Über lange Zeit waren Dauerlichter im Fotosegment eine Randerscheinung. Professionelle Auto- und Modefotografen nutzten schwere, riesige und teure HMI-Strahler, um Personen und Fahrzeuge dramatisch auszuleuchten; für Amateur-Fotografen – oder Profis ohne eine Armada an Assistenten – war das Thema Dauerlicht aber uninteressant. Zu teuer, zu aufwendig oder, im günstigeren Bereich, zu lichtschwach, zu funzelig. Es gab und gibt zwar professionelle, kompakte und bezahlbare Halogen-Varianten, beispielsweise von Dedolight, die sich jedoch nie flächendeckend durchsetzen konnten.
Dann wurde die LED-Technik massenmarkttauglich und plötzlich waren helle Dauerlichter erhältlich, die wenig Strom brauchen, nicht heiß werden und sich, dank zunehmend besserer Akkutechnik, teilweise auch ohne Stromkabel verwenden lassen. Damit wird das Dauerlicht zu einer interessanten Alternative zum Blitz.
Aus China kommen mittlerweile Dauerlichter wie die Jinbei EFII-Modelle, an denen sich wie am Blitzgerät verschiedene Lichtformer anbringen lassen – bisher ein Alleinstellungsmerkmal des Blitzes. Damit liegt es nun weniger am Preis oder der Technik, für welches Lichtkonzept Sie sich als Fotograf entscheiden, sondern vielmehr an Ihren gestalterischen Bedürfnissen. Denn trotz der Entwicklung im Dauerlichtbereich gibt es nach wie vor einige gravierende Unterschiede. Welches Licht sollte also beim Fotografieren verwendet werden?
Unterschiedliche Konzepte
Obwohl Dauerlichter inzwischen mehr Leistung haben und sich mit Lichtformern bestücken lassen, bleibt natürlich der Hauptunterschied: die Leuchtdauer. Eine LED leuchtet dauerhaft, während ein Blitz wie der Hensel Integra 500 Plus zwischen 1/700 und 1/1400 Sekunde zum Abbrennen braucht und etwa 0,5 bis 1,9 s, bis er wieder betriebsbereit ist. Highspeed-Varianten wie der Expert D brennen in 1/2000 bis 1/5600 s ab.
Blitzlicht und Dauerlicht
Was ist besser? Ein Dauerlicht oder ein kurzer Blitz?
Die naheliegende Antwort: Es kommt darauf an, was Sie damit vorhaben, denn beides hat seine Vorteile. Sie möchten Bewegungen einfrieren? Dann sollten Sie einen Blitz verwenden.
Durch die kurze Abbrenndauer können insbesondere Spezialblitze wie der Hensel Expert D selbst schnelle Bewegungen perfekt scharf abbilden, trotz einer relativ langen Verschlusszeit von 1/160 Sekunde. Da der Blitz das Motiv nur 1/2000 s lang ausleuchtet, bleibt das Bild den Rest der Verschlusszeit dunkel und das Bild entspricht der Schärfe einer Belichtung mit 1/2000 s.
Sie benötigen eine sehr hohe Leuchtleistung, beispielsweise bei Verwendung einer Softbox mit zwei Diffusoren oder eines Schirms? Auch dann macht der Blitz mehr Sinn. Es ist deutlich einfacher, eine hohe Leuchtleistung für einen Bruchteil einer Sekunde zu generieren als dauerhaft.
Aber ist der Unterschied wirklich so groß? Das können Sie leicht selbst feststellen. In vielen Blitzen sind Halogen-Einstelllichter mit 150W verbaut. Diese liefern maximal etwa 1200-2000 Lumen. Ein modernes LED-Dauerlicht ist zwar deutlich heller, etwa um den Faktor drei bis fünf, aber sicher ist es Ihnen schon mal passiert, dass der Blitz nicht ausgelöst hat und Sie stattdessen nur mit Einstelllicht fotografiert haben. Das Bild ist dann fast schwarz.
Möchte man es ganz genau nehmen, müsste man zudem anführen, dass das Blitzlicht ja nur einen Bruchteil der Verschlusszeit von 1/160 s geleuchtet hat – nämlich etwa ein Fünftel bis ein Zehntel. Das bedeutet, das Bild mit Blitzlicht wäre bei längerer Leuchtdauer noch einmal um ein Vielfaches heller. Sollten Sie also indirekt ausleuchten, aus großer Entfernung oder mit Lichtformern, die viel Licht schlucken, sind Sie prinzipiell auch heute noch gut mit einem Blitz beraten.
Wann ist es sinnvoll mit Dauerlicht zu fotografieren?
