DSGVO für Fotografen: eine erste fotorechtliche Einordnung

Technisch gesehen sind Fotos mit der Digitalfotografie schon längst Daten geworden, jetzt zieht das Recht nach: Unser Rechtsexperte Dr. Endress Wanckel erklärt, was die DSGVO für Fotografen bedeutet.

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Foto: © Thinkstock

Spätestens mit Inkrafttreten der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) am 25.5.2018 sind Fotos, auf denen Menschen erkennbar sind, rechtlich gesehen „personenbezogene Daten“ und unterliegen dem Datenschutzrecht. Und dieses setzt früh ein: schon die Herstellung eines Personenfotos ist eine „Datenerhebung“.

Bei der Fotografie ist ein Umdenken erforderlich

Der Datenschutz ist nach dem Prinzip eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalten konzipiert: Wer personenbezogene Daten verarbeiten will, muss sich rechtlich auf einen Grund berufen können, der die Datenverarbeitung erlaubt. Es ist daher bei der Fotografie ein Umdenken erforderlich. Während bisher die Herstellung von Personenfotos ohne Einwilligung des Abgebildeten nur in besonderen Ausnahmefällen unzulässig war (zum Beispiel bei Nacktfotos) und erst bei Veröffentlichungen die Regelungen des „Rechts am eigenen Bild“ (KUG) zu beachten waren, muss unter der Geltung der DSGVO schon die Herstellung der Aufnahme gerechtfertigt sein.

„(…) schon die Herstellung eines Personenfotos ist eine „Datenerhebung“. (…) die ausdrückliche Einwilligung des Abgebildeten ist der sicherste Weg der rechtlichen Absicherung.“

Dr. Endress Wanckel, Rechtsanwalt und Dozent für Medienrecht

Reinen Hobbyfotografen bleibt es jedoch erspart, sich mit der 99 Punkte langen Verordnung und ihren 173 Erläuterungen („Erwägungsgründe“ genannt) auseinanderzusetzen. Die DSGVO gilt nicht für „persönliche oder familiäre Tätigkeiten“. Dieses sogenannte „Haushaltsprivileg“ gab es schon im bisherigen Recht. Private Erinnerungsfotos unterliegen daher nicht dem strengen Datenschutzrecht. Die Grenze dürfte aber schon dann überschritten sein, wenn ein Amateurfotograf seine Personenfotos frei ins Netz stellt oder (wenngleich auch nur geringe) wirtschaftliche Vorteile aus den Bildern zieht.

Doch auch solche Fotos, die nicht unter das „Haushaltsprivileg“ fallen, bedürfen zukünftig nicht in jedem Fall einer Einwilligung der Abgebildeten. Die DSGVO enthält neben der Einwilligung noch weitere Rechtsgrundlagen für die Herstellung, Speicherung und Nutzung von Personenfotos:

Zwar ist die ausdrückliche Einwilligung des Abgebildeten der sicherste Weg der rechtlichen Absicherung, aber in der Praxis nicht immer realisierbar. Denn streng genommen muss eine solche Einwilligung schon vor dem Druck auf den Auslöser erteilt werden, da bereits die Herstellung der Bilddatei eine Datenerhebung- und speicherung ist. Dies gilt übrigens auch bei Aufnahmen, auf denen der Abgebildete nicht erkennbar ist, wenn in den Bildbegleitdaten personenbezogene Informationen enthalten sind.

Die DSGVO schreibt nicht vor, dass die Einwilligung schriftlich erteilt werden muss, den Fotografen (der unter der DSGVO jetzt als Datenverarbeiter angesehen wird) trifft aber eine Nachweispflicht, die in der Regel wohl nur durch eine schriftliche Erklärung erfüllt werden kann. Inhaltlich muss die Einwilligungserklärung präziser als früher den beabsichtigten Nutzungszweck und –umfang beschreiben. Das Transparenzgebot besagt auch, dass die Erklärung in einer einfachen und klaren Sprache abgefasst sein muss.

„(…) eine Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Auf dieses Widerrufsrecht ist der Abgebildete ausdrücklich hinzuweisen. (…) Eine Alternative ist der Abschluss eines Vertrags.“

DSGVO

Zu großen Problemen wird in der Praxis die Vorgabe der DSGVO führen, dass eine Einwilligung jederzeit frei widerrufbar ist. Auf dieses Widerrufsrecht ist der Abgebildete auch ausdrücklich hinzuweisen. Ein Widerruf macht zwar bis dahin erfolgte Nutzungen nicht rechtswidrig, das oder die betroffenen Fotos dürfen aber ab Zugang des Widerrufs nicht mehr genutzt werden und sind im Regelfall auch unverzüglich zu löschen, sofern nicht noch (neben der Einwilligung) eine andere Rechtsgrundlage greift. Die Vermarktungsmöglichkeiten von Personenfotos werden dadurch erheblich eingeschränkt.

