Gute Fotos erreichen die Betrachter und lösen Emotionen in ihnen aus. Aber wie schafft ein Fotograf das? Neben dem Fokus auf die Mimik und Gestik der Portraitierten gibt es eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten, vom Bildaufbau bis zur Farbgebung, um Wut und Trauer, Glück und Behaglichkeit oder Stärke und Besonnenheit festzuhalten. Sortiert nach Gefühlslage geben wir Ihnen ein paar Tipps, damit Sie Ihre Bildwirkung künftig noch besser steuern können.
Coolness und Gelassenheit: mit kühlen Farben zu guten Portraits
Wie der Begriff „cool“ nahelegt, unterstützen kühle und entsättigte Farben die Bildwirkung besonders gut – auch Schwarzweiß-Fotos sind für die extra Portion Gelassenheit besonders gut geeignet. Durch einen minimalistischen Bildaufbau können Sie den Ausdruck des Models besser hervorheben und der Aufnahme einen modernen Look verleihen.
Eine neutrale Wand oder eine in der Unschärfe ausgeblendete Location eignen sich als Hintergrund besonders gut. Die Körperhaltung ist entspannt, der Blick selbstbewusst in die Kamera oder zur Seite gerichtet. Ein leicht seitliches, relativ hartes Licht verstärkt die Konturen, Kleidung und Accessoires wie eine Sonnenbrille erhöhen den Coolness-Faktor. Schon geringe Veränderungen können die Bildwirkung stark beeinflussen. Deswegen gilt: Machen Sie unbedingt genügend Aufnahmen und bitten Sie das Model, die Pose in kleinen Schritten zu verändern.
"Im Gegensatz zu den meisten anderen Personenbildern darf Ihr freiheitsliebendes recht klein und auch gerne von hinten abgebildet werden. So lenken Sie die Aufmerksamkeit des Betrachters stärker auf die Weite der Natur."
Das Gefühl von Freiheit: mittels Ruhe und Weite zu guten Portraits
In welchen Momenten fühlen Sie sich frei und atmen mal so richtig tief durch? Oft empfinden wir diese Emotion im Urlaub, in der Natur oder am Meer.
Freiheit ist erfüllt von Weite, Ruhe und Einklang mit unserer Umgebung. Im Gegensatz zu den meisten anderen Personenbildern darf Ihr Modell deshalb auf dem Foto recht klein und auch gerne von hinten abgebildet werden. So lenken Sie die Aufmerksamkeit des Betrachters stärker auf die Weite der Natur. Mit einem Weitwinkelobjektiv bekommen Sie mehr aufs Bild und können diesen Effekt verstärken.
Achten Sie auch auf den Horizont. Ähnlich wie bei Landschaftsaufnahmen kann ein Bild mit viel Himmel das Gefühl von Weite noch intensivieren. Schließen Sie die Blende, durch die größere Schärfentiefe erreichen Sie eine Gleichgewichtung von Person und Landschaft und vermeiden, dass weit entfernte Elemente in der Unschärfe verschwimmen.
Farblich erzeugen sowohl kühle Aufnahmen zur Blauen Stunde als auch warme Bilder kurz vor Sonnenuntergang beim Betrachter ein Freiheitsgefühl. Achten Sie auf eine homogene, kontrastarme und ruhige Bildstimmung. Wer gerne experimentiert und sich vor technischen Spielereien nicht scheut, kann dieses Motiv auch sehr gut als Cinemagraph mit subtilen Bewegungen in Kleidung, Haaren oder Bäumen umsetzen. Probieren Sie es aus!
Stärke zeigen: eine entschlossene Mimik ist das A und O
Der Eindruck von Stärke entsteht auf Bildern vor allem durch die Mimik.
Natürlich finden sich auf den Webseiten von Bildagenturen klischeehafte Bilder von geballten Muskeln oder Siegerposen. Wer auf seinen Fotos jedoch ein Gefühl von Stärke erzeugen möchte, das unter die Haut geht, sollte sich vor allem auf die Gesichtszüge konzentrieren. Wählen Sie einen engen Bildausschnitt, um Details im Gesicht hervorzuheben. Besonders wichtig sind dabei die Augen, sie verraten viel über die Stärke einer Person – das lässt sich auch daran erkennen, dass Aufnahmen mit ernstem Gesichtsausdruck und mit einem gewinnenden Lächeln gleichermaßen funktionieren.
