Das Micro-Four-Thirds-System (MFT), zu dem maßgeblich die Firmen Olympus und Panasonic mit spiegellosen Systemkameras und Objektiven beitragen, feiert in diesem Jahr sein Zehnjähriges. Da ist es klar, dass die Objektivsortimente die gängigen Wünsche der Kunden befriedigen, sonst wäre MFT kaum so alt geworden.
Mit dem Erfolg werden die Wünsche der Kunden allerdings ausgefallener und – nicht zuletzt auch durch die gestiegene Sensorauflösung – anspruchsvoller sowie die Hersteller bestärkt durch die Nachfrage mutiger. Außergewöhnliche Brennweiten oder extreme Lichtstärken stehen deshalb mittlerweile auf den To-do-Listen der Firmen.
In diesem Test haben wir drei Festbrennweiten von Olympus, die mittlerweile komplettierte (?) Serie der Pro-Objektive mit der äußerst großen Anfangsöffnung von Blende f/1,2, im Labor gemessen. Von Panasonic konnten wir das nagelneue Leica DG Elmarit 2,8/200 mm Power O.I.S. dem BAS-Digital-Test unterziehen; gleich mitsamt dem mitgelieferten 1,4x-Telekonverter TC14 und dem optional erhältlichen 2x-Telekonverter TC20.
> Auf einen Blick: Die Testobjektive
Die drei M.Zuiko Digital Pro 1,2/17 mm, 25 mm und 45 mm ähneln sich äußerlich fast wie ein Ei dem anderen. Die nennenswerten Unterschiede liegen in den jeweils sehr guten Nahgrenzen, die mit der Brennweite zunehmen, und dem etwas geringeren Gewicht des 17ers. Während das 17 mm in Vietnam produziert wird, stammen die anderen beiden aus Japan.
Gemeinsam ist ihnen das hervorragend verarbeitete Metallgehäuse mit Abdichtungen gegen Staub und Nässe und die L-Fn-Taste, die gedrückt den Autofokus deaktiviert. Sie liegt für Quer- und Hochformataufnahmen recht günstig, doch für den Daumen eher unkomfortabel dicht zum Bajonett.
Die Olympus-Testobjektive
Schieben statt Schalten
Das Olympus-Trio hat den breiten, nach vorne und hinten verschiebbaren Fokussierring, wodurch zwischen Autofokus und manuellem Fokus umgeschaltet wird. Das passiert dann häufiger, als einem lieb ist, wenn die Kamera – am Objektiv angefasst – beispielsweise aus einer Fototasche herausgenommen wird. Das ungewollte Verstellen ist ähnlich lästig wie die nicht verriegelbaren und damit schnell verdrehten Belichtungskorrekturräder an Gehäusen.
Der Fokus-Schiebemechanismus hilft auch wenig beim Vorfokussieren in dem einem Modus und Fotografieren in dem anderen Fokussiermodus: Wie Olympus selbst in der Bedienungsanleitung warnt, kann sich die eingestellte Schärfe beim Hin- und Herschieben zwischen AF und MF eventuell ändern. Da sind ein AF/MF-Schalter oder eine Taste in Kombination mit einem Einstellrad erheblich verlässlicher zum Erhalten der voreingestellten Schärfe, als das (auch von Tokina bekannte) Verschieben des Schärferings.
Löblich sind hingegen die Skalen für die eingestellte Schärfentiefe und die Entfernung im MF-Betrieb. Im AF-Modus ist die Entfernung nicht ablesbar. Die Maßnahmen gegen vagabundierendes Streulicht sind auf hohem Niveau. Die (beim 25er und 45er sogar identischen) Streulichtblenden aus Kunststoff sind gut dimensioniert und mit einer Lösetaste aus dem Bajonett leicht entriegelbar. Wie schneidet das Olympus-Trio nun optisch ab?
Auch hier gibt es viele Parallelen. Nicht gänzlich unerwartet rufen sie bei der extremen Anfangsöffnung noch nicht ihre höchste Auflösung ab, aber: Beim 17 mm (entspricht 34 mm beim Kleinbild) liegt sie bereits bei f/1,2 auf überragend hohem Niveau, das um eine Stufe abgeblendet an der 100-Prozent-Marke kratzt. Abblenden macht also höchstens aus gestalterischen Gründen Sinn. Bis Blende f/7 reicht der ideale Blendenbereich, in dem keine nennenswerten Abstriche bei der Auflösung gemacht werden müssen.
Beim Olympus 25 mm ist die Offenblendschwäche etwas ausgeprägter, doch schon bei f/1,8 sind die Werte sehr gut bis hervorragend und steigen auf Spitzenwerte ab f/2,5 an. Das Portraitobjektiv 1,2/45 mm (kleinbildäquivalent zu 90 mm) startet mit guten Werten bei offener Blende und erzielt ab f/2,5 extrem hohe Werte jenseits der 100-Prozent-Linie.
