Schnelle Bewegungen im richtigen Moment und scharf abzulichten, stellt höchste Anforderungen an den Fotografen und das Equipment. Beim Timing hilft eine Kamera mit hoher Serienbildgeschwindigkeit, bei der Schärfe ein schneller und präziser Autofokus. Entsprechend investieren Sportfotografen viel Sorgfalt und Budget in die Wahl des Objektiv-Sortiments – zumal es nicht nur auf einen guten Autofokus ankommt.
Drei Eigenschaften, die ein gutes Sport-Objektiv erfüllen muss:
1. Der Autofokus
Grundvoraussetzung eines gelungenen Sportbilds ist eine knackige Schärfe. Ein großer Teil der Faszination von Fotografie beruht darauf, dass sich – im Gegensatz zur menschlichen Wahrnehmung – Situationen einfrieren und in Ruhe betrachten lassen. So zeigen Wildlife- und Sportaufnahmen einzigartige Momente, entstanden in Bruchteilen einer Sekunde, deren Dynamik und Intensität erst als Standbild richtig wirken kann. Um diese schnellen Bewegungen zielsicher scharf abzulichten, ist ein guter Autofokus ein entscheidender Faktor.
Im Gegensatz zur Wildlife-Fotografie mit ihren häufig scheuen Tieren spielen die Lautstärke des AF-Antriebs und der Kamera in den meisten Sportarten keine Rolle. Ohnehin arbeiten die meisten schnellen AF-Systeme heute mit Ultraschallmotoren, bei hochwertigen Tele-Optiken meist in der ringförmigen Variante. Dabei werden im Objektiv zwei Ringe verbaut, ein Stator und ein Rotor. Der Stator wird in Schwingungen im Ultraschallbereich versetzt, die den Rotor antreiben. Bei den im Sport- und Telebereich großen und schweren Linsengruppen müssen Stator und Rotor groß und leistungsstark ausfallen, was auch den Preis nach oben treibt.
Entsprechende Ultraschall-Systeme gibt es unter unterschiedlichen Kürzeln bei allen Herstellern. So nennt Canon seine Ultraschall-Optiken USM (Ultra Sonic Motor), Nikon SWM (Silent Wave Motor), Sony SSM (Super Sonic Motor), Sigma HSM (Hyper Sonic Motor), Tamron USD (Ultrasonic Silent Drive).
Allerdings ist ein technisch schneller AF-Motor nur die halbe Miete. Auch mit kontinuierlichem Verfolgungs- oder Mehrfeld-Autofokus liegt es in erster Linie am Fotografen, das Motiv im Fokusbereich des Bildausschnitts zu halten. In manchen Situationen entstehen die besten Bilder sogar mit manuellem Fokus. Das gilt vor allem für Situationen, in denen sich die Position des Sportlers antizipieren lässt. So kann es bei einem Elfmeter sinnvoll sein, schon vor dem Schuss auf den liegenden Ball scharfzustellen, bei einem Motorsport-Rennen auf eine bestimmte Stelle der Strecke.
Mit einem hochwertigen AF-System gehen häufig auch ein bis zwei AF-Schalter einher: Einer zum Wechsel oder der Priorität zwischen manuellem und automatischem Fokus, ein Zweiter zum Begrenzen des Fokusbereichs (Nah- oder Fernbereich). In den meisten Fällen empfiehlt sich der volle Fokusbereich und AF-Priorität, doch in bestimmten Aufnahmesituationen (etwa durch weitreichende Absperrungen) ist klar, dass das Motiv nie in den Nahbereich gelangen wird, weshalb sich dann die Einstellung des Fernbereichs anbietet. So gerät der AF gar nicht erst in Versuchung, beim Fokussieren zeitraubend den Nahbereich zu durchfahren.
