Jedes Smartphone wird mit einer integrierten Kamera und auch einer eigenen Kamera-App ausgeliefert. Bei Android sind dies meist Eigenentwicklungen der Smartphone-Hersteller, bei iPhones kommt immer die gleiche App von Apple zum Einsatz – die jedoch je nach iOS-Version und nach iPhone-Typ einen leicht unterschiedlichen Funktionsumfang hat.
Bei diesen Apps fehlen jedoch besondere Features, die entweder von geübten Fotografen genutzt werden (z. B. das Lösen der Kopplung von AF- und Belichtungsmessfeld) oder für tolle Effekte sorgen (z. B. das Einkopieren eines blauen Himmels bei trüben Tagen). So etwas lässt sich mit alternativen Kamera-Apps umsetzen. Doch welche Kamera-App sollte man sich am besten herunterladen? Die Auswahl im App-Store von Apple und im Google-Play-Store ist groß. Wir stellen hier acht Kamera-Apps vor, die wir getestet haben, und die teilweise sogar kostenlos sind.
Acht Foto-Apps für Android und Apple:
- DSLR Camera
- Pro Camera
- Camera2 +
- A Better Camera
- Camera MX
- HD Camera
- Lightroom
- PSCamera
Aber Achtung: Während bei Apple das Installieren einer zusätzlichen Kamera-App in der Regel kein Problem darstellt, können Sie unter Android Überraschungen erleben: Die Hersteller haben oft eigene Schnittstellen für die Kamera geschaffen. Vor allem bei Mehrfach-Kameras können Sie davon ausgehen, dass eine extern installierte App nur die Hauptkamera ansteuern kann.
Mit Android 9 hat sich das Problem gebessert, mit Android 11 kann es nun jedoch wieder häufiger auftreten. Im Google-Play-Store können Sie überprüfen, ob die gewünschte App auf Ihrem Gerät läuft. Oft hilft dabei auch ein Blick in die Bewertungen.
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Welche Kamera-App für iPhone?
Im App-Store von Apple gibt es eine große Auswahl an Kamera-Apps. Wir haben drei davon getestet und stellen sie hier vor. (Das Logo der zweiten App kommt weiter unten.)
DSLR Camera
Im Test hat die günstige App zunächst mit ihrem Bedienkonzept überzeugt. Alle Einstellungen sind selbsterklärend und lassen sich mit geschickt platzierten Bedienelementen schnell anpassen. Sehr gut gefällt der Tracking-AF: Ein längeres Tippen auf ein Objekt im Live-Bild verfolgt es – das funktionierte im Test zuverlässig. Für die Simulation von Bokehs bei Portraits benötigt die App – anders als z.B. PSCamera (siehe unten) – ein iPhone mit entsprechender Hardware (zwei Kameras).
Die Filter der Foto-App sind alle Looks, die von der App selbsttätig abhängig vom aktuellen Motiv ausgewählt werden. Ist nichts Passendes dabei, so kann man die Suche nach passenden Filtern wiederholen lassen. Als eine von zwei Apps im Test kann DSLR Camera auch mehrere Kameras eines Smartphones gleichzeitig auslösen lassen – natürlich nur, wenn sie auf entsprechenden Geräten mit zwei Rückseitenkameras läuft.
Enttäuscht hat der AR-Asssistent: Er verspricht eine Analyse des Live-Bildes und das Einblenden von passenden Hilfslinien, um die perfekte Gestaltung zu erleichtern. In keinem Fall konnte der Assistent im Test die Linien so platzieren, dass er eine Hilfe gewesen wäre.
Betriebssystem: iOS 13.0 oder neuer
Hersteller: Fulvio Scichilone
Kosten: 99 Cent. Mehr Filter: 49 Cent
Camera+ 2
Eine optisch reduzierte App Camera+ 2, die allerdings mit ein paar kleinen Features den Fotografen begeistern kann. Da ist zunächst der unter dem etwas ungewöhnlichen Eintrag „Handlung“ zu findende Tracking-AF, der bewegte Motive zuverlässig verfolgt. Die App hat auch einen Makro-Modus, der über einen Digitalzoom umgesetzt wird.
