sucheransicht übrigens verkleinern. Weiterer Nachteil gegenüber der großen Schwester: Der Sucher lässt sich nicht abnehmen und mit einem optionalen Winkel-Adapter nach oben schwenken. Sowohl in den Sucher als auch auf dem Monitor lässt sich eine Wasserwaage einblenden, die das seitliche Verkippen, aber nicht die Neigung nach vorne oder hinten anzeigt. Hinter den Abdeckungen verbergen sich Schnittstellen für HDMI, USB, Mikrofon, Kopfhörer sowie eine Blitzsynchronbuchse. Zwei Speicherkartenlaufwerke unterstützen die schnellen UHS-II-SD-Karten.

GFX100 und GFX100S – Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Neben dem Sucher ist vor allem die verringerte Akkulaufzeit ein Nachteil gegenüber der GFX100. Da statt zwei nur noch ein Akku (NP-W235, bekannt aus der X-T4) zum Einsatz kommt, sinkt die Laufzeit gemessen nach CIPA-Standard von rund 800 auf 460 Aufnahmen; Anschlüsse für einen optionalen Batteriegriff fehlen. Eine in der Preisklasse doch etwas ungewöhnliche und fragwürdige Sparmaßnahme ist, dass sich keine Ladeschale im Lieferumgang befindet. Stattdessen wird die Kamera per USB-C geladen, mit einer kompatiblen, leistungsstarken Powerbank auch im laufenden Betrieb. Ein Netzteil und ein beidseitig mit USB-C-Steckern bestücktes Kabel liegen bei.

Die restlichen technischen Daten sind gegenüber der großen Schwester weitgehend unverändert. Der knapp 44 x 33 mm große BSI-Sensor löst 102 Megapixel auf und deckt einen Empfindlichkeitsbereich von ISO 100 bis 12.800 ab (erweiterbar auf ISO 50 und nach oben auf bis zu 102.400). Einige Bauteile musste Fuji neu konstruieren und verkleinern. Neben dem Verschluss gilt das für die Bildstabilisierungseinheit, die kleiner und leichter ausfällt. Trotzdem hat sie laut Hersteller dank eines neuen Gyrosensors und verbesserter Algorithmen bei der Effektivität – je nach Objektiv – auf 5,5 bis 6 Blendenstufen zugelegt (plus 0,5 bis 1). Uns gelangen mit dem GF 4/32-64 mm R LM WR bei 63 mm (kleinbildäquivalent 51 mm) aus der Hand scharfe Aufnahmen bis zu einer Belichtungszeit von 0,4 s – bei der GFX100 waren wir zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Bei Objektiven mit eingebauter Stabilisierung (aktuell vier) lassen sich IBIS und OIS kombinieren, die Effektivität bleibt aber bei 5,5 bis 6 Blendenstufen.

„Angesichts der herausragenden Bildqualität und der starken Ausstattung hat die GFX100S ein sehr gutes
Preis-Leistungsverhältnis.“

Andreas Jordan, fotoMAGAZIN

Der bei der GFX100 per Firmware nachgerüstete „Pixel Shift Multi-Shot“-Modus steht auch in der GFX100S zur Verfügung. Die Kamera nimmt dabei in kurzer Folge 16 Raws auf, die am Computer mit der Software „Pixel Shift Combiner“ zu einer DNG-Raw-Datei mit 404 Megapixeln und einer Größe von rund 1,4 GB zusammengesetzt werden, die sich dann mit Lightroom, Photoshop oder Capture One bearbeiten lässt. Neben der gigantischen Auflösung und Detailvielfalt hilft der Pixelshift auch dabei, Moirés zu vermeiden. Die GFX100S bringt 19 Filmsimulationen mit.

Neu ist der Stil „Nostalgisches Negativ“, welcher die Farben der amerikanischen „New Color“-Fotografie der 70er-Jahre simuliert. Rottöne bewegen sich dabei in Richtung Zinnober, Blautöne haben einen erhöhten Cyan-Anteil. Nicht neu, aber beeindruckend ist der „Color Chrome Blau“-Effekt, der die Wirkung des blauen Himmels verstärkt. Beim Autofokus bleibt alles beim Alten: Das Hybrid-System mit 425 Messfeldern beherrscht die Gesichts- und Augenerkennung und ist mit einem lichtstarken Objektiv (GF 1,7/80 mm) bis -5,5 EV empfindlich. Der mechanische Schlitzverschluss schafft 1/4000 s; mit Hilfe des lautlosen elektronischen Verschlusses lässt sich die Zeit auf 1/16.000 s verkürzen.

Aufnahme mit Filmsimulation

Neu ist die Filmsimulation „Nostagisches Negativ“ – hier im Vergleich zu Provia. Leichte Verschiebungen ergeben sich vor allem bei den Rot- und Blautönen.

