Nach längerer Pause meldet sich Canon mit einem Paukenschlag zurück und hat gleich zwei neue Flaggschiffe angekündigt: Die hochauflösende EOS R5 Mark II (45 Megapixel) kommt bereits Ende August für 4800 Euro auf den Markt, die primär auf Sportfotografen zielende EOS R1 (24,2 MP) folgt voraussichtlich im November für rund 7500 Euro.
Neuer „Dual Pixel Intelligent Autofocus“
Die beiden Profimodelle bauen auf der gleichen „Accelerated Capture“-Plattform auf. So kommt erstmals neben dem Bildprozessor DIGIC X der Koprozessor DIGIC Accelerator zum Einsatz, der unter anderem erweiterte KI-Objekterkennungsfunktionen beim „Dual Pixel Intelligent Autofocus“ ermöglicht.
Beide Kameras bringen den neuen Modus „Aktionspriorität“ für die Sportarten Fußball, Basketball und Volleyball mit. Ist dieser aktiviert, so priorisiert die Kamera bei der Personenerkennung den Spieler, der im Ballbesitz ist. Dabei lässt sich der AF auch von von einem verdeckten Gesicht oder kurzzeitig störenden Motiven nicht irritieren. Außerdem können einzelne Personen registriert werden, die dann mit Priorität fokussiert werden.
Neben Personen identifizieren und verfolgen die Kameras natürlich auch Tiere (darunter jetzt auch Pferde) und Fahrzeuge (inklusive Flugzeuge und Züge). Generell wurde die Motiverkennung verbessert und beschleunigt. In unserem Test klebte der AF zuverlässig an Basketball-Spielern.
In beiden Kameras hat Canon einen Augensteuerungs-Autofokus integriert, der gegenüber der EOS R3 (hier im Test) deutlich verbessert wurde, unter anderem durch einen höher auflösenden Sensor, verbesserte LEDs und einen größeren Erkennungsbereich. Hierzu müssen die Kameras zunächst mit dem Auge am Sucher kalibriert werden, danach lässt sich das AF-Messfeld durch die Veränderung der Blickrichtung verschieben – in unserem Test klappte das auch mit Brille.
Die Sucher beider Kameras beschlagen übrigens bei Temperaturschwankungen nicht mehr so schnell wie in den jeweiligen Vorgängermodellen EOS R3 und EOS R5 (hier im Test).
Schnellere Serienbilder
Auch in anderen Punkten sind beide Kameras schneller geworden. Die Basis hierfür liefern Stacked-CMOS-Sensoren, die sich extrem schnell auslesen lassen und den Rolling-Shutter-Effekt reduzieren. Die hohe Auslesegeschwindigkeit macht sich beispielsweise positiv beim Sucherbild bemerkbar, das bei Nutzung des elektronischen Verschlusses keine Dunkelphase aufweist.
Neu in beiden Kameras ist die „Voraufnahme“ mit temporärem Ringspeicher im Serienbildmodus. Hierbei kann die EOS R1 20 Bilder (auch Raws) vor dem eigentlichen Auslösen aufnehmen, bei der EOS R5 Mark II sind es 15. Die Dauer der Voraufnahme hängt von der Serienbildgeschwindigkeit ab. Die EOS R1 kann maximal 40 Bilder/s schießen, die EOS R5 Mark II 30 Bilder/s.
Wer will, kann übrigens eine benutzerdefinierte Taste so konfigurieren, dass sie beim Drücken temporär in einen schnelleren Serienmodus schaltet – ähnlich wie der Boost-Modus in der Sony Alpha 9 III (hier im Test).
Skalierung und Rauschreduzierung
Ebenfalls neu in beiden Modellen sind zwei Nachbearbeitungsoptionen. Bei der „In-Kamera-Hochskalierung“ wird mit Hilfe künstlicher Intelligenz die Pixelzahl von JPEG- und HEIF-Dateien vervierfacht: Bei der EOS R1 also auf 96 Megapixel und bei der EOS R5 Mark II auf rund 180 Megapixel. Am häufigsten dürfte das bei Ausschnittvergrößerungen zum Einsatz kommen.
Ausschließlich mit Raws funktioniert die KI-basierte „Neuronale-Netzwerk-Rauschreduzierung“. Diese steht zwar auch nachträglich in Canons Raw-Konverter zur Verfügung, funktioniert dann aber nur in der Cloud und ist kostenpflichtig. Wie gut die Skalierung und die Rauschreduzierung sind, werden wir im Test der Seriengeräte und im Vergleich mit andern Lösungen überprüfen.
Eine Pixel-Shift-Hi-Res-Aufnahme hat Canon in die neuen Kameras bisher nicht integriert. Sie kam bei der EOS R5 aber auch erst mit einem nachträglichen Firmware-Update. Apropos Update: Die Unterstützung für den Bildauthentifizierungsstandard C2PA will Canon 2025 nachrüsten.
