Die Q kommt im typischen Leica-Messsucher-Design. Das flache Magnesiumgehäuse mit einer Deckkappe aus Aluminium hinterlässt das Gefühl, ein hochwertiges fotografisches Werkzeug in der Hand zu halten. Ganz klein und leicht fällt sie dabei allerdings nicht aus – die Sony RX1 unterbietet die Leica in allen Dimensionen um einige Zentimeter und fast 160 Gramm. Allerdings fehlt der Sony der eingebaute Sucher, der zum Aufstecken optional zugekauft werden kann und die Kamera deutlich höher macht.
Bedienelemente der Leica Q
Die klassischen Bedienelemente der Q sind auf das Wesentliche reduziert: Blende und Entfernung werden über Ringe am Objektiv gesteuert. Der Blendenring lässt sich auch in die Automatik-Position bringen und der Fokusring auf Autofokus umstellen. Ein Makro-Umschaltring verkürzt die Naheinstellgrenze von 30 auf 17 cm, wobei die maximale Blendenöffnung auf 1:2,8 verringert wird. Mit dem Zeitenrad auf der Oberseite kann der Fotograf Verschlusszeiten von 1/2000 bis zu 1 s direkt anwählen. Weitere Einstellungen sind über das Daumenrad zugänglich. So beherrscht die Kamera mit Hilfe eines elektronischen Verschlusses Belichtungen bis zu 1/16.000 s und die längste Zeit beträgt 30 s.
Der elektronische Verschluss kann übrigens nicht bei allen Belichtungszeiten aktiviert werden, somit ist bei Zeiten von 30 bis 1/2000s kein lautloses Auslösen möglich. Der mechanische Verschluss ist allerdings sehr leise und sollte selbst im Theater kaum stören. Einen Bulb-Modus für längere Belichtungen gibt es nicht. Im T-Modus belichtet die Kamera solange wie der Auslöser gedrückt wird, aber eben maximal 30 s.
Auf ein Belichtungskorrekturrad hat Leica verzichtet. Wer hierfür nicht umständlich in das Menü wechseln will, kann die Fn-Taste entsprechend belegen. Die Kreuzwippe ist nicht wie bei anderen Kameras mit verschiedenen Funktionen belegt, sondern dient im AF-Betrieb zum Verschieben des Messfeldes. Die Set-Taste in der Mitte blendet Belichtungsinformationen ein oder aus. Einen festen Funktionsknopf gibt es nur für den ISO-Wert.
Insgesamt lässt sich die Kamera gut bedienen, ein paar ergonomische Schwächen bleiben aber. So ist der Einschalter auch gleichzeitig der Umschalter zwischen Einzel- und Serienbildmodus – ein zu schwungvolles Einschalten versetzt die Kamera also in den Serienbildmodus. Wenig übersichtlich ist das Menü, das alle Einstellungen in einer langen Liste aufführt, statt sie übersichtlich in Karteireiter und Kategorien aufzuteilen.
Leica Q mit hervorragendem elektronischen Sucher
Der Monitor hat eine zeitgemäße Größe und Auflösung (7,5 cm Diagonale, 1,04 Mio. Punkte) und ist als Touchscreen ausgelegt. So kann der Fotograf das AF-Messfeld mit dem Finger verschieben und in der Bildwiedergabe per Gestensteuerung weiterblättern oder zoomen. Einen hervorragenden Eindruck hinterlässt der elektronische Sucher: Er löst 1280 x 960 Pixel auf, wobei pro Pixel die drei Primärfarben Rot, Grün und Blau sequentiell, also kurz hintereinander dargestellt werden. Großzügig gerechnet kommt man damit auf 3,68 Millionen Bildpunkte – die höchste Auflösung aller aktuellen E-Sucher. Bemerkbar macht sich die sequentielle Darstellung nur bei schnellen Schwenks, bei denen die Farben ein wenig aufgefächert werden – wirklich stören tut dies aber nicht. Ansonsten wirkt das Sucherbild sehr natürlich und frei von Moirés. Zwischen Monitor und Sucher schaltet die Kamera automatisch per Augensensor um.
Wer nicht permanent mit 28 mm Weitwinkel fotografieren will, kann über die Zoom-Taste auf der Rückseite zwei Crop-Modi wählen: Der 1,25x-Crop verengt den Bildwinkel entsprechend 35 mm beim Kleinbild und lässt von den 24 noch 15 Megapixel übrig, der 1,8x-Modus verlängert auf kleinbildäquivalente 50 mm bei 8 Megapixeln – die entsprechenden Ausschnitte werden im Sucher markiert. Natürlich lässt sich der Bildausschnitt auch nachträglich in der Bildbearbeitung am Computer wählen. Der Vorteil beim Crop in der Kamera ist, dass die Belichtung automatisch auf den neuen Bildausschnitt angepasst wird. Wer Raw und JPEG parallel fotografiert, erhält in der Raw-Datei in jedem Fall den ganzen Bildwinkel und die volle Auflösung. Im mitgelieferten Lightroom oder Photoshop Camera Raw werden die Beschnittmarken bei den Raws angezeigt.
