Die DSGVO hat viele Fotografen verunsichert. Nun sorgt ein neues Urteil des Bundesgerichtshofes für weitere Aufregung. Es wird große Auswirkungen in der Foto-Praxis haben, denn es schränkt die Freiheit der Fotografie erheblich ein – für Profis und für Hobbyfotografen. Das Urteil beendet einen jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim und dem Internet-Lexikon Wikipedia. Ein ehrenamtlicher Wikipedia-Mitarbeiter hatte dort von ihm hergestellte Fotos eingestellt, auf denen Gemälde und andere Objekte aus der im Eigentum des Museums stehenden Sammlung zu sehen sind.
Unerlaubt im Museum hergestellte Fotos dürfen nicht ins Netz gestellt oder in anderer Weise veröffentlicht werden.
Die Fotos hatte der Mann zum Teil bei einem Museumsbesuch angefertigt. Andere Bilder waren Aufnahmen aus dem Museumskatalog, die der Wikipedia-Mitarbeiter zuvor eingescannt hatte. Beides wäre nur mit Erlaubnis des Museums zulässig gewesen, urteilte der BGH und bestätigte damit die Rechtsauffassung der Stuttgarter Gerichte, die zuvor ebenso urteilten. Die rechtliche Begründung ist jedoch in den beiden Fallgruppen unterschiedlich:
- Das Hochladen der eingescannten Bilder aus dem Museumskatalog beurteilte der BGH (Urteil vom 20. Dezember 2018 – Az. I ZR 104/17) als Urheberrechtsverletzung: Reproduktionsfotos von Gemälden und anderen Kunstwerken sind als Lichtbild nach § 72 Abs. 1 UrhG geschützt. Bei ihrer Anfertigung hat der vom Museum beauftragte Fotograf eine Reihe von gestalterischen Elementen umgesetzt, zu denen Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt der Aufnahme zählen. Deshalb erreichen solche Fotografien regelmäßig - so der BGH - das für den Urheberschutz erforderliche Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung, auch wenn der Urheberschutz des abgebildeten Werks bereits angelaufen ist. Mit dem Einstellen dieser Fotos auf Wikipedia wurde das dem Museum vom Fotografen übertragene Recht verletzt, die Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen.
- Mit der Anfertigung eigener Fotografien anlässlich eines Museumsbesuchs sei gegen das vertraglich vereinbarte Fotografierverbot verstoßen worden. Der Besuch eines Museums wurde vom BGH rechtlich als „Besichtigungsvertrag“ bewertet, dessen Inhalt u. a. die Benutzungsordnung und aushängenden Piktogramme mit einem durchgestrichenen Fotoapparat sei. Ein derartiges Fotografierverbot sei wirksam und rechtlich verbindlich, weshalb solche Fotos auch nicht im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen.
Fotoverbote sind auch dann wirksam, wenn es um Kunstwerke geht, deren Schutzfrist bereits abgelaufen ist.
Das Urteil ist weit über den konkreten Fall hinaus für die Praxis bedeutsam. Die Ausführungen des BGH zu den Rechten des Museums gelten entsprechend für alle Veranstaltungen in geschlossenen Räumen oder abgesperrten Geländen (z. B. Ausstellungen, Aufführungen). Zudem ist nun in letzter Instanz geklärt, dass auch Reproduktionsfotos urheberrechtlich geschützt sind – mit der Folge, dass man sie zwar zu rein privaten Zwecken abfotografieren, einscannen oder sonst wie vervielfältigen, aber keinesfalls ohne Erlaubnis frei zugänglich ins Netz stellen darf. Auch wenn der abgebildete Gegenstand nicht oder nicht mehr urheberrechtlich geschützt ist.
Die wichtigsten Konsequenzen der neuen Rechtssprechung:
• Museen dürfen Fotografierverbote aussprechen
• Unerlaubt hergestellte Fotos dürfen nicht ins Netz gestellt
oder in anderer Weise veröffentlicht werden.
• Dies gilt auch dann, wenn keine kommerziellen oder
gewerblichen Interessen verfolgt werden.
• Fotografierverbote sind auch dann wirksam, wenn es um
gemeinfreie Kunstwerke geht, deren urheberrechtliche
Schutzfrist (in der Regel 70 Jahre) schon abgelaufen ist.
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