Eine gute Alternative ist der Abschluss eines Vertrages mit der abgebildeten Person

Eine Alternative zur rechtlichen Absicherung der Herstellung und Nutzung von Personenfotos unter der Geltung der DSGVO ist der Abschluss eines Vertrags mit den abgebildeten Personen, der u.a. die Befugnis zur Herstellung, Speicherung und Nutzung (ggf. unter Einschluss der Übertragbarkeit der Rechte an Dritte) regelt. Der bürokratische Aufwand hierfür ist ungewohnt, sollte aber immer dann geleistet werden, wenn es möglich ist, insbesondere bei geplanten größeren Fotoproduktionen zu kommerziellen Zwecken wie beispielsweise der Werbefotografie.

Was sind "berechtigte Interessen"?

Wenn weder Einwilligung noch Vertrag als Rechtsgrundlage möglich sind, bleibt Fotografen noch die Möglichkeit, sich auf „berechtigte Interessen“ zu berufen. Leider verzichtet die Verordnung darauf, näher zu definieren, was als berechtigtes Interesse anerkannt wird. Hieraus folgt eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit, bis die Gerichte hierzu gefestigte Kriterien entwickelt haben. Einen ersten Anhaltspunkt gibt Erwägungsgrund 47 zur DSGVO: aus ihm geht hervor, dass sogar Zwecke der Direktwerbung als „berechtigte Interessen“ anerkannt werden können. Dies spricht für eine sehr weite Auslegung, welche die Schrecken der Auswirkungen des Datenschutzes auf die Freiheit der Fotografie etwas relativiert.

„Fotografen bleibt noch die Mögichkeit, sich auf „berechtigte Interessen“ zu berufen. (…) Diese sind noch nicht näher definiert.“

Dr. Endress Wanckel, Medienexperte

In Bezug auf Personenfotos liegt es nahe, sich hinsichtlich der berechtigten Interessen an den Regeln zu orientieren, die sich in langjähriger Tradition zum Recht am eigenen Bild nach dem KUG herausgebildet haben. Das KUG gilt auch nach in Kraft treten der DSGVO, regelt aber nur die Veröffentlichung von Personenfotos, nicht deren Herstellung.

Es wäre jedoch widersinnig, wenn die DSGVO die Herstellung von Fotos verbieten würde, die nach dem KUG auch ohne Einwilligung des Betroffenen veröffentlicht werden dürfen: hierbei handelt es sich um den weiten Bereich der Dokumentation des Zeitgeschehens und die bildliche Darstellung von Versammlungen und Aufzügen, an denen die Abgebildeten teilgenommen haben.

Abgebildete Personen als Beiwerk

Ebenfalls ohne Einwilligung zulässig ist nach § 23 KUG die Veröffentlichung von Fotos, auf denen abgebildete Personen nur Beiwerk sind und keinen bestimmenden Einfluss auf das Motiv ausüben. Privilegiert sind ausdrücklich auch künstlerische Bildnisstudien. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift hat sich unlängst durch eine wegweisende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erweitert, in welcher auch die Straßenfotografie als Kunstform anerkannt wurde.

Bei Fotos für künstlerische Zwecke, aber auch bei journalistischen Fotos zur Information der Öffentlichkeit kommt auch noch ein weiterer Rechtfertigungsgrund in Betracht: die DSGVO erlaubt die einwilligungslose Datenverarbeitung auch für Aufgaben im öffentlichen Interesse.

„Die Rechtssprechung zum „Recht am eigenen Bild“ (KUG) gilt weiterhin. (…) Fotos für künstlerische und journalistische Zwecke verfolgen  öffentliche Interessen. In diesem Fall erlaubt die DSGVO eine einwilligungslose Datenverarbeitung.“

Dr. Endress Wankel, Anwalt und Medienexperte

Trotz dieser Möglichkeiten resultiert aus dem neuen Datenschutzrecht derzeit viel Unklarheit und Streitpotential. Es wäre sinnvoll, wenn der deutsche Gesetzgeber hier schnell reagiert und die Umsetzung des neuen EU-Datenschutzrechts zum Anlass nimmt, das Recht am eigenen Bild – derzeit in einem Gesetz aus dem Jahre 1907 geregelt – an die praktischen Erfordernisse der digitalen Welt anzupassen.

Der Gesetzgeber hätte hierbei nach Art. 89 DSGVO die Möglichkeit, das bisher in Deutschland geltende „Medienprivileg“ wiedereinzuführen. Es stellte die Medien bislang vom Datenschutzrecht weitgehend frei. Dabei könnte auch ein weiteres Problemfeld bereinigt werden, welches sich aus der DSGVO ergibt: Art. 13 schreibt umfassende Informationspflichten vor. Fotografen müssen danach die Abgebildeten unter anderem über ihren Namen und ihre Kontaktdaten, den Zweck, für den die Fotos genutzt werden sollen, die Rechtsgrundlage, auf der die Nutzung erfolgt und die Dauer der geplanten Speicherung informieren. Nach Erwägungsgrund 62 erübrigt sich diese Informationspflicht, wenn sich die Unterrichtung der betroffenen Person als „unmöglich erweist“ oder „mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden“ ist.

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