Losekoot beleuchtet mit professioneller Studiotechnik wie an einem Filmset das hektische Alltagstreiben auf den Gehsteigen von New York, São Paulo, Seoul, Mumbai, Hongkong, London, Lagos, Istanbul und Mexiko Stadt. Seine Momentaufnahmen der Passanten erzählen uns mehr über einen alles verbindenden Drifterzustand dieser Großstadtbewohner als über nationale Unterschiede.
„Meine Fotos sind eine Einladung, mit Fremden intim zu werden“, erzählte uns Bas Losekoot 2017 während der Vorbereitungen dieses empfehlenswerten Bildbandes. Auf der Bühne der Straße, neben den Bürotürmen des Turbo-Kapitalismus, schreiten diese Passanten schnellen Schrittes, mit oft völlig entleerten, abwesenden Blicken ihrem Ziel entgegen.
Bei diesem von dem Designer Teun van der Heijden dicht und klug komponierten Bildband begeistert uns die beeindruckend komprimierte Langzeitstudie der Condition humaine auf den hektischen Laufpfaden dicht besiedelter globaler Zentren. Ein hyperreal fotografiertes Lehrstück über die Vereinzelung des Menschen inmitten der vermeintlich „kultivierten“ Masse!
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Bas Losekoot "Out of Place"
24 x 29 cm, 144 Seiten, 59 farbige Abb., Kehrer Verlag, 45 Euro.
Axel Sven Springer/ Lars-Broder Keil (Hrsg.)
"Das besondere Bild. Werk und Leben des Fotografen Sven Simon"
Er wollte sich unabhängig vom legendären Vater Axel Springer einen Namen machen. Unter dem Pseudonym Sven Simon schaffte das der Verlegersohn Axel Springer Jr. (1941-1980) früh als Bildjournalist. Im Bereich der Sport-, Portrait- und Reisefotografie gelangen Sven Simon Bildikonen wie die Aufnahme von Willy Brandts Kniefall am Denkmal für die Helden des Gettos in Warschau 1970. Seine Portraits der Prominenz sind Zeugnisse vertrauter Nähe und einer schnellen Reaktion auf die Chance eines kurzen Augenblicks.
Zum 80. Geburtstag des leider früh verstorbenen Fotografen ist dieser schöne Bildband erschienen, der uns Sven Simons Lebenswerk vorstellt. ✸ ✸ ✸ ✸
„Das besondere Bild“: 24 x 21 cm, 144 Seiten, ca. 150 Abb., Edition Braus, 20 Euro, www.editionbraus.de
Herman van den Boom
"Luchtwachttorens in Nederland"
Der belgische Fotokünstler Herman van den Boom hat einen Blick für die skurillen bis absurden Erscheinungsbilder der Architektur in der Topographie der Gegenwart. Nachdem er sich in der Vergangenheit in seiner Serie „Neighbours“ dem immer wieder unfreiwillig humorvollen Individualismus bei der Fassadengestaltung von Doppelhaushälften seines Landes widmete, betrachtet er nun billig konstruierte Betonskelette der Vergangenheit: Luftwachtürme aus der Zeit des Kalten Krieges in den Niederlanden.
Die Memoranden einer Epoche, in der nach dem „Feind im Osten“ Ausschau gehalten wurde. Skulptural stehen diese luftdurchlässig gebauten Türme nun völlig sinnentleert in der Landschaft – als Bild gewordene, löchrige Gedankengerüste von gestern. ✸ ✸ ✸ ✸
„Luchtwachttorens in Nederland“: 24 x 17 cm, 90 Seiten, Verbeke Foundation. Bestellungen über:
www.verbekefoundation.com, 20 Euro
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✸ ✸ ✸ ✸ ✸ Muss unbedingt in Ihr Regal
✸ ✸ ✸ ✸ Hat das Zeug zum Klassiker
✸ ✸ ✸ Der Kauf lohnt sich
✸ ✸ Nur für thematisch Interessierte
✸ Darauf können Sie verzichten
Diese Bildbände haben wir im fotoMAGAZIN 4/2021, 5/2021 und 6/2021 vorgestellt.
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