Es ist schon erfrischend, wie sich in manchen Bereichen die Objektivtechnik weiterentwickelt und frühere Grenzen eingerissen werden. So auch bei den Weitwinkelobjektiven: Die Brennweiten werden kürzer oder die Lichtstärken steigen – manchmal sogar gleichzeitig. Und es kommen neue Hersteller auf den Markt.
In diesem Test von sieben Superweitwinkelobjektiven für das Vollformat tauchen erstmals die Marken Irix (der Firma TH Swiss) und Laowa (von Anhui ChangGeng Optics Technology Company Limited bzw. Venus Optics) auf. Venus Optics wurde 2013 in China gegründet und machte bislang mit ungewöhnlichen Objektivrechnungen auf sich aufmerksam. Die Objektive werden in Deutschland von der B.I.G. GmbH in Weiden vertrieben. Von Laowa haben wir das D-Dreamer 2,8/12 mm Zero-D zum BAS-Digital-Test gebeten. Irix hingegen entspringt einer südkoreanisch-schweizer Kooperation und tauchte 2016 erstmals auf. Den Vertrieb besorgt hierzulande die Haford GmbH in Gunzenhausen. Im Test haben wir das Debüt-Objektiv 2,4/15 mm in der Firefly-Version.
Die Testobjektive im Überblick:
Schon erheblich länger dabei ist Samyang aus Südkorea, das in der jüngeren Zeit mit einigen Neuheiten aufwartete. Hier im Test ist allerdings kein Objektiv mit Autofokus, sondern das manuell zu fokussierende 2,4/14 mm aus der ganz neuen XP-Premium-Serie. Voigtländer setzt zunehmend auf Objektive für spiegellose Systemkameras und hat für das Sony ILCE-System das recht kompakte Ultra Wide-Heliar 5,6/12 mm am Start.
Das Testfeld komplettieren drei Objektive von Zeiss: Als einziges im Septett mit Autofokus ist das Batis 2,8/18 mm für Sony-Spiegellose gerechnet. Die beiden Milvus-Brennweiten 15 mm und 18 mm passen an Canon- und Nikon-Reflexen. Während das 2,8/15 mm grob gesprochen ein Classic-Modell im neuen Gewand ist, handelt es sich beim 2,8/18 mm um eine neue Rechnung für die junge Milvus-Linie.
Im Labor haben wir das Irix 2,4/15 mm Firefly gemessen, dass es auch in einer optisch baugleichen Variante namens Blackstone gibt. Die Unterschiede liegen in der robusteren Metallfassung des teureren Blackstone. Doch schon die Mechanik des Firefly hat uns überzeugt. Was die Irix-Ingenieure dort hineingepackt haben, ist erstaunlich. Das beginnt bei einem sehr schön bedienbaren Fokussierring, der sich arretieren lässt, geht über Filterfassungen vorne und hinten, Abdichtungen und einem Eingriffsfenster in der Streulichtblende bis hin zu einer Fokusjustierung, die allerdings eher etwas für Fachleute ist. Die Wertung für die optischen Leistungen kommt da erwartungsgemäß nicht mit, wobei sie aber keinesfalls enttäuscht: Die Auflösung ist ab der offenen Blende sehr konstant und nimmt beim Abblenden nur sanft zu. Insofern kann die sehr hohe Lichtstärke auch tatsächlich eingesetzt werden. Dagegen spricht allerdings die sehr starke Randabdunklung; um sie unsichtbar zu machen, muss wiederum sehr stark abgeblendet werden. Die Verzeichnung hält sich im klassenüblichen Rahmen. Wenn man nun noch auf das Preisschild schaut und sieht, dass der direkte Konkurrent von Samyang nominell exakt das Doppelte kostet, fällt die Kaufentscheidung vermutlich leichter.
Welches ist das Lichtstärkste Superweitwinkel?
Als das lichtstärkste Superweitwinkel für Vollformat gilt das Laowa (heißt „alter Frosch“) 2,8/12 mm. Eine Kombination, die als kaum zu bewältigen gilt, zumal als Spiegelreflexobjektiv mit großem Abstand zwischen Hinterlinse und Sensorebene. Für das D-Dreamer bleibt es auch ein Traum, bei voller Öffnung optisch zu glänzen; die Auflösung ist bescheiden und klettert erst bei den beiden letzten vermessenen Blendenstufen auf gute bis sehr gute Werte.
Wenn auf beste Bildqualität Wert gelegt wird, sollte die hohe Lichtstärke des Laowas also nur in Ausnahmefällen genutzt werden. Hinzu kommt eine kräftige Randabdunklung. Anerkennenswert niedrig ist die Verzeichnung, für die ja bereits der Namenszusatz Zero-D(istortion) steht. Mechanisch zeigt es eine prima Leistung. Beachtung sollten die Tatsachen finden, dass keine Daten an die Kamera übertragen werden und die Linsen einen leichten Gelbstich aufweisen.
