Fujifilm hat wohl das am besten ausgebaute spiegellose APS-C-System. Für diesen Artikel haben wir nur die drei Mittelklasse-Modelle mit X-Trans-Sensoren berücksichtigt.
Diese Fuji-Kameras haben wir mit in unserem Test aufgenommen
Viele Ähnlichkeiten mit der neuen X-T30 II hat die noch etwas kompaktere Fuji X-E4; ihr fehlt der Ausklappblitz, dafür lässt sich der Klappmonitor auch nach oben in die Selfie-Position bringen. Die Fuji X-S10 hat ein größeres Gehäuse mit ergonomischerem Griff und einem auch seitlich ausschwenkbaren Monitor. Auch sonst unterscheidet sie sich von den anderen eher auf Retro getrimmten Modellen von Fuji durch die modernere Bedienung mit PASM- statt Zeitenrad. Der wichtigste Vorteil bei der Ausstattung ist der integrierte Bildstabilisator – einen solchen bringt die X-S10 als einzige Kamera im Testfeld mit. Nicht in die Tabelle aufgenommen haben wir die Einsteigermodelle ohne X-Trans-Sensoren (X-T200 und X-A-Serie) sowie die Spitzenmodelle (X-T4, X-Pro 3 und die kaum noch erhältliche X-H1).
Die Konkurrenzmodelle im Test
Eine Auswahl mussten wir auch bei Sony treffen. Hier sind die relativ preiswerte Alpha 6100 und die schon etwas ältere Alpha 6400 vertreten. Das Spitzenmodell Alpha 6600 hätte den Preisrahmen von maximal 1000 Euro gesprengt. Bei Canon haben wir nur die EOS M50 Mark II berücksichtigt; die ältere EOS M5 ist weitgehend vom Markt verschwunden, die EOS M6 II und EOS M200 haben keinen Sucher. Bei Nikon war keine Auswahl nötig: Es gibt nur zwei spiegellose APS-C-Kameras, sowohl die Z 50 als auch die Z fc kosten unter 1000 Euro.
Fuji X-T30 II mit Retro-Bedienkonzept
Die X-T30 II ist äußerlich identisch mit ihrer Vorgängerin und sieht auf den ersten Blick aus wie eine geschrumpfte X-T4. Im Gegensatz zu dieser ist das Gehäuse der X-T30 II nicht spritzwassergeschützt, hinterlässt aber dennoch einen hochwertigen Eindruck. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich einige Unterschiede zur großen Schwester. So bringt die X-T30 II ein Zeiten-, ein Belichtungskorrektur- und ein Drive-Rad mit, die X-T4 hat zusätzlich ein ISO-Rad. Die kleinere X-E4 verzichtet wiederum auch auf das Drive-Rad. Zwischen Programm,- Zeiten-, Blendenautomatik und manuellem Modus wechselt der Fotograf, indem er die entsprechenden Einstellungen auf Automatik oder manuell stellt. Alle anderen Kameras im Testfeld haben für den Wechsel ein PASM-Rad – welches Konzept man bevorzugt, ist wohl weitgehend Geschmackssache.
Was kann die Fuji X-T30 II?
Die Rückseite der X-T30 II wird von einem 3,0-Zoll-Monitor dominiert, dessen Auflösung gegenüber der Vorgängerin von 1,04 auf 1,62 Millionen Punkte erhöht wurde. Unverändert ist der Klappmechanismus, der eine 95-Grad-Bewegung nach oben und 45 Grad nach unten erlaubt. Wegen des Sucherhügels lässt sich der Monitor – anders als bei der flachen X-E4 – nicht in die Selfie-Position bringen. Im Testfeld hat neben der X-T30 II nur die Nikon Z 50 keine Selbstporträtposition. Natürlich ist der Monitor auch für die Touch-Bedienung ausgelegt, wobei das Hauptmenü ausgenommen ist. Konsequenter sind die Kameras von Canon und Nikon, die eine komplette Touch-Bedienung ermöglichen, am inkonsequentesten die Sony-Kameras, die nicht mal ein Weiterwischen im Wiedergabemodus unterstützen.
Das Autofokus-Messfeld lässt sich bei der X-T30 II übrigens auch per Mini-Joystick verschieben, was im Testfeld nur noch bei der X-S10 möglich ist.