Verbesserter Bildstabilisator
Den Bildstabilisator hat Canon ebenfalls in beiden Kameras verbessert. Er erreicht nun den Rekordwert von 8,5 Blendenstufen Kompensationsleistung in der Bildmitte und 7,5 Blendenstufen am Rand (ermittelt nach dem neuen CIPA-Standard von 2024).
Gemeinsam haben die neuen Kameras außerdem die Fähigkeit, während der Videoaufnahme ohne Unterbrechung Standbilder auf einer zweiten Speicherkarte zu speichern. Allerdings funktioniert dies nur im Video-Format MP4 mit Full-HD-Video-Auflösung, wobei die Standbilder bei der EOS R1 17 MP haben und bei der EOS R5 Mark II 33 MP (jeweils mit Seitenverhältnis 16:9). Die laufende Videoaufnahme wird bei beiden Kamera nun durch eine rote LED auf der Vorderseite signalisiert.
Bei der Videoaufnahme unterstützen beide Kamera die interne Raw-Aufzeichnung mit 12 Bit und neben C-Log 2 auch C-Log 3, das in der EOS R1 bis zu 15 und in der EOS R5 Mark II über 16 Blendenstufen Dynamikumfang ermöglichen soll.
EOS R1 mit superschnellem elektronischen Verschluss
Trotz vieler Gemeinsamkeiten ist die EOS R1 der EOS R5 Mark II in einigen Punkten überlegen. So ist der Sucher größer (Vergrößerung 0,9x statt 0,76x) und hat eine höhere Auflösung (9,44 statt 5,76 MP); beide Sucher sind übrigens heller als in den jeweiligen Vorgängermodellen. Der elektronische Verschluss ist in der EOS R1 sogar schneller als der mechanische. So liegt die Blitzsynchronzeit mit E-Verschluss bei 1/400 s (mechanisch 1/200 s). Ohne Blitz beträgt die kürzeste Zeit 1/64.000 s (mechanisch 1/8000 s).
Der Autofokus der EOS R1 ist – erstmals in einer EOS-R-Kamera – mit Kreuzsensoren ausgestattet, die in schwierigen Situationen zuverlässiger fokussieren, bspw. bei vertikalen Strukturen, durch ein Tennisnetz oder bei besonders kleinen Motiven.
Besonders aufwendig konstruiert ist das Tiefpassfilter, das – wie schon in der Spiegelreflexkamera EOS-1D X Mark III – trotz effektiver Moiré-Reduzierung feinste Details erhält. Bei der Auswahl der besten Bilder hilft übrigens eine automatische Erkennung unscharfer Bilder.
Der im Vergleich zur EOS R5 Mark II größere Akku ermöglicht natürlich mehr Aufnahmen pro Ladung: Laut CIPA-Standard 700 mit Sucher und 1330 mit Monitor. Das sind bei gleichem Akku (LP-E19) und trotz hellerem und größeren Sucher mehr als in der EOS R3 (13 Prozent mit Sucher, 49 % mit Monitor).
Wegen der geringeren Sensorauflösung im Vergleich zur EOS R5 Mark II ist die Videoauflösung auf 6K/60p beschränkt, wobei bis zu zwei Stunden ohne Überhitzung aufgenommen werden können. Zeitlupen gelingen in beiden Kameras in 4K mit 120p.
EOS R5 Mark II mit 8K/60p Video
Die EOS R5 Mark II unterscheidet sich zunächst offensichtlich durch ihre kompaktere und leichtere Bauweise ohne integrierten Hochformatgriff von der EOS R1. Canon will aber verschiedene Griffe als Zubehör anbieten. Für Filmer dürfte der CF-R20EP am interessantesten sein, der mit einem Lüfter ausgestattet ist und die Videolaufzeit verlängert – bei 8K/30p von maximal 37 Minuten auf 120 Minuten. Auch ohne aktiven Lüfter leitet die EOS R5 Mark II Hitze besser ab, was bspw. an den Lüftungsschlitzen unter der Kamera sichtbar wird. Für eine längere Laufzeit sorgt der neue Akku LP-E6P, eine Stromversorgung per USB-C ist natürlich auch möglich.
Preise und Verfügbarkeit
Zu folgende Preisen sind die Neuheiten erhältlich:
- EOS R1: 7499 Euro UVP, Verkaufsstart voraussichtlich November.
- EOS R5 Mark II: 4.799,00 Euro UVP, Verkaufsstart Ende August.
- EOS R5 Mark II mit RF 24-105 F4 L IS USM: 6099 Euro UVP, Verkaufsstart Ende August.
- AKKU LP-E6P: 119 Euro UVP, Verkaufsstart Ende August.
- BG-R20 AKKUGRIFF: 499 Euro UVP, Verkaufsstart Ende August.
- BG-R20EP AKKUGRIFF: 699 Euro UVP, Verkaufsstart Ende August.
- CF-R20EP GRIFF: 569 Euro UVP, Verkaufsstart Ende August.
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