Im Test: lichtschwache Telezooms

Die aktuelle Generation an lichtschwächeren Telezooms für das Vollformat hat Zuwachs bekommen: Canon und Tamron haben neue Modelle vorgestellt, die auf die ältere Konkurrenz von Nikon, Sony und Tokina trifft.

Porträt Lars Theiß

Lars Theiß

Praxis-Redakteur, seit 1995 im fotoMAGAZIN-Team.

Fünf lichtschwache Telezooms

Unsere Testobjektive.

Produktfotos: © Hersteller

Viele Fotografen sind gerne mit einem Weitwinkel- und einem Telezoom unterwegs, deren Brennweiten sich ergänzen. Ein 70-200er zählt am Vollformatsensor dabei zu den Klassikern, wobei die meisten (Kamera-)Hersteller zwei Versionen anbieten: Eine lichtstarke mit durchgehender Blende f/2,8 und eine lichtschwächere mit durchgehender Anfangsöffnung von Blende f/4.

Canon EF 4/70-200 mm L IS II USM.

Canon EF 4/70-200 mm L IS II USM.
Preis: ca. 1400 Euro

Foto: © Canon
 

Die Modelle mit f/2,8 sind professionell ausgelegt, mit diversen Funktionen ausgestattet, äußerst robust gebaut und entsprechend teuer. Nennenswert leichter und deutlich günstiger sind hingegen in der zweiten Liga die 4/70-200 mm, wobei es auch unter ihnen für professionelle Zwecke ausgestattete Vertreter gibt. Wer also an Gewicht und Geld sparen möchte, nimmt den Verlust einer Blendenstufe inkauf. Sowohl Canon mit dem EF 4/70-200 mm L IS II USM und Tamron mit dem 4/70-210 mm Di VC USD haben neue Modelle vorgestellt, die wir gleich ins BAS-Testlabor geschickt haben. Schon fast fünf Jahre alt ist dagegen das FE 4/70-200 mm G OSS für die spiegellosen Sony-Kameras, dessen Test wir hier nachholen. Zum besseren Vergleich zeigen wir zusätzlich die Testprotokolle des Nikon AF-S Nikkor 4/70-200 mm G ED VR und des Tokina AT-X 4/70-200 mm FX VCM-S, die wir bereits in fotoMAGAZIN 11/2014 ausführlich besprochen haben.

Canon: mit Licht und Schatten

Zu den Telezooms für Berufsfotografen zählt eindeutig das Canon EF 4/70-200 mm L IS II USM, nicht zuletzt erkennbar am „L“ und dem roten Ring. Fassungsqualität und Ausstattung sind über jeden Zweifel erhaben, gemeinsam mit dem Nikkor erzielt es die höchste Mechanikwertung von 92 Prozent. Es ist sogar das leichteste Zoom im Testfeld, lässt sich ausgezeichnet bedienen und leistet sich lediglich beim Streulichtschutz leichte Schwächen. Im Gegensatz zum Sony-Objektiv (und wie beim Nikkor) ist keine Stativschelle im Lieferumfang enthalten, aber als Zubehör erhältlich.

Die optische Leistung des Canons ist am Vollformatsensor allerdings ernüchternd. Die Auflösung ist bei Offenblende mit guten bis sehr guten Werten am besten und lässt dann mit dem Abblenden kontinuierlich nach, wobei die geringere Auflösung der Endbrennweite 200 mm üblich ist. Am APS-C-Sensor leistet das 4/70-200 mm II erheblich mehr über die Blendenstufen, ehe ab Blende f/11 bis 13 die Beugung einsetzt. Die Messungen der Randabdunklung im Vollformat lösen auch keine Begeisterung aus: Bei offener Blende zeigt sich ein sichtbarer bis sehr deutlicher Helligkeitsabfall mit deutlich spontaner Vignettierung zu den Bildecken, „was auf Sparmaßnahmen bei den Linsendimensionen mit zu engen optischen Strahlengängen hindeutet“, wie Laborchef Anders Uschold konstatiert. Abblenden verbessert zwar die Randabdunklung, doch bei 120 und 200 mm bleibt sie leicht spontan. Am APS-Sensor ist die Vignettierungsproblematik erheblich entspannter. Typisch und mit durchschnittlichen Werten für diesen Objektivtyp macht sich die Verzeichnung bemerkbar. Sie ist bei der kurzen Brennweite sichtbar tonnenförmig, bei der mittleren nur leicht kissen- und im Tele deutlich kissenförmig. Dank der erstklassigen APS-Note und seiner tollen Mechanik erreicht das Canon 4/70-200 mm II noch knapp das Super-Siegel.

Sony: Der moderne Senior

 

Das Sony FE 4/70-200 mm G OSS ist eines der ältesten Objektive im E-Sortiment für Vollformat von Ende 2013 und kostete anfänglich 1500 Euro (jetzt UVP 1700 Euro).

