Sie gehören zu den ältesten Säugetieren der Welt, können bis zu 450 Kilogramm schwer werden und trotzdem bis zu 60 km/h schnell rennen. Moschusochsen gibt es schon seit Zehntausenden von Jahren, sie können in der Arktis überleben und genauso sehen sie auch aus. Gerade im Winter sind die Stirnwaffenträger ein großartiges Motiv für Wildlife-Fotografie.
Der Weg zum Moschusochsen
Inspiriert wurde ich durch den Instagram-Account eines Fotografen, den ich einst auf den Lofoten kennengelernt hatte. Ich war sehr beeindruckt von den massiv gebauten zotteligen Tieren in einer weißen Schneelandschaft und fasste kurzerhand den Entschluss zu einem Wochenendtrip, um mich mit der Kamera bewaffnet auf die Jagd nach dem Moschusochsen zu machen.
Vor über 20.000 Jahren lebte eine große Zahl von Moschusochsen – unter anderem gemeinsam mit dem Wollhaarmammut – auf dem Gebiet des heutigen Norwegens. Durch Bejagung wurde die Population stark dezimiert und während des Zweiten Weltkriegs sogar ausgerottet. 1947 gelang die Wiederansiedlung mit Tieren aus Grönland. Der Dovrefjell–Sunndalsfjella Nationalpark ist heute das einzige Gebiet in Norwegen, das Moschusochsen beheimatet.
Als Ausgangspunkt wählte ich Hjerkinn, das sich neben seiner Lage im Süd-Osten des Nationalparks auch wegen seiner guten Zuganbindung anbietet.
Auf Moschusochsen-Suche in den Bergen
In Hjerkinn angekommen, bezog ich meine Hütte, die ich für drei Tage gemietet hatte, und fragte die Vermieterin nach Tipps für meine Mission. Sie nannte mir zwei Orte, an denen kürzlich Moschusochsen gesichtet worden seien, und riet mir, Schneeschuhe zu leihen – was sich als sehr sinnvoll herausstellte.
Hinter einer Bergkette im Süd-Westen von Hjerkinn würden sich neun Ochsen aufhalten und wenige Kilometer im Nord-Western vier weitere. Allgemein hätte ich ganz gute Chancen, versicherte mir die Norwegerin. Das stimmte mich sehr positiv, denn bei 250 Tieren auf einer Fläche von knapp 1700 Quadratkilometern ist es keinesfalls sicher, auf eigene Faust ein Exemplar zu finden. Hat man nur einen Tag Zeit, empfiehlt sich das Buchen eines Guides.
Es war noch früh am Nachmittag als ich mich in Richtung der Bergkette und – wie ich hoffte – der neun Moschusochsen aufmachte. In die Berge führt ein Weg von etwa zwei Metern Breite. Er war vereist und komplett mit Schnee bedeckt. Ebenso die Hügel und Wiesen ringsum, sodass alles zu weißen Flächen wurde, die teilweise übergangslos in das hellgrau des norwegischen Januarhimmels übergingen.
Nach etwa einer Stunde Fußmarsch schnallte ich die Schneeschuhe an und verließ den Weg, um eine Anhöhe zu erklimmen, die mich zu einer Art hügeligen Hochebene führte. Die weiße Landschaft war von dunklen Felsbrocken durchsetzt, die gemeinerweise aus der Ferne mitunter große Ähnlichkeit mit liegenden Ochsen aufwiesen. Ich fand auch deren Hinterlassenschaften im Schnee, doch die Tiere selbst sollte ich am ersten Tag noch nicht zu Gesicht bekommen.
Vier Ochsen für ein Halleluja
Der zweite Tag begann windig. Sehr windig. Mit minus drei Grad war es nicht besonders kalt. Aber windig. Ich machte mich auf in Richtung der vier Ochsen, von denen meine Vermieterin ebenfalls gesprochen hatte.
Der Wind pfiff mir um die Ohren und Schnee über den Weg, was zusammen mit der im winterlichen Norwegen stets tiefstehenden Sonne zu einer spannenden, fast mystischen Lichtstimmung führte. Deshalb herrschen an windigen Wintertagen wohl auch die besten Voraussetzungen für die Moschusochsen-Fotografie. Der Wind lässt zudem ihr langes Fell wehen, welches sie im Sommer übrigens abwerfen.
