Ein schöner Rücken kann entzücken. Manchmal sogar so sehr, dass er fotografisch festgehalten wird. Darf das Bild dann einfach veröffentlicht werden? "Klar!" könnte man argumentieren, es ist schließlich kein Gesicht darauf zu sehen. Aber ganz so einfach ist die Angelegenheit dann doch nicht.
Erkennbarkeit ist der Schlüssel
Wiedermal müssen wir das Recht am eigenen Bild, normiert in § 22 Kunsturhebergesetz (KUG), etwas genauer unter die Lupe nehmen. Am Beispiel des alten Bismarcks hatten wir bereits begonnen, die einzelnen Merkmale des § 22 KUG zu beleuchten und festgestellt, dass das Recht am eigenen Bild eigentlich das Recht am eigenen Bildnis heißen müsste. Schließlich darf nach § 22 KUG die Verbreitung eines „Bildnisses“ nur mit Einwilligung des Abgebildeten erfolgen.
Ein Bildnis kann vieles sein: Ein Foto, eine Malerei, eine Karikatur, eine Statue oder eine Actionfigur. Ausschlaggebend ist allein, dass es eine Person zeigt und diese erkennbar ist. Ausnahmen dieser Regel gelten bei Bildern, die in die Intimsphäre des Abgebildeten eingreifen, z.B. Nacktaufnahmen. Sollen diese verbreitet werden, ist eine Einwilligung auch nötig, selbst wenn die Person nicht erkennbar ist.
„Erkennbarkeit“ als Voraussetzung klingt jetzt eigentlich simpel, aber der Teufel steckt im Detail. Klar ist eine Person erkennbar, wenn man ihr Gesicht sieht. Aber wie ist es nun mit einer Fotografie des Rückens, oder wenn sie unscharf oder neben einer anderen, erkennbaren Person abgebildet ist?
Der „Ist das nicht …?“-Test
Als Faustformel gilt: Es reicht aus, wenn die abgebildete Person von Freunden oder Bekannten anhand individueller Merkmale erkannt werden kann. Nicht erkennbar ist eine Person, wenn sie durch niemanden oder nur die enge Familie oder allein den Partner identifiziert werden kann. Hätte die Person in unserem Eingangsbeispiel etwa ein gut sichtbares Tattoo oder einen markanten Leberfleck auf dem Rücken, kann die Abbildung schon erkennbar im Sinne des § 22 KUG sein. Dann müsste vor der Verbreitung die Einwilligung des Abgebildeten eingeholt werden.
Machen Sie also am besten vorher den „Ist das nicht...?“-Test. Ein Bild, bei dem ein Bekannter sagen könnte "Sag mal, ist das nicht …?" bedarf vor der Verbreitung der Einwilligung des Abgebildeten. Könnte es andererseits so ziemlich jeder auf dem Foto sein, ist es auch kein Bildnis im Sinne des § 22 KUG.
Es spielt auch keine Rolle, ob das entscheidende Merkmal natürlichen Ursprungs ist – Statur, Haltung, Gesichtsform, Haar- und Augenfarbe, Narben etc. (z.B. Madonnas Zahnlücke oder Sepp Maiers krumme Beine) – oder von der Person gewillkürt ist – besonderer Schmuck, Tatoos, Kleidung, Frisur (z.B. Cindy aus Marzans pinker Trainingsanzug oder Sascha Lobos roter Irokesenschnitt).
Auch das Zusammenspiel von einzelnen, an sich nicht auffälligen Merkmalen kann eine Person erkennbar machen. Unter Umständen müssen die Besonderheiten noch nicht mal Teil der Person sein – ein Reiter kann auf seinem besonderen Pferd, ein Auto-Tuner neben seinem ungewöhnlichen Auto erkennbar sein. Manchmal reicht auch die Begleitung, etwa bei Kindern auf dem Arm ihrer – erkennbaren - Eltern.
Die Erkennbarkeit kann sich auch aus den Umständen der Veröffentlichung ergeben. Bei einer Bildunterschrift „Lothar M., Ex-Fußballer mit Frau Anastasia" könnte der Abgebildete völlig unerkenntlich gemacht sein, man würde trotzdem wissen, um wen es sich handelt.
Apropos unkenntlich machen: Nach dem soeben Geschilderten dürfte es recht klar sein, dass der berühmte Tabustrich über den Augen nur in den allerseltensten Fällen dazu ausreicht, um eine Identifizierung des Abgebildeten zu verhindern. Solange andere besondere Merkmale sichtbar bleiben, ist die Person erkennbar und die Verbreitung ohne Einwilligung eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.
Manchmal bedarf es aber auch trotz Erkennbarkeit keiner Einwilligung oder wird die Einwilligung sogar erteilt, ohne dass der Abgebildete etwas sagen muss. Madonna, Sepp Maier und Co. z.B. sind Personen des öffentlichen Lebens und können sich nicht in allen Fällen auf ihr Recht am eigenen Bild berufen. Das bedeutet nicht, dass Prominente fotografisches Freiwild sind, hier gilt es auch einiges zu beachten. Wann das der Fall ist, erklären wir demnächst in unserer Kolumne.
Fotografen haben Rechte und manchmal auch Pflichten. Die Anwälte Marie Slowioczek und Robert Golz aus der Kanzlei Härting Rechtsanwälte erklären in ihrer Kolumne Fokus Fotorecht neue Gesetzesentwürfe, stellen populäre Irrtümer richtig und bringen Licht ins Dunkel bei Fragen rund um die Fotografie.
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