Smartphone-Fotgrafie – gut gerüstet in den Urlaub


So verpönt Smartphones unter ­Fotografen sein mögen, im Alltag erweisen sie sich als äußerst ­praktisch. Mit dem ­richtigen fotografischen Umgang, guter Software und dem passenden Zubehör ermöglicht Smartphone-Fotografie Bilder, die sich in Web-Größe durchaus sehen lassen können. Wir zeigen, wie’s geht.

Sebastian Sonntag

Sebastian Sonntag

Freier Journalist und Fotograf

Smartphone-Fotografie

Nicht in jedem unvergesslichen Moment ist die Kamera zur Hand. Moderne Smartphones bieten dann einen brauchbaren Ersatz – vor allem in Händen eines erfahrenen Fotografen.

© Adobe Stock/StudioPN

Ganz ehrlich: Wer hat schon immer seine Kamera griffbereit – oder überhaupt dabei –, wenn sich ein tolles Motiv auftut? Die spielenden Kinder, das Haustier, ein traumhafter Sonnenuntergang, eine schöne Blume oder eine unbekannte Sehenswürdigkeit in der Heimatstadt – immer wieder begegnen uns Momente, die wir gerne auf einem Foto festhalten möchten. Also greifen wir zum Smartphone.

Leider vernachlässigen wir ohne richtige Kamera häufig auch den eigenen fotografische Anspruch, und so füllen mit der Zeit zahlreiche langweilige, nichtssagende und handwerklich schlechte Bilder die Handy-­Galerie. Das ist schade, denn Smartphone-Kameras haben in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen und bieten mittlerweile eine Bildqualität, die – aufs JPG-Format und kleinere Auflösungen beschränkt – durchaus eine Alltagsalternative zur DSLR- oder DSLM-Kamera bieten kann. Dank der Kombination aus zunehmend größeren Sensoren und optischen Zooms, kombiniert mit intelligenter Software, sind herausragende Fotos möglich. Man muss es allerdings auch wollen – und können!

Nutzen Sie Ihr Fachwissen auch bei Aufnahmen mit dem Smartphone, dann werden Sie feststellen, dass Sie in Wir-machen-­jetzt-alle-ein-Foto-Situationen bei Veranstaltungen oder Kinderfesten schnellere und bessere Ergebnisse erzielen werden als der gesamte Rest!

Mit welchem Smartphone Sie fotografieren, ist dabei nebensächlich. Die meisten aktuellen Modelle bieten eine breite Vielfalt an Kamerafunktionen, die weit über einfache Schnappschüsse hinausgehen. Selbst ambitionierte Fotografen finden hier genügend Optionen, um hochwertige Aufnahmen zu erzielen.

Gutes oder schlechtes Foto – das macht den Unterschied

Sie sehen: Auch in der Smartphone-Fotografie kommt es vor allem auf die Person hinter dem Display an. Die Punkte, auf die es bei Smartphone-Fotos zu achten gilt, unterscheiden sich dabei wenig von denen der traditionellen Fotografie. Es geht um das passende Motiv, die richtige Perspektive, das ideale Licht und den perfekten Moment.

Gerade beim letzten Punkt sind Smartphones gegenüber Kameras oft im Vorteil, da viele Modelle bei richtiger Bedienung gleich mehrere Aufnahmen machen und Sie so bequem später den perfekten Moment auswählen können.

Umso wichtiger sind die anderen Aspekte. Insbesondere bei der Perspektive erkennt man schnell den Unterschied zwischen ­einem erfahrenen Fotografen und einem Laien. Halten Sie sich an die Basics, auch wenn Sie keine „echte“ Kamera in der Hand haben: Fotografieren Sie Ihr Motiv auf Augenhöhe, im Zweifel eher leicht von unten als von oben. Sie möchten einen Dackel ablichten? Dann legen Sie sich auf den Bauch. Ihre Kinder feiern ein Schulfest? Gehen Sie in die Hocke. Kaum jemand macht das, sei es aus Unwissenheit oder Bequemlichkeit, tatsächlich ist aber gerade dieser Perspektivwechsel dafür verantwortlich, dass Ihre Bilder bei identischen Motiven am Ende gut aussehen und die der Anderen nicht.

Achten Sie zudem auf den Hintergrund. Auch hier ist eine etwas niedrigere Kameraposition oft von Vorteil, da Sie so statt des Betonbodens oder der Wiese Bäume und blauen Himmel ins Bild holen. Wechseln Sie bei Bedarf den Standort, um störende Elemente im Hintergrund zu vermeiden. Selbstverständlichkeiten eigentlich, die wir mit dem Smartphone in der Hand leider allzu schnell vergessen.

Perfektionisten dürfen darüber hinaus gerne auch klassische Bildaufbau-Aspekte wie die Drittel-Regel oder den goldenen Schnitt aufs Smartphone übertragen, wahlweise direkt bei der Aufnahme, oder – der hohen Auflösung sei Dank – später per Zuschnitt in der Bildbearbeitung.

Smartphone-Fotografie

Ein Klassiker unter den Foto-Basics ist die Drittel-Regel, nicht nur bei Landschaftsaufnahmen. ­Nutzen Sie für detaillierte Optimierungen gerne eine Bild­bearbeitungs-App. Die Auflösung der aktuellen Smart­phone-Generation lässt­ ­genügend Spielraum für individuelle ­Zuschnitte.

© Sebastian Sonntag

Achten Sie unbedingt auch auf die Lichtverhältnisse. Gesichter sehen im Gegenlicht meist schöner aus als mit harten Schatten unter den Augen und der Nase. Architektur oder sonstige Stills, denen Sie immer wieder begegnen, sollten Sie zu unterschiedlichen Zeiten ablichten und die Ergebnisse und Lichtsituationen vergleichen. Gerne auch nachts, denn gerade hier spielen moderne Smartphones ihre Prozessor-Power voll aus.

Trotz dieser technischen Möglichkeiten gibt allerdings selbst das beste Smartphone häufig Ihren persönlichen Stil nicht adäquat wieder. Nachbearbeitung ist also angesagt.

Bildbearbeitung: Optimierung nach der Aufnahme

Mittlerweile gibt es eine schier unüberschaubare Fülle an Bildbearbeitungs-­Apps. Die großen Smartphone-Hersteller integrieren bereits sehr hochwertige Bildbearbeitungsmöglichkeiten in ihr Betriebssystem. Wer dennoch auf Drittanbieter-Software setzen möchte, ist mit den folgenden Klassikern bestens beraten, die schon seit vielen Handy-­Generationen in den App-Stores ganz vorne stehen:

Snapseed ist eine kostenlose App von Google, die eine breite Palette an Bearbeitungswerkzeugen bietet, von grundlegenden Anpassungen bis hin zu kreativen Filtern. Die Benutzeroberfläche ist intuitiv und für Einsteiger wie Fortgeschrittene geeignet.

Adobe Lightroom orientiert sich stark an der Desktop-Version des Programms und ist für alle mit Adobe-Abo deshalb die ideale Wahl. Neben der ähnlichen Bedienung gibt es mit der Creative Cloud zudem eine Schnittstelle, wodurch die Bilder und Bearbeitungen zwischen Handy-App und Desktop-Software synchronisiert werden.

VSCO schließlich ist bekannt für seine hochwertigen Filter und einfachen Bearbeitungswerkzeuge, die Ihren Fotos schnell einen bestimmten Look verleihen. Nach der Bearbeitung sind Ihre Handy­fotos nun bereit für die Öffentlichkeit. Ein weiterer Vorteil der Smartphone-Fotografie, denn es gibt hier zahlreiche Möglichkeiten, einfach und schnell Bilder zu sichern und zu teilen – mit der Familie oder der gesamten Web-Community.

Smartphone-Fotografie

Viele aktuelle Smartphones machen sensationelle Aufnahmen im Dunkeln, bei denen dank schneller Sensoren ­mehrere Aufnahmen zu einem Bild verrechnet werden. ­Unbedingt ausprobieren!

© Sebastian Sonntag

Profi-Tipps für alle

Zu guter Letzt gibt es noch einige weitere Tipps, die Ihnen helfen, das Maximum in Sachen Fotografie aus Ihrem Smartphone herauszuholen. Zum einen wären hier Software-Gimmicks zu nennen, die einige der noch vorhandenen Nachteile der Smartphone-Fotografie minimieren und die kreativen Möglichkeiten erweitern.

Ganz vorne steht hier der Porträt-­Modus, der eine geringe Schärfentiefe simuliert und den Hintergrund unscharf ausblendet. Aufgrund der geringen Sensorgröße bieten Smartphone-Linsen keine wirklichen Schärfeverläufe, die mit einer echten Kamera vergleichbar wären. Die Digital-Option ist allerdings mittlerweile durchaus nutzbar und bietet zudem die Möglichkeit, den Grad der Schärfentiefe nachträglich selbst festzulegen.

Ähnliches gilt für den HDR-Modus, der den oft eingeschränkten Dynamikumfang ein Stück weit ausgleicht, wenngleich auch Smartphones mittlerweile zumindest teilweise RAW-Fotografie ermöglichen. Übrigens sind auch die Makro-Modi vieler Smartphones mittlerweile durchaus auf alltagstauglichem Niveau.

Der zweite Punkt für noch bessere Smartphone-Fotos betrifft das Zubehör. Ein kleines Dreibein-Stativ verbessert die Qualität und die Möglichkeiten bei Zeit­rafferaufnahmen und Langzeitbelichtungen sowie den eben genannten Makros, Filmer sind zudem mit einem Gimbal, ­einem externen Mikro und einem Akku-LED-Licht gut beraten.

Fazit: Erstaunlich gute Bilder, aber keine echte ­Alternative zur Kamera

Aktuelle Smartphone-Kameras liefern auch für anspruchsvolle Fotografen eine ausreichend gute Bildqualität und bieten zudem einige zusätzliche Möglichkeiten. Auch wenn Sie Ihr Smartphone vor allem für unvorhergesehene Schnappschüsse nutzen, sollten Sie auf fotografische Basics bezüglich Licht, Perspektive und Bildaufbau achten. Einer der größten Vorteile der Smartphone-Fotografie liegt im nahtlosen Übergang von der Fotografie über die Bildbearbeitung bis hin zur Veröffentlichung. Mit nur einem Gerät und in kürzester Zeit können Sie Ihre Aufnahmen sichten, verarbeiten und teilen.

Eine echte Alternative zur Kamera sind Smartphones allerdings nicht und werden sie auch nie sein. Die optische und haptische Qualität einer hochwertigen Kamera ist mit Linsen und Sensoren in Fingernagelgröße nicht erreichbar und, ehrlich gesagt, fehlt es dem Alltags-Tool Smartphone auch schlicht an Emotionalität. Fotografie ist eben mehr als nur das fertige Bild.

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