Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Studio-Aufnahme mit Blitz? Wie haben Sie damals das Licht gesetzt? Möglicherweise mit zwei Softboxen, leicht seitlich vom Model platziert. Diese Variante ist sehr beliebt, denn dadurch wird das Gesicht sehr gleichmäßig ausgeleuchtet, es entstehen kaum Schatten, und wenn, sind sie sehr weich. Das ist praktisch, aber auch schnell sehr langweilig. Dabei bietet der Einsatz von Blitzen viele kreative Möglichkeiten, von dezenten Optimierungen bis hin zu extremen, experimentellen Ergebnissen.
Egal, welcher Fotografen-Typ Sie sind, es lohnt sich, alle Optionen auszuprobieren. Damit erweitern Sie nicht nur Ihre fotografische Bandbreite – was bei einer spontanen Konzept-Änderung während des Shootings ein großer Vorteil sein kann – sondern auch Ihren Horizont, denn jedes Setting hat seinen eigenen Stil und seine eigenen Herausforderungen. Gerade bei experimentellen Varianten sollten Sie allerdings etwas Zeit einplanen. Bis ein vorzeigbares Ergebnis entsteht, kann einige Zeit vergehen. Nutzen Sie den Vorteil des digitalen Zeitalters, in dem Sie das Bildergebnis sofort betrachten und angemessene Veränderungen vornehmen können. Und vor allem: Trauen Sie sich!
Bewegungen einfrieren
Die einfachste Variante, die kreativen Möglichkeiten des Blitzens zu entdecken, wird Ihnen technisch vorgegeben, ohne dass Sie selbst etwas dazu beisteuern müssen. Dank seiner sehr kurzen Abbrenndauer von etwa 1/2000 Sekunde friert ein Studioblitz jede Bewegung optisch ein. Das ermöglicht eine Wahrnehmung der Welt, wie wir sie aus unserem täglichen Leben nicht kennen – und genau dieser Aspekt macht das Bild besonders interessant. In Kombination mit der kontrast- und detailreichen Darstellung einer Blitz-Aufnahme wirken die eingefrorenen Bewegungen wie surreale Momentaufnahmen, herausgerissen aus der Welt um uns herum. Die kreative Aufgabe des Fotografen besteht bei dieser Form der Fotografie darin, die gewünschte Bewegung zu definieren und dann das Model zu instruieren. Das kann ein tänzerischer Sprung ebenso sein wie das Hochwerfen der Haare oder eine andere dynamische Bewegung.
Für ein überzeugendes Bildergebnis kommt es unabhängig von der Art der Bewegung neben kreativen Aspekten vor allem auf das richtige Timing an. Der Moment, in dem alles stimmt, ist extrem kurz und es braucht viel Erfahrung und etliche Versuche, bis es gelingt, in diesem Moment den Auslöser zu drücken.
Unser Tipp: Bitten Sie sprung-unerfahrene Models, bereits vor dem Sprung das Posing einzunehmen. Das verhindert, dass beim Abspringen intuitiv der Kopf nach oben gerissen wird.
Spotlight
Beim Fotografieren mit Spotlight sind die Herausforderungen bei der Lichtsetzung besonders hoch. Zum einen wirft ein Spotlight sehr hartes Licht, was bei einer falschen Blitzposition zu sehr hässlichen Schatten führen kann. Zum anderen genügt eine geringe Bewegung des Models und die Ausleuchtung passt nicht mehr. Dennoch kann es sich in vielen Fällen lohnen, zumindest ergänzend zu gewöhnlichen Aufnahmen noch einige mit Spotlight zu machen.
Als Lichtformer können Sie wahlweise einen dafür vorgesehen Spotaufsatz verwenden oder mit Pappe und etwas Klebeband einen selbstgebastelten Trichter an einem Standardreflektor anbringen. Letztere Variante bietet den Vorteil, dass Sie durch die Trichteröffnung auf der kleinen Seite die Größe Ihres Spotlights selbst bestimmen können. Achtung: Beim Fotografieren durch eine Pappe unbedingt das Einstelllicht nach dem Einrichten abschalten, sonst besteht Brandgefahr.
Damit die Aufnahme trotz der sehr punktuellen Ausleuchtung gelingt, macht es Sinn, zunächst die Position des Models festzulegen. Schalten Sie dann das Einstelllicht an und richten Sie Ihren Blitz aus. Arbeiten Sie hier präzise, schon eine marginal falsche Ausrichtung kann zu völlig anderen Ergebnissen führen. Schalten Sie das Einstelllicht dann wieder ab.
Gerade bei Aufnahmen von Männern, deren Hautstruktur etwas deutlicher hervortreten darf, hat ein seitlich positioniertes Spotlight einen ganz besonderen Reiz. Wer den Spot etwas größer wählt, kann aber auch das ganze Model ausleuchten und erhält eine Aufnahme, die dank der dunklen Schatten besonders interessant und intensiv wirkt.
