Das richtige Bildformat finden: ein Überblick

Hoch, quer, rund oder vielleicht doch lieber Panorama? Welches Format mögen Sie am liebsten? Jedes hat seine Vorzüge und eignet sich für bestimmte Motive besonders gut. Wir geben Ihnen einen Überblick, damit Sie das richtige Bildformat finden

Sebastian Sonntag

Sebastian Sonntag

Freier Journalist und Fotograf

Aufmacher Bildformate
Fotos: © Pentax, Mike Kus

In der Geschichte der Fotografie kamen verschiedenste Bildformate zum Einsatz. Heute machen wir uns oft zu wenige Gedanken über das richtige Format für unsere Motive. Wieso auch? Schließlich lässt sich in Zeiten hochauflösender DSLRs jedes Foto im Nachhinein beliebig zuschneiden.

Das ist zwar richtig, doch wer sich gestalterisch weiterentwickeln und seinen Blick für die Szenerie schulen möchte, sollte sich mit der Frage nach dem perfekten Format näher befassen. Wir haben die verschiedenen Optionen für Sie zusammengestellt und erklären Ihnen gemeinsam mit Experten, wie Sie diese am besten einsetzen.

Kleinbild quer

2:3: Der Kleinbild-Klassiker

Foto: © Bob Bruyn

Querdenker oder Hochformat-Fan?

Unabhängig von Kamera und Seitenverhältnis des Sensors stellt sich jedem Fotografen vor der Aufnahme die Frage: Hochformat oder Querformat? Marc Volk von der Neuen Schule für Fotografie in Berlin hat eine einfache Orientierungshilfe parat: „Im Englischen ist der klassische Einsatzbereich von Hoch- und Querformat bereits beim Begriff enthalten. ‚Landscape format‘ steht für quer, ‚Portrait format‘ für hoch.“

Wolfgang Zurborn von der Lichtblick School in Köln sieht noch einen weiteren Ansatzpunkt zur Wahl des Formats: „Die meisten Reportage-Bilder entstehen im Querformat. Dieses Format ist vorteilhaft für eine klare Verortung eines Bildes, da es unserer Wahrnehmung entspricht.“ Hochformate im städtischen Umfeld betonen nach Ansicht des Experten stärker den kreativen Aspekt und lösen sich bewusst von gängigen Sehgewohnheiten.

Ganz pragmatisch betrachtet hängt die Wahl des Formats häufig davon ab, wie viel Raum das Hauptmotiv im Bild einnehmen soll. Längliche Motive, wie zum Beispiel Personen, nehmen bei Hochformat-Aufnahmen häufig das gesamte Bild ein, bei Fotos im Querformat bleibt dagegen noch viel Platz für den Hintergrund. Umgekehrt verhält es sich bei breiten Motiven wie bei einem Auto. Im Querformat wird das Fahrzeug häufig formatfüllend abgelichtet, im Hochformat passt auch der dramatische Himmel im Abendlicht noch mit aufs Bild.

Testen Sie jedoch selbst bei augenscheinlich eindeutiger Formatvorgabe auch andere Formate. Marc Volk empfiehlt: „Sie sollten sich nicht zu sehr auf Regeln versteifen, nicht einmal auf Klassiker wie die Drittelregel. Ein anderer, ungewohnter Bildaufbau hält den Bildeindruck frisch und macht eine Aufnahme interessant.“ Gerade für SLR-Fotografen ungewohnte Formate, wie ein rundes Bild oder das Quadrat, laden förmlich dazu ein, auch bei der Bildgestaltung neue Wege zu gehen.

Kleinbild hochkant

2:3: Der Kleinbild-Klassiker
Der klassische Ansatz der Street-Fotografie beruht auf der Idee, Menschen in ihrer natürlichen Umgebung darzustellen. Das 2:3-Format eignet sich dafür ideal. Durch die große Bildbreite bleibt dem Fotografen neben dem Menschen als Hauptmotiv noch genügend Raum, um eine Geschichte zu erzählen.

