Wenn die Tage wieder länger werden, die Bäume erste Knospen tragen und Krokus, Schneeglöckchen & Co. die graue Tristesse durchbrechen, dann wissen wir: Der Frühling lässt nicht mehr lange auf sich warten. Dem aufmerksamen Beobachter entgeht nicht, wie zaghaft die Natur wieder erwacht. Doch steigen die Temperaturen, geht plötzlich alles ganz schnell. Die Welt wird bunter und auch die Bienen trauen sich wieder raus.
Speziell der Frühlingsanfang bietet Bilder, die sich für den Rest des Jahres so nicht mehr ergeben. Aus fotografischer Sicht sollte man sich also nicht allzu viel Zeit mit dem ersten Frühlingsspaziergang lassen – zumindest wenn man die aller ersten Frühlingsboten einfangen möchte. Und auch während der Frühling bereits voranschreitet, gibt es einiges zu beachten. Wie gestalte ich mein Bild, was mache ich bei schlechtem Wetter und wie fange ich Bienen und Blümchen besonders schön ein? Wir haben die Antworten!
1. Bilder vom Frühling: Notieren Sie sich Blütezeiten und Events in Ihrem Kalender
Sie sind ein Fan der Blütezeit? Wissen Sie denn auch aus dem Effeff, wann Kirsche, Apfel und Magnolie blühen? Oft merken wir dies nämlich erst, wenn eben diese Bäume bereits ihre schönsten Seiten zeigen. Um auch ja nichts zu verpassen empfiehlt es sich daher, Kalender zu führen. Da der Beginn der Blütezeit aufgrund der Witterung natürlich nicht jedes Jahr gleich ist, sollten Sie das Internet befragen und aufmerksam die Zeitung lesen.
Meist wird der Beginn der jeweiligen Blütezeit im Lokalteil großer sowie kleiner Tageszeitungen angekündigt – und sind mit speziellen Events verbunden: Manche Gegenden sind nämlich so bekannt für ihre Blütenpracht, dass ganze Feste und Märkte im Frühjahr veranstaltet werden. So können wir beispielsweise in Hamburg, Jork und Bonn Kirschblütenfeste feiern. Die Apfelblüte wird im Alten Land, im Schwäbischen Donautal und in Höchst im Odenwald groß zelebriert. Die Schönheit der Magnolie können Sie sich ausgiebig in der Wilhelma in Stuttgart anschauen: Etwa 70 Exemplare, bestehend aus 23 Arten, bilden dort den größten Magnolienhain nördlich der Alpen. Tolle Magnolien finden Sie auch in verschiedenen Städten, beispielsweise im Bochumer Stadtpark sowie auf dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg. Generell sollten Sie in den folgend genannten Zeiträumen besonders aufmerksam sein:
- Die Magnolienblüte beginnt etwa Mitte März bis Anfang April.
- Die Apfelblüte beginnt zwischen April und Mai.
- Und die Kirsche fängt ebenfalls im April an zu blühen, spätestens aber Anfang Mai.
Neben den Blütenbäumen gibt es auch diverse Blumen, die unsere Welt im Frühling so herrlich bunt machen: Tulpen, Narzissen, Osterglocken und Schneeglöckchen sind nur einige Beispiele für tolle Blumenbilder, die der Frühling bietet. Sie locken in Parkanlagen bereits die ersten Bienen an. Das ganze Frühjahr über gibt es viele Events, die Sie mit der Jagd nach schönen Frühlingsmotiven verbinden können. So sind Schlossmärkte hierfür sehr dankbare Veranstaltungen: Der “Schlossfrühling” im rheinländischen Schloss Dyck eignet sich ganz prima für einen ausgiebigen Ausflug mit der Kamera und findet jedes Jahr am Osterwochenende statt. Einmal kurz Google gefragt und Sie finden eine Fülle an Oster- oder Frühlingsmärkten, sicherlich auch in Ihrer näheren Umgebung.
2. Tagsüber fotografieren? Im Frühling ist das noch möglich
Ganz oft liest man etwas darüber, dass man für eine schöne Lichtstimmung vor allem das Morgen- und Abendlicht nutzen sollte. Generell ist dies auch richtig, doch zum Frühlingsstart machen wir hingegen eine Ausnahme. Natürlich spenden Morgen- und Abendsonne auch dann ein wärmeres Licht, aber zum kalendarischen Frühlingsstart rund um den 20. März haben wir die Tag- und Nachtgleiche, das bedeutet Tage und Nächte sind ungefähr gleich lang. Deshalb steht mittags die Sonne noch nicht so hoch am Himmel wie zu Sommeranfang.