Schatten erzeugen
Wer sich etwas intensiver mit dem Thema Fotografie beschäftigt, der lernt schnell: Gute Bilder leben von ihren Schatten. Gerade beim Arbeiten mit Blitzen gehen diese jedoch schnell verloren. Natürlich kann man den Blitz einfach etwas zur Seite rücken, um das Gesicht auf einer Seite etwas abzudunkeln, allerdings wirken diffuse, undefinierbare Schatten, die sich über das Model legen, noch deutlich interessanter. Praktischerweise können Sie diese ganz einfach selbst erzeugen. Halten Sie einen Gegenstand oder Ihre Hand vor den Blitz und schon entsteht eine Aufnahme mit spannenden Helligkeitsverläufen auf dem Körper und Gesicht Ihres Models. Übrigens setzen auch große Fotokünstler wie der fantastische Peter Lindbergh bisweilen solche Effekte ein, um ein Bild noch dramatischer zu gestalten.
Mindestens ebenso wichtig wie der Schatten erzeugende Gegenstand selbst ist dessen Abstand zum Blitz.
Generell gilt:
Je näher sich der Gegenstand am Model befindet, desto kleiner und scharfkantiger wird der Schatten, je näher er am Blitz ist, desto diffuser wirkt er. Wer besonders kreativ ist, kann kleine bunte Glas- oder Plexiglas-Bruchstücke als Schattenspender verwenden – dadurch werden die entstehenden Schatten dann gleich noch eingefärbt.
Farbig Blitzen
Die Möglichkeiten beim Fotografieren mit farbigem Blitzlicht würden problemlos einen eigenen Artikel füllen. Wir beschränken uns an dieser Stelle deshalb auf die grundlegenden Elemente und einige Vorschläge zur Umsetzung. Um Ihr Blitzlicht einzufärben, gibt es mehrere Optionen. Fotografieren Sie nur mit einem Blitz, können Sie den Raw-Modus Ihrer Kamera verwenden und einfach später am Computer den Weißabgleich verändern. Ein höherer Kelvin-Wert lässt das Bild gelblicher wirken, ein niedrigerer bläulich. Arbeiten Sie mit mehreren Blitzen, verwenden Sie am besten Farbfolien, die Sie entweder mithilfe von einem dafür vorgesehenen Rahmen oder mit einem Stück Klebeband vor dem Blitz anbringen.
Sie können wahlweise alle Blitze einfärben oder einen Standard-Blitz mit einem eingefärbten Modell kombinieren, um leichte Akzente zu setzen, ohne die Grundstimmung zu verändern. Unabhängig von der gewählten Variante entscheidet die Blitzleistung über die Farbintensität. Je stärker die gewählte Blitzleistung, desto weniger intensiv ist die Tönung.
Besonders beliebt sind Aufnahmen mit zwei unterschiedlichen Blitzfarben von rechts und links. Diese können wahlweise als Hauptlichter seitlich von vorne oder – auch in Kombination mit einem frontalen Blitzlicht – ohne Farbfolie als farbige Streiflichter eingesetzt werden. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, mit einem entsprechend ausgerichteten Farbblitz den Hintergrund komplett einzufärben. Interessant wirken auch Varianten, bei denen Sie den farbigen Blitz gegen die Decke richten und als Hauptlicht einen gewöhnlichen Blitz einsetzen. Dadurch werden lediglich die Schattenbereiche eingefärbt, im Gesicht ebenso wie an der Wand.
Blitz und Dauerlicht kombinieren
Die Wahl zwischen Blitz und Dauerlicht lässt sich kulinarisch vergleichen mit der Wahl zwischen Fisch und Fleisch. Beides hat seine Vorzüge – und wird von experimentierfreudigen Personen bisweilen kombiniert. Das führt im Falle der Fotografie zu vielen kreativen Optionen, von ausdrucksstarken Event-Bildern mit buntem Partylicht im Hintergrund bis hin zu anspruchsvollen Fotokunstwerken. Besonders interessant wird es, wenn Sie Ihre Mischung aus Dauer- und Blitzlicht noch mit einer langen Verschlusszeit kombinieren. Dadurch machen Sie sich nicht nur die verschiedenen Lichtfarben, sondern auch die unterschiedliche Leuchtdauer der beiden Lichtvarianten zunutze. Damit derlei Aufnahmen allerdings ihr volles Potenzial entfalten, gibt es Einiges zu beachten.
- Beschränken Sie sich auf eine einzelne, punktuelle Dauerlichtquelle. Eine Schreibtischlampe, die sich nah am Model befindet, eignet sich ebenso wie das Einstelllicht eines Blitzes oder eine Taschenlampe.
- Dunkeln Sie das Studio komplett ab, um auf der Aufnahme Lichtverschmutzung zu vermeiden. Sollten Sie aufgrund der Dunkelheit Probleme beim Scharfstellen haben, nehmen Sie eine weitere Taschenlampe zu Hilfe.