Während Beugungseffekte im Messbereich keine Rolle spielen und die Verzeichnung nahezu perfekt auskorrigiert wird, ist die Randabdunklung schon bemerkbar. Doch auch hier hat Olympus sehr gute Arbeit geleistet. Die Vignettierung ist aufgeblendet jeweils nur sichtbar und natürlich im Verlauf und ist abgeblendet abgemildert, lediglich beim 45er tritt sie dann etwas plötzlich zu den Ecken hin auf. Insgesamt erzielen die drei Pro-Objektive auch in der optischen Wertung fast identische Prozentzahlen auf höchstem Niveau und erreichen spielend unser „Super“-Siegel.
Leica DG Elmarit 2,8/200 mm O.I.S.
Ein ganz anderes Brennweitenkaliber ist das Panasonic Leica DG Elmarit 2,8/200 mm Power O.I.S., das im Vollformat einem 2,8/400 mm entspricht. Die Festbrennweite ist umfassend ausgestattet und lässt kaum einen Wunsch offen.
Das beginnt beim optischen Bildstabilisator und dem Frost-, Staub- und Nässeschutz, geht über den Memory-Schalter für eine vorgewählte Entfernung oder eine über die Kamera ausgewählte Funktion bis hin zu Fokussierbereichsbegrenzer, Blendenring und eine Stativschelle mit Gewinde, in das zusätzlich ein Stativfuß eingeschraubt werden kann. Hinzu kommt im Lieferumfang (für rund 3000 Euro) ein Telekonverter mit 1,4facher Brennweitenverlängerung (unter Verlust einer Blendenstufe wird das Objektiv zum 4/280 mm).
Mit ins Labor haben wir den separat erhältlichen 2x-Telekonverter TC20 (für ein 5,6/400 mm) geschickt. Alle drei Teile sind ausgezeichnet aus Metall gefertigt, die Konverter stehen dem Grundobjektiv in nichts nach. Die sehr geringe Nahgrenze von 1,15 m erlaubt ansprechende Makroaufnahmen. Sehr gut ist die Streulichtdämpfung gelungen. Die aus Kunststoff und Metall bestehende Gegenlichtblende ist ausgezeichnet, lediglich die kleine Feststellschraube, die die Sonnenblende an beliebiger Stelle fixiert, macht einen anfälligen Eindruck und sorgt nicht gerade für flinkes An- und Absetzen.
Gerade bei langen Telebrennweiten stellt sich die Frage, ob die Blendenanfangsöffnung eine qualitativ nutzbare Blende mit hoher Auflösung ist, um aus Gründen der Gestaltung und gegen Verwacklungen mit ihr fotografieren zu können. Das ist beim Leica 200 mm der Fall. Im Kurvenverlauf ist zwar eine Offenblendschwäche zu erkennen, doch schon bei f/2,8 ist die Auflösung hervorragend und steigt bei f/4 auf extreme Werte an.
Beim weiteren Abblenden sinken die Werte wieder und ab f/8 treten unerwünschte Beugungseffekte auf, die die Bildqualität sinken lassen. Seine Randabdunklung ist gut und natürlich, abgeblendet sogar ausgezeichnet – ebenso wie die vernachlässigbare Verzeichnung. Werden die beiden Konverter angesetzt, bleibt die Leistungscharakterisitk unverändert, doch auf niedrigerem Niveau.
Für höchste Werte empfiehlt sich das Abblenden um eine Stufe, dann werden die Auflösungsleistungen ausgezeichnet (TC14) bzw. sehr gut (TC20). Die Randabdunklung profitiert von den Konvertern, die Verzeichnung nimmt minimal zu und wird tonnenförmig. Insgesamt erhält das 2,8/200 mm mit und ohne Konverter TC14 das Super-Siegel, mit dem TC20 fällt es leicht auf ein „Sehr gut“ ab.
FAZIT
Für die Olympus-Freunde von anspruchsvollen Festbrennweiten für Straßen-, Reportage- oder Portraitfotografie sind die drei 1,2er Pro-Objektive erste Wahl. Ihre äußerliche Uniformität wird im Inneren optisch fast fortgeführt, ihre Leistungen sind absolut erstklassig. Panasonic hat nun mit dem Leica 2,8/200 (und den Konvertern) eine ansprechende, lichtstarke Telebrennweite für Tier- und Sportfotografen im Programm. Es zeigt eine außergewöhnlich hohe optische Leistung und ist insbesondere mit dem mitgelieferten TC14 zu empfehlen.
Hier gelangen Sie zum Download der Ergebnis-Tabelle (Olympus M.Zuiko Digital Pro 1,2/17 mm, Olympus M.Zuiko Digital Pro 1,2/25 mm, Olympus M.Zuiko Digital Pro 1,2/45 mm, Panasonic Leica DG Elmarit 2,8/200 mm Power O.I.S.).
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 3/2018 veröffentlicht.
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