2. Die Lichtstärke
Der beste Autofokus führt allerdings nicht zum gewünschten Ergebnis, wenn eine zu lange Verschlusszeit eine Bewegungsunschärfe erzeugt, anstatt das Motiv einzufrieren. Aus diesem Grund spielt, vor allem bei Indoor-Sportarten oder in Stadien, die Lichtstärke des Objektivs eine herausragende Rolle. Die Rechnung dahinter ist einfach: Die Belichtung eines Fotos ergibt sich aus der Dreierkonstellation ISO-Wert, Verschlusszeit und Blende. In der Sportfotografie ist die Verschlusszeit die entscheidende Komponente und sie liegt oft im extrem kurzen, vierstelligen Bereich. Da es bei Sportaufnahmen weniger um die Verwacklungen des Fotografen als um die Bewegung des Sportlers geht, bringt ein Bildstabilisator hier nur einen begrenzten Nutzen.
Um das Bild bei einer extrem kurzen Verschlusszeit korrekt zu belichten, sind ein hoher ISO-Wert oder eine große Blende nötig. In vielen Situationen der Sportfotografie müssen Sie an beiden Stellrädern drehen. Bekanntermaßen führt ein sehr hoher ISO-Wert allerdings zu einer deutlich schlechteren Bildqualität, weshalb bei Sport-Objektiven die Offenblende einen hohen Stellenwert einnimmt. Bei langen Brennweiten verlangt diese große Offenblende von f/2,8 oder f/4 allerdings nach sehr großen Linsendurchmessern mit einem entsprechend hohen Gewicht und Preis. So liegt ein Canon EF 2,8/300 mm L II bei 2,4 kg und rund 6500 Euro, die recht alte Version mit f/4 bei gleichem Gewicht dagegen bei etwa 1470 Euro. Ein Nikon AF-S 4/500 mm VR kostet knapp 10.750 Euro und wiegt rund 3,1 kg, die Variante mit Offenblende f/5,6 kommt auf etwa 1,5 kg und 3550 Euro.
Es geht jedoch auch günstiger, wie beispielsweise Sigma und Tamron mit ihren Ultraschall-AF-unterstützten 5-6,3/150-600-mm-Optiken beweisen. Mit ihrer Offenblende von f/6,3 im Telebereich eignen sich die Objektive in erster Linie für Outdoor-Sportaufnahmen bei hellem Tageslicht, dafür bieten sie gegenüber den großen Profi-Festbrennweiten neben dem Preis zwischen etwa 900 und 1500 Euro (je nach Marke, Modellvariante und Bajonett) einen weiteren wichtigen Pluspunkt: Zoom.
3. Die Brennweite
Damit wären wir bei der dritten wichtigen Eigenschaft eines Sport-Objektivs: der Brennweite. Häufig bleiben Sportfotografen veranstaltungsbedingt auf Abstand zu ihren Motiven – aus Sicherheitsgründen oder um die Sportler nicht zu stören. Formatfüllende Aufnahmen sind entsprechend nur mit langer Brennweite möglich. Der professionelle Fotokoffer enthält deshalb vor allem Optiken zwischen 70 und 500 mm, also beispielsweise ein 2,8/70-200 mm, eine 2,8/300-mm-Festbrennweite und ein 4/500 mm.
Doch auch für Hobby-Sportfotografen ohne Budget im Wert eines Kleinwagens gibt es zahlreiche Alternativen – mit Zoom, aber kleineren Offenblenden, was moderne Kameras mit einem guten Rauschverhalten bei fünfstelligen ISO-Werten teilweise kompensieren können. Neben den bereits angesprochenen Drittanbieter-Modellen von Sigma und Tamron bieten auch die Kamerahersteller entsprechende Optiken an. Für Sonys E-Mount-System gibt es beispielsweise das gut 1650 Euro teure 5,6-6,3/200-600 mm, Nikon hat mit seinem AF-S 5,6/200-500 mm VR sogar eine Version mit konstanter Blende im Angebot, für nur 1350 Euro Straßenpreis. Canon geht mit seinem RF 4,5-7,1/100-500 mm L IS etwas eigene Wege. Zum einen liegt der Preis mit rund 3100 Euro etwas höher – L steht bei Canon für die Profi-Linie –, zum anderen ist die Offenblende bei 500 mm mit f/7,1 noch etwas kleiner. Alternativ dazu gibt es zwei Modelle mit 100-400 mm Brennweite, davon eine L-Version mit f/4,5-5,6 für Spiegelreflexen und rund 2400 Euro sowie ein RF für die spiegellose R-Serie mit f/5,6-8 zu einem Preis von rund 675 Euro.