Natürlich gibt es Ausnahmen. Fotografieren Sie mit längeren Verschlusszeiten, weit geöffneter Blende oder höheren ISO-Werten, ist das Dauerlicht ebenfalls eine gute, vielleicht sogar die bessere Option. Im Gegensatz zum Blitz hängt die Helligkeit des Bildes beim Dauerlicht direkt von der Verschlusszeit ab. Je länger Sie belichten, desto heller die Aufnahme.
Zudem lässt sich Dauerlicht meist deutlich einfacher in Settings integrieren, in denen bereits Kunstlicht vorkommt, beispielsweise bei Aufnahmen in Hotels, unter einer Straßenlaterne und dergleichen. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen ist die schwächere Leistung hier ein Vorteil, denn sie passt besser zur Umgebung und lässt sich bei Dauerlichtmodellen mit Leistungsregler perfekt daran anpassen.
Zum anderen bieten viele LED-Lichter die Möglichkeit, auch die Farbtemperatur anzupassen – eine Option, die am Blitz nicht oder nur sehr eingeschränkt mit Farbfolien möglich ist. Das Ergebnis sind deutlich harmonischere Bilder. Gerade die Mischung aus offener Blende, längerer Verschlusszeit und etwas reduziertem Licht erzeugt sehr emotionale und natürlich wirkende Bilder, die man mit Blitz so kaum erreicht.
Außerdem bieten Dauerlichter noch zwei weitere wichtige Vorteile: Sie zeigen Ihnen bereits vor der Aufnahme, wie das fertige Bild aussehen wird, und sie eignen sich zum Filmen. Insbesondere Modelle mit Akku und Lichtformer eröffnen auch Amateur-Filmern großartige Möglichkeiten, Szenen auszuleuchten. In Zeiten, in denen Consumer-Kameras mit 8K-Video-Aufnahmen erscheinen und selbst Smartphones großartige Videos generieren, ein ernstzunehmender Pluspunkt.
Portraits ausleuchten
Eine der entscheidenden Fragen bei der Wahl zwischen Dauer- und Blitzlicht lautet deshalb: Was fotografieren Sie? Es gibt Genres, für die sich Blitzlicht besser eignet, beispielsweise Sport-Aufnahmen, und solche, für die nur Dauerlicht in Frage kommt, etwa Cinemagraphs – ein sehr interessanter fotografischer Bereich! Außerdem gibt es Domänen, für die beides interessant ist. Neben der Produktfotografie betrifft dies vor allem die Portrait- und Modefotografie. Schauen wir uns die Möglichkeiten in diesem Segment deshalb etwas näher an.
Blitzlicht
Klassischerweise kommt bei Studioportraits Blitzlicht zum Einsatz. Mangels bezahlbarer Dauerlichtvarianten mit unterschiedlichen Lichtformern war der Studioblitz über lange Zeit alternativlos, denn erst mit dem passenden Licht lässt sich ein Shooting-Konzept erfolgreich umsetzen.
Sie wollen markante Aufnahmen mit vielen dunklen und harten Schatten? Dann fotografieren Sie mit einem Standardreflektor. Sie wünschen brillante, knackige Aufnahmen, die trotzdem der Haut schmeicheln? Dann greifen Sie zum Beauty Dish.
Eine weitere wichtige Eigenschaft des Blitzes ist die hohe Bildqualität. Durch die kurze Abbrenndauer sind die Aufnahmen knackscharf, zudem werden mit Blitzlicht selbst feinste Details brillant wiedergegeben. Außerdem erlaubt das helle Blitzlicht das Fotografieren mit dem niedrigsten ISO-Wert, was die Bildqualität erheblich verbessert. Damit ist Blitzlicht nach wie vor die optimale Wahl, wenn es, wie bei Studio-Aufnahmen häufig, um maximale Qualität geht.
Dies gilt für technische Aufnahmen, aber auch für einen Großteil an Beauty- und Close-up-Fotos. Gerade bei Nahaufnahmen mit entsprechend geringer Schärfentiefe bietet der Blitz zudem den Vorteil, dass er genügend Leistung liefert, um auch abgeblendet, beispielsweise auf f/8, noch mit geringer Empfindlichkeit vernünftig belichten zu können. Bei Personen-Nahaufnahmen kommt Ihnen hier außerdem zugute, dass die Pupillen bei Blitzlicht weit geöffnet und die Augen entspannt sind, bei hellem Dauerlicht ist das so nicht möglich.
Vorteile beim Fotografieren mit Blitz
Aus der Praxis lassen sich noch weitere interessante Vorteile von Blitzlicht aufzählen. Ist das Licht zu hart, können Sie, bei weißen Decken, den Blitz stärker drehen und nach oben richten und so sofort zu weichem, fast schattenfreiem Licht wechseln. Natürlich lässt sich mit zwei Blitzen auch beides wunderbar kombinieren und so die Schattenintensität präzise regulieren.