Anders als Sonys RX1-Modelle bringt die Leica einen optischen Bildstabilisator und ein Wi-Fi-Modul mit, das auch die Fernsteuerung per App ermöglicht. Der Autofokus ist recht flexibel und beherrscht Schärfenachführung (AF-C), Objekttracking und Gesichtserkennung. Bei der manuellen Fokussierung kann die Leica auf eine Peaking-Funktion und eine Lupe zurückgreifen.
Die Kamera ist auch mit Szenenprogrammen ausgestattet, darunter einen Schwenkpanorama- und ein Zeitraffermodus sowie der populären Miniatureffekt. Videos nimmt die Q mit voller HD-Auflösung und maximal 60 Vollbildern/s auf. Ein Anschluss für ein externes Mikrofon existiert nicht.
Leica Q: schnell und hochauflösend
Die Leica Q ist überraschend schnell: Der Kontrast-Autofokus brauchte in unserem Test nur 0,15 s zum Scharfstellen und ist damit mehr als doppelt so schnell wie der AF der Sony RX1-Modelle. Ähnliches gilt auch für den Serienmodus, der es auf beeindruckende 10 Bilder/s bringt (JPEG: 90, Raw: 12 in Folge), bei aktivierter AF-Nachführung sinkt die Geschwindigkeit allerdings auf etwa die Hälfte. Der einzige Schwachpunkt ist die kurze Verzögerung beim Bildaufbau im Wiedergabemodus.
Auch bei der JPEG-Bildqualität hängt die Leica die Sony-Modelle ab. Die Auflösung ist höher und bleibt bis ISO 3200 praktisch konstant, um dann langsam zu sinken. Selbst bei ISO 50.000 haben wir noch einen höheren Wert gemessen als bei der RX1 bei ISO 100. Beim Bildrauschen erzielt die Q bis ISO 800 sehr gute Werte, danach sind die Sonys besser. Der Grund: Leica setzt den Rauschfilter traditionell sehr zurückhaltend ein und lässt mehr Helligkeitsrauschen zu, das einen etwas „körnigen“, analogen Eindruck hinterlässt. Dies erklärt auch die konstante Auflösung im High-ISO-Bereich, da kaum Details durch den Rauschfilter glatt gebügelt werden.
Die Verzeichnung der JPEGs fällt mit 0,1 Prozent sehr gering aus. Allerdings hat Leica – anders als Sony – ab Werk eine nicht abschaltbare Verzeichnungskorrektur aktiviert. Bei den DNG-Raw-Dateien übergibt Leica diese Korrektur-Informationen über Opcodes an das mitgelieferte Adobe Lightroom oder an Photoshop Camera Raw. Andere Raw-Konverter (im Test Affinity Photo und RawTherapee), welche die Korrekturdaten nicht auswerten, zeigen die sehr kräftige Verzeichnung des Summilux. Die Verzeichnungskorrektur dürfte auch einer der Gründe sein, warum die Auflösung am Bildrand selbst abgeblendet deutlich schlechter wird.
Testbilder mit der Leica Q
Die Auflösung ist vor allem in der Bildmitte sehr hoch, fällt zum Bildrand aber deutlich ab. Die starke Verzeichnung korrigiert Leica digital.
FAZIT
Trotz kleiner Schwächen hat Leica mit der Q eine der besten Kompaktkameras im Angebot. Sie lässt die gut zweieinhalb Jahre alten Sony-Modelle RX1 und RX1R hinter sich – mit knapp 4000 Euro hat das allerdings auch einen stolzen Preis. Die Sonys gibt es schon für rund 2600 Euro, wenn auch ohne integrierten Sucher und Bildstabilisator und mit nicht ganz so lichtstarkem und weitwinkeligem Objektiv.
Wer nicht unbedingt einen Vollformatsensor und 28 mm Weitwinkel braucht, sollte sich die Fujifilm X100T ansehen, die für 1200 Euro in unserer Wertung nur einen Prozentpunkt hinter der Leica liegt. Ansonsten bieten sich als – etwas größere – Alternativen natürlich Wechselobjektivkameras an. Die Sony Alpha 7 und das FE 2/28 mm gibt es beispielsweise zum Straßenpreis von rund 1500 Euro.
> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Labortest der Leica Q (im Vergleich mit Fujifilm X100T, LSony RX1R und Sony RX1).
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 9/2022 erschienen.
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