Äußerlich unterscheidet sich die EOS 1D-X Mark III nur wenig von ihrer Vorgängerin EOS-1D X Mark II. Profifotografen müssen sich bei der Neuen also nicht großartig umgewöhnen. Allerdings bietet Canon ein neues Bedienelement an, das alternativ zum weiterhin vorhandenen Joystick genutzt werden kann: Der „Smart Controller“ arbeitet ähnlich wie eine optische Maus. Der Fotograf fährt mit dem Finger über das kleine Kontrollfeld und verschiebt so das AF-Messfeld, was auch mit Handschuhen funktioniert. Das geht schneller als mit dem Joystick, erfordert aber etwas Gewöhnung. wer will, kann weiterhin traditionell den Joystick nutzen. Großer Pluspunkt beim Arbeiten im Dunkeln: Die wichtigsten Tasten lassen sich nun beleuchten. Die Auflösung des 3,2-Zoll-Monitors hat Canon von 1,62 auf 2,1 Millionen Punkte verbessert. Außerdem wurde die Touch-Bedienung erweitert. Bei der Mark II ließ sich der Touchscreen nur im Videomodus nutzen, nun steht die volle Funktionalität, inklusive Menüsteuerung zur Verfügung.
Canon EOS-1D X Mark III: bis zu 20 Bilder pro Sekunde
Spätestens beim Einsetzen der Speicherkarte wird der Fotograf über die nächste größere Änderung stolpern: Die Mark III nutzt im Vergleich zu ihrer Vorgängerin statt CFast- und CF- die neuen CFexpress-Karten (zwei Slots vorhanden), die deutlich schneller sind. Uns stand zum Test eine SanDisk-Karte mit 512 GB und einer Schreibgeschwindigkeit von 1400 MByte/s zur Verfügung. CFexpress-Karten haben die gleichen Maße wie die von Nikon und Panasonic genutzten XQD-Karten (maximal 440 MByte/s), sodass sich theoretisch beide Medien mit dem gleichen Laufwerk nutzen lassen. Bei den Panasonic-Kameras Lumix S1 und S1R und den Nikon-Modellen Z6 und Z7 ist dies dank eines Firmware-Updates schon jetzt möglich. In der EOS-1D X Mark III lassen sich dagegen nur CFexpress- und keine XQD-Karten nutzen. Der Grund: Für XQD müssen Lizenzgebühren an Sony abgeführt werden. CFexpress-Medien dürften also auf mittlere Sicht günstiger sein als XQD-Karten und diese ablösen.
Lange Serien dank CFexpress
In der Praxis ist der Geschwindigkeitsgewinn in der EOS-1D X Mark III beeindruckend. Selbst bei Raw-Serienaufnahmen mit 16 Bildern/s leert sich der Puffer fast sofort, sodass mehr als 1000 Bilder in Folge möglich sind (170 bei der Mark II). Apropos Serienbilder: Mit 16 Bildern/s hat die Mark III gegenüber ihrer Vorgängerin 2 Bilder/s zugelegt. Im Live-View sind sogar 20 Bilder/s mit AF und Belichtungsnachführung möglich, wahlweise mit mechanischem oder lautlosem elektronischen Verschluss. Zum Vergleich: Die neue spiegellose Sport-Kamera Alpha 9 II von Sony kann ebenfalls 20 Bilder/s aufnehmen; allerdings nur mit elektronischem Verschluss – mit mechanischem Verschluss reduziert sich die Frequenz auf 10 Bilder/s. Außerdem sind mit ihr „nur“ 232 komprimierte Raws in Folge möglich, bei unkomprimierten Raws sinkt die Geschwindigkeit auf 12 Bilder/s und 122 in Folge.
Verbesserter Spiegelmechanismus
Den Spiegelmechanismus hat Canon an die erhöhte Geschwindigkeit angepasst; er wird nun schneller bewegt, was den Sucher-Blackout verringert. Tatsächlich war es im Test kein Problem, bei 16 Bildern/s ein schnell fahrendes Auto auch im Sucher zu verfolgen und die Kamera entsprechend mitzuziehen. Schnelle Serien erfordern natürlich auch eine lange Akkulaufzeit und so hat Canon den Stromverbrauch reduziert: Der gleiche Akku wie in der Mark II (LP-E19) liefert nun nach CIPA-Standard 2850 statt 1210 Aufnahmen per Ladung. Im Praxistest waren übrigens deutlich mehr Bilder möglich, da wir die aufgenommen Bilder eher selten begutachtet haben. In jedem Fall hat die SLR-Technik bei der Akkulaufzeit deutlich Vorteile gegenüber spiegellosen Kameras – die Alpha 9 II schafft 500 Bilder pro Akkuladung.
Autofokus mit Deep-Learning-Technologie
Wesentliche Verbesserungen bringt die EOS-1D X Mark III beim Autofokus mit, den Canon mit Hilfe von „Deep Learning“ trainiert hat. Das heißt, er wurde mit zahlreichen Bildern gefüttert und hat auf diese Basis gelernt, Motive zu erkennen und zu verfolgen. Anders als wir ursprünglich anhand der Vorabinformationen vom Oktober vermuteten, lernt die Kamera allerdings nicht im laufenden Betrieb dazu. Theoretisch wäre es möglich, den AF per Firmware-Update mit neuen Lernergebnissen zu versorgen – in unserem Gespräch mit dem zuständigen Canon-Ingenieur Tomokazu Yoshida mochte sich das Unternehmen aber noch nicht festlegen, ob dies tatsächlich passieren wird. Im Test heftete sich der AF jedenfalls zuverlässig an Rennwagen und verfolgte diese mit 16 Bildern/s weitgehend zuverlässig. Am Anfang einer Serie kann es allerdings sein, dass der AF den Bruchteil einer Sekunde benötigt, um das Motiv zu identifizieren. Es empfiehlt sich daher, das Objekt schon vor dem Auslösen mit halb gedrücktem Auslöser bzw. AF-on-Taste zu verfolgen. Der AF wird von einem eigenen DIGIC-8-Prozessor unterstützt. Für die weitere Verarbeitung der Bilddaten ist der neue DIGIC-X-Prozessor zuständig, der deutlich leistungsfähiger ist als der bisherige doppelte DIGIC-6+-Prozessor.
191 Autofokus-Messfelder
Der Sensor für den Sucher-AF nutzt 191 Messfelder, davon 155 Kreuzsensoren (Mark II: 61 Messfelder mit 41 Kreuzsensoren), die aber nach wie vor recht mittig angeordnet sind. Er hat laut Canon eine 28mal höhere Auflösung und kann besser mit kontrastarmen Motiven, feinen Details und diagonalen Linien umgehen. Der AF ist außerdem in der Lage, Gesichter bzw. Köpfe (auch von hinten) zu erkennen, allerdings keine Augen – dazu reicht die Auflösung des für die Motiverkennung zuständigen Belichtungssensors (ca. 400.000 Pixel, RGB und IR) noch nicht aus. Erweitert wurde der AF-Arbeitsbereich, der nun von -4 bis +21 EV reicht (Mark II: -3 bis +18 EV). Die zahlreichen Autofokuseinstellungen hat Canon wie gehabt in Presets für verschiedene Bewegungssituationen zusammengefasst. Neu ist hier die Automatik-Einstellung, welche Bewegungsmuster analysiert und dann selbstständig die passenden Einstellungen wählt.
Im Live-View nutzt die Kamera den bewährten Dual Pixel CMOS Autofokus mit Phasen-Detektion: 3869 AF-Messfelder decken hier fast das ganze Bildfeld ab (100 % in der Höhe, 90 % in der Breite). Eine Gesichts- und Augenkennung ist im Live-View möglich, allerdings ist die Mark III (anders als die aktuellen Sony-Kameras) nur auf menschliche und nicht auf Tieraugen trainiert.
Verbesserte Bildqualität mit 20 Megapixeln
Die Auflösung des neuentwickelten CMOS-Bildsensors hat Canon bei 20,1 Megapixeln belassen, es kommt aber ein neuer vierschichtiger Tiefpassfilter zum Einsatz, der mehr Bilddetails erhält. Der Sensor soll außerdem einen verbesserten Dynamikumfang haben. Den verfügbaren Empfindlichkeitsbereich hat Canon um eine Stufe erweitert; er reicht nun bis ISO 102.400, bzw. 819.200 im erweiterten Modus (nach unten auf ISO 50 erweiterbar). Präzise Aussagen zur Bildqualität können wir aufgrund des Vorserienstatus unseres Testgerätes noch nicht treffen, diese bleiben einem Labortest in einer der nächsten fotoMAGAZIN-Ausgaben vorbehalten. Da Sportfotografen in der Regel wegen der Datenmengen keine Raws aufnehmen, hat Canon der Mark III ein neues Bildformat spendiert. Das – ähnlich aus iPhones bekannte – HEIF (High Efficiency Image File Format) erzeugt kleine Dateien, die aber eine höhere Farbtiefe als JPEGs haben (10 statt 8 Bit pro Farbkanal) und dank effektiverer Komprimierung bei gleicher Dateigröße eine bessere Qualität erreichen. Um HEIF in der Kamera zu nutzen, muss man übrigens den HDR-PQ-Modus aktivieren, der automatisch eine Aufnahme mit erweitertem Dynamikumfang erstellt. Raw-Dateien lassen sich in der Kamera wahlweise in JPEG oder HEIF (Dateiendung HIF) konvertieren. Zum Testzeitpunkt Mitte Dezember konnten wir weder die HEIF- noch die Raw-Dateien der Mark III am Computer öffnen und damit keine Aussagen zur tatsächlichen Qualität machen.
Starke Videofunktionen mit 5,5K-Video
Nicht fehlen dürfen natürlich Verbesserungen beim Filmen: Die Mark III nimmt intern Raw-Videos (12 Bit) mit bis zu 5,5K/60p auf (5472 x 2886 Pixel), die maximale Datenrate liegt hier bei 2600 Mbit/s. DCI- und UHD-4K (4096 x 2160 bzw. 3840 x 2160 Pixel) sind ebenfalls mit bis zu 60p möglich, allerdings funktioniert der Autofokus erst ab 30p beziehungsweise im 4fach-Zeitlupenmodus (Full-HD mit 120 fps). Sowohl 5,5K als auch DCI-4K kommen ohne Crop aus, bei UHD-4K geht minimal Weitwinkel verloren (horizontal 6 %). Anders als bei der Mark III steht nun auch eine logarithmische Gammakurve zur Verfügung (C-Log mit maximal 4:2:2 Farbunterabtastung und 10 Bit bei Verwendung des H.265-Codecs). Zur Stabilisierung steht neben dem optischen Stabilisator in den Objektiven ein digitaler, 5-achsiger Movie-IS zur Verfügung.
Verbesserte Netzwerkfunktionen
Für den Sportfotografen sind weiterhin die Verbesserungen bei den Netzwerkfähigkeiten von Bedeutung. So hat Canon nun WLAN (2,4 GHz) und Bluetooth integriert, bietet aber weiterhin einen leistungsstärkeren externen Adapter an. Der WFT-E9 (ca. 740 Euro) beherrscht 2,4 und 5 GHz, hat eine Reichweite von 150 m und erlaubt eine Fernsteuerung per Browser und HTTPS. Die schnellste und stabilste Verbindung ist weiter per Ethernet-Kabel möglich (10-, 100- und 1000BASE-T). Insgesamt bringt die neue EOS über 100 Verbesserungen mit; dazu gehören die USB-C/3.1-Schnittstelle, Sprachkommentare beim Senden der Bilder, 500.000 Verschlusszyklen, ein Regler für Klarheit (Mikrokontrast) und das CR3-Format mit optionaler Komprimierung. Die EOS-1D X Mark III ist ab Mitte Februar für rund 7300 Euro erhältlich.
Fazit zur Canon EOS-1D X Mark III
Canon zeigt, was zurzeit mit Spiegelreflexkameras in der Sportfotografie möglich ist und legt die Messlatte für Nikons kommende D6 hoch. Vor allem der verzögerungsfreie Sucher und die längere Akkulaufzeit spricht für die SLR-Technik. Die großen Sport-Events in 2020 (Fußball-EM und Olympische Spiele) dürften daher wohl noch überwiegend mit Spiegelreflexkameras fotografiert werden.
Beitrage Teilen