(> Sun Surveyor: Die App für den Sonnenstand)
3. Zeit für einen Perspektivwechsel: So gelingen Ihnen tolle Bilder vom Frühlingserwachen
Im April erwacht die Natur immer mehr zum Leben, diese erscheint uns von Tag zu Tag bunter, bis sie sich ab Mitte Mai in voller Pracht zeigt. Beste Bedingungen für ein paar Nahaufnahmen – und in die Knie zu gehen! Denn wer interessante und intensive Fotos von Blüten und Blumen machen will, der sollte seinen Motiven entgegen kommen:
- Gehen Sie nah ran! Nichts eignet sich so gut für Makroaufnahmen wie Blumen, Pflanzen und kleine Käfer, die Ihnen sicherlich vor die Linse krabbeln werden. Vergessen Sie dabei bitte nicht, ein Stativ zu nutzen.
- Wechseln Sie die Perspektive: Begeben Sie sich auf Augenhöhe mit Ihrem Motiv oder fotografieren Sie die Tulpenwiese doch einmal von unten.
- Arbeiten Sie mit einer offenen Blende bzw. geringen Schärfentiefe: Wir wollen uns ganz auf die Blüten konzentrieren, nicht auf den Hintergrund Ihrer Szene. Deswegen empfehlen wir Ihnen, mit Schärfe und Unschärfe zu arbeiten.
- Achten Sie auf das Licht im Spätfrühling: Zum Sommer hin sollten Sie mittags lieber auf bewölkte Tage oder die Morgen- bzw. Abendstunden ausweichen.
- Räumen Sie auf! Falls Sie nicht mit einer offenen Blende arbeiten wollen und der Hintergrund teil Ihres Bildes wird, räumen Sie diesen auf. Tannenzweige im Frühling wirken meist eher irritierend.
- Details im Blick: Vergessen Sie nicht, wie schön Blumenstempel, Blumenstaub und einzelne Blüten sein können. Blüten im Gegenlicht haben eine fast schon verträumt anmutende Bildwirkung.
- Arbeiten Sie mit Mehrfachbelichtungen. Kein Motiv dekoriert eher einfache und alltägliche Momentaufnahmen so sehr, wie Blumen. Probieren Sie es aus!
- In den Morgenstunden losziehen: Wer sich den Wecker stellt, wird meist mit besonderen Motiven belohnt. Beispielsweise finden Sie in den frühen Morgenstunden von Tau bedeckte Blüten, Blumen, Wiesen und Spinnenweben.
„Lassen Sie sich ja nicht von ein paar Wolken am Himmel verunsichern.“
Anne Schellhase, fotoMAGAZIN
4. April, April: Seien Sie für Ihre Frühlingsbilder auf wechselhaftes Wetter vorbereitet
Da der April bekanntlich macht, was er will, sollten Sie im Frühling auf jeden Fall eine Regenjacke und eine Duschhaube dabei haben. Nicht etwa für Ihren Kopf, sondern für Ihre Kamera! Denn Duschhauben sind für wenig Geld zu haben und lassen sich im Handumdrehen zu einem super Kameraschutz modifizieren: Schneiden Sie ein Loch für den Sucher und für ihr Objektiv in die Haube und fotografieren Sie munter weiter! Und lassen Sie sich ja nicht von ein paar Wolken am Himmel verunsichern. Gerade an super sonnigen Tagen wirken sie wie ein riesiger Diffusor und harte Schatten werden schön weich.
5. Street Photography im Frühling: Denn nicht nur Flora und Fauna erwachen zu neuem Leben
Das erste Eis im Freien genießen, mit einem Coffee to go im Park spazieren gehen oder an einem freien Tag über den Wochenmarkt schlendern? All das macht im Frühling viel mehr Spaß und das sieht man den Menschen auch an: Sie tragen wieder Sonnenbrillen, die Kleidung wird heller, bunter, ja einfach fröhlicher und sie halten sich ganz bewusst wieder draußen auf. Halten Sie diese Veränderungen fest! Der einfachste Weg zu guten Street-Fotos ist, selber in die Situation einzutauchen und sich drauf einzulassen. Hier ein paar Tipps:
- Setzen Sie sich in Ihr Lieblings-Café, beobachten Sie, was um Sie herum geschieht und halten Sie Ihre Kamera bereit.
- Bauen Sie Emotionen auf. Man sieht Ihrer Aufnahme an, ob Sie Teil oder nur ferner Beobachter einer Situation waren. "Nähe" ist hier das Stichwort. Lassen Sie Ihr Superzoom also besser zu Hause. Nehmen Sie stattdessen eine tolle Festbrennweite oder gar ein lichtstarkes Weitwinkelobjektiv mit.
- Haben Sie keine Angst. Nur, weil Sie der Street Photography nachgehen, tun Sie nicht automatisch etwas Verbotenes. Der Trick ist, eine Situation so einzufangen, dass sie auch dann noch wirkt, wenn man nicht frontal auf die Gesichter Fremder draufhält.
- Sollte dies – je nach Situation und Motivwahl– doch nötig sein, bitten Sie um Erlaubnis und nehmen Sie Kontakt auf: Zeigen Sie der Person Ihre Aufnahme, tauschen Sie die Nummern aus und stellen Sie das Bild zur Verfügung. Erzählen Sie doch einfach, wieso die Situation so interessant für Sie war. Meist freuen sich unsere Mitmenschen über schöne Fotos vom Frühling!
