Wer nach einem Vollformatobjektiv sucht, das eine Menge fotografischer Motive abdeckt, nicht zu teuer und zu schwer ist und dennoch eine gute Abbildungsqualität besitzt, dann landet er unweigerlich bei den Standardzooms mit erweitertem Telebereich. Sie beginnen in der Regel mit 24 mm für einen schon ordentlichen Weitwinkeleindruck und reichen meistens bis 105 mm oder gar bis 120 mm. Damit decken sie neben dem leichten Reportageweitwinkel und der Normalbrennweite auch gleich noch den Portraitbereich mit ihrem Tele ab. Diese schon dicht an die eierlegende Wollmilchsau herankommenden Zooms sind ideale Helfer, wenn es darum geht, nur mit einem Objektiv loszuziehen und das fotografische Gepäck klein zu halten. Andererseits sind sie auch ein konstruktiver Kompromiss, der den Spagat zwischen Weitwinkel und Telebereich überwinden muss und dabei noch eine recht hohe Lichtstärke bewältigen soll.
Seit unserem letzten Test in fM 4/2014, als das Sigma 4/24-105 mm DG OS HSM Art neu erschien, legte Canon sein EF 4/24-105 mm L IS USM in der zweiten Generation auf, kam Pentax mit dem HD D FA 3,5-5,6/28-105 mm ED DC WR heraus und brachte Sony – ganz frisch – für sein spiegelloses Vollformatsystem das FE 4/24-105 mm G OSS.
Die Testobjektive auf einen Blick
Das 2014 in der Canon-Variante vermessene Sigma 24-105 mm haben wir an einer aktuellen EOS 5DS neu getestet, beim Nikon AF-S Nikkor 4/24-120 mm G ED VR war dies nicht nötig.
Hohe Anforderungen
Das Canon 24-105 mm II erschien Ende 2016, als die EOS-Megapixel-Boliden bereits auf dem Markt waren. Deshalb wundert es ein wenig, dass es am interessanteren Vollformatsensor nur dann gute Auflösungswerte erreicht, wenn es bei 24 mm leicht abgeblendet wird. Bei anderen Brennweiten und Blendenstufen bleibt es teilweise deutlich darunter. Da reicht als Begründung auch nicht der Hinweis, dass die jüngeren EOS-Generationen die Bilddaten defensiver aufbereiten und daher die Auflösung niedriger ausfällt. Punkte sammelt das Canon allerdings bei der Randabdunklung, die im Testfeld am geringsten ausfällt.
Seine Verzeichnungsleistung bewegt sich im Mittelfeld. Die Mechanik des 24-105 mm II ist für ein L-Objektiv typisch solide, mit Bildstabilisator, Zoom-Lock und Spritzwasserschutz bleiben keine normalen Wünsche offen. Die sehr guten mechanischen Eigenschaften sorgen auch dafür, dass das EF insgesamt bei „Sehr gut“ landet.
Den größten Brennweitenbereich überbrückt im Test das Fünffachzoom von Nikon, das 24-120 mm VR. Es ist schon über sieben Jahre alt und das merkt man ihm auch an. Seine Maximalwerte bei der Auflösung erreicht es – mit Ausnahme bei 24 mm – erst nach zwei, meistens drei Stufen abblenden; konkret heißt das Blende f/11, was in den seltensten Fällen eine günstige Arbeitsblende darstellt. Neben der recht starken Randabdunklung bei Vollformat kommt noch eine kräftige Verzeichnung hinzu. Deshalb erlangt auch das Nikkor nur aufgrund seiner hohen mechanischen Wertung das „Sehr gut“.
Die Testobjektive
Gleichbleibende Auflösungen
Zu den defensiver aufbereitenden Kameras gehört auch die aktuelle Pentax-Generation, die vom 3,5-5,6/28-105 mm bedient wird. Es ist besonders im Tele lichtschwach, nur ein 3,75fach-Zoom und verzichtet auf die nicht unerheblichen vier Millimeter im Weitwinkel. So erreicht das mit Abstand kleinste und leichteste Zoom eine sehr gleichmäßige Auflösung bei allen Brennweiten und Sensorformaten – allerdings auf niedrigem Niveau.
Immerhin ist es immer offenblendtauglich, zur Steigerung der Auflösung ist Abblenden nicht nötig bzw. teilweise kontraproduktiv. Schwachpunkte sind die zudem spontan auftretende Vignettierung bei allen Brennweiten im Vollformat und die starke Verzeichnung bei 28 mm. Mechanisch spielt das Pentax unspektakulär in der gleichen Liga wie die Konkurrenz. So gelangt das Objektiv von 2016 sicher auf ein „Sehr gut“.