Das geht zu Lasten der Bildqualität, erlaubt aber die sorgfältige Gestaltung von Makroaufnahmen. Dabei hilft auch das zuschaltbare Fokus-Peaking, das die sich in der Schärfeebene befindlichen Kanten farblich markiert. Außerhalb des Makro-Modus ist das Fokus-Peaking allerdings selten sinnvoll einsetzbar, da der kleine Sensor zumeist eine sehr große Schärfentiefe aufweist. Bei Portraits kann die App ein weiches Bokeh simulieren.
Camera+ 2
Betriebssystem: iOS 13.0 oder neuer
Hersteller: LateNiteSoft
Kosten: 8,99 Euro
Pro Camera
Wer einfach nur die volle Kontrolle über seine iPhone-Kamera haben möchte, ist bei Pro Camera richtig. Die App erlaubt den gezielten Zugriff auf alle Belichtungsparameter, kann AF und Belichtungsmessfelder voneinander lösen, bietet Timer und einen Serienbildmodus, unterstützt die Mehrfachkameras der neuen iPhones und kann auch Raws im DNG-Format speichern.
Einige Funktionen sind nur per In-App-Kauf verfügbar: Der einfache Low-Light-Modus für Nachtaufnahmen ist inkludiert, der Modus Low Light Plus soll aber viel besser sein. Er kombiniert eine Serie von Einzelaufnahmen und rechnet das Rauschen des winzigen Sensors raus. Besonders bei Freihand-Aufnahmen geht das allerdings zulasten der Details. Erst mit Stativ wird der Modus besser als die originale Apple-App (Test mit iPhone SE 2020).
Genauso wie die HDR-Funktion muss Low Light Plus für 4,49 Euro freigeschaltet werden. Zumindest fragwürdig ist die Mischung aus Abo-Modell und In-App-Kauf: Interessenten können für 6,49 Euro pro Jahr ein Abo für die Premium-Version abschließen, das zum Beispiel eine Perspektivkorrektur von Architekturfotos ermöglicht (kann die integrierte iOS 13-Kamera-App auch, wenn auch nicht so gut wie Pro Camera) – die In-App-Käufe für HDR etc. sind trotzdem fällig.
Betriebssystem: iOS 13.1 oder neuer
Hersteller: Cocologics GmbH
Kosten: 9,99 Euro. In-App-Käufe: HDR: 4,49 Euro, Low Light Plus: 4,49 Euro, Privater Leuchtkasten: 4,49 Euro, Jahresabo mit Perspektivkorrektur: 6,49 Euro
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Welche Kamera-App für Android?
Auch im Google-Play-Store gibt es eine große Auswahl an Kamera-Apps. Wir haben drei davon getestet und stellen sie hier vor.
A Better Camera
Die App A Better Camera von Almalence hat einige Funktionen, die sonst mit einer „richtigen“ Kamera und mit der Bildbearbeitung im Rechner durchgeführt würden. Dazu gehören vor allem die Multi-Image Funktionen, die der Hersteller unter dem Button „Smart Multi-Shot“ vereint. Sie sollten sich mit Multi-Shot vor dem Shooting auseinandersetzen: Denn zuerst machen Sie die Bilder – zu welchem Zweck sie dann verrechnet werden, wird erst im Anschluss festgelegt. Die drei Funktionen von Multi-Shot sind: Bewegungssequenzen, Gruppenfoto, Objektentfernung. Die Sequenzen nutzen Sie zum Beispiel für Sportaufnahmen, bei denen der durch das Bild sausende Sportler mehrfach zu sehen ist.