Foto: © Bob Bruyn

Wie groß die Vielfalt an Bildformaten ist und welche Formate mit welchem System eingesetzt werden, erfahren Sie im Folgenden.

2:3: Der Kleinbild-Klassiker   

Fast jede D-SLR verwendet heute das 2:3-Format. Dieses Seitenverhältnis stammt von klassischen Kleinbild-Kameras mit 35-mm-Film und fällt etwas weniger quadratisch aus als Mittelformate, wodurch der Unterschied zwischen Hoch- und Querformaten besonders deutlich wird. Wolfgang Zurborn sieht darin eine Chance, Spannung im Bild aufzubauen:

„Querformat-Aufnahmen wirken sehr dynamisch. Sie entsprechen unserem menschlichen Blickfeld und eignen sich für szenische Fotodokumentationen deshalb besonders gut.“

Quer ausgerichtet hilft das Format hier, die Person in einem größeren situativen Kontext darzustellen. Durch die große Bildbreite liegt der Fokus nach wie vor auf der Person, doch auch die Szenerie findet genügend Beachtung, wie der niederländische Fotograf Bob Bruyn hier mit seinen Street-Aufnahmen eindrücklich beweist. Auch für Hochformatfotos eignet sich das klassische Kleinbild perfekt. Der Bildausschnitt lässt sich eindeutig vom Querformat unterscheiden, bricht dadurch bewusst mit unserer Sehweise, lässt dem Bild aber gleichzeitig in der Breite noch genügend Raum.

Die große Verbreitung des 2:3-Formats bringt Vor- und Nachteile mit sich. So wird ein rundes Bild zwar immer stärker ins Auge stechen als eine Aufnahme in diesem Format, doch es lenkt gleichzeitig vom eigentlichen Bildinhalt ab. Marc Volk formuliert es so: „Es ist wie in der Malerei: Je wuchtiger und auffälliger der Bilderrahmen ausfällt, desto weniger achtet der Betrachter auf das eigentliche Bild.“ Diese Eigenschaft kann auch zum Nachteil werden. Fehlt einer 2:3-Aufnahme der Wow-Effekt, wird sie schnell übersehen.

3:4: Willkommen im Mittelformat

Das 3:4-Format fällt etwas quadratischer aus als 2:3 und stammt aus dem Mittelformatbereich. Dort waren – neben komplett quadratischen Bildformaten – Bildverhältnisse von 4,5:6 und 6:8 (also 3:4) weit verbreitet. Im digitalen Zeitalter kommt das Format auch bei Kompaktkameras zum Einsatz.

Durch das etwas quadratischere Bildfeld wirken die Fotos weniger dynamisch als 2:3-Aufnahmen, dennoch eignet sich dieses Format hervorragend für Bilder im natürlichen Umfeld, wie etwa Gebäude und städtische Szenen. In der Portrait- und Mode-Fotografie nimmt das Format eine besondere Stellung ein.

Gerade Nahaufnahmen von Gesicht oder Oberkörper wirken in 3:4 oft intensiver und näher. Das ist neben der höheren Bildqualität ein Grund, warum viele Modefotografen auch heute noch auf Mittelformat-Kameras wie Hasselblad oder die Pentax 645Z im 3:4-Format setzen.

Aus historischer Perspektive hat Marc Volk noch eine weitere Erklärung für die Erfolgsgeschichte des 3:4-Formats:

„Früher gab es Fotopapier nur in bestimmten Größen zu kaufen, meist Mittelformat-Größen wie 24 x 30 cm oder 30 x 40 cm. Wollte man ein Kleinbild vergrößern, musste man das Papier zuschneiden – oder das Seitenverhältnis anpassen.“

Durch die im Vergleich zu 2:3 geringere Dynamik wirken die Aufnahmen oft ruhiger und laden den Betrachter zum Verweilen ein. Wählen Sie Ihren Bildausschnitt sehr bewusst und testen Sie verschiedene Perspektiven. So bekommen Sie ein Bild voller Spannung, das auch bei längerer Betrachtung nicht langweilig wird. Da sich Hoch- und Querformat aufgrund des fast quadratischen Seitenverhältnisses kaum unterscheiden, sollten Sie sich innerhalb einer Fotoserie auf ein Format beschränken, um Verwirrungen beim Betrachter zu vermeiden.

