Zooms mit einer durchgängigen Anfangsöffnung von Blende f/2,8 werden gerne mit „Profi“ tituliert. Das liegt zum einen daran, dass Berufsfotografen gerne lichtstarke Objektive verwenden, um insbesondere bei Reportagen möglichst geringe fotografische Schwierigkeiten zu haben; zum anderen treibt der konstruktive Aufwand in Sachen Glas und Fassung die Preise in die Höhe. Preise, die sich der Hobbyfotograf weniger leisten kann oder möchte als der Profifotograf.
Hier haben wir drei Profi-Standardzooms für Vollformat-Spiegelreflexen mit den Eckdaten 2,8/24-70 mm getestet, die von den sogenannten Fremdherstellern kommen, auch wenn Sigma seine eigenen Systemkameras baut: Tamron und Tokina fertigen Objektive nur als Zubehör.
> Die Testobjektive auf einen Blick
Dieser Objektivtyp kostet bei den Originalherstellern deutlich mehr: Canon verlangt für das EF L II USM rund 2320 Euro, Nikon für das bildstabilisierte AF-S E ED VR und Sony für das Vario-Sonnar T* ZA SSM II jeweils fast 2500 Euro. Lediglich Ricoh Pentax ruft für das HD D FA ED SDM WR bescheidene 1300 Euro auf.
Da ist es nur zu verständlich, dass die fotografische Kundschaft bei Listenpreisen zwischen 1200 und 1700 Euro für Sigma, Tamron und Tokina neugierig schaut, wie gut denn die Alternativen (für Canon- und Nikon-Reflexen) sind. Zumal die Straßenpreise – außer beim brandneuen Sigma für 1450 Euro – noch niedriger liegen: Das Tamron gibt es schon ab etwa 1400 Euro, das Tokina für knapp 900 Euro.
Natürlich ist der Preis wichtig (und nicht selten entscheidend), doch wir möchten Ihnen nun auch verraten, wie gut denn die drei Zooms sind. Dafür haben wir sie dem BAS-Digital-Test unterzogen und so viel sei vorab gesagt, ein derart ausgeglichenes Testfeld haben wir schon lange nicht mehr auf der Prüfbank gehabt. Das Trio unterscheidet sich nur in Nuancen, die wir hier aufzeigen möchten.
Bei der Fassungsqualität liefern die drei Hersteller ab, was sie zu leisten imstande sind. Es sind jeweils Konstruktionen aus Metall und Kunststoff, die hochwertig verarbeitet sind und ein Metallbajonett mit einer Dichtungslippe am Bajonett aufweisen. Die Filterfassungen aus Kunststoff drehen sich beim Fokussieren nicht mit und nehmen 82-mm-Filter auf. Trotz unterschiedlicher optischer Aufbauten sind die Nahgrenzen nahezu gleich. In Sachen Ausstattung gibt es die größten Differenzen: Sigma und Tamron haben optische Bildstabilisatoren eingebaut, Tokina nicht.
Dieses Thema greifen wir später nochmal auf. Beim Sigma finden wir einen Manual-Override-Schalter, bei dessen Aktivierung der Fotograf den Autofokus manuell überstimmen kann, bei Tamron eine Zoomarretierung (nur bei 24 mm!) und beim Tokina statt des sonst meist üblichen AF/MF-Wahlschalters den verschiebbaren Fokussierring, um zwischen Autofokus und manuellen Fokus zu wechseln (Focus Clutch).
Der zeigte sich beim Testmodell etwas widerspenstig und bietet weniger Komfort und mehr Verwacklungspotenzial beispielsweise auf einem Stativ als das Betätigen eines Schalters am Tubus. Das Tokina offeriert zum manuellen Fokussieren mit rund 30 Grad die steilste Übersetzung, Sigma und Tamron bieten ungefähr den dreifachen Einstellweg von nah bis Unendlich.
Das Handling: feine Unterschiede
Auch zum Zoomring gibt es einiges zu sagen: Bei Sigma und Tamron läuft er deutlich geschmeidiger und gleichmäßiger als bei Tokina. Das Tokina hat ihn auf der Bajonettseite und die anderen beiden in Nähe der Frontlinse, was in der Handhabung deutliche Vorteile hat, da Fotografen mit diesem Objektivtyp eher zoomen als per Hand scharfstellen.
Canon-Fotografen dürfte noch interessieren und möglicherweise irritieren, dass die Drehrichtung des Zooms beim Tamron im Vergleich zu Canon-Originalen „falsch“ herum ist; dafür müssen sich Nikon-Fotografen bei den anderen zwei Objektiven umgewöhnen. Stärken zeigt das Tokina gegenüber den Mitbewerbern bei den internen Maßnahmen gegen Streulicht und der Gegenlichtblende.
