Text und Fotos: Norbert Rosing
Es gibt Sternstunden im Leben eines Naturfotografen. Eine von meinen war der Fall der Mauer vor 30 Jahren. Warum? Schon damals war ich begeisterter Naturfotograf und kannte unsere zwei Nationalparks: den Bayerischen Wald und den Alpen Nationalpark Berchtesgaden. In beiden Parks verbrachte ich sehr viel Zeit und erwanderte alle Wege. Sie schärften mir den Blick, wie ich „meine“ Natur fotografisch umsetzen konnte. Dann kam der Mauerfall.
Vier clevere Biologie-Visionäre der Ex-DDR beschlossen auf der letzten Sitzung des Ministerrates die Ausweisung der heutigen wichtigen Nationalparks des Ostens: Jasmund (die Kreideküste auf Rügen mit ihren Buchenwäldern), Vorpommersche Boddenlandschaft (traumhafte Sandstrände, Heiden, Buchenwälder, Schilfinseln), Unteres Odertal (größte Auenlandschaft Deutschlands), Müritz (Verlandungszonen, alte Baumbestände), Harz (der Brocken und seine Bergfichten und Sümpfe), Elbsandsteingebirge (Bastei, Felsentürme).
Für mich eröffnete sich eine neue fotografische Welt. Die Straßen waren gesäumt mit kilometerlangen, wunderschönen Alleen. Fast überall Kopfsteinpflaster. Riesige Brachflächen mit blühendem Mohn und Kornblumen. Es wurden Reisen zurück in meine Kindheit in den 1960er-Jahren. Mehrere Jahre durchreiste ich diese Landschaften und konnte mich weder satt sehen noch satt fotografieren. Heute gibt es in Deutschland 16 Nationalparks, die leider bei den meisten Menschen noch immer unbekannt sind.
Hier stelle ich Ihnen die sechs schönsten Nationalparks für Wildlife- und Naturfotografie vor:
- Sächsische Schweiz
- Nationalpark Berchtesgaden
- Vorpommersche Boddenlandschaft
- Nationalpark Wattenmeer (Nordsee)
- Bayerischer Wald
- Unteres Odertal
Sächsische Schweiz
Beste Zeiten: Frühling/Herbst (frisches Laub/Herbstfarben). Winter: nur bei Schneedecke.
Der ideale Ausgangspunkt für Erstbesucher des Parks ist die Bastei, hoch über der Elbe. Hier bieten sich perfekte Ausblicke in den Wehlgrund und zum Gebirgsstock der „Kleinen Gans“. Auf das fast perfekte Licht wartet der Fotograf, wenn er Pech hat, lange. Die wogenden Nebel im Tal mit den herausschauenden Felsen sind sehr fotogen. Bei Bad Schandau liegt der Aufstieg zum Schrammstein. Festes Schuhwerk und gute Kondition sind gefragt.
Nationalpark Berchtesgaden
Beste Zeiten: Zu allen Jahreszeiten lassen sich Gemsen finden und mit Glück auch gut fotografieren.
Im Mai/Juni erblühen die Bergwiesen in allen Farben. Murmeltiere kommen aus dem Winterschlaf. Gut zu beobachten an der Gotzenalm und am Funtensee.
Spätsommer: Vielerorts erblüht das Edelweiß. Steinböcke finden sich häufig im Hagengebirge. Alpine Erfahrung, Kondition und Trittsicherheit sind hier eine Notwendigkeit. Es gibt viele Aussichtspunkte, die einen Blick auf den Watzmann, die großartige Bergwelt und den Königssee erlauben. Vorbuchung in den Hütten ist notwendig (www.nationalparkberchtesgaden.bayern.de)
Vorpommersche Boddenlandschaft
Beste Zeiten: Frühjahr: Kranichzug, wenig später im Frühsommer blühen die Wasserfedern und Lilien im Darßer Wald. Mückenschutz nicht vergessen! Ein besonderes Erlebnis sind ausgedehnte Fahrradtouren durch die Erlenbrüche und vom Weststrand ist man auch nicht weit entfernt. Ein guter Ausgangspunkt ist der Parkplatz „Drei Eichen“.
Herbst: Wenn die ersten Bodennebel ziehen, dringt das Röhren der Rothirsche durch die Wälder, gemischt mit dem Ruf der Kraniche. Letztere sind am besten auf dem Deich bei Zingst und der Meiningenbrücke zu beobachten. Alleine in diesem Nationalpark kann man Wochen verbringen und frische Luft atmen.
Nationalpark Wattenmeer (Nordsee)
Beste Zeiten: Winter: Heftige Stürme wehen über die Küsten und überfluten die Salzwiesen bei Westerhever.
Von März bis Mai ziehen riesige Vogelschwärme über die Wattflächen. Tausende Stare und ebenso viele Limikolen (Schnepfenvögel) suchen Nahrung. Austernfischer sind leider selten geworden.
Auf Helgoland werden von November bis Februar die jungen Kegelrobben geboren. Wegen des großen Besucheransturms wurden jetzt Restriktionen in Kraft gesetzt und man darf sich den Robben nur noch von vorgeschriebenen Wegen nähern.
Frühjahr: Bei Westerhever sind tausende von Nonnengänsen zu beobachten, ein besonderes Naturschauspiel. Bei allen Naturaufnahmen gilt zu beachten: sehr viele Windräder an allen Horizonten. „Saubere Horizonte“ gibt es fast nicht mehr an der Nordsee.
Bayerischer Wald
Beste Zeiten: Frühling/Herbst: Bei Regen- und Nebelwetter leuchten die Farben. Stativ nicht vergessen!
Auch dieser Nationalpark ist ein Alljahrespark für Fotografen. Besonderer Anziehungspunkt ist die Gehegezone bei Altschönau. Hier sind schon die bekanntesten „Wild“-Tieraufnahmen der letzten Jahrzehnte fotografiert worden: Braunbär, Wildkatze, Luchs und Wolf. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen, manchmal steht der Fotograf tagelang (und nicht alleine) am Gehege für das gewünschte Bild.
Abseits des Tierfreigeländes öffnet sich die Welt des „Urwaldes“. Hier finden Sie riesige Felsen, uralte Fichten, gewaltige Baumwurzeln und Sie können – mit Geduld – das vitale Nachwachsen des Waldes beobachten. Intensive Wanderungen vom Lusen zum Rachel führen durch dichte Fichtenwälder.
Unteres Odertal
Beste Zeiten: Winter. Falls es kalt wird, rasten hier tausende Singschwäne aus Skandinavien. Sie zeigen um diese Zeit kaum Scheu vor Menschen.
Frühling: Es wird laut durch den Gesang der Vögel und das Quaken der Frösche. Störche brüten auf den Dächern in den Orten. Der Park liegt direkt an der polnischen Grenze. Er zeichnet sich durch einen dichten Auwald und große Poldergebiete aus. Idealerweise bringt man sich ein Fahrrad mit. Viele Plattenwege führen über Kilometer durch den Nationalpark – ideal, um Natur hautnah zu entdecken.
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