Das Quadrat: Renaissance dank Instagram

Dank Instagram sind quadratische Aufnahmen wie die von dem Designer und Fotograf Mike Kus aktuell wieder stark in Mode. Dabei hat das Format auch in der Fotohistorie einen festen Platz, vor allem bei Studio-Aufnahmen. Wolfgang Zurborn sieht hierfür sowohl technische als auch gestalterische Gründe:

„Für hochwertige Studio-Aufnahmen wurden besonders gerne Hasselblads im quadratischen 6:6-Format eingesetzt. Gleichzeitig sind quadratische Aufnahmen statisch und ohne Dynamik, was hervorragend zur inszenierten Studio-Fotografie passt“.

Bis heute stehen quadratische Aufnahmen bei Fotografen für eine qualitativ hochwertige, detailreiche und statische Bildsprache. Den Betrachter bringt das Quadrat dabei zunächst in eine Zwickmühle. Handelt es sich bei dem Bild um ein eher hoch- oder querformatiges Motiv? Gleichzeitig schafft genau diese Frage viele Möglichkeiten bei der Bildgestaltung.

Quadrat

Das Quadrat: Renaissance dank Instagram
Der Bildaufbau einer quadratischen Aufnahme ist eine besondere Herausforderung. Ein mittig in die Tiefe verlaufender Weg wie in diesem Fall führt das Auge und vermittelt ein Gefühl von räumlicher Tiefe. Experimentieren Sie mit verschiedenen Bildausschnitten, sowohl beim Fotografieren, als auch beim Zuschneiden später am Computer.

Foto: © Mike Kus

Platzieren Sie Ihr Hauptmotiv rechts oder links im Bild, wirkt die Aufnahme eher querlastig, befindet sich Ihr Motiv dagegen oben oder unten, wirkt die Aufnahme wie ein Hochformat. Auch ein – unter Fotografen normalerweise verpöntes – zentral platziertes Hauptmotiv erzeugt einen besonderen Reiz und führt zu einem sehr präsenten und starken Bildeindruck. Achten Sie bei jeder der Varianten allerdings darauf, dass Ihr Motiv nicht zu nah am Bildrand sitzt, sonst entsteht schnell ein Gefühl von Enge.

Ein besonderer Reiz quadratischer Aufnahmen liegt für Zurborn zudem im bewussten Spiel mit der Tiefe.

„In quadratischen Bildern lässt sich nur schwer ein Gefühl von Tiefe vermitteln. Deshalb ist es wichtig, bei der Bildgestaltung ein Motiv in den Vordergrund einzubauen.“

Das Panorama: Darf es etwas mehr sein?

Das Panorama nimmt eine Sonderstellung ein. Es entspricht keinem der üblichen Bildsensor-Größen und entsteht fast immer durch eine Aneinanderreihung mehrerer Aufnahmen oder durch Zuschneiden.

Panorama

Das Panorama: Darf es etwas mehr sein?
Der Fotokünstler Horst Hamann zeigt mit seinen Panoramen die Vielfalt dieses Bildformats. „Vertikale Panoramen sind alleine schon durch die aufstrebende Ausrichtung dynamisch”, findet der durch seine New Yorker Stadtbilder berühmt gewordene Fotograf. „Sie haben eine Leichtigkeit und passen als gerahmtes Bild oft an Plätze wo kein Raum für die Horizontale ist. Ein gelungenes ‚Vertical‘ hat auch etwas von einer Skulptur. Allerdings bedarf das extreme Hochformat mehr Aufmerksamkeit und Training“