Nach etwa vier Kilometern traf ich auf eine kleine Gruppe von drei Personen, die mir entgegenkamen. Meine Vorfreude war riesig, als sie mir berichteten, vor einer halben Stunde die vier Moschusochsen gesehen zu haben! Und tatsächlich traf ich wenig später, den Spuren der Gruppe im Schnee folgend, auf die kleine Herde.
Ich näherte mich den Tieren vorsichtig und konnte mein Glück noch kaum fassen. Im Winter sind Moschusochsen im Energiesparmodus, liegen viel herum und suchen unter dem Schnee nach essbaren Gewächsen. Dennoch ist die Begegnung mit diesen urzeitlichen, gehörnten, kompakt gebauten Tieren ein sehr eindrückliches Erlebnis.
Zwei Fotografen, die ich später traf, erzählten mir von einer Ebene wenige Kilometer weiter im Norden, wo der Wind den meisten Schnee wegweht, weshalb sich dort auch gerne größere Herden aufhalten. Sie sprachen von rund 40 Tieren, die dort leichter Nahrung finden als im tiefen Schnee. Diese längere Wanderung nahm ich mir für meinen dritten und letzten Tag vor.
Moschusochsen in der Abendsonne
Am dritten Tag startete ich mit der aufgehenden Sonne gegen neun Uhr morgens. Der Wind war etwas abgeflaut, der Himmel aber weiter wolkenverhangen. Ich traf die vier mir bereits bekannten Ochsen erneut an einer ähnlichen Stelle wie am Tag zuvor. Sie grasten diesmal allerdings auf einem Hügel, weshalb ich sie von einem niedrigeren Standpunkt aus ablichten konnte, wodurch sich ihre dunkelbraunen Körper gut gegen die hellen Wolken abzeichneten.
Meine weitere Wanderung blieb an diesem Tag leider ereignislos, anscheinend hielt sich die größere Herde aktuell in einer anderen Gegend auf. Als ich am Nachmittag dann den Rückweg antrat, besuchte ich noch ein letztes Mal die kleine Moschusochsen-Herde – was sich als gute Idee herausstellte, denn als ich dort ankam, riss die Wolkendecke auf und das goldene Abendlicht der tiefstehenden Sonne setzte die von mir liebevoll „mümmelnde Möchtegern-Mammuts“ getauften Tiere stimmungsvoll in Szene.
Meine Foto-Ausrüstung
Alle Tier- und Landschafts-Fotografien in diesem Beitrag fertigte ich mit einer Sony Alpha 7 II an. An der spiegellosen Vollformatkamera verwendete ich das Minolta AF 75-300 mm mit Blende f/4,5-5,6. Da die Linse noch über das ältere A-Bajonett verfügt, nutzte ich zusätzlich den LA-EA4-Adapter von Sony.
Die 300 mm Brennweite waren geradeso ausreichend, um die Moschusochsen formatfüllend abzulichten. Für etwas weiter entfernte Tiere, oder um Details aufzunehmen, wäre etwa ein 600-mm-Teleobjektiv deutlich besser geeignet. Zusätzlich hatte ich für Landschaftsaufnahmen noch das Tokina AT-X 2,8/28-70 mm AF sowie das lichtstärkere leichte Weitwinkel Minolta AF 1,4/35 mm dabei. Letzteres auch mit dem Hintergedanken, Nordlichter zu sehen, wozu es leider nicht kam.
Mein Rollei-Stativ Compact Traveler No. 1 nutzte ich kaum, da ich meist auf etwa 80 cm Schnee stand, in dem das Tripod einsank. Ratsam ist, immer ein Reinigungstuch zur Hand zu haben, da der Wind oft Schnee auf die Linse bläst. Hier war auch eine etwas längere Gegenlichtblende sehr hilfreich.
Sonst sind winddichte und warme Klamotten neben festem Schuhwerk und Handschuhen natürlich Pflicht. Schneeschuhe (oder Cross Country Skis) sind ebenfalls wärmstens zu empfehlen. Dann noch eine Thermoskanne mit Heißgetränk und der Moschusochsen-Fotografie steht nichts mehr im Wege.
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