Trotz des starken Fokus auf Tele-Objektive sind in der Sportfotografie durchaus auch kürzere Brennweiten gefragt. Zum einen wirken viele Bilder noch intensiver, wenn ein Outdoor-Sportler in seiner Umgebung gezeigt wird, wie der prämierte Fotograf Lorenz Holder immer wieder äußerst eindrucksvoll beweist, zum anderen gehören zu Sportaufnahmen auch extreme Perspektiven oder Übersichten, was Weitwinkel-Brennweiten bis hin zum Fisheye interessant machen kann. Bei diesen Aufnahmen kommt der Fotograf dem Sportler allerdings extrem nahe und braucht insbesondere bei Motor- und Radsport ein entsprechend dickes Nervenkostüm.
Wie auch bei den Tele-Brennweiten ist ein sehr guter Autofokus Pflicht. Mehr noch: Während der Sportler bei Tele-Aufnahmen oft für einige Sekunden ins Visier genommen werden kann, bleibt bei Weitwinkel-Schüssen oft nur der Bruchteil einer Sekunde – hier sind Fotograf und Fokus-System mit Höchstleistung gefragt.
Spezielle Weitwinkel-Sportoptiken gibt es nicht, dafür sind die Preise der kürzeren und kleineren Objektive deutlich erträglicher, weshalb es sich empfiehlt, zu einer hochwertigen Variante mit Ultraschall-Motor zu greifen, beispielsweise einem 2,8/24-70 mm oder einem lichtstarken Super-Weitwinkelzoom.
Bildstabilisatoren spielen bei Sportaufnahmen eine eher untergeordnete Rolle
Die extrem kurzen Verschlusszeiten übertreffen häufig die Daumenregel für verwacklungsfreie Freihandaufnahmen – zum Beispiel 1/500 s bei 500 mm. Zudem werden lange Tele-Optiken wenn möglich entweder aufgelegt oder von einem Einbeinstativ gestützt. Dennoch findet sich dieses Feature an fast jedem hochwertigen Tele-Objektiv, was bei Wildlife-Aufnahmen, Mitziehern oder langsamen Sportarten durchaus Vorteile bringen kann.
Ein weiterer interessanter Aspekt bei Tele-Aufnahmen: Telekonverter
Telekonverter werden zwischen Body und Optik geschraubt und verlängern die Brennweite je nach Ausführung um das 1,4- bis 2-fache. Allerdings halbiert sich bei einem Zweifach-Konverter die Blendenöffnung, aus Offenblende f/4 wird also f/8, aus f/5,6 wird f/11. Das wiederum unterbelichtet nicht nur das Bild, sondern kann auch den Autofokus beeinträchtigen, der an vielen älteren Kameras nur bis f/8 funktioniert. Dennoch kann der Konverter eine interessante Ergänzung sein. So können Sie statt zu einem 100-400-mm-Zoom auch zu einem 70-200 mm mit f/4 oder sogar f/2,8 greifen und dessen Brennweite mit einem 2x-Konverter bei Bedarf auf 140-400 mm verlängern, bei Offenblende f/8 oder f/5,6. So benötigen Sie nur eine Optik und sparen Platz im Rucksack und Geld.
Fazit
Professionelle Sport-Objektive sind groß, schwer und extrem teuer. Alle großen Hersteller führen bezahlbare Zoom-Alternativen im Sortiment, deren größter Nachteil eine deutlich kleinere Offenblende ist. Beim Autofokus kommt es vor allem auf hohe Treffsicherheit und Geschwindigkeit an. Als Alternative zum Super-Tele empfiehlt sich ein lichtstarkes 70-200 mm in Kombination mit einem Telekonverter. Doch auch kürzere Brennweiten können im Sport interessant sein. Halten Sie die Augen deshalb nach einem hochöffnenden Weitwinkel(zoom) offen.
Beitrage Teilen