Im Test: Fujifilm GFX100

Das digitale Mittelformat stand lange Zeit für eine sehr hohe Bildqualität, aber für Schwächen bei Autofokus und Ausstattung. In den letzten Jahren hat sich dies geändert, nicht zuletzt wegen des Engagements von Fujifilm. Mit der 102-Megapixel-Kamera GFX100 gehen die Japaner nun noch einen Schritt weiter.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

Fujifilm GFX100

Wir haben die Fujifilm GFX100 getestet und mit der GFX 50R und der GFX 50S verglichen.

Foto: © Fujifilm

Neue Technologien halten im Mittelformat traditionell später Einzug als in anderen Kameragattungen. So stellten Hasselblad, Pentax und Phase One erst 2014 von CCDs auf CMOS-Sensoren um. Der Autofokus war bei vielen Mittelformat-Kameras lange Zeit auf ein zentrales Messfeld beschränkt und die moderne spiegellose Bauweise mit weitgehend frei wählbaren AF-Messfeldern hielt erst 2016/2017 mit der Hasselblad X1D 50C und der Fujifilm GFX 50S Einzug. Was bisher noch fehlte, waren rückseitig belichtete Sensoren mit höherer Lichtausbeute (BSI-Bauweise), ein Hybrid-AF mit Phasen-Detektionspixeln auf dem Sensor, ein Bildstabilisator im Kameragehäuse und ultrahochauflösendes 4K-Video – mit all diesen Schwachpunkten räumt die GFX100 nun auf.

Fujifilm GFX100 mit neuem Bedienkonzept

Schon äußerlich ist die neue Fuji zu einem Boliden angewachsen: Das staub- und spritzwassergeschützte Magnesiumgehäuse besitzt einen integrierten Hochformatgriff, der die Nutzung von zwei Akkus für stolze 800 Aufnahmen erlaubt, aber auch das Gewicht auf 1,4 Kilogramm erhöht, was ungefähr den Profi-Sport-SLRs von Canon (EOS-1D X Mark II) und Nikon (D5) entspricht. Bei der Bedienung müssen sich Fuji-Fotografen umgewöhnen. Die klassischen mechanischen Bedienelemente, wie das Zeiten-, ISO- und Belichtungskorrekturrad, hat der Hersteller weggelassen und auch ein PASM-Rad fehlt. Das Belichtungsprogramm wird über die nicht beschriftete Mode-Taste neben dem oberen Info-OLED-Display gewechselt – das ist nicht unbedingt intuitiv, aber wer regelmäßig mit der Kamera arbeitet, dürfte sich schnell daran gewöhnen.

Das vergleichsweise große Info-Display (1,8 Zoll Diagonale) zeigt die wichtigsten Einstellungen übrigens auch im ausgeschalteten Zustand. Ist die Kamera eingeschaltet, so lassen sich hier auch die klassischen Räder (Zeit, ISO) simulieren und über das vordere und hintere Rändelrad steuern. Selbst ein Histogramm zeigt das OLED-Display an. Auf Daumenhöhe hat Fuji einen Joystick integriert, der unter anderem zum Verschieben des AF-Messfeldes dient. Links neben dem Sucher befindet sich der neue Umschalter für Still (Foto), Multi (Bracketing und Mehrfachbelichtungen) und Movie. Die dazugehörige Drive-Taste ruft die für jeden Modus grundlegenden Einstellungen auf – also Serienbilder bei Still oder Videoauflösung bei Movie. Von Canons und Nikons Profi-Sport-SLRs bekannt ist das zweite Info-Display unterhalb des Hauptmonitors. Welche Einstellungen wo angezeigt werden, kann der Fotograf übrigens individuell konfigurieren.

Fujifilm GFX100 Rückseite mit Monitor

Der Monitor der Fujifilm GFX100 ist, wie bei der Fuji GFX 50S, nach oben, unten und seitlich kippbar.