Um einen kreativen Effekt zu erzeugen, haben Sie nun die Möglichkeit, wahlweise die Kamera während der Belichtung zu verschieben oder das Model zu bitten, sich zu bewegen. Durch das Blitzlicht wird der größte Teil des Bildes eingefroren, lediglich im Lichtkegel des Dauerlichts entstehen Verwischungen, die die Aufnahme besonders interessant machen.
Feuereffekt
Wie weit man in Sachen Kreativität beim Kombinieren von Blitz- und Dauerlicht tatsächlich gehen kann, zeigt unser nächstes Beispiel. Auch hier kommt als Hauptlicht ein Blitz von vorne zum Einsatz. Die Verschlusszeit beträgt erneut mehrere Sekunden, allerdings ist die Kamera in diesem Fall auf ein Stativ montiert. Hinter dem Model wird eine transparente Malerfolie gespannt, die von einem oder zwei rückseitig aufgestellten Baustrahlern ausgeleuchtet wird.
Um den Flammen-Effekt zu erzeugen, wird die Malerfolie während der Belichtung von einem Assistenten oder einem Ventilator permanent in Bewegung gehalten. So entsteht eine Aufnahme mit einer einzigartigen Dynamik und einer erschreckend realistischen Feuerwand – ganz ohne Photoshop.
Blitz und Beamer kombinieren
Auch wenn es sich bei einem Projektor natürlich ebenfalls um ein Dauerlicht handelt, ist die Herangehensweise bei dieser Variante eine andere als beim Fotografieren mit Dauerlicht. Bei dieser Art der Fotografie gibt es keine langen Verschlusszeiten und keine Bewegungen. Vielmehr geht es darum, Strukturen oder Farben in den Schattenbereichen des Models zu erzeugen. Damit lässt sich der Beamer eher mit einem Farbblitz vergleichen.
Die Vorgehensweise ist recht simpel. Suchen Sie im Vorfeld einige passende Bilder zusammen, die Sie später auf Ihr Model werfen möchten. Dies kann beispielsweise eine Landschaft sein, ein Farbverlauf oder auch schlicht schwarzweiße Muster. Richten Sie Ihren Blitz beim Shooting so aus, dass genügend Schattenbereiche bleiben, auf denen das Beamer-Licht zu sehen ist. Stellen Sie den Projektor so ein, dass die Elemente auf dem Model scharf abgebildet werden und achten Sie darauf, die Blitzstärke der Lichtintensität des Beamers anzupassen.
Auf Frischhaltefolie blitzen
Gegenlicht erzeugt immer spannende Bilder. Allerdings fallen die dadurch erzeugten Reflexionen meist recht gering aus – was Sinn macht, schließlich sind sie in der Regel unerwünscht. Nicht so in der Kreativ-Fotografie. Mit etwas Frischhaltefolie und einem Blitz haben Sie die Möglichkeit, nicht nur intensive Reflexionen zu erzeugen, sondern diese über die Position der Folie und des gegenlichtigen Blitzes auch noch gezielt zu steuern.
Richten Sie zunächst Ihr Bild wie gewohnt ein. Positionieren Sie das Hauptlicht, wählen Sie die gewünschte Perspektive und machen Sie einige Probe-Aufnahmen. Passt alles, platzieren Sie einen weiteren Blitz schräg vor der Kamera, der auf die Objektivöffnung gerichtet ist. Bringen Sie nun etwas Frischhaltefolie vorne am Objektiv an. Achten Sie darauf, dass der mittige Bereich, in dem sich das Hauptmotiv befindet, frei bleibt und legen Sie die Folie für intensivere Effekte entweder mehrlagig oder zerknüllen Sie diese leicht. Auch die Blende spielt eine entscheidende Rolle: Je weiter die Blende geschlossen wird, desto deutlicher ist die Form der Reflexionen auf dem Bild zu erkennen.
Planen Sie außerdem genügend Zeit ein: Bis bei dieser Form der Fotografie ein überzeugendes Bild entsteht, kann es durchaus etwas dauern. Ein ähnlicher, aber diffuserer Effekt lässt sich auch mit einem aufgeschraubten UV-Filter erzeugen, auf den am Rand etwas Fett oder Vaseline geschmiert wird.
Blitz und Laserpointer
Ähnlich wie beim Fotografieren mit Dauerlicht können Sie Blitzlicht auch mit einem Laserpointer kombinieren. Verwenden Sie eine mehrsekündige Verschlusszeit und leuchten Sie das Model während der Belichtung mit dem Licht des Laserpointers aus.
Achtung: Auf keinen Fall in die Augen leuchten! Damit die so entstehenden Lichtstreifen nur auf dem Model, aber nicht auf dem Hintergrund zu sehen sind, sollten Sie das Model weit vor den Hintergrund stellen und etwas von der Seite ausleuchten. Besonders interessant wirkt diese Form der Ausleuchtung in Kombination mit einem farbigen Hauptlicht.
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