Der Sucher der X-T30 II hat die klassentypische Auflösung von 2,36 Millionen Punkten – im Testfeld ist nur die Alpha 6100 mit 1,44 Millionen Punkten schlechter. Die Vergrößerung von 0,62x (entsprechend Kleinbild) ist etwas geringer als bei Nikon und Sony, was aber nicht stark auffällt. Über die Boost-Funktion lässt sich die Bildwiederholrate von 60 auf 100 Hertz umschalten. Insgesamt ist der Sucher okay, aber gemessen an teureren Kameras doch deutlich kleiner und weniger fein auflösend.
Bei der Bedienung zeigen sich ein paar Schwachpunkte. Die Q-Menü-Taste ist so nahe am Daumen positioniert, dass man sie sehr leicht versehentlich aktiviert – spätestens mit Handschuhen ist das kaum zu vermeiden. Eine mögliche Lösung besteht darin, die Taste zu deaktivieren bzw. die Funktion einer anderen Taste zuzuweisen. Beim Stativeinsatz stört, dass das Gewinde zu nahe an der Batterie/Speicherkartenklappe positioniert ist – mit montierter Stativplatte lässt sich das Fach nicht öffnen. Optimieren könnte Fuji auch das Menü, das etwas altbacken wirkt und nicht optimal strukturiert ist. Abhilfe kann das Mein-Menü schaffen, in dem sich häufig benutzte Einstellungen hinterlegen lassen.
Was für eine Ausstattung hat die Fuji X-T30 II?
Vom fehlenden Bildstabilisator abgesehen ist die X-T30 II sehr gut ausgestattet. Zu den nicht selbstverständlichen Funktionen gehören die zahlreichen Filmsimulationen, wahlweise mit zusätzlichem Körnungseffekt, die sich übrigens auch nach der Aufnahme im integrierten Raw-Konverter anwenden lassen. Auch die aus anderen Fuji-Kameras bekannten Farb-Chrome-Effekte sind an Bord – bspw. Blau zum Abdunkeln des Himmels. Direkt über das Drive-Rad sind Schwenkpanoramen, Doppelbelichtungen, zahlreiche Belichtungsreihen (AE, ISO, Filmsimulation, Weißabgleich, Dynamik, Fokus), die Advanced Filter (z. B. Miniatureffekt oder Farbauszüge) und der Videomodus zugänglich.
Das Hybrid-Autofokussystem beherrscht die Augenerkennung – Tieraugen kann Fuji, anders als Nikon und Sony, noch nicht erkennen – und funktioniert mit einem extrem lichtstarken Objektiv (1:1,0) bis -7 EV. Doch auch mit einem Standardzoom (2,8-4,0/18-55 mm OIS) fokussiert die Kamera bei wenig Licht zuverlässig. Der mechanische Verschluss schafft klassentypisch 1/4000 s. Anders als bei der Test-Konkurrenz ist es bei den Fuji-Kameras möglich, die Belichtungszeit per E-Verschluss auf 1/32.000 s zu verkürzen. Weitere fotografische Funktionen sind ein HDR-Modus und Intervallaufnahmen. Einen kleinen Punkteabzug gibt es dafür, dass – wie bei vielen neuen Kameras – kein Ladegerät mitgeliefert wird. Der Akku lässt sich natürlich über USB-C laden.
Videoaufzeichnung mit 4K ohne Crop möglich
Die 4K-Videoauflösung gehört inzwischen bei fast allen Kameras zum Standard, in der Mittelklasse allerdings beschränkt auf eine Bildwiederholrate von 30p statt 60p. Das gilt auch für die X-T30 II und die anderen Fuji-Kameras im Test. Im Gegensatz zur Konkurrenz beherrschen diese auch die etwas höhere Cinema-4K-Auflösung im 17:9-Format. Verbessert hat sich übrigens im Vergleich zur X-T30 die maximale Länge der 4K-Videos: Statt 15 Minuten konnten wir gut 30 Minuten 4K/24p mit 200 Mbit/s am Stück aufzeichnen. 4K wird übrigens per Oversampling aus 6K gewonnen, was für eine besonders detailreiche Darstellung sorgt. Erfreulich ist auch, dass die X-T30 II und ihre Schwestermodelle in der Regel ohne Crop aufzeichnen – der Weitwinkel der Objektive bleibt also erhalten. Ausgenommen sind Zeitlupen, bei denen ein 1,3facher Beschnitt aktiviert wird. Bei Full-HD lassen sich bis zu 240p einstellen, was bei einer 24p-Wiedergabe einer 10fach-Zeitlupe entspricht. Das ist besser als bei der Konkurrenz, die in der Regel 5fach-Zeitlupen (120p) in Full-HD schafft. Abgeschlagen ist die EOS M50 Mark II, die es nur auf 60p bei Full-HD bzw. 120p bei 1280 x 720 Pixeln bringt.
Intern nimmt die X-T30 II mit einer Farbunterabtastung von 4:2:0 und einer Farbtiefe von 8 Bit auf
Mit einem externen Rekorder sind mit der X-T30 II auch 4:2:2 und 10 Bit möglich. Sowohl intern als auch extern lässt sich das logarithmische F-Log-Gamma wählen, um optimales Ausgangsmaterial für das nachträgliche Color-Grading zu erhalten. Wer schon in der Kamera einen Look auf das Video legen will, kann unter anderem den für Film optimierten Eterna-Bildstil wählen. Zum Anschluss eines Mikrofons gibt es eine sehr kleine 2,5-mm-Klinkenbuchse. Mit einem optional erhältlichen Adapter lässt sich über die USB-C-Buchse auch ein Kopfhörer anschließen.
Testergebnisse aus dem Labor: Geschwindigkeit
Wie ihre Geschwister hat auch die X-T30 II einen sehr schnellen Serienbildmodus: Mit elektronischem Verschluss kann sie 20 Bilder/s schießen – und das mit aktivierter AF/AE-Nachführung. Die Serienbildlänge liegt dann bei ca. 42 JPEGs und 17 Raws. Mit Crop (1,25x) und reduzierter Auflösung (16,6 MP) sind sogar 30 Bilder/s möglich. Deutlich bodenständiger ist die Geschwindigkeit mit mechanischem Verschluss: Sie liegt bei 8 Bildern/s. Hier ist die JPEG-Serienbildlänge nahezu unbegrenzt – wir haben den Test nach über 900 JPEGs in Folge abgebrochen. Bei Raws wird die Kamera dagegen nach ca. 24 Bildern langsamer.
Testergebnisse aus dem Labor: Bildqualität
Die Bildqualität haben wir wie immer mit Referenzobjektiv im JPEG-Modus der Kamera mit Werkseinstellungen ermittelt. Der maximale Wirkungsgrad der Auflösung liegt bei rund 90 %, was ein nahezu optimaler Wert ist. Höhere Wirkungsgrade – wie sie vor allem die Sony-Kameras erreichen – sind in der Regel nur durch eine übermäßig aggressive Bildaufbereitung möglich, die sich wiederum negativ auf die Artefaktnote auswirkt. Entsprechend ist die Note der X-T30 II mit 3,0 auch deutlich besser als bspw. bei der Alpha 6400 (5,0). Gemessen über die ISO-Stufen sinkt die Auflösung zunächst moderat und erst ab ISO 1600 deutlicher. Das Bildrauschen ist zunächst sehr gering und steigt dann kontinuierlich an, wird aber erst ab ISO 6400 störend. In den hohen ISO-Stufen haben die beiden Nikon-Modelle das beste Rauschverhalten. Der Dynamikumfang der JPEGs ist mit maximal 8,6 Blendenstufen klassentypisch, lässt sich aber durch die entsprechenden Einstellungen in der Kamera oder im Raw-Konverter deutlich erweitern.
Unter dem Strich sind die Unterschiede bei der Bildqualität der getesteten Kameras gering. Die X-T30 II liegt knapp vorne, was sie vor allem der vergleichsweise guten Artefakt- und Scharfzeichnungsnote zu verdanken hat.
Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test.
Labormessungen: Anders Uschold
___________________________________________________________________________
Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 3/2022 veröffentlicht. Zur Einzelheftbestellung gelangen Sie hier.
Beitrage Teilen