Der Portraitierte sollte frontal zur Kamera stehen und direkt in die Linse schauen. Für Aufnahmen eines Mannes eignet sich hartes, seitliches Licht besonders gut. Es lässt das Gesicht noch markanter und dominanter erscheinen, erzeugt aber eine grobporige Haut, weshalb Sie bei weiblichen Portraits besser ein etwas weicheres, von oben gerichtetes Licht verwenden sollten. Wandeln Sie die Aufnahmen in Schwarzweiß um, dadurch heben Sie die Gesichtszüge und den intensiven Blick Ihres Models noch stärker hervor.
Denkbar sind auch Teiltonungen der Augen, allerdings wirkt dieses Stilmittel in den meisten Fällen kitschig und bisweilen dilettantisch. Wie beim Freiheitsgefühl können Sie auch hier auf ein Cinemagraph zurückgreifen. Leichte Bewegung in den Haaren lässt das Bild lebendiger und den Blick dadurch noch intensiver wirken.
Freude, Glück und Liebe: sanftes Gegenlicht macht happy
Wenn es uns gut geht, strahlen wir mit der Welt um die Wette. Alles ist in Bewegung, wir fühlen uns frisch und dynamisch. Mit genau diesen Merkmalen lassen sich Freude, Glück und Liebe auch auf Bildern vermitteln. Fotografieren Sie in einer hellen Umgebung, bevorzugt im Freien. Sanftes Gegenlicht erzeugt ein Gefühl von Sommer, das den positiven Bildcharakter nochmals unterstreicht. Achten Sie auf eine authentische Mimik der Portraitierten. Positive Emotionen entstehen oft spontan, gestellte Posen wirken affektiert und künstlich.
Halten Sie bei Paar Aufnahmen testweise eine halbtransparente Blüte vor die Linse. Neben den entstehenden Farb- und Unschärfe-Effekten wird das Bild dadurch zu einem heimlichen Einblick in eine private Welt und die Aufnahme wirkt noch authentischer. Bei dynamischen Aufnahmen von Glück und Freude können Bewegungsunschärfen die Bildaussage verstärken. Allerdings sollten die Unschärfen natürlich entstehen, bewusstes Verwackeln der Kamera oder Zoomen während der Belichtung wirkt in den meisten Fällen sehr kitschig.
"Rot- und Gelbtöne wirken warm und lebensfroh und können eine positive Stimmung unterstreichen."
Je nach Pose und Dynamik eignen sich für Aufnahmen von Glück und Liebe sowohl Ganzkörper- als auch Oberkörperaufnahmen. Wird die gesamte Person abgebildet, kommt es stärker auf die Bewegung an, bei ruhigeren Bildern zählt dagegen die Mimik. Farben können die positive Stimmung zusätzlich unterstreichen. Rot- und Gelbtöne wirken warm und lebensfroh. Fotografieren Sie deshalb bevorzugt gegen Abend, wenn die Sonne etwas tiefer steht und ein warmes Licht wirft. Nutzen Sie Reflexionen in der Linse, um den sonnigen Grundcharakter der Aufnahme zu verstärken.
Geborgenheit: natürliche Rahmen sorgen für mehr Behaglichkeit
Draußen stürmt und regnet es, wir sitzen wohlig eingemummt auf unserem Sofa und beobachten behaglich das Treiben vor dem Fenster. Geborgenheit ist eine Emotion, die tiefe Wärme in uns aufsteigen lässt. Bildlich sollten Sie auf eine sehr ruhige Atmosphäre achten.
Da Geborgenheit auch immer ein Gefühl von Schutz beinhaltet, können Sie mit natürlichen Rahmen arbeiten: Fotografieren Sie beispielsweise durch ein Fenster oder wählen Sie die Perspektive so, dass der Portraitierte von Möbelstücken, Bäumen oder anderen Bildelementen eingerahmt wird. Öffnen Sie die Blende, um dem Bild einen weichen Gesamtcharakter zu verleihen und reduzieren Sie die Kontraste. Entsättigen Sie die Aufnahme, um den ruhigen Charakter zu unterstreichen, behalten Sie aber eine sanfte Farbstimmung bei. Warme Töne vermitteln ein heimeliges, warmes Gefühl.
Einsamkeit: sorgen Sie für eine optische Abgrenzung
Einsamkeit lässt sich auf vielerlei Weise inszenieren. Wir können uns allein in unserer Wohnung ebenso einsam fühlen wie inmitten von Menschen. Im Bild lässt sich das festhalten, indem Sie die Person optisch vom Rest des Bildes abgrenzen.