Die Serienbildgeschwindigkeit bei der Aufnahme und die Anzahl der Aufnahmen können Sie nicht beeinflussen – wohl aber im Nachgang bestimmen, welche Fotos in das finale Bild eingehen sollen. Bei Gruppenbildern bestimmen Sie später, auf welchen Fotos welche Person gefällig in die Kamera schaut, die Objektentfernung nutzen Sie, um entweder durch eine leichte Bewegung des Smartphones „hinter“ ein störendes Objekt zu schauen oder aber um mit statischer Kamera bewegte Objekte (störende Passanten) durch die Auswahl der zu kombinierenden Bilder zu entfernen. Gelegentlich kam es dabei im Test zu Bildfehlern, die sich nicht mehr korrigieren ließen.
Interessant ist die HDR-Funktion von A Better Camera, die anders als die üblichen Verfahren der Smartphones drei Fotos einer Szene mit stark versetzter Belichtungskorrektur aufnimmt und als echtes HDR verrechnet. Das Ergebnis wirkt leicht übertrieben und zu stark gesättigt. A Better Camera kann auch die Belichtungsmessung vom AF-Punkt trennen, Serienbilder und Belichtungsreihen aufnehmen und hat einen Nachtmodus. Einige Funktionen müssen nach einem Testzeitraum separat freigeschaltet werden. Zum Testzeitpunkt gab es ein Angebot: Alle Funktionen für 99 Cent. Das ist die App allemal wert.
Betriebssystem: Android 4.0 oder höher
Hersteller: Almalence
Kosten: Kostenlos, In-App-Käufe zwischen 0,74 Euro und 11,71 Euro pro Artikel
Camera MX
Die auf den ersten Blick etwas unspektakuläre App bietet zwei Features, die interessant sein können: Zum einen die Live-Effekte, die neben Looks und Filtern auch einige Spezial-Effekte wie Kaleidoskop-Ansichten, Konturenzeichner, 8-Bit-Fotos und mehr umfassen. Dass alle Effekte sofort in der Live-Ansicht als Vorschau gezeigt werden, erleichtert die Bildgestaltung. Einige weitere Filtergruppen müssen separat für 1,99 Euro freigeschaltet werden.
„Shoot the past“ heißt die Funktion, die bei Kameraherstellern wie Olympus „Pro Capture“ genannt wird: In diesem Modus werden kontinuierlich Fotos aufgenommen und verworfen. Erst wenn der Anwender den Auslöser betätigt, wird eine Serienbildreihe von vor und nach dem Betätigen festgehalten. Aus dieser Reihe wählen Sie das beste Foto aus – ideal, wenn bei schnelen Ereignissen kein Moment verpasst werden soll. Außerdem bietet die App noch „Live-Shot“ an, das in etwa den Live-Fotos (Fotos, die sich beim Antippen in Kurzvideos verwandeln) von Apple entspricht.
Betriebssystem: keine Angabe, getestet unter Android 10
Hersteller: Magix
Kosten: Kostenlos, In-App-Käufe von 0,59 bis 1,99 Euro
HD Camera
Die App HD Camera kann nicht viel mehr als die bei neuen Android-Smartphones integrierten Kamera-Apps – könnte aber für alle interessant sein, die mit ihrer Standard-App unzufrieden sind. Das kostenlose HD Kamera hat eine Gesichtserkennung und einen HDR-Mode, der in etwa dem von A Better Camera entspricht, aber nicht ganz so knallige Ergebnisse liefert. Ohne drei Einzelbilder, und damit auch für bewegte Motive geeignet, ist der Modus DRO (Dynamic Range Optimizer), der ebenfalls die Tiefen anhebt, aber nicht so effektiv wie die HDR-Funktion. Besser als bei A Better Camera: Die Anzahl und die Belichtungsunterschiede der Einzelaufnahmen für eine HDR-Aufnahme lassen sich manuell festlegen.
Ansonsten bietet die App Hausmannskost: einen flexiblen Timer, eine Serienbildfunktion, manuelle Einstellmöglichkeiten der Belichtungsparameter und verschiedene Hilfslinien. Für 0 Euro nicht schlecht. Was allerdings fehlt ist die Speicherung der Fotos im Raw- bzw. DNG-Format.