Foto: © Fujifilm

Der Hauptmonitor hat eine Diagonale von 3,2 Zoll und löst 2,36 Millionen Punkte auf. Ähnlich wie in einigen X-Modellen lässt er sich ca. 90 Grad nach oben, rund 45 Grad nach unten sowie ca. 30 Grad nach rechts zur Seite klappen. Damit ist er auch bei Hochformataufnahmen vom Stativ sinnvoll nutzbar, für Selbstportraits aber nicht. Die Touch-Bedienung ist ebenfalls möglich, wobei – wie von Fuji gewohnt – das Hauptmenü ausgenommen ist; immerhin reagiert das Quickmenü auf Berührungen.

Eine beindruckende Qualität hat der OLED-Sucher: Mit 5,76 Millionen Punkten hat er aktuell (zusammen mit den Panasonic-Kameras S1 und S1R sowie der Sony Alpha 7R IV) die höchste Auflösung und ist auch sehr groß (Vergrößerung 0,86x). Wie beim 50-Megapixel-Schwestermodell GFX 50S lässt er sich abnehmen und mit einem optionalen Winkel-Adapter (EVF-TL1) nach oben schwenken.

Bildstabilisator ist bei Fujifilm GFX100 integriert

Eine der großen Neuheiten im Mittelformat ist der in das Gehäuse integrierte Bildstabilisator (In Body Image Stabilization, IBIS), der auf fünf Achsen arbeitet und gemessen nach CIPA-Standard bis zu 5,5 Blendenstufen kompensiert. Grundsätzlich sollte man bei einer extrem hochauflösenden Kamera kürzere Verschlusszeiten für das Fotografieren aus der Hand einkalkulieren, da leichte Unschärfen bei einer 100-%-Ansicht eher sichtbar werden. Umso beeindruckter waren wir von der Leistung des Bildstabilisators. Tatsächlich waren in unserem Test mit dem GF 4/32-64 mm R LM WR bei kleinbildäquivalenten 50 mm einige Aufnahmen bei 1/2 s noch scharf. Vertrauen sollte man darauf sicher nicht, aber der Bildstabilisator erweitert die Möglichkeiten der Kamera beispielsweise bei der Reportagefotografie ohne Stativ und Blitzanlage erheblich. Eine hybride Bildstabilisierung, die Kamera- und Objektivstabilisierung kombiniert, ist zurzeit noch nicht möglich. Es gibt aber Überlegungen, diese per Firmware-Update nachzurüsten. Das gilt auch für Pixel-Shift, der mit Hilfe des beweglich gelagerten Sensors eine noch höhere Auflösung möglich machen würde.

4K-Video mit Fujifilm GFX100 möglich

Die zweite große Neuerung im Mittelformat ist die Aufzeichnung von 4K-Video. Dabei schöpft Fuji aus dem Vollen. So stehen sowohl DCI-4K (4096 x 2160 Pixel) als auch 16:9-4K (3840 x 2160 Pixel) mit 30p und bis zu 400 Mbit/s zur Verfügung – und das ohne Crop, also mit vollem Weitwinkel. Verständlicherweise werden dabei nicht alle Pixel des Sensors ausgelesen, sondern Zeilen übersprungen: Laut Fuji werden 50,5 Megapixel per Oversampling zu einem 4K-Video mit bis zu 8,8 Megapixeln zusammengefasst. Intern auf SD-Karte speichert die Kamera mit 8 oder 10 Bit Farbtiefe und einer Farbunterabtastung von 4:2:0, extern über HDMI auch mit 4:2:2. Dazu passend gibt es professionelles F-Log-Gamma mit großem Dynamikumfang sowie Hybrid Log Gamma (HLG) für die HDR-Wiedergabe auf entsprechenden Displays. Für einen Cinema-Look steht die Filmsimulation Eterna zur Verfügung. Als Codecs kommen wahlweise H.264 oder das effizientere H.265 zum Einsatz; letzteres ist die Voraussetzung für die interne 10-Bit-Aufzeichnung. Die maximale Länge eines 4K-Videos beträgt 60 Minuten. Erfreulich ist auch die Autofokus-Performance beim Video: Per Touch-AF lässt sich die Schärfe sanft und weitgehend ohne Pumpen verlagern. Anschlüsse für Mikrofon und Kopfhörer sind ebenfalls vorhanden.