Foto: © Andreas Jordan

Eine Schwäche zeigt sich bei der kürzesten Blitzsynchronzeit, die bei 1/125 s liegt. Hier haben sowohl Vollformatkameras mit ihren schnelleren Verschlüssen, als auch die Mittelformatkonkurrenz von Hasselblad oder Leica mit der Unterstützung für Zentralverschlüsse einen Vorteil. Bluetooth und Wi-Fi sind an Bord, letzteres im Vergleich zur GFX100 aber ohne den schnellsten AC-Standard. Weitere fotografische Funktionen sind ein Körnungseffekt, Mehrfachbelichtungen, Intervallaufnahmen, ein Kleinbildmodus mit 60 Megapixeln, diverse Bracketing-Modi (Belichtung, Dynamik, Filmsimulation, Fokus, Weißabgleich) und ein integrierter Raw-Konverter.

Lange 4K-Videos mit der GFX100S möglich

Auch der Videomodus wurde weitgehend aus der GFX100 übernommen. So nimmt die Kamera 4K mit 17:9 oder 16:9 wahlweise mit 30p, 25p und 24p und ohne Crop auf. Bei Full-HD sind bis zu 60p möglich. Als Codecs stehen sowohl H.264 (mit 8 Bit) als auch der effektivere H.265 (10 Bit) zur Verfügung. Über HDMI lässt sich Raw-Video sogar mit 12 Bit Farbtiefe ausgeben. Optimales Ausgangsmaterial für die Nachbearbeitung liefert das flache F-log-Profil, für die Wiedergabe auf HDR-Fernsehern gibt es eine HLG-Einstellung. Neben der mechanischen Bildstabilisierung steht im Videomodus eine zusätzliche digitale zur Verfügung, die einen leichten Crop zur Folge hat. Erfreulich ist die Länge der Clips – in 4K konnten wir 80 Minuten am Stück aufnehmen. Nettes Detail am Rande: Das AF-Hilfslicht und die Indikatorlampe auf der Rückseite lassen sich als Signallicht für die laufende Aufnahme konfigurieren („Tally light“).

Laborergebnisse der Fujifilm GFX100S

Im Labor haben wir mit dem GF 4/32-64 mm eine sehr kurze Auslöseverzögerung mit Einzel-Autofokus von unter 0,2 s gemessen. Wie ihre große Schwester nimmt die GFX100S Serien mit bis zu 5 Bildern/s auf, mit aktivierter AF-Nachführung haben wir 4,0 Bilder/s ermittelt. Bei 5 Bildern/s gelangen uns 88 JPEGs bzw. 23 komprimierte Raws in Folge. Im langsamen Serienmodus mit 2 Bildern/s schießt die GFX100S rund 45 komprimierten Raws in Folge. Im Serienbildmodus ist die Farbtiefe der Raws übrigens auf 14 Bit fixiert, bei Einzelbildern sind auch 16 Bit möglich. Bei der GFX100 hatte sich beim ersten Test ein Fehler bei der Bewertung der Serienbildlänge eingeschlichen, den wir jetzt korrigiert haben. Die Geschwindigkeitswertung liegt nun bei 82 %, die Gesamtwertung hat sich damit auf 90 % verbessert.

Fuji GFX100S Bildqualität

Die JPEG-Bildqualität haben wir im Labor mit dem GF 2,8/63 mm gemessen. Die höchste Auflösung erreicht die GFX100S hier bei Blende 8 und ISO 100, der Wirkungsgrad liegt dann bei 89,6%. Das reicht für die Rekordauflösung von 81,7 effektiven Megapixeln; minimal höher als bei der GFX100, bei der wir 79,9 effektive Megapixel gemessen haben.

Im Kleinbildbereich liegt der Rekord bei 55,2 effektiven Megapixeln (Sony Alpha 7R IV). Bei 1600 fällt der Wirkungsgrad auf 78 %, bei ISO 3200 auf 68 %. Spätestens bei ISO 6400 sind die Auflösungseinbußen dann sehr kräftig und auch visuell deutlich sichtbar (Wirkungsgrad 64 %). Etwas höher als bei der GFX100 fällt das Bildrauschen aus. Visuell beginnt es ab ISO 3200 leicht und dann zunehmend zu stören. Beim JPEG-Dynamikumfang haben wir sehr gute Werte von knapp 9 Blendenstufen gemessen, das Raw hat hier natürlich noch deutliches Potenzial. Etwas besser als bei der GFX100 fallen die Noten für Artefakte (3,5) und Scharfzeichnung (1,6) aus.

Fujifilm GFX100S Bildqualität

FAZIT
Die GFX100S erreicht eine herausragende Bildqualität und Rekordwerte bei der Auflösung. Im Vergleich zu ihrer 5000 Euro teureren großen Schwester ist sie nahezu ein Schnäppchen. Vom geringer auflösenden Sucher und der kürzeren Akkulaufzeit abgesehen, bringt sie keine wesentlichen Nachteile mit, ist aber leichter und hat mit der neuen Filmsimulation „Nostalgisches Negativ“ sogar eine echte Neuerung. Die beiden 50-Megapixel-Kameras aus der GFX-Serie fallen bei der Bildqualität wegen der geringeren Auflösung etwas ab, dafür kann die GFX50R mit einem Straßenpreis von 3500 Euro den Preistipp für sich verbuchen.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Fujifilm GFX100, Fujifilm GFX100S, Fujifilm GFX 50R, Fujifim GFX 50S).

Labormessungen: Anders Uschold

Siehe auch
> unser Webinar zur Fujifilm GFX100S auf youtube

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 5/2021 erschienen.

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