Zudem sind Sie bezüglich des Abstands zwischen Blitz und Model sehr flexibel, da selbst ein weit entfernter Blitz noch genügend Leistung liefert. Und: Sie können herrlich mit verschiedenen Farbfolien, halbdurchsichtigen Elementen oder sonstigen Lichtschluckern arbeiten. Lichtleistung gibt es immer mehr als genug. Sollten Sie spontan auf Dauerlicht umschwenken wollen, aktivieren Sie einfach das Einstelllicht und können so, mit begrenzter Helligkeit, ebenfalls sämtliche Lichtformer verwenden.
Dauerlicht
Wie sieht es nun im Vergleich dazu mit dem Dauerlicht aus? Macht es Sinn, speziell bei Portraits und Mode-Aufnahmen auf den Blitz zu verzichten? Auch hier kommt es darauf an; je nach Konzept passt das eine oder das andere besser.
Dauerlicht bietet im Gegensatz zum Blitz den Vorteil, dass es sich, wie bereits angesprochen, wesentlich harmonischer mit bereits vorhandenem Licht kombinieren lässt. Das ist von großem Vorteil, wenn Sie an einer Indoor-Location mit Kunstlicht fotografieren oder ein entsprechendes Set im Studio aufgebaut haben. Zudem wirkt Dauerlicht häufiger natürlicher, gerade dadurch, dass es nicht so intensiv und so detailliert ausleuchtet wie ein Blitz.
Das klingt zunächst wenig wünschenswert, aber emotionale, ausdrucksstarke Bilder wirken häufig vor allem dadurch, dass nicht alles perfekt ist. Eine bewegte Hand ist unscharf, ein Teil des Gesichts versinkt im Schatten, durch die geringe Schärfentiefe ist bereits ein Teil des Gesichts unscharf – solche Aspekte. Und derartige Fotos lassen sich – perfekt – mit Dauerlicht umsetzen. Da stört es auch nicht, dass Sie an schummerigen Locations den ISO-Wert anheben und die Blende deutlich öffnen müssen.
Tipps beim Fotografieren mit Dauerlicht
Um ein stimmungsvolles Bildergebnis zu erreichen, benötigen Sie übrigens nicht zwingend ein professionelles Foto-Dauerlicht. Sehr schöne Aufnahmen gelingen beispielsweise mit einer Neon-Röhre, einer Schreibtischlampe oder auch einer einfachen Taschenlampe.
Trotz der in vielen Fällen fehlenden Möglichkeit, Lichtformer zu verwenden, lässt sich Dauerlicht also mit etwas Kreativität extrem vielseitig einsetzen. Und dabei geht es in diesem Fall nur um Kunst- und nicht um Tageslicht, obwohl es sich dabei streng genommen ebenfalls um Dauerlicht handelt.
Wer häufig mit Dauerlicht arbeitet, weiß auch hier aus der Praxis einige besondere Tricks zu berichten. Kombinieren Sie beispielsweise warmes Dauerlicht mit Tageslicht von schräg hinten – ähnlich einem Streiflicht –, entstehen tolle Farbspiele mit Blau- und Orangetönen. Um diese anzupassen, sollten Sie aber unbedingt in Raw fotografieren.
Zudem lässt sich härteres Dauerlicht kreativ einsetzen, indem Sie Ihre Hand oder Objekte nah vor das Licht halten und so recht diffuse Schatten auf Ihrem Model erzeugen. Hier kommt Ihnen auch ein bereits erwähnter weiterer Vorteil zugute: Bei Dauerlicht verrät Ihnen der Blick durch den Sucher bereits, wie das spätere Bildergebnis aussehen wird. So können Sie die Schatten perfekt nach Ihren Wünschen platzieren.
Blitzlicht und Dauerlicht in Kombination
Grob gesagt lässt sich also unterscheiden: Blitzlicht für technisch brillante und perfekte Aufnahmen im Studio, Dauerlicht für Stimmungsfotos on Location. Es lassen sich aber auch beide Varianten kombinieren. Dunkeln Sie das Studio komplett ab, leuchten Sie lediglich einen Teil Ihres Models mit Dauerlicht aus und blitzen Sie dann mit einer langen Verschlusszeit.
Für eindrucksvolle Effekte können Sie wahlweise die Kamera während der Belichtung schwenken oder das Model bitten, den ausgeleuchteten Teil des Körpers zu bewegen. Sie werden von den Ergebnissen begeistert sein! Allerdings ist das Fokussieren im Dunkeln nicht einfach, nehmen Sie dafür bei Bedarf eine Taschenlampe zu Hilfe.
Unterm Strich haben beide Lichtvarianten großes Potenzial und bieten Fotografen mittlerweile eine Vielzahl an Optionen, was zwar die Entscheidung erschwert, Ihnen aber riesige kreative Möglichkeiten bietet. Experimentieren Sie! Das ist der sicherste Weg, sich fotografisch weiterzuentwickeln und einzigartige Ergebnisse zu erzielen.
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