- Hinterfragen Sie Situationen, bevor Sie diese ablichten. Erstrecht wenn Sie den Alltag von seiner hässlichen Seite ablichten. Beispielsweise ist der Widerspruch zwischen Arm und Reich eine Facette, die uns überall begegnet. Ein respektvoller Umgang ist auch in der Fotografie das A und O.
„Es gibt so viele, kleine Schrauben, welche Sie ohne großen Aufwand drehen können, sodass aus Ihrem Schnappschuss eine besonders gelungene Aufnahme wird.“
Anne Schellhase, fotoMAGAZIN
6. Linienführung, Goldener Schnitt & Co.: Setzen Sie sich mit den Regeln der Bildgestaltung auseinander
Ihren Bildern fehlt der letzte Schliff? Setzen Sie sich – zumindest ein wenig – mit den Grundregeln der Bildgestaltung auseinander. Es gibt so viele, kleine Schrauben, welche Sie ohne großen Aufwand drehen können, sodass aus Ihrem Schnappschuss eine besonders gelungene Aufnahme wird. Achten Sie also auf folgende Dinge, wenn Sie durch Ihren Kamerasucher blicken:
- Welches Format passt am besten zu Ihrer Aufnahme?
- Welche Perspektive macht Ihr Bild besonders interessant?
- Was ist Ihr Hauptmotiv und welcher Bildausschnitt bringt es am besten zur Geltung?
- Macht Ihre gewählte Linien- und Flächenführung Sinn?
- Gibt es Kontraste, mit denen Sie arbeiten können?
- Der „Goldene Schnitt“ und die „Drittel-Regel“: Welchen Kompositionsstil mögen Sie am liebsten, wählen ihn gar intuitiv?
- Mut zur Lücke: Probieren Sie öfter mal etwas Neues aus! Sind Sie experimentierfreudig?
7. Dieses Equipment benötigen Sie für Ihre Frühlingsbilder
Wir haben jetzt sehr viel über die Motivwahl, die Ausrüstung für bestimmte Wettersituationen und Blütezeiten geredet. Wichtig ist jedoch auch, dass Sie sich vorher Gedanken über Ihre möglichen Frühlingsmotive und das hierfür nötige Equipment machen. Damit Sie nichts vergessen, fassen wir hier noch einmal zusammen, was Sie bei Ihrer Foto-Tour im Frühling auf keinen Fall vergessen sollten:
- Eine Kamera mit passenden Objektiven, möglichst mit Schwenk-Display.
- Ein lichtstarkes Makro-Objektiv für Close-Up-Aufnahmen.
- Ein Weitwinkelobjektiv für die Blumenwiese aus der Froschperspektive.
- Ein kleines Stativ oder einen Bohnensack zur Stabilisierung der Kamera in Bodennähe.
- Eine Regenjacke für wechselhafte Tage.
- Eine Duschhaube, um die Kamera vor Nässe zu schützen.
- Ein paar Bögen Fotokartons in bunten Farben, falls Sie einen anderen Hintergrund benötigen.
- Eine Müllsack für den Fall, dass Sie sich auf den Boden legen bzw. knien müssen.
Fazit: Der Frühling ist die perfekte Jahreszeit für alle, die es lieben das Leben und die Natur zu fotografieren
Das Fotografieren im Frühling ist prädestiniert für farbenfrohe, lebhafte und kreative Bilder. Es macht Spaß, meist ist es auch noch lecker (denn welcher Fotograf kann sich die Kugel Eis schon verkneifen?) und im Frühling fotografiert es sich wie ganz von selbst. Das immer besser werdende Wetter, die fröhliche Atmosphäre und der Frühlingsduft ziehen einen wie von selbst mit. Das Fotografieren fühlt sich überhaupt nicht wie Arbeit an, sondern ist fast schon erholsam – je nachdem, wieviele Kilo Equipment Sie mit sich rumschleppen ;-)
Neben den bereits sehr ausführlich beschriebenen Bildideen könnte Fotograf auch ein Projekt a lá "Mein Lieblingsbaum im Wandel der Jahreszeiten" draus machen: Suchen Sie sich doch einfach ein Motiv, das Sie täglich/wöchentlich/monatlich vom selben Standpunkt aus fotografieren. Sie werden über die tollen und vielseitigen Ergebnisse staunen. Gleichzeitig schärfen Sie Ihre eigenen Sinne und haben sich einen Ort geschaffen, an den Sie ganz bewusst und regelmäßig zurückkehren können.
Und vergessen Sie bitte eine Sache nicht: Das Fotografieren soll Spaß machen! Wenn dieser zu kurz kommt, wird man das Ihren Bildern auch ansehen auch können. Und das wäre doch schade, oder?
In diesem Sinne: Genießen Sie den Frühling!
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Anne Schellhase hat diesen Artikel als Mitglied der fotoMAGAZIN-Redaktion verfasst.
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