Wie erwähnt, haben wir das Sigma 24-105 mm aus der edlen Art-Linie an aktuellen Vollformatsensoren neu gemessen. Statt 76 % in 2014 erreicht es nun 72 % im Vollformat. Das liegt daran, dass die Auflösungskurven der mittleren und langen Brennweite nun etwas niedriger verlaufen. Ihre Charakteristik hat sich jedoch kaum verändert, sowohl in der kurzen als auch in der langen Brennweite ist das Sigma offenblendtauglich und liefert bei 24 mm bis Blende f/9 gute Werte und durchgängig mittlere Werte bei 105 mm. Im Zwischenbereich bei 50 mm lohnt sich Abblenden um eine Stufe für gute Auflösungswerte, ehe ab Blende f/11 die Beugung spürbar wird.
Diese Konstanz bringt dem Sigma (ebenso wie dem Pentax-Zoom) viele Blendenbereichspunkte. Sowohl die Randabdunklung als auch die Verzeichnung bleiben trotz der Neumessungen unverändert: Erstere ist im Vollformat bei Blende f/4 jeweils stark und auch spontan, abgeblendet bleibt sie bei 24 mm stark. Die Anfangsbrennweite zeigt auch eine sehr starke Verzeichnung, bei 50 und 105 mm ist sie deutlich.
Das bildstabilisierte Sigma erreicht ebenfalls eine hohe Mechaniknote von 87 %. Als einzigem Objektiv im Test fehlt ihm die Gummileiste am Bajonett gegen leichtes Eindringen von Staub oder Feuchtigkeit. Die Endnote „Sehr gut“ erreicht es damit locker.
Einige Überraschungen
Den Testsieg holt sich allerdings das Sony FE 4/24-105 mm G OSS. Je nach Sensorformat verhält sich die Auflösung unterschiedlich: Im wichtigeren Vollformat besitzt es durchgängig Offenblendfehler, die bei 24 mm leicht und ansonsten deutlich sind. Reicht bei der Anfangsbrennweite das Abblenden um eine Stufe für ausgezeichnete Werte, sind bei 50 und 105 mm schon zwei Stufen nötig, um eine gute bzw. gute bis sehr gute Auflösung zu erzielen. Bei APS sind die Leistungen erheblich höher und nur bei 50 mm lohnt sich Abblenden für mehr Auflösung.
Viele Punkte sammelt das für die Alpha-7- und -9-Modelle gerechnete Objektiv bei der Verzeichnung und der Randabdunklung. Ungewöhnlich ist das Verhalten der Verzeichnung im Vollformat: Trotz deaktivierter Verzeichnungskorrektur in der Kamera ist sie bei 24 mm nur leicht und ansonsten praktisch irrelevant. Am APS-C-Sensor steigt sie jedoch an und ist dann zwischen deutlich (24 mm) und sichtbar wahrnehmbar. Die Randabdunklung ist mit einer Ausnahme an beiden Sensorformaten sehr gut bis hervorragend. Auch hier ist es wieder die 24-mm-Brennweite, die im Vollformat eine nicht starke, aber scharf ausgeprägte spontane Vignettierung zeigt. Mechanisch ist das bildstabilisierte Zoom ebenfalls auf hohem Niveau. So erhält das Sony-Objektiv mit großem Vorsprung das „Super“.
FAZIT
In diesem Testfeld hat eindeutig das Sony-Objektiv für das spiegellose Kamerasystem die Nase vorne. Es bietet die höchste Auflösung in beiden Sensorklassen. Unter den vier Spiegelreflexobjektiven schneidet das Sigma-Modell am besten ab, obwohl es schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Selbst das erheblich jüngere Canon 24-105 mm II kann da nicht mithalten. Eine Überarbeitung des 24-120 mm von Nikon dürfte unter den Kunden auf offene Ohren stoßen. Für seine doch eher einfache Machart schneidet das Pentax (mit dem etwas leichter zu konstruierenden Zoombereich) erstaunlich gut ab, und das trotz der defensiveren Datenaufbereitung der aktuellen Pentax-Kameras.
Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Canon EF 4/24-105 mm L IS USM II, Nikon AF-S Nikkor 4/24-120 mm G ED VR, Pentax HD D FA 3,5-5,6/28-105 mm ED DC WR, Sigma 4/24-105 mm DG OS HSM Art, Sony FE 4/24-105 mm G OSS).
Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 4/2018 veröffentlicht.
Labormessungen: Anders Uschold
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