Löst HEIF JPEG ab?

Die dominanten Formate JPEG und Raw bekommen Konkurrenz. Vor allem HEIF wirbt mit Vorteilen. Wir erklären, was dahinter steckt.

Farbiges Porträt von Andreas Jordan vor neutralem Hintergrund

Andreas Jordan

Andreas Jordan leitet das Technik-Ressort beim fotoMAGAZIN.

JPEG HEIF Vergleich
Aufnahmen mit Canon EOS-1D X Mark III. Links oben das unbearbeitete 10-Bit-HEIF mit flachem Profil im HDR-PQ-Modus konvertiert mit Luminar AI. In der Mitte das JPEG aus der Kamera, rechts das mit Luminar AI bearbeitete HEIF.
Bild: © Andreas Jordan

JPEG wurde 1992 von der Joint Photographic Experts Group normiert und ist seitdem das dominierende Format für digitale Bilder. Sein Erfolg basiert vor allem darauf, dass nahezu jede Software JPEG-Dateien darstellen und einbinden kann. Für JPEG spricht auch seine Flexibilität. Je nach Bedarf können Dateien sehr klein gerechnet oder für eine hohe Qualität gering komprimiert werden. Während in den Anfangstagen der Digitalfotografie viele Kameras selbst in der besten Qualitätsstufe recht stark – und damit auch visuell verlustbehaftet – komprimierten, um möglichst viele Bilder auf den damals noch sehr kleinen Speicherkarten unterzubringen, ist dies heute kein Thema mehr. In der höchsten Qualitätsstufe sind bei keiner uns bekannten aktuellen Kamera Kompressionsartefakte sichtbar. Die Dateien sind dann zwar relativ groß, was angesichts steigender Speicherkapazitäten aber kaum noch ein Problem darstellt.

Elbphilharmonie im JPEG und RAW Vergleich

Raw-Dateien haben gegenüber JPEGs vor allem den Vorteil, dass sich der Dynamikumfang erweitern lässt. Links: JPEG aus der Kamera, rechts: optimiertes Raw (Sony Alpha 7R IV).

Foto: © Andreas Jordan

Trotzdem nutzen anspruchsvolle Fotografen meist die Raw-Formate ihrer Kameras. Der Vorteil von Raw ist nicht primär, dass die Bilder nicht komprimiert werden – tatsächlich lässt sich bei einigen Kameras eine Raw-Komprimierung einschalten (bei Nikon bspw. verlustfrei oder verlustbehaftet), um die Dateigröße zu reduzieren. Der eigentliche Vorteil liegt in der größeren Farbtiefe und der Flexibilität in der Nachbearbeitung. Während JPEGs in der Praxis immer eine Farbtiefe von 8 Bit pro Kanal (Rot, Grün, Blau) haben, also insgesamt 24 Bit, haben Raw-Dateien meist 12 Bit oder 14 Bit pro Kanal, sprich 36 Bit oder 42 Bit für die RGB-Datei. Diese hohen Farbtiefen sind vor allem dann sinnvoll, wenn starke Belichtungs- und Farbkorrekturen vorgenommen werden. So lassen sich in Raw-Dateien überbelichtete Bildbereiche erstaunlich gut wiederherstellen, was im JPEG kaum möglich ist.

Bessere Komprimierung und höhere Farbtiefe

Dass das fast 30 Jahre alte JPEG-Format nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist, verwundert nicht. In der Vergangenheit gab es immer wieder Versuche, ein effektiveres Kompressionsverfahren durchzusetzen. Ende 2000 veröffentlichte die Joint Photographic Experts Group den Standard JPEG 2000, der ein fortschrittliches mathematisches Verfahren zur Bildkomprimierung nutzt: Mit einer „Diskreten Wavelet-Transformation“ wird bei gleicher Qualität eine geringere Dateigröße erreicht als beim klassischen JPEG, das mit einer „Diskreten Kosinus-Transformation“ (DCT) arbeitet. Weitere Vorteile von JPEG 2000 sind unter anderem: höhere Farbtiefen, höhere Auflösungen und die Unterstützung von Alphakanälen für Transparenzen. JPEG 2000 hielt zwar Einzug in Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop, aber nicht in Kameras. 

EOS-1D X Mark III

Bei Canon gibt es HEIF aktuell in drei Modellen, den Auftakt machte Anfang 2020 die Sportkamera EOS-1D X Mark III, es folgten die EOS R5 und EOS R6.

Foto: © Canon

Noch erfolgloser war JPEG XR, das ursprünglich von Microsoft unter dem Namen HD Photo entwickelt wurde, aber 2009 ebenfalls von der Joint Photographic Experts Group normiert wurde. Selbst Photoshop kann diese Dateien nur mit Hilfe eines Plug-ins lesen oder schreiben.

