Die Brennweite ist eine der wichtigsten technischen Angaben bei einem Objektiv. Sie ist zusammen mit der Lichtstärke auf fast jedem Objektiv eingraviert. Technisch präzise ausgedrückt handelt es sich bei ihr um den in Millimetern (mm) angegebenen Abstand zwischen der bildseitigen Hauptebene des Linsensystems eines Objektivs und dem Brennpunkt auf dem Bildsensor bzw. dem Film.
Nun könnte man meinen, dass die Baulänge eines Objektivs mit der Brennweite zunimmt und ein Objektiv mindestens so lang sein muss wie seine Brennweite. Das ist aber nicht ganz korrekt. Richtig ist, dass die Länge von Objektiven tendenziell mit ihrer Brennweite zunimmt.
So sind Teleobjektive länger als Weitwinkel- oder Normalbrennweiten, aber oft kürzer als ihre Brennweite. Durch eine spezielle Kombination aus Sammel- und Zerstreuungslinse kann die bildseitige Hauptebene außerhalb des Objektivs liegen. Dadurch wird eine kürzere Bauweise erreicht.
Weitwinkel häufig größer – Schnittweite länger als die Brennweite
Umgekehrt sind Weitwinkelobjektive vor allem für Spiegelreflexkameras oft relativ groß. Die sogenannte Retrofokus-Konstruktion führt dazu, dass sich die bildseitige Hauptebene näher am Brennpunkt befindet als die Hinterlinse des Objektivs – die Schnittweite ist länger als die Brennweite. Bei Spiegelreflexkameras ist eine Retrofokus-Konstruktion für Weitwinkelobjektive üblich, da wegen des Rückschwingspiegels mehr Platz zwischen Objektiv und Sensor vorhanden sein muss als beispielsweise bei spiegellosen Kameras.
Zusammenhang von Brennweite und Bildwinkel
Die meisten Fotografen interessieren sich weniger für die eher abstrakte Brennweite, als vielmehr für die Frage, welchen Bildwinkel sie mit einem Objektiv beim Fotografieren erfassen. Daher wird eine Brennweite meist mit einem Bildwinkel assoziiert. Über viele Jahrzehnte hat sich beispielsweise eingebürgert: 24 mm sind Weitwinkel, 50 mm eine Normalbrennweite und 100 mm ein Tele.
Dieser Zusammenhang ist aber nur beim Kleinbild – alias Vollformat – korrekt, also einem Filmnegativ bzw. Bildsensor mit den Maßen 36 x 24 mm. Bei kleineren Bildsensoren verschiebt sich die Brennweitenwirkung Richtung Tele, bei größeren in Richtung Weitwinkel. Ein Beispiel: Bei Kompaktkameras oder Smartphones mit einem 1-Zoll-Sensor (13,2 x 8,8 mm) entsprechen rund 9 mm Brennweite der Bildwirkung eines 24-mm-Objektivs am Kleinbild und 19 mm der Normalbrennweite von 50 mm.
„kleinbildäquivalente“ Brennweite
Da sich die meisten Fotografierenden für den erfassten Bildwinkel interessieren, ist es üblich, statt der echten die „kleinbildäquivalente“ Brennweite anzugeben. Da dieser Begriff technisch eigentlich nicht korrekt ist, sprechen wir besser von der „Brennweitenwirkung“. Umgerechnet wird mit dem sogenannten Crop-Faktor (zu Deutsch: Beschnitt-Faktor auch Formatfaktor genannt). Im Fall des 1-Zoll-Sensors beträgt dieser 2,7, bei kleineren Sensoren ist er größer, bei größeren kleiner. Hier eine Übersicht zu den Crop-Faktoren verschiedener gängiger Bildsensoren in unterschiedlichen Kameras und Smartphones:
- Kleines Mittelformat (bspw. Fujifilm GFX, ca. 44 x 33 mm): 0,7x
- Kleinbild alias Vollformat (ca. 36 x 24 mm): 1x
- APS-C (Fujifilm Nikon, Sony etc., ca. 24 x 16 mm): 1,5x
- APS-C (Canon, ca. 22,5 x 15 mm): 1,6x
- Micro Four Thirds (17,3 x 13 mm): 2x
- 1 Zoll (Highend-Smartphones und Kompaktkameras, ca. 13,2 x 8,8 mm): 2,7x 1/1,3 Zoll (Highend-Smartphones, 9,8 x 7,4 mm): 3,7x
- 2/3 Zoll (8,6 x 6,6 mm): 3,9x
- 1/1,7 Zoll (7,6 x 5,7 mm): 4,6x
- 1/2,3 Zoll (6,2 x 4,6 mm): 5,6x
- 1/2,5 Zoll (5,8 x 4,3 mm): 6,0x
- 1/3,6 Zoll (5,0 x 4,0): 8,7x
Je kleiner der Sensor ist, desto kürzer kann also die Brennweite für eine bestimmte Brennweitenwirkung ausfallen. Deshalb haben die Telebrennweiten in Smartphones auch die kleinsten Bildsensoren mit einer entsprechend reduzierten Qualität.
Normalbrennweite – aber was ist schon normal?
Als Normalbrennweite gilt eine Brennweite, die der Diagonale des Aufnahmeformates entspricht. Bei einer Kleinbildkamera sind dies 43 mm, als Normalbrennweiten gelten – leicht abweichend – Brennweiten zwischen 40 und 55 mm. Bei APS-C-Sensoren wären dies also 27 bis 37 mm, bei Four-Thirds 20 bis 28 mm. Alles was darunter liegt, ist ein Weitwinkel, längere Brennweiten sind ein Tele.
Häufig wird behauptet, die Normalbrennweite entspräche dem natürlichen Sichtfeld des Menschen. Das ist allerdings stark vereinfacht, denn tatsächlich erfassen zwei Augen fast 180 Grad, was eher einer Brennweite von 10 bis 11 mm am Kleinbild entsprechen würde. Allerdings werden Objekte am äußersten Blickfeld nur schemenhaft wahrgenommen, weshalb es zu der Bezeichnung Normalbrennweite kommt.
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