In der Stadtfotografie spielen die goldene und die blaue Stunde eine ganz besondere Rolle. Die goldene Stunde, die Zeit kurz vor Sonnenuntergang bis zur blauen Stunde, ermöglicht uns Aufnahmen bei viel Umgebungslicht und teilweise noch direktem Sonnenlicht. So gelingen farbenfrohe, helle Aufnahmen. Was fehlt, sind jedoch die typischen Stadtlichter.
Die blaue Stunde bietet einen hellblauen Himmel und genug Umgebungslicht für zur Belichtung der Tiefen
In der blauen Stunde profitiert der Stadtfotograf von der ganz besonderen Stimmung, die der Kontrast zwischen den meist gelblich-warmen Stadtlichtern und dem blauen Himmel erzeugt. Die frühe blaue Stunde (etwa 30 Minuten nach Sonnenuntergang) bietet einen hellblauen Himmel und genug Umgebungslicht, um die Tiefen ausreichend zu belichten. Die künstlichen Stadtlichter wirken jedoch noch etwas flau und nicht ganz so kontrastreich.
Die volle Wirkung erzielen die Stadtlichter in der späten blauen Stunde, rund ein bis zwei Stunden nach Sonnenuntergang. Der Himmel ist tiefblau und die Lichter erleuchten gegenüberliegende Wände. Die dunklen Bereiche unseres Bildes können wir jedoch kaum noch ausreichend belichten, sodass Teile des Motivs nur noch schwarz sind.
Vorher/Nachher: Schloss Sigmaringen zur Blauen Stunde
Die Lösung bietet hier das Verschmelzen von goldener und blauer Stunde bzw. der späten blauen mit der frühen blauen Stunde. Die Vorteile der verschiedenen Aufnahmezeiten fügen wir zusammen in ein nahtloses Bild – ein sogenanntes Time-blending, die Vermengung von Aufnahmezeiten.
Ein zusätzlicher Vorteil des Time-blendings ist, dass wir den Sonnenuntergang und die blaue Stunde festhalten. Sollte der Sonnenuntergang nicht besonders fotogen geworden sein, haben wir immer noch die Möglichkeit, nur die blaue Stunde unseres Motivs zu verwenden.
Vorbereitung zur Blauen Stunde: Machen Sie sich vorab Gedanken!
Da wir den Bildausschnitt beim Time-blending während der Aufnahmen nicht ändern dürfen, sollten wir uns vorher ein paar Gedanken machen und gut vorbereiten. Haben wir unser Motiv ausgesucht, geht es an die Aufnahmeplanung. Zu welcher Uhrzeit möchten wir unser Motiv fotografieren? Morgens zur blauen Stunde mit Sonnenaufgang oder lieber abends zum Sonnenuntergang mit der blauen Stunde.
Beide Varianten haben ihren eigenen, besonderen Reiz. Am Morgen hat man meist eine erwachende, ruhigere Stadt. Abends das hektische Treiben des Feierabends mit angeleuchteten Gebäuden. Zudem sollte der Stand der Sonne berücksichtigt und die Frage beantwortet werden, ob unser Motiv von der Sonne angestrahlt werden soll oder wir die Sonne hinter unserem Motiv untergehen sehen möchten.
Sommer wie Winter: nach den Jahreszeiten richten
Auch die Jahreszeiten spielen eine Rolle bei der Ansicht einer Stadtlandschaft und haben unterschiedliche visuelle Reize. Wenn möglichst viele Stadtlichter festgehalten werden sollen, spielen die Sommer- und Winterhalbjahre eine Rolle. Im Sommer geht die Sonne erst spät unter. Die meisten Firmen und Geschäfte haben dann schon Feierabend und die Lichter in den Büros sind aus.
Ein Bankenviertel fotografieren Sie daher am besten im Winter, wenn die Sonne schon am frühen Abend oder späten Nachmittag untergeht. Um diese Uhrzeit werden die meisten Lichter noch eingeschaltet sein und wir befinden uns in der Rushhour mit zusätzlichen, sehr vielen Verkehrslichtern.
Time-blending: Schritt für Schritt erklärt
Am Rechner suchen wir die besten Bilder vom Sonnenuntergang und der blaue Stunde aus und laden sie in Photoshop bzw. Lightroom.
Sicher und geschützt: der perfekte Standort für Ihr Stativ
Für die Time-blending-Aufnahmen befinden wir uns lange Zeit am selben Ort und dürfen unsere Kamera nicht bewegen, da wir später die exakten Bildausschnitte übereinanderlegen werden. Das bedeutet, wir müssen einen stabilen und sicheren Stand für unser Stativ finden, an dem wir niemandem im Weg stehen und nicht zwischendrin zur Seite rücken müssen.
Ausrüstung und Kameraeinstellungen: Das müssen Sie beachten!
Die Kamera sollte Raw-Aufnahmen ermöglichen und mit einem Fernauslöser bedienbar sein, um Verwacklungen zu minimieren oder auszuschließen. Darüberhinaus ist ein möglichst stabiles Stativ mit Kopf vorteilhaft. An der Kamera wählen wir die Blendenpriorität bzw. Zeitautomatik (Modus A, Av) und blenden das Objektiv leicht ab.
Die leistungsfähigste Blendenstufe mit der höchsten Auflösung finden Sie im fotoMAGAZIN-Objektivtest, ansonsten haben Sie vielleicht selbst bereits die förderliche Blende gefunden, die bei Weitwinkelobjektiven oft beim Abblenden um etwa zwei Stufen eintritt. Je nach Motiv – mit Vordergrund oder ohne – müssen Sie abschätzen oder vor Ort austesten, wie stark Sie für die gewünschte Schärfentiefe abblenden müssen. Die Empfindlichkeit stellen Sie auf die niedrigste native ISO-Zahl (50, 100, 200) ein. Mit diesen Einstellungen fotografieren wir in regelmäßigen Abständen von ein, zwei Minuten, um keine Lichtstimmung zu verpassen.
Wenn der Himmel nicht dunkler wird und die Lichter nicht stärker werden, haben wir das Ende der blauen Stunde erreicht. Die Tiefen sind nicht mehr korrekt belichtet und die blaue Stimmung hat sich in ein unschönes Grau-Schwarz verwandelt. Wir packen ein und machen mit der Raw-Entwicklung weiter.
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