Fujifilm GFX100 mit EVF-TL1-Adapter

Mit Hilfe des Adapters EVF-TL1 lässt sich der Sucher der Fujifilm GFX100 nach oben kippen.

Foto: © Fujifilm

Sonstige Ausstattung der Fujifilm GFX100

Natürlich dürfen die von anderen Fuji-Kameras bekannten Ausstattungsmerkmale auch bei der GFX100 nicht fehlen. Dazu gehört der elektronische Verschluss, der die Belichtungszeit gegenüber dem mechanischen Verschluss von 1/4000s auf eine 1/16.000 s verkürzt und das lautlose Auslösen ermöglicht. Wie bei allen Kameras hat der E-Verschluss in manchen Situationen Nachteile: Er erlaubt kein Blitzen, der erweiterte ISO-Bereich steht nicht zur Verfügung, der Serienbildmodus wird langsamer (2,9 statt 5 Bilder/s), es kann bei schnellen Bewegungen zu Verzerrungen kommen (Rolling-Shutter-Effekt) und unter flackerndem Kunstlicht zu Streifenbildung.

Fuji bietet zahlreiche Bracketing-Optionen an. Neben den gängigen Lichtwert-Reihen auch solche mit variierenden ISO-Zahlen, Fokus, Dynamikbereich, Filmsimulation und Weißabgleich. Über den Sinn mancher Bracketings kann man sicher streiten – vor allem Weißabgleich und Filmsimulation lassen sich gezielter und mit mit weniger Speicherbedarf im Kamera-internen Raw-Konverter oder am Rechner ändern. Fuji-typisch sind auch der Körnungs- und der Farb-Chrome-Effekt für sattere Farben in den Schatten. Neu ist die Hautweichzeichnungsfunktion, die in zwei Stufen zugeschaltet werden kann. Weitere Ausstattungsmerkmale sind Intervallaufnahmen, zahlreiche einstellbare Seitenverhältnisse (von 16:9 bis 1:1), mehrere Manuell-Fokus-Assistenten (Peaking, digitales Schnittbild, digitales Mikro-Prisma), eine 2D-Wasserwaage und der Kleinbildmodus mit rund 60 Megapixeln. Fernsteuern lässt sich die Kamera kabelgebunden über USB-C oder drahtlos per Wi-Fi mit der Camera-Remote-App. Zum Speichern stehen zwei UHS-II-kompatible Speicherkarten-Steckplätze zur Verfügung, die beiden Akkus lassen sich per USB 3.1 laden

Schneller Autofokus

Üblicherweise sind Mittelformatkameras weder beim Autofokus noch bei den Serienbildern sonderlich schnell. Fuji hatte aber schon bei seinen bisherigen GFX-Modellen per Kontrast-AF eine Geschwindigkeit erreicht, die mit Kleinbildkameras mithalten kann: Bei der GFX 50R haben wir in Kombination mit dem GF 4/32-64 mm rund 0,3 s Auslöseverzögerung mit Einzel-AF gemessen. In der GFX100 hat Fuji nun erstmals bei einer Mittelformatkamera einen Hybrid-Autofokus integriert, der den Kontrast-AF mit 3,76 Millionen Phasendetektionspixel kombiniert, die fast das ganze Bildfeld abdecken. Laut Fuji wurde damit die AF-Geschwindigkeit gegenüber den bisherigen GFX-Kameras verdoppelt. Wir haben sogar lediglich 0,1s Auslöseverzögerung gemessen. Die AF-Empfindlichkeit bei wenig Licht reicht bis -2 EV und auch eine Gesichts- und Augenerkennung ist an Bord.

Mindestens genauso beeindruckend wie der Autofokus ist die Serienbildleistung. Trotz Verdopplung der Auflösung von 50 auf gut 100 Megapixel hat Fuji die Rate von knapp 3 auf 5 Bilder/s erhöht. Mit AF-Nachführung haben wir 4 Bilder/s gemessen. Die höchste Frequenz hielt die Kamera in unserem Test für 234 JPEGs oder 17 Raws in Folge durch.