Sony FE 4/70-200 mm G OSS

Sony FE 4/70-200 mm G OSS
Preis: ca. 1700 Euro

Foto: © Sony

Mechanisch ist das weiße Telezoom aus der vornehmen G-Klasse sehr gut gelungen. Neben der robusten Verabeitung von Metall und Kunststoff für die Fassung ist es breit ausgestattet. So finden sich ein zweistufiger Bildstabilisator, drei Fokushaltetasten, ein Fokussierbereichsbegrenzer und eine abnehmbare Stativschelle am Objektiv. Letztere ist allerdings nicht rastend und läuft schwergängig ruppig. Die lange Kunststoff-Streulichtblende ist mit Samt ausgeschlagen und besitzt vorne eine Gummikante, die jedoch nicht vor Bruch schützt: Beim Testmuster zog sich ein Riss längs durch die Sonnenblende. Die Einstellringe laufen geschmeidig. Vermisst haben wir eine Gummilippe für den Spritzwasserschutz.
Die Auflösung im Vollformat verhält sich beim Sony fast konträr zu der beim Canon: Durch deutliche Offenblendschwächen sollte für maximale Werte auf jeweils Blende f/8 abgeblendet werden. Dann sind gute (200 mm) bis ausgezeichnete Leistungen (120 mm) erzielbar. Weiteres Abblenden lässt die Leistungskurve dann mehr oder weniger schnell sinken.

Am APS-Sensor sind die Offenblendfehler zum einen auf niedrigerem Niveau und zum anderen bereits bei Blende f/5,6 völlig ausgebügelt. Auch hier ist die Telebrennweite 200 mm am schwächsten. Über den Zoombereich haben wir eine weitgehend konstante und natürliche Randabdunklung gemessen. Im Vergleich zum Canon ist die Verzeichnung im Vollformat bei 70 mm erheblich besser und bei den anderen Brennweiten nahezu gleich. Insgesamt kann das Sony FE 4/70-200 mm die „Super“-Grenze deutlich leichter überspringen.

Verhältnismäßig lang (besonders mit Gegenlichtblende) wirkt das Tamron 4/70-210 mm Di VC USD, weil es so schlank gebaut ist. Immerhin fährt es beim Zoomen oder Fokussieren nicht aus und wird nicht noch länger. Dabei ist es relativ leicht und griffig. Die hervorstehenden Schiebeschalter von AF/MF und VC On/Off bergen die Gefahr, bei der Kamerabedienung unabsichtlich verstellt zu werden.

Tamron 4/70-210 mm Di VC USD.

Tamron 4/70-210 mm Di VC USD.
Preis: ca. 1050 Euro

Foto: © Tamron


Das in Vietnam hauptsächlich aus Kunststoff gearbeitete Telezoom stammt nicht aus der höherwertigen SP-Linie, besitzt aber dennoch einen ähnlichen Look und eine Gummilippe am Bajonett, um Wasser oder Staub fernzuhalten.
Sein AF wirkt eher langsam und ist trotz USD vernehmbar. Gut gefällt die einstufige Vibration Compensation (VC). Mit der Nahgrenze von weniger als einem Meter steht es sehr gut da. Da einige der Linsenränder und -fassungen bei ansonsten überzeugenden Vorkehrungen glänzen, sind die Lichtschutzmaßnahmen sehr gut. Nicht im Lieferumfang, doch als empfehlenswertes Zubehör erhältlich, ist eine Stativschelle mit Arca-Swiss-kompatiblem Fuß (ca. 140 Euro).

Die Auflösung des Tamrons ist brennweitenabhängig: Sowohl bei APS als auch bei Vollformat sind die kurzen und mittleren Brennweiten gut bis sehr gut. Bei 70 mm lohnt sich ein leichtes Schließen der Blende um eine Stufe. Bei 210 mm fällt die Leistung ab, im Vollformat erwartungsgemäß stärker. Hier lohnt sich Abblenden um zwei Stufen für einen höheren Wirkungsgrad. Nur im Vollformat bei offener Blende zeigt sich ein klar sichtbarer Abfall der Helligkeit, der bei der kurzen und mittleren Brennweite spontan eintritt. Nach Abblenden um zwei Lichtwerte verbleibt jeweils eine minimale spontane Vignettierung bei insgesamt sehr guter Randabdunklung. Dieser Sachverhalt deutet auf eine knappe Dimensionierung der Linsen hin. Bei APS ist nur bei 210 mm und Offenblende eine leichte Randabdunklung feststellbar. Ausgewogen präsentiert sich das 4/70-210 mm bei der Verzeichnung: im Vollformat bei 70 mm leicht tonnenförmig, bei 120 mm leicht kissen- und bei 210 mm sichtbar kissenförmig. Unter dem Strich steht ein glattes „Sehr gut“.

Zwei Objektive für Nikon-Anschluss

Die etwas älteren Nikon AF-S Nikkor 4/70-200 mm G ED VR und Tokina AT-X 4/70-200 mm FX VCM-S performen auf sehr hohem Niveau. Während das Nikkor am Vollformatsensor absolut überzeugt, zeigt sich das Tokina am kleinen Sensorformat sehr stark. Besonders erfreulich ist, dass beide Objektive offenblendtauglich sind.

Testbilder mit den lichtschwachen Telezooms:

FAZIT

Mit sehr unterschiedlichen Auflösungscharakteristiken warten die lichtschwächeren 70-200er auf. So scheint das – am Vollformatsensor  ungewohnt schwächelnde – Canon EF L IS II USM voll auf Offenblendtauglichkeit getrimmt zu sein, während das Sony und das Tamron erst abgeblendet zur Höchstform auflaufen. Dem Nikkor ist die Blende nahezu gleichgültig, am Vollformatsensor zeigt sie keinen Einfluss auf die Auflösung. Nicht ganz so ausgewogen verhält sich diesbezüglich das Tokina.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Canon EF 4/70-200 mm L IS II USM, Nikon AF-S Nikkor 4/70-200 mm G ED VR, Sony FE 4/70-200 mm G OSS, Tamron 4/20-210 mm Di VC USD, Tokina AT-X 4/70-200 mm FX VCM-S).

Labormessungen: Anders Uschold

Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 10/2018 erschienen.

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