HEIF kommt aus der Videokomprimierung

HEIF hat eine andere Herkunft. Die Abkürzung steht für High Efficiency Image File Format. Es handelt sich um ein Container-Format für Bilder und Bildsequenzen, das 2015 von der Motion Picture Experts Group (MPEG) definiert wurde, die eigentlich für Audio-Video-Standards zuständig ist. Die Komprimierung basiert daher auch auf dem HEVC-Verfahren (High Efficiency Video Coding), das bereits von vielen Kameraherstellern in Form des H.265-Codecs für hochauflösende Videos genutzt wird und eine deutlich höhere Effizienz erreicht als der ältere H.264-Codec. 
Das HEIF-Fotoformat hat erstmals 2017 Einzug in Apples iPhone 7 mit iOS 11 gehalten (Farbtiefe: 8 Bit, Dateiendung: HEIC), Anfang 2020 dann in die Canon EOS-1D X Mark III. Heute nutzen es außerdem weitere Smartphones und die Systemkameras Canon EOS R5, EOS R6 und EOS R3 sowie die Sony Alpha 1, Alpha 7S III und Alpha 7 IV – wobei die Kamerahersteller anders als Apple mit einer Farbtiefe von 10 Bit speichern und die Dateiendung HIF verwenden. 

Sony Alpha 1

Die Sony Alpha 1 unterstützt HEIF-Fotos, wahlweise mit einer Farbunterabtastung von 4:2:0 oder 4:2:2.

Foto: © Sony

HEIF bietet zahlreiche Vorteile gegenüber JPEG. Zunächst ist die Komprimierung effektiver und die gleiche Qualität soll sich bei ungefähr halber Dateigröße erzielen lassen. Während die JPEG-Komprimierung mit einer festen Blockgröße von 8 x 8 Pixeln arbeitet, fällt diese bei HEIF bzw. HEVC flexibler aus (4 x 4 bis 64 x 64 Pixel) und passt sich so besser an unterschiedliche Motive an. Die Farbtiefe kann bis zu 16 Bit pro Farbkanal betragen, wovon zurzeit aber kein Kamerahersteller Gebrauch macht. 

Besonders interessant ist die Möglichkeit, nicht nur ein Bild, sondern Bildsequenzen zu speichern. Apple nutzt das für die Live-Fotos-Funktion im iPhone, bei der mit einem Foto eine kurze Videosequenz gespeichert wird. Möglich wäre es aber auch, Belichtungs- und Fokus-Reihen in einer Datei zu speichern oder Animationen zu erstellen, bspw. Cinemagraphs, bei denen sich nur ein Teil des Bildes bewegt. Apple nutzt im iPhone bereits ein anderes HEIF-Feature, nämlich die Möglichkeit, zusammen mit einem Bild eine Tiefenkarte zu speichern, die sich beispielsweise für digitale Bokeh-Effekte auswerten lässt. Einige Bildbearbeitungsprogramme (u. a. Photoshop) können diese Informationen verarbeiten. Weiterhin unterstützt HEIF Alpha-Kanäle für Transparenzen und kann Anweisungen zum Drehen oder Beschneiden an ein Bildbearbeitungsprogramm weitergeben.

Sony A1 Monitor

Die Sony Alpha 1 unterstützt HEIF-Fotos, wahlweise mit einer Farbunterabtastung von 4:2:0 oder 4:2:2.

Bild: Sony, Screenshot: A. Jordan

HEIF bei Canon und Sony

Canon erzeugt in seinen Kameras HEIF-Dateien mit 10-Bit-Farbtiefe und einem flachen Bildprofil. Hierzu muss man zusätzlich den HDR-PQ-Modus aktivieren, der automatisch eine Aufnahme mit erweitertem Dynamikumfang erstellt. HDR steht für „High Dynamic Range“, PQ für „Perceptual Quantization“. Die Bilder sind für die Anzeige auf HDR-Monitoren (gemäß dem Standard BT.2100) gedacht, bieten aber aufgrund ihres flachen Looks und der Farbtiefe von 10 Bit auch mehr Flexibilität in der Nachbearbeitung als ein kontrastreiches 8-Bit-JPEG. Die Implementation bei Sony ist ähnlich, wobei hier HLG (Hybrid Log Gamma) statt HDR-PQ aktiviert werden muss, um ein HDR-Bild zu erzeugen.

Das Problem ist aktuell die Bearbeitung der HEIF-Bilder. Photoshop öffnete bis Redaktionsschluss nur die 8-Bit-HEIFs von Apple, aber nicht die 10-Bit-Dateien von Canon und Sony. Erfolgreicher waren wir mit der Open-Source-Software GIMP und Skylums Luminar AI. Die Kamerahersteller selber bieten mit „Digital Photo Professional“ (Canon) und „Imaging Edge Desktop“ (Sony) Raw-Konverter, die auch HEIF-Dateien verarbeiten und zur Weiterverarbeitung als TIFFs mit 10 Bit speichern können.

Ausblick

Das Spannendste an HEIF sind die Funktionen zum Speichern von Bildsequenzen und Tiefenkarten, die bisher nur von Smartphone-Herstellern wie Apple genutzt werden. Ob Kamerahersteller auf diesen Zug aufspringen, ist fraglich. Die 10-Bit-Implementation von Canon und Sony ermöglicht bei gleicher Dateigröße eine bessere Qualität als JPEG und ist damit bspw. für Sport-Events spannend, bei denen schnell große Datenmengen übertragen werden müssen. Damit sich HEIF in der Fotografie durchsetzt, muss aber dringend die Software-Unterstützung ausgebaut werden. 

Beitrage Teilen