Schon im März hatte Nikon die Z9 vorangekündigt, allerdings ohne viele Details zu nennen. Klar war, dass die Kamera ähnlich wie das professionelle Spiegelreflexmodell D6 einen integrierten Hochformatauslöser hat. Tatsächlich ist die Z9 so robust wie die D6, aber 20 % kleiner und gut 100 Gramm leichter (1340 Gramm). Die Bedienelemente sind für Quer- und Hochformataufnahmen doppelt vorhanden, die Anordung ist eine Mischung aus D6 und den spiegellosen Modellen Z6 und Z7. Anders als bei der D6 gibt es keine Knöpfe links vom Monitor und das kleine Info-Display unter dem Monitor fehlt. Ein Schulter-Display ist aber genauso vorhanden wie der aus den Profi-SLRs bekannte Mode-Block mit integriertem Serienbildrad, der unter anderem das PASM-Rad ersetzt. Für das Arbeiten im Dunkeln sind die Knöpfe auf der Rückseite sogar beleuchtet.
Eine Neuerung ist der beweglich gelagerte Monitor (3,2 Zoll, 2,1 Mio. Punkte), der sich – ähnlich wie bei einigen Fuji- und Panasonic-Kameras – in drei Richtungen kippen lässt, ohne komplett aus der optischen Achse zur Seite schwingen. Die Kippvorrichtung hilft also auch bei Hochformataufnahmen vom Stativ. Vorteil gegenüber einem seitlich ausklappbaren Monitor, den jetzt auch Canon in der Profikamera EOS R3 nutzt: Die Gefahr des Abbrechens ist geringer und das Ausklappen geht schneller. Nachteil: Der Bildschirm kann nicht für Selbstaufnahmen genutzt und nicht mit der Display-Seite nach innen eingeklappt werden.
Begeistert hat uns der Blick durch den Sucher. Die Auflösung (3,69 Mio. Punkte) und Größe (Vergrößerung 0,8x) ist zwar nicht besser als bei der Z7 bzw. Z6, aber er ist heller (3000 Nits) und stellt einen größeren Dynamikumfang dar, sodass die Lichter nicht so schnell ausfressen. Spätestens bei schnellen Serienbildern begeistert der OLED-Sucher mit einer verzögerungsfreien Echtzeitansicht und der nicht vorhandenen Dunkelphase („Blackout-frei“).
Neuer Bildsensor und neuer Bildprozessor
Das Doppelherz der Kamera bilden der neue Bildsensor und -Prozessor. Der BSI-CMOS-Sensor ohne Tiefpassfilter löst 45,7 Megapixeln auf; die Empfindlichkeit reicht wie bei der Z7 II von ISO 64 bis 25.600 und lässt sich nach unten auf 32 und nach oben auf 102.400 erweitern.
Nach Sony und Canon nutzt nun auch Nikon eine Stacked-CMOS-Bauweise mit integrierter Speicherschicht, die das Auslesen beschleunigt – laut Hersteller erreicht der Z9-Sensor die zur Zeit schnellste Scan-Rate. Eine weitere Beschleunigung kommt durch neuen Expeed 7-Bildprozessor mit dualer Bildverarbeitung zustande. Konkret bedeutet dies, dass parallel Daten für den Sucher und für die Aufnahme aufbereitet werden. Die Kombination ermöglicht neben der Sucheransicht ohne Dunkelphase auch einen elektronischen Verschluss – laut Nikon ohne Rolling-Shutter-Verzerrungen. Als erste Vollformatkamera verzichtet die Nikon Z9 daher komplett auf den mechanischen Verschluss. Selbst das Blitzen stellt kein Problem dar – der E-Verschluss lässt sich bis zu 1/250 s mit dem Blitz synchronisieren (Canon EOS R3: 1/180 s, Sony Alpha 1: 1/200 s). Die Alpha 1 hat allerdings den Vorteil, dass sie mit ihrem besonders schnellen mechanischen Verschluss 1/400 s synchronisieren kann. Die kürzeste Verschlusszeit der Z9 ohne Blitz beträgt 1/32.000 s (Canon: 1/64.000 s, Sony ebenfalls 1/32.000 s).