In der AF-Geschwindigkeit sind subjektiv zwischen Sigma und Tamron keine Unterschiede feststellbar, das Tokina ist spürbar langsamer. Am leisesten fokussiert das Sigma, am lautesten das Tamron, das Tokina jault etwas. In Sachen Bildstabilisator sind sich Sigma und Tamron sehr ähnlich.
Unterschiede im Vollformat
In der optischen Wertung landen die drei Zooms am Ende ebenfalls dicht beieinander. Doch auch hier gibt es unterschiedliche Stärken und Schwächen. Bei der Auflösung profitieren alle Objektive bei allen Brennweiten im Vollformat vom Abblenden.
Sehr gute Werte erreicht allerdings nur das Tamron bei der mittleren Brennweite, ansonsten müssen sich alle drei mit bestenfalls guten, teilweise nur mittleren Auflösungswerten bei der leistungsfähigsten Blende zufrieden geben. Die interessante Anfangsbrennweite von 24 mm erreicht beim Sigma nach Abblenden um drei Stufen ihr Maximum, beim Tamron schon bei Blende f/4 und beim Tokina sind zwei Stufen nötig. Der Telebereich 70 mm ist bei jedem Objektiv am schwächsten, die beste Leistung weist das Tamron auf.
Am APS-C-Sensor verhalten sich insbesondere das Sigma und das Tamron anders. Die drei Brennweiten des Sigma-Zooms liefern sehr ähnliche, beim Abblenden sanft ansteigende Auflösungskurven. Beim Tamron gilt das nur für die Telebrennweite, im Weitwinkel verliert es ab Offenblende und in der 40-mm-Einstellung steigt die Leistung bei Blende f/4 an, um dann zurückzugehen. Tokina-Fotografen müssen sich nur merken, eine Stufe abzublenden, um den höchsten Wirkungsgrad zu erzielen.
Sprunghaftes Vignettieren
Bei der Randabdunklung am Vollformatsensor teilt sich das Feld: Während das Tokina bei offener Blende objektivtypisch deutlich vignettiert und dies auch spontan, also mit sprunghaftem Anstieg zeigt, ist die Vignettierung bei Sigma und Tamron noch offensichtlicher. Insbesondere das Tamron ist in den Bildecken bis zu einer halben Blende dunkler, beide mit mal mehr, mal weniger deutlichem Anstieg zu den Bildecken.
Hier scheint es einen Zusammenhang von zu kleinem Bildkreis in Verbindung mit dem optischen Bildstabilisator zu geben; ein leistungsmindernder Effekt, der auch schon bei anderen bildstabilisierten Objektiven in unseren Tests zu beobachten war. Abgeblendet am Vollformatsensor verbessern sich jeweils die Werte, doch besonders im Telebereich bleibt bei allen drei Modellen eine spontane Vignettierung bestehen. Am kleineren APS-C-Sensor spielt die Randabdunklung keine besondere Rolle mehr.
Und die Verzeichnung? Auch hier glänzt das ältere Tokina-Modell. Sowohl bei 24 (mit dem Sigma bei APS) als auch bei 40 mm zeigt es die geringste Biegung gerader Linien, während das Tamron am stärksten verzeichnet. In der 70-mm-Einstellung liegen die drei Testkandidaten wieder auf einem Niveau.
FAZIT
Eine Kaufempfehlung auszusprechen fällt in diesem ausgeglichenen Testfeld schwer. Neben dem Preis als Entscheidungskriterium könnten die Ausstattung (Bildstabilisator oder nicht) und die Zoom-Drehrichtung ins Gewicht fallen, denn mechanisch sind die Unterschiede gering.
Unter optischen Gesichtspunkten spricht die Auflösung am Vollformatsensor für das Tamron. Damit einher gehen allerdings Schwächen in der Randabdunklung und der Verzeichnung. In dieser Hinsicht weniger Bildnachbearbeitung nötig haben die Aufnahmen mit dem Tokina und – mit Abstrichen – dem Sigma. Wundern Sie sich nicht, dass die Vorgängertypen von Sigma und Tamron bessere Gesamtnoten als die aktuelle Generation erhielten. Diese scheinbare Verschlechterung rührt daher, dass zum einen die Anforderungen an die Objektive durch die sprunghaft höheren Sensorauflösungen stark angestiegen sind.
Zum anderen hat die Redaktion die Messlatte für das Erreichen der jeweiligen Testsiegel etwas angehoben. So konnten die älteren 24-70-mm-Versionen von Sigma und Tamron noch knapp das Super-Siegel erreichen, während die neuen Modelle und das Tokina hier im Test nach dem aktuellen Maßstab das „Super“ knapp verpassen und ein sehr gutes „Sehr gut“ erzielen.
Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Sigma 2,8/24-70 mm DG OS HSM Art, Tamron SP 2,8/24-70 mm Di VC USD G2, Tokina AT-X Pro 2,8/24-70 mm SD (IF) FX).
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 11/2017 veröffentlicht.
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