Die Fujifilm GFX100 lierfert eine herausragende Bildqualität

Die 102 Megapixel hat Fujfilm auf einem 43,8 x 32,9 mm großen Sensor untergebracht, der wie schon in den bisherigen GFX-Modellen ein um den Faktor 1,7 größere Fläche hat als ein Kleinbildsensor und auf ein Tiefpassfilter verzichtet. Neu ist die BSI-Bauweise (Back-Side Illumination), welche die lichtempfindliche Fläche vergrößert. Die Empfindlichkeit reicht von ISO 100 bis 12.800 und lässt sich auf bis zu 102.400 erweitern. Bei Raws kann der Fotograf zwischen 14 und 16 Bit Farbtiefe wählen, was übrigens nichts an der Dateigröße ändert, da auch die 14 Bit in einer 16-Bit-Dateistruktur erfasst werden. Trotzdem stehen im Serienbildmodus ausschließlich 14 Bit zur Verfügung. Im Praxistest konnten wir allerdings selbst bei kräftigen Farb- und Belichtungskorrekturen keine Unterschiede zwischen den beiden Farbtiefen feststellen. Wer will, kann die Raws übrigens in der Kamera in TIFFs wandeln, auch das mit bis zu 16 Bit. Die Dateien werden dabei allerdings extrem groß (ca. 350 MB).

Die Bildqualität haben wir wie immer im Labor im JPEG-Modus mit dem Referenz-objektiv GF 2,8/63 mm getestet. Zusätzlich haben wir auch die Raws ausgewertet und zwar nach einer Konvertierung mit Adobe Camera Raw 11.3 (Beta-Unterstützung für die GFX100) und Capture One 12.1. Zunächst zum Standard-JPEG-Test: Wenig überraschend erreicht die GFX100 die höchste je von uns gemessene Auflösung. Bei ISO 100 liegt der Wirkungsgrad bei sehr guten 88,6%, in absoluten Werten entspricht dies knapp 80 effektiven Megapixeln. Bis ISO 1600 geht der Wirkungsgrad langsam zurück, bleibt aber bei über 80 %, danach bricht er deutlich ein. Trotz der höheren Pixeldichte gelingt es Fuji das Rauschen gegenüber den beiden GFX-50-Modellen sogar noch zu reduzieren. Auch hier sind die Ergebnisse bis ISO 1600 sehr gut, danach steigt das Rauschen stärker an, visuell stört es aber bis ISO 6400 kaum.

Ähnlich wie das Bildrauschen ist auch der Dynamikumfang besser als bei der GFX 50R und 50S. Im JPEG erreicht die Kamera maximal 8,9 Blendenstufen (bis zu 9,4 im Raw). Der Labortest attestiert der GFX100 eine mittlere Anfälligkeit für Artefakte. Im Praxistest traten vereinzelt bei Architekturaufnahmen Moirés auf.
Zusammengefasst kann man sagen, dass die Auflösung in den Standard-Einstellungen der Raw-Konverter vor allem in den hohen ISO-Stufen deutlich höher ist, dafür aber das Rauschen stark ansteigt. Interessant ist auch, dass die Moirés in den Architekturbildern von Adobes Camera Raw mit der neuen Funktion „Details verbessern“ fast komplett beseitigt wurden.

FAZIT
Die GFX100 ist in Bezug auf die Bildqualität die beste je von uns getestete Kamera. Auch bei der Ausstattung beeindruckt sie mit Funktionen, die im Mittelformat bisher unbekannt waren und erreicht fast die volle Punktzahl. Dass eine 100-Megapixel-Kamera keine Geschwindigkeitsrekorde bricht, versteht sich von selbst, doch die GFX100 ist bestimmt keine lahme Ente. Der Autofokus ist superschnell und Serienbilder gelingen immerhin mit bis zu 5 Bildern/s. Unter dem Strich ist die GFX100 eine absolut beeindruckende Kamera und hebt die Mittelformat-Fotografie auf ein neues Niveau.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Labortest (Fujifilm GFX 50R, Fujifilm GFX 50S und Fujifilm GFX100)

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 9/2019 erschienen.

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