Schnelle Serien und Autofokus
Natürlich bringt die Z9 auch einen schnellen Serienbildmodus mit: Mit Raws erreicht sie 20 Bilder/s und über 1000 Aufnahmen in Folge – jedenfalls mit den schnellsten CFexpress-Karten. Nikon hat dies mit der ProGrade Cobalt-Karte getestet – ob die Serienbildlänge auch mit anderen CFexpress-Karten gegeben ist, werden wir überprüfen, sobald wir ein Seriengerät haben. In einem speziellen Serienmodus sind mit JPEGs in voller Auflösung 30 Bilder/s und mit reduzierter Auflösung (11 MP) sogar von 120 B/s möglich – ebenfalls mit AF- und AE-Nachführung. Als Speicher stehen übrigens zwei CFexpress-Laufwerke zur Verfügung. Neuerungen gibt es auch bei den Raw-Formaten. Neben dem unkomprimierten steht ein effektiver als bisher komprimertes Raw zur Verfügung, das laut Nikon nur ein Drittel der Dateigröße des unkomprimierten Raws hat.
Was wären schnelle Serienbilder ohne schnellen und zuverlässigen Autofokus? Auf den ersten Blick scheint sich gegenüber der Z7 nicht viel getan zu haben: Beide Kameras sind mit einem Hybrid-AF mit 493 Messfeldern ausgestattet, allerdings stehen mehr Messfelder für die automatische Messfeldwahl zur Verfügung (405). Deutlich verbessert hat Nikon die Motivverfolgung – jetzt mit 3D-Tracking. Für unterschiedliche Einsatzbereiche stehen zehn AF-Bereichsmodi zur Verfügung. Der Autofokus verfügt über eine intelligente Objekterkennung für Menschen (Körper, Gesicht, Auge), Tiere, Vögel und Fahrzeuge. Die Kamera kann automatisch zwischen den Motiverkennungen umschalten, eine manuelle Wahl ist aber auch möglich, um bspw. zu verhindern, dass der AF bei einem Motorradrennen auf einen ins Bild laufenden Menschen springt.
Natürlich besitzt die Z9 auch einen ins Gehäuse integrierten 5-Achsen-Bildstabilisator mit Sensor-Shift (IBIS), dessen Effektivität verbessert wurde. Er soll nun – je nach Objektiv – bis zu sechs Blendenstufen kompensieren. Verbessert hat Nikon nach eigenen Aussagen den Weißabgleich und den iTTL-Aufhellblitz. An Bord ist wie in der D6 ein GPS-Modul.
Lange 8K-Videos
Genauso viel Wert wie auf die fotografischen liegt Nikon auf die Video-Funktionen. Zumindest auf dem Papier lässt die Z9 die Konkurrenz hinter sich. So kann sie bereits ab Werk 8K/30p aufnehmen und zwar – laut Nikon – mehrere Stunden ohne Überhitzung. Mit einem Firmware-Update soll zeitnah sogar 8K/60p möglich sein. Für 8K-Raw hat Nikon das eigene Format N-Raw entwickelt, 4K-Raw lässt sich auch mit Apples ProRes Raw HQ aufzeichnen. Insgesamt stehen drei verschieden 8K-Auflösungen zur Verfügung: 8256 x 4644 (N-Raw), 8192 x 4320 (DCI-8K) und 7680 x 4320 (8K-UHD). Zeitlupen mit 120 fps gelingen mit 4K-Auflösung. Mikrofon und Kopfhöreranschlüsse stehen natürlich zur Verfügung, Ton wird mit 14 Bit aufgezeichnet.
Die Z9 bringt eine Ethernet-Schnittstelle (1000Base-T) mit sowie HDMI und USB-C. Über letzteres lässt sich der Akku EN-EL18d laden (auch Power-Delivery im laufenden Betrieb). Der aus der D6 bekannte EN-EL18 kann ebenfalls verwendet werden, allerdings entfällt dann die USB-Ladefunktion.
Die Nikon Z9 ist ab November für ca. 6000 Euro erhältlich. Weitere Bewegtbild-Infos gibt es heute um 19 Uhr auf dem YouTube-Kanal von Nikon DACH mit Live-Talk und Q&A zur Markteinführung der Z 9. Zusätzlich wird am 5. November in einem exklusiven virtuellen #NikonDays-Event zwischen 13:00 und 21:00 Uhr das neue Spitzenmodell vorgestellt. Nikon-Profis diskutieren in Q+A-Sessions, Live-Masterclasses und Tutorials viele Z-Themen.
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