Fotografieren Sie mit weit geöffneter Blende, um alle Elemente um Ihr Hauptmotiv unscharf auszublenden. Auch eine punktuelle Lichtsetzung, durch die Bildbereiche um den Portraitierten in der Dunkelheit verschwinden, kann Einsamkeit signalisieren. Wie die Trauer ist die Einsamkeit kraftlos und undynamisch. Achten Sie auf einen farblich homogenen Bildaufbau und lassen Sie Luft um Ihr Hauptmotiv. So wird die Leere betont.
Um die Natürlichkeit des Bildes zu unterstreichen, können Sie auf Tricks der Reportagefotografie zurückgreifen: Arbeiten Sie mit vorhandenem Licht, wandeln Sie die Aufnahme in Schwarzweiß um und achten Sie auf einen natürlichen Ausdruck des Portraitierten. Wie bei der Visualisierung der Freiheit wirken auch hier von hinten fotografierte Aufnahmen oft besonders intensiv.
Intime Momente: im Paparazzi-Stil festhalten
In jedem von uns steckt ein Voyeur. Wir interessieren uns einfach für andere Menschen und beobachten sie gerne in ungestörten Momenten. Entsprechende Aufnahmen im Paparazzi-Stil wirken deshalb auf den Betrachter besonders interessant.
Besonders authentisch wirken die – in Wahrheit natürlich inszenierten – Aufnahmen, wenn Sie unscharfe Elemente wie eine Tür, Reflexionen in einer Scheibe oder auch eine andere Person in den Vordergrund integrieren, die den Eindruck erwecken, wir wären heimlicher Beobachter einer privaten Szene. Natürliche Farben und natürliches Licht verstärken den Eindruck der Authentizität, aber auch Schwarzweißaufnahmen im Stile der Street Photography funktionieren gut.
"Portraits gedankenverlorener Menschen fotografieren Sie am besten im Querformat. Beachten Sie die Drittelregel."
Nachdenklich gestimmt: ein schweifender Blick in die Ferne hilft
Neben Stärke und Coolness gibt es eine weitere ernste Stimmung, die jeder von uns kennt und auf Bildern gerne übergangen wird: Wir sind nachdenklich, gedankenverloren und fühlen uns von der Welt abgekapselt. Eine intime Emotionslage, die, sensibel fotografiert, ein besonders intensives Motiv abgibt. Wie bei der Abbildung von Stärke kommt es dabei vor allem auf Augen, Mimik und Körpersprache an. Üblicherweise ist der Blick des Portraitierten nicht in die Kamera gerichtet, sondern schweift in die Ferne ohne ein bestimmtes Ziel.
Positionieren Sie die Person so im Bild, dass in der Blickrichtung genügend freier Raum bleibt. Fotografieren Sie dazu im Querformat und beachten Sie die Drittelregel. Nachdenkliche Aufnahmen funktionieren sowohl im Studio als auch auf der Straße oder im Bus oder der Bahn. Idealerweise schießen Sie das Bild in einem unbeobachteten Moment mit einem Teleobjektiv. So können Sie die authentische Stimmung einfangen, ohne den Portraitierten zu stören. Sepia-Töne, Monochrom-Umwandlungen oder auch ein kontraststarker Retro-Look harmonieren sehr gut mit dieser Bildstimmung.
Trauer und Verzweiflung: besser auf Distanz bleiben
Die Trauer ist eine sehr intime Emotion. Überlegen Sie sich genau, wann Sie fotografieren und wann Sie den Trauernden seine Privatsphäre lassen müssen. Andererseits können respektvolle Bilder unterstützend wirken und den Portraitierten später an einen wichtigen Moment des Lebens zurückerinnern. Halten Sie sich mit der Kamera zurück, aktivieren Sie den Silent-Modus, um die trauernde Person nicht zu stören und bleiben Sie auf Distanz. Aufnahmen mit von der Kamera abgewandten oder verdeckten Gesichtern werden als weniger starker Eingriff in die Privatsphäre wahrgenommen und sind in kritischen Momenten oft eine willkommene Alternative.
Weinende Menschen können bisweilen sehr emotionsstark erscheinen, in den meisten Fällen ist Trauer jedoch geprägt von Energielosigkeit und Einsamkeit. Achten Sie auf einen ruhigen, monotonen Hintergrund und öffnen Sie die Blende, um den Fokus auf den Trauernden zu richten. Starke oder bunte Farben stören den Bildeindruck, wandeln Sie die Aufnahme im Zweifel in Schwarzweiß oder Sepia um. Sinnbildlich steht die Trauer für einen Schatten, der auf unser Leben fällt. Halten Sie Ihr Bild dunkel, arbeiten Sie mit vielen Schatten und lassen Sie die Helligkeit zum Bildrand hin deutlich abfallen.
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