Betriebssystem: Android 4.03 oder höher
Hersteller: Nice Team
Kosten: Kostenlos
Kamera-Apps für Android und iPhone
Der Klassiker Lightroom kann mehr als nur Bilder bearbeiten. Zudem gibt es mit PSCamera noch eine App von Adobe, die Fotos besondere Effekte verleihen kann.
Lightroom
Viele Fotografen nutzen Lightroom am Smartphone nur zum Synchronisieren der Fotos mit dem Desktop-Rechner – aber die App kann auch selbst fotografieren. Ein Vorteil: Die Fotos landen direkt im Lightroom-Katalog und werden automatisch synchronisiert. Ein weiterer Vorteil: Die Fotos lassen sich sowohl unter Android als auch iOS als DNG und so im Raw-Format speichern, was bei der Weiterbearbeitung (gleich ob am Smartphone oder am Computer) mehr Spielraum lässt.
Bei einigen Funktionen unterscheiden sich die Android- und die iOS-Version derzeit: Unter „Technologievorschau“ in den Einstellungen der App kann man unter iOS eine Langzeitbelichtung freischalten, die allerdings keine echte Langzeitbelichtung, sondern ein Composing aus mehreren Belichtungen erstellt. Dennoch sind Bilder im Dunklen rauschfreier als bei einem Standard-Shot, Wisch-Effekte lassen sich simulieren.
Unter Android gibt es HDR (bei iOS schon Standard) als Technologievorschau und eine Funktion namens „Beste Fotos“, die nichts mit der Kamera selbst zu tun hat – sie erstellt ein intelligentes Album, das nur die – nach Meinung der Adobe-KI – besten Fotos einer Reihe enthält.
Betriebssystem: Android 6.0 oder höher, iOS 13.0 oder neuer
Hersteller: Adobe
Kosten: Kostenlos, Registrierung erforderlich. Premium-Version ab 4,99 Euro im Monat (iPhone), In-App-Käufe ab 1,89 Euro (Android)
PSCamera
PSCamera bzw. Photoshop-Camera bildet keine Funktionen von echten Kameras nach, sondern reichert die Bilder mit Effekten an – basierend auf einer Analyse des aktuellen Live-Bildes. Wer also die Belichtung oder den Fokuspunkt selbst festlegen will, ist bei Photoshop Camera falsch – wer kreisrund wirbelnde Bokehs in Portraits zaubern möchte, knallige Sternenhimmel über eigentlich langweilige Landschaften oder bunte Ballons am Himmel sehen möchte, wird mit PSCamera seine Freude haben.
Die App rechnet mittels KI die Effekte direkt in das Live-Bild hinein. Gesichter werden von allein erkannt – nicht nur, um den Hintergrund weich zu zeichnen (was im Übrigen auch mit Smartphones funktioniert, die keine solche Funktion von Haus aus mitbringen), sondern auch um grafische Effekte anzuwenden. Mit dieser Foto-App lässt sich also unter anderem ein unscharfer Hintergrund generieren.
Aber auch bei Architektur- oder Landschaftsaufnahmen wird das Bild analysiert und Vorder- vom Hintergrund getrennt. So lässt sich in dieser Foto-App der Himmel bearbeiten und es kann zum Beispiel ein grauer Himmel gegen einen blauen mit weißen Wolken getauscht werden. Und auch die erwähnten Ballons können einigermaßen überzeugend am Himmel platziert werden.
Nutzer können diese – in der App „Linsen“ genannten – Filter und Effekte als Gruppe („Portrait“, „Landschaft“, „Pop-Art“ etc.) auswählen und die individuelle Ausformung mit einem Wisch verändern. Einige dieser Linsen werden mitgeliefert, weitere können – derzeit alle kostenlos – heruntergeladen und installiert werden. Schade: Beim Export ist die Kantenlänge der Fotos auf 2048 Pixel begrenzt.
Betriebssystem: Ausgewählte Android-Geräte mit Android 9 und höher, iOS 13.4 oder neuer
Hersteller: Adobe
Kosten: Kostenlos, Registrierung erforderlich. In-App-Käufe ab 1,99 Euro
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