Ricoh setzt bei der Pentax KP auf den Retro-Trend und lehnt das Design an den M- und LX-Baureihen aus den späten 70er- und 80er-Jahren an. So ist die Kamera mit dem ab Werk montierten kleinen Griff sehr flach. Dieser lässt sich allerdings mit Hilfe eines Inbusschlüssels austauschen: Ein mittlerer und ein großer Griff werden mitgeliefert.
Auf der Kameraoberseite hat Ricoh – ähnlich wie bei der Vollformat-SLR K-1 – zahlreiche Bedienelemente untergebracht. Neben dem obligatorischen Moduswahlrad gibt es ein Smart-Funktionsrad, über das sich schnell Serienbilder, HDR-Modus, Belichtungsmessung und andere Einstellungen aufrufen und mit dem Einstellrad auf der Oberseite ändern lassen – drei Custom-Positionen können nach eigenen Vorstellungen belegt werden.
Auf dem Moduswahlrad stehen außerdem fünf User-Modi zur Verfügung, von denen vier ab Werk mit Einstellungen für HDR, Makro, Astrofotografie und manuelle Objektive programmiert sind. Der fünfte User-Modus ist frei, die anderen können mit eigenen Einstellungen überschrieben werden. Zusammen mit weiteren Funktionsknöpfen und dem klassischen vorderen und hinteren Einstellrad lässt sich die KP überwiegend komfortabel bedienen, einzig das Verschieben des AF-Messfeldes ist etwas umständlich, da ein Joystick fehlt.
Im Vergleich zur K-1 oder dem bisherigen APS-C-Spitzenmodell K-3 II ist dem flachen Gehäuse das Statusdisplay auf der Oberseite zum Opfer gefallen. Die wichtigsten Einstellungen werden aber auf dem Rückseitenmonitor angezeigt und über die INFO-Taste gelangt der Fotograf in ein Schnell-Menü mit den wichtigsten Einstellungen.
Der 3,0-Zoll-Monitor lässt sich um 90 Grad nach