Framespotting: Fotografie zum Mitnehmen

Was bewegt einen Fotografen, seine Fotos zu verschenken? Graue Häuserwände oder schicke Backsteinhäuser mit seinen gerahmten Fotos zu schmücken und dem Finder zu überlassen? Viel Ideenreichtum, ein großes Herz und die Liebe zur Fotografie. Das ist Framespotting!

Ricarda Szola

Ricarda Szola

Head of fotoMAGAZIN online

Popart auf Backstein

Popart auf Backstein. Dieses Bild von Framespotting hat längst einen neuen Besitzer gefunden.

Foto: © Franziska Brülls

Wenn Sie gerne und gut fotografieren und möchten, dass Ihre Fotos auch Aufmerksamkeit bekommen, würden Sie vermutlich einen Bildband veröffentlichen oder eine Ausstellung organisieren. Das zumindest wäre ein klassischer Ablauf. Hobbyfotograf Paul ist einen anderen Weg gegangen. Er verschenkt seine Fotos, auf der Straße. Hübsch gerahmt und mit Passepartout versehen klebt er sie an Hausfassaden, ohne diese zu beschädigen – dafür sorgt ein lang erprobtes Doppelklebeband.

Vom Streetfotograf zum „Galeristen“

Die Motive sind unterschiedlichster Art. Der gelernte Projektmanager war beruflich bereits viel auf der Welt unterwegs. Dabei hatte er stets seine Kamera bei sich. Damals war es noch eine Nikon 7100, heute ist es die Nikon Z6 II, die immer einsatzbereit ist. Viele Bilder sind auf den Reisen des 47-Jährigen entstanden. Und es werden immer mehr! Denn der leidenschaftliche Hobbyfotograf findet ständig neue Motive – von Schwarzweißfotografie bis zum Porträt – hier legt er sich nicht fest. Sein Motto: Fotografiert wird, was gefällt! Das macht es allerdings auch schwierig, ihm ein bestimmtes Genre zuzuordnen. Anfragen bei Galerien gestalteten sich als schwierig und sehr teuer. Und so wurde die Idee geboren, seine Fotos der ganzen Stadt zugänglich zu machen. Eine Idee, die Paul bereits vor 10 Jahren hatte, doch aus Zeitgründen nicht umgesetzt hat.

„Heute schaue ich mir wieder Fotos an, die in meinen Archiven verstaubt sind und ich entdecke dabei einige Schätze.“

Paul, #framespotting

Von einer Idee bis zum erfolgreichen Projekt #framespotting

Die Zwangspausen durch Lockdowns und Homeoffice machten es dann möglich. Schließlich wurde aus der Idee ein rundes Konzept. Und das sieht wie folgt aus: Er lässt seine Fotos im Format 13 x 18 cm drucken, versieht sie mit Passepartout hinter Glas und einem Holzrahmen. Wohl gemerkt: Es handelt sich um individuell gefertigte Holzrahmen, die ein Schreiner-Freund für ihn fertigt. Sobald es geeignetes und günstiges Holz gibt, greift Paul zu. – einzigartiges Material also! Versehen wird das Kunstwerk dann mit einem Kärtchen: „Du hast mein Bild gefunden, Du darfst es behalten. Es ist mein Geschenk an Dich.“ Und hier fordert der Framespotter den Finder lediglich auf, ein Foto von seinem Bild an der Location zu machen, an der er es gefunden hat und es mit dem Hashtag #framespotting auf der Social Media Plattform Instagram zu teilen.

Über 800 Bilder hat der Hamburger bereits auf diese Weise in seiner Stadt und unterwegs verteilt. Dabei bleibt er immer anonym. Das heißt: Man kennt nur „Paul“, der nicht sich, sondern seine Aktion in den Vordergrund stellt. Unterstützt wird er von seiner 9-jährigen Tochter, der „kleinen Komplizin“. Sie bemalt gelegentlich die Foto-Rahmen, pinselt gerne eigene Bilder und begleitet ihren Vater, wenn er auf der Suche nach neuen ungewöhnlichen Ausstellungsflächen in der Stadt ist. Beide freuen sich dann, wenn sie ein Bild platziert haben und in der Nähe stehend beobachten, wie es entdeckt wird und wie der Passant oder Finder darauf reagiert.

„Jede Wand an jedem Ort ist der perfekte Platz für Framespotting.“

Paul, Framespotter

Das Feedback auf #framespotting sei o.k., wie Paul uns berichtete. Es gibt eine treue Community, aber leider teilen nicht alle Finder ihre Freude mit, obwohl dies nur ein paar Klicks bedeutet. Selbst eine alte Dame, die sich so sehr über ein gefundenes Foto von einem Ort ihrer Jugend freute, wusste sich zu helfen: Da sie weder ein Smartphone noch Computer besaß, sprach sie direkt einen Passanten an und bat diesen, sie mit ihrem Fund zu posten.

Über die Kosten jedes einzelnen Bildes mag Paul sich keine Gedanken machen. Er brennt für seine Sache – durch und durch. Sein Lohn ist für ihn die Freude, die er den Menschen damit machen kann und dass er seiner „kleinen Komplizin“ diese Werte vermittelt.

fotoMAGAZIN unterwegs mit Framespotting

Wir durften den Fotokünstler einen Nachmittag auf seiner Tour begleiten und haben zwei Fotos an unterschiedlichen Stellen „ausgestellt“. Bereits am frühen Abend hatte eines der Bilder einen neuen Besitzer gefunden.

Es lohnt sich also, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen! Und wenn Sie dabei ein Foto von #framespotting entdecken, wissen Sie ja, was zu tun ist!

www.frame-spotting.com

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