Foto: © Horst Hamann

Außerdem führt es die Eigenarten der klassischen Bildformate ins Extrem. Der Betrachter kann den gesamten Umfang einer Panorama-Aufnahme häufig nicht mit einem Blick erfassen. Er wird eingeladen, den Blick schweifen zu lassen und setzt das Bild erst allmählich im Kopf zu einer Gesamtheit zusammen. Für Wolfgang Zurborn eröffnet sich dadurch ein ganz besonderer Bildeindruck: „Durch das extreme Format entsteht ein starkes Gefühl von Weite. Das ist mit ein Grund dafür, warum Panoramen besonders gerne bei Landschaftsaufnahmen eingesetzt werden.“

Üblicherweise finden Panoramen im Querformat statt, seien es Aufnahmen von Skylines, Landschaften oder innerstädtische Street-Fotografien. Bezüglich der Bildkomposition sind Ihnen bei dieser Art der Fotografie wenig Grenzen gesetzt. Sowohl eine weit seitliche Positionierung des Hauptmotivs als auch eine zentrale Ausrichtung haben einen besonderen Reiz. Überlegen Sie sich bereits beim Fotografieren, wie Sie Ihr Bild später zuschneiden möchten. Kleben Sie gegebenenfalls Ihr Display mit Klebeband oben und unten ab, um bereits vor Ort einen Eindruck des fertigen Bildes zu bekommen.

Künstlerische Fotografen wie Horst Hamann nutzen neben klassischen Querformat-Panoramen bewusst das Hochformat, um eine völlig neue Perspektive zu schaffen. Gerade im urbanen Umfeld können hochformatige Panoramen ein einzelnes Gebäude aus dem Zusammenhang schälen und so besonders stark zur Geltung bringen.

Das Rundformat: Ohne Ecken und Kanten

Runde Fotos finden sich bislang nur sehr selten. Dabei ist das Format die fotografische Urform, wie Marc Volk erklärt: „Eigentlich ist ein Foto per se rund. Das sehen Sie beispielsweise, wenn Sie Lochkameras bauen, bei denen man den gesamten Bildkreis sieht.“ Diesen Bildkreis erkennen wir bei gängigen Kameras heute nur noch in Kombination mit bestimmten Fisheye-Modellen, die den Sensor nicht ausfüllen.

Rundformat

Für die Fotografie ist das runde Format ungewöhnlich. Es zieht besondere Aufmerksamkeit auf sich, kann aber auch schnell vom Motiv ablenken. Auf den ersten Blick erinnert dieses Format an den Blick durch ein Fernrohr und entwickelt so einen bisweilen privaten, fast schon voyeuristischen Charakter. Spielen Sie damit!

Foto: © whitewall.com

Dass sich runde Bilder nie etablieren konnten, hat mehrere Gründe. So sind Filme und Sensoren rechteckig aufgebaut und bringen das Bild so in die gewohnte 3:2 oder 4:3-Form. Marc Volk hat darüber hinaus aber noch eine andere Erklärung: „Kodak versuchte, runde Bilder zu etablieren, was allerdings nicht klappte. Unsere Sehgewohnheiten sind von der Kunst viereckige Bilder gewohnt. In der Malerei hat das eckige Format dabei vor allem technische Gründe, wie das Aufziehen der Leinwand auf einen Rahmen.“ Heute hat das Foto-Fachlabor WhiteWall das runde Format aufgegriffen und bietet es in verschiedenen Größen und Prints an.

In der Vergangenheit wurde das Format durchaus verwendet. Besonders gerne fand es Einsatz bei Portraits, was heute noch an ovalen und runden Bilderrahmen an diversen Wohnzimmerwänden erkennbar ist. Als Gegenpol zum allgegenwärtigen 2:3-Format wird durch das runde Format die Bildform sehr stark betont. Das erzeugt Aufmerksamkeit, kann aber bisweilen vom Bildinhalt ablenken.

Die klassische Bildaufteilung ist auf einem Bild ohne gerade Linien schwierig. Deshalb empfiehlt sich auch heute ein Einsatz vor allem bei formatfüllenden Portraits – oder beispielsweise bei runden Motiven, die so formatfüllend abgebildet werden können.

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Dieser Artikel ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 10/2017 erschienen.

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