Das können die Weitwinkel-Festbrennweiten
Gleichfalls mit Brennweite 12 mm, aber um zwei Stufen geringerer Lichtstärke kommt das Voigtländer 5,6/12 mm für Sony ILCE daher. Nominell hat es mit den Herausforderungen also ein leichteres Spiel, bei der Auflösung kommt es aber nicht an das Laowa heran. Für beste Leistungen sollte es zudem auf f/11 oder f/16 abgeblendet werden – in der Praxis nicht ideal. Mechanisch ist es solide, bietet aber auch keine Highlights.
Viel Kunststoff kommt hingegen beim Samyang XP 2,4/14 mm zum Einsatz. Die Fassung ist sehr gut gearbeitet und auf manuelles Fokussieren ausgelegt. Seine Auflösung ist am Vollformatsensor erstaunlich konstant und gut – die gewählte Blende spielt keine Rolle. Anders jedoch bei der Randabdunklung, die auch abgeblendet noch auffällt. Knackpunkt ist die sehr starke Verzeichnung, die einige Prozentpunkte kostet.
Das Autofokusobjektiv im Test: Zeiss Batis 2,8/18 mm für Sony E
Kommen wir zum einzigen Autofokusobjektiv im Testfeld, dem Zeiss Batis 2,8/18 mm für Sonys Vollformat-E. Im Vergleich zu den SLR-Objektiven konnte es – weniger kompromissbehaftet – auf die kurze Schnittweite der Spiegellosen gerechnet werden. Dabei gelang es Zeiss, eine herausragende Auflösungsleistung bei dieser Brennweite zu erzielen. Schon bei der Offenblende erreicht das Batis sein Maximum, das bei APS-Sensoren praktisch 100 Prozent erreicht und am Vollformatsensor nicht minder beeindruckende fast 90 Prozent.
Bis zu Blende f/11 kann das Weitwinkel fast verlustfrei eingesetzt werden, erst dann geht die Auflösung zurück. Die Randabdunklung ist objektivtypisch deutlich, aber bleibt im Rahmen und ist sanft ohne spontane Anstiege. Zugunsten der homogenen Auflösung scheint Zeiss auf eine Korrektur der Verzeichnung zu verzichten, die am APS-Sensor stärker ausfällt als am Vollformat-Bildwandler. Mechanisch ist das Batis sehr gut, auffällig ist das OLED-Display, das die aktuelle Schärfentiefe anzeigen kann.
Milvus gegen Milvus
Ebenfalls von Zeiss, aber für Canon- und Nikon-Reflexen sind die im letzten Herbst vorgestellten Milvus-Objektive. Das 2,8/15 mm ist ein neu eingekleidetes Classic 2,8/15 mm, das 2,8/18 mm löst das lichtschwächere 3,5/18 mm Classic ab. Ausstattung und Mechanik sind weitgehend identisch. Lediglich die Streulichtschutzmaßnahmen gefielen uns am 18er noch ein wenig besser. Zum Spritzwasserschutz, dem Filtergewinde und dem Blendenring bei den Nikon-Varianten gesellt sich ein ausgezeichneter Fokussierring. Optisch sind die Unterschiede schon größer, wobei das 15 mm mit seinen 110 Grad Bildwinkel erwartungsgemäß mehr zu kämpfen hat. Die hohe Anfangsöffnung ist für eine optimale Auflösung nicht empfehlenswert, Blende f/8 ist hier eindeutig die Idealeinstellung. Dann werden auch die Bildecken nicht so dunkel. Beim 2,8/18 mm ist die Randabdunklung im Vollformat bei Offenblende sogar noch etwas stärker ausgeprägt, dafür bringt Abblenden mehr. Auch die Verzeichnung ist besser korrigiert. In der Auflösung ist es ebenfalls besser, besonders bei der Anfangsöffnung.
FAZIT
Für Freunde des Weitwinkels hat sich in der letzten Zeit eine Menge getan – besonders für Vollformatkameras. Wer mit einer Canon- oder Nikon-Spiegelreflexkamera unterwegs ist, fährt mit einem der beiden Zeiss Milvus am besten. Sie sind allerdings auch am kostspieligsten – sollte das Budget die Ausgabe nicht hergeben oder eine andere SLR-Marke in der Fototasche liegen, lohnt sich auf jeden Fall der Blick auf das Irix Firefly, das nur ein Viertel oder Fünftel (je nach Vergleichsobjektiv) kostet. Schon mit seiner auffälligen Mechanik lohnt es einen Versuch. Preislich dazwischen liegt das Samyang XP 14 mm. Das Laowa 12 mm ist eher ein Fall für Spezialisten, die mit den genannten Einschränkungen zurechtkommen. Unter den zwei Objektiven für spiegellose Sonys ist das Zeiss Batis mit AF die erste Wahl.
> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test.
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 3/2017 erschienen.
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