Betrachtet man unsere Erde im ganz Großen oder ganz Kleinen, tun sich völlig neue Welten auf! Selbst wenn Makro nicht Ihr Spezialgebiet ist, lohnt es sich, von Zeit zu Zeit mit entsprechender Optik auf Entdeckungsreise zu gehen. Das Tolle daran ist: Sie finden etliche Motive direkt vor der eigenen Haustür, vor allem in der Natur. Der dem menschlichen Auge verborgene Blick auf feinste Details von Pflanzen und Tieren offenbart faszinierende Perspektiven und ist technisch sowohl für den Fotografen als auch die Ausrüstung extrem anspruchsvoll. Schärfentiefe, minimale Bewegungen, Belichtung, aber auch die Motivauswahl und die Optik möchten hier noch stärker bedacht werden als in fast allen anderen fotografischen Genres.
Unsere fünf Aufgaben helfen Ihnen, mit einem neuen, frischen Blick auf Motivsuche zu gehen und selbst technisch anspruchsvolle Motive flexibel und mit großer Freude umzusetzen. Lesen Sie selbst!
Focus Stacking
Focus Stacking ist ein Klassiker in der Makro-Fotografie und für Experten nichts Neues. Dennoch: Nicht jeder hat sich mit dieser Technik bereits befasst, und selbst Erfahrene können sich hier noch weiterentwickeln.
Beim Focus Stacking handelt es sich um eine Technik, mit der das finale Bild aus teils mehreren Hundert Einzelaufnahmen zusammengesetzt wird. Bei jeder Aufnahme ist der Fokuspunkt minimal verschoben, wodurch selbst extreme Makroaufnahmen mit sehr geringer Schärfentiefe durchgängig scharf dargestellt werden können.
Den Fokuspunkt verändern Sie zwischen den einzelnen Aufnahmen entweder durch einen minimalen Dreh am manuellen Fokusring oder durch einen Makro-Schlitten am Stativ, der sich in sehr kleinen Schritten nach vorne und hinten verschieben lässt, wodurch der Fokuspunkt mitwandert.
Die technische Verarbeitung der Einzelaufnahmen übernimmt Photoshop. Laden Sie alle Dateien über Datei -> Skripten -> Dateien in Stapel laden in einzelne Ebenen. Wählen Sie dann alle Ebenen aus (Achtung, die unterste Ebene darf keine Hintergrundebene mit Schlosssymbol sein) und klicken Sie auf Bearbeiten -> Ebenen automatisch überblenden.
Testen Sie als Aufgabe Focus Stacking nun einmal mit drei, einmal mit fünf und einmal mit zehn Einzelaufnahmen. Fortgeschrittene können versuchen, anstatt einer durchgängigen Schärfe einen leichten Schärfeverlauf zu simulieren, indem am vorderen und hinteren Ende der Aufnahme nicht vollständig scharfgestellt wird. Testen Sie auch verschiedene Kamerapositionen, von perspektivisch bis frontal. Achtung: Perspektivische Bilder benötigen deutlich mehr Einzelaufnahmen.
Makro mit geöffneter Blende
Die zweite Aufgabe ist praktisch das Gegenteil der ersten: Fotografieren Sie ein Makro-Motiv mit weit geöffneter Blende. Damit diese Aufnahme gut aussieht, müssen Sie eine ganze Reihe an Herausforderungen meistern: Wie weit können Sie die Blende tatsächlich öffnen, um relevante Bildteile noch scharf darzustellen? Welche Perspektive funktioniert am besten? Welches Motiv eignet sich hierfür? Und wie nah sollten Sie an das Motiv herangehen? An welcher Stelle sollten Sie den Fokuspunkt setzen? Beachten Sie beim letzten Punkt die Schärfeverteilung: Die Schärfe reicht vom Fokuspunkt gemessen ein Drittel nach vorne, zwei Drittel nach hinten.
Ein Motiv, drei Bilder
In dieser Aufgabe geht es um das Suchen nach neuen Motiv-Ideen. Bei typischen Makro-Motiven folgen wir viel zu oft dem Mainstream: Blume? Blütenstempel! Insekt? Facettenaugen! Denken sie über den Tellerrand hinaus und suchen Sie an Ihrem Motiv nach zwei weiteren interessanten Details. Das kann bei einer Libelle neben den Augen auch der Flügel oder ein Bein sein, bei einer Blume das Blatt oder ein Insekt darin. Gehen Sie auf Entdeckungsreise, und wenn Sie Spaß daran finden, erweitern Sie die Aufgabe auf fünf Motive. Bonustipp: Lassen Sie Ihre Familienmitglieder raten, von welchem Objekt die Makro-Aufnahme wohl stammt.
Fotografieren Sie ein bewegtes Motiv
Bei dieser Aufgabe stehen Insekten im Mittelpunkt. Abhängig von der Art können Sie sich dieses Motiv leichter oder schwerer gestalten. Ein langsam krabbelnder Käfer mit vorhersagbarer Bewegung lässt sich deutlich leichter fotografieren als eine Wespe im Flug. Beginnen Sie mit einer etwas leichteren Variante, vielleicht sogar abseits des Insektenkonzepts: Weinbergschnecken geben beispielsweise ein hervorragendes Makro-Motiv ab. Ein sehr gutes Motiv sind zudem Insekten an Blüten. Der Flugweg von Bienen oder Hummeln lässt sich recht gut vorhersagen, trotzdem ist der Anspruch an den richtigen Moment, die ideale Verschlusszeit und Blende sowie die Perspektive schon recht hoch. Viel Spaß beim Ausprobieren!
Fotografieren Sie Makro ohne Makro-Objektiv
In der letzten Aufgabe schließlich steht das Equipment im Fokus. Welche Möglichkeiten kennen Sie, um ohne Makro-Objektiv Ihr Motiv maximal zu vergrößern? Wenn Sie ohne Zusatzausgaben auskommen möchten, haben Sie bei einer hochauflösenden Kamera die Option, einfach einen engeren Bildausschnitt zu wählen – den Sie aber entsprechend in Photoshop nochmals überarbeiten und nachschärfen müssen, um eine hohe Bildqualität sicherzustellen.
Alternativ dazu können Sie Ihr Objektiv umgedreht vor die Kamera halten, was allerdings einige Herausforderungen mit sich bringt, vom optionalen Festklemmen des Blendenhebels bis zur Lücke zwischen Kamera und Optik. Lohnenswert ist deshalb die Anschaffung von Zwischenringen, bevorzugt in „Automatik“-Version mit Blendeneinstellung. Auch ein Nahfilter, der vorne auf die Optik geschraubt wird, kann interessant sein. Ein Vorteil dieser Optionen: Alle lassen sich platzsparend in der Fototasche verstauen – für den Fall, dass Ihnen ein tolles Makro-Motiv begegnet, wenn Sie gerade keine entsprechende Optik zur Hand haben.
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