Im Test: SLR-Objektive für Vollformat

Sowohl das Canon EF 2,8/70-200 mm L IS III USM als auch das Nikon AF-S Nikkor 5,6/500 mm E PF ED VR versprechen viel Spaß für Tele-Fotografen. Aber ist die Freude wirklich ungetrübt?

Porträt Lars Theiß

Lars Theiß

Praxis-Redakteur, seit 1995 im fotoMAGAZIN-Team.

Teleobjektive Canon und Nikon
Fotos: © Hersteller

Zu den Hinguckern auf der photokina 2018 haben beide Spiegelreflexobjektive für Vollformat gehört: Das EF 2,8/70-200 mm L IS III USM am Canon-Messestand und das AF-S Nikkor 5,6/500 mm E PF ED VR bei Nikon. Während das Canon-Zoom nun in die dritte Generation geht und viele Profis ihr Equipment auffrischen werden, ist die Nikon-Festbrennweite nicht nur für Profis gedacht: Zwar lässt der Preis von rund 4000 Euro das vemuten, doch liegt es damit erheblich günstiger als die deutlich schwereren und lichtstärkeren Superteles wie das 4/500 mm. Deshalb werden viele Natur- und Sportfotografen mit dem Neuling liebäugeln.

 
Canon EF 2,8/70-200 mm L IS III USM

Canon EF 2,8/70-200 mm L IS III USM
Preis: ca. 2300 Euro

© Canon

Das EF 2,8/70-200 mm L IS III USM ist – Canon-typisch für die L-Serie – top verarbeitet und recht schwer aus Metall und Kunststoff gefertigt. Eine Gummilippe schützt das Bajonett vor dem Eindringen von Staub oder Feuchtigkeit. Sowohl Zoom- als auch Fokussierring sind breit, gummiert und sehr geschmeidig, zum manuellen Scharfstellen zwischen der guten Nahgrenze von 1,2 m und Unendlich stehen rund 140 Grad Drehwinkel zur Verfügung. Auf hohem Niveau bewegen sich die Schutzmaßnahmen gegen Streulicht, wenngleich einige Fassungen glänzen. Die mitgelieferte und tulpenförmige Streulichtblende ist innen mit Samt ausgeschlagen und besitzt eine Lösetaste. Die dritte Version des bildstabilisierten Zoomklassikers verfügt über zwei Stabilisierungsmodi: normal und für Mitzieher.

Der Fokussierbereichsbegrenzer reduziert die Einstellbereich auf 2,5 m bis Unendlich. Abnehmbar ist der metallene Stativring mit Fuß. Er rastet nicht, läuft sanft und besitzt ein 1/4-Zoll-Gewinde.

Die optische Leistung des Canon EF 2,8/70-200 mm L IS III USM

Optisch zeigt das 70-200 mm III insgesamt sehr gute Leistungen. Seine Auflösung ist bei allen Brennweiten an beiden Sensorformaten über die Blenden ziemlich konstant. Mit Ausnahme der langen Brennweite am APS-Sensor erreicht die Auflösung nach dem Abblenden um eine Stufe auf f/4 ihr Maximum. Am Vollformatsensor sind dies bei 70 und 120 mm sehr gute Werte, bei 200 mm gute Werte. Wie üblich, zeigt dabei die Tele-Endbrennweite die niedrigste Auflösung.

Einschränkungen zeigen sich auch bei der Randabdunklung. Im Vollformat ist sie deutlich und spontan bei der Offenblende, um zwei Stufen abgeblendet verbessert sie sich, bleibt aber immer noch leicht spontan. Am APS-Sensor ist die Randabdunklung nur bei 200 mm bei Offenblende etwas sichtbar. Ein typisches Verhalten für Telezooms zeigt auch die Verzeichnung. Bei der kurzen Brennweite ist sie sichtbar tonnenförmig, obwohl sie im Sucher kissenförmig erscheint. Bei der mittleren gemessenen Brennweite 120 mm wechselt sie dann zu – gering – kissenförmig und nimmt bei 200 mm auf sichtbar zu. Auch hier zeigt das Sucherbild eine stärkere Verzeichnung, als später im Bild sichtbar; es wird also digital korrigiert.

Unter dem Strich erhält Canons jüngstes Profizoom für Spiegelreflexkameras ein „Super“.

Nikon AF-S Nikkor 5,6/500 mm E PF ED VR

Nikon AF-S Nikkor 5,6/500 mm E PF ED VR.
Preis: ca. 4000 Euro

© Nikon

Das leichte Nikkor 500 mm

Das Nikon AF-S Nikkor 5,6/500 mm E PF ED VR ist vornehmlich aus Kunststoff sehr gut bis ausgezeichnet gefertigt und hat ein Metallbajonett mit Dichtungslippe. Sein geringes Gewicht erklärt sich durch den Einsatz einer Phasen-Fresnel-Linse (PF), die eine Linsengruppe ersetzt und dadurch einen deutlich kompakteren und leichteren Bau ermöglicht als bei herkömmlichen Objektiven. Zum Vergleich: Seine rund 1460 Gramm bewegen sich etwa auf dem Niveau des AF-S 2,8/70-200 mm E FL ED VR.

Das manuelle Scharfstellen gelingt mit den rund 200 Grad Fokussierweg des geschmeidig laufenden Rings, die eingestellte Entfernung lässt sich in einem Fenster kontrollieren. Der Fokussierbereich kann im AF-Modus auf acht Meter bis Unendlich begrenzt werden. Ein abgeriegelter Nahbereich ab drei Meter steht nicht zur Verfügung. Die Vibration Reduction (VR) bietet die Bildstabilisierungsmodi Normal (gleicht bis zu vier Blendenstufen aus) und Sport (für Mitzieher).

Die Kunststofffilterfassung (95 mm) wird vor Stößen mit einem schmalen Gummiring geschützt. Vier rund um die Front verteilte Fokushaltetasten bieten bei jeder Kamerahaltung sehr guten Zugriff auf die Fokussierung. Neben der Memory-Set-Taste und dem Memory-Recall-Schalter (zum Festlegen und Abrufen von Entfernungseinstellungen) kann auch ein Signalton ein- und ausgeschaltet werden. Der breite und geriffelte Gummiring am Vorderende des Objektivs besitzt keine Funktion.

Das 500er besitzt eine Stativschelle, die sich nicht-rastend und leichtgängig drehen lässt. Ihr Feststellknopf dürfte etwas größer und griffiger sein. Die Schelle selbst kann nicht abgenommen werden, anders als der daran befestigte Fuß, der leider nicht Arca-Swiss-kompatibel ist, wie es jetzt in Mode ist. Er hat eine griffigere Schraube, die nur minimal gelöst werden muss, um nach Druck der kleinen Taste – in der Beuge des Fußes – den Fuß selbst in der Hand zu haben. Hier sollte Nikon mehr Sicherheitsspielraum einbauen, damit der Fotograf beim Transport des Teles am beliebten „Griff“ nicht versehentlich nur noch den Schellenfuß in der Hand hat und der Rest des Objektivs auf dem Boden liegt. Positiv ist, dass im Fuß zwei 1/4-Zoll-Stativgewinde sitzen. Die große, runde Streulichtblende HB-84 aus Kunststoff ist innen mattiert und hat eine Entriegelungstaste für den Bajonettanschluss.

Optisch spielt das neue 500er seine Stärken besonders am Vollformatsensor aus. Die Auflösung ist am größeren Sensor bis Blende f/16 höher als am kleineren APS-C-Sensor. Weiteres Abblenden reduziert durch die Beugung den Wirkungsgrad sichtbar. Die maximale Auflösung wird jeweils bei Blende f/8 erzielt, wobei sich im Vollformat der Zugewinn im Vergleich zur Offenblende kaum lohnt. Im Vollformat ist die Auflösung bei Blende f/8 gut bis sehr gut, also bleibt noch Luft nach oben. Die fehlt allerdings bei den Kriterien Randabdunklung und Verzeichnung, denn hier sammelt das Nikkor fleißig Punkte. Die Vignettierung ist bei APS und Offenblende etwas stärker, aber dennoch sehr gut. Die maximale Punktezahl holt es bei der Verzeichnung. So sammelt das Nikkor 500 mm PF exakt die Punktezahl, die für ein „Super“-Siegel noch gerade ausreicht.

Testaufnahmen mit den Teleobjektiven:

 

 

FAZIT
Wenn Canon die dritte Generation eines Objektivs herausbringt, dann darf man hohe Leistungen erwarten. So auch beim EF 2,8/70-200 mm L IS III USM: Mechanisch top, zeigt es auch im Labor meist sehr gute Werte. Beim AF-S Nikkor 5,6/500 mm E PF ED VR bleibt ein leichtes Gefühl der Ernüchterung: Angesichts der Lichtstärke und der Brennweite hätten wir eine noch höhere Auflösung erhofft. Daher erlangt das Supertele insgesamt nur mit Mühe das „Super“-Siegel.

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Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Canon EF 2,8/70-200 mm L IS III USM, Nikon AF-S Nikkor 5,6/500 mm E PF ED VR).

Labormessungen: Anders Uschold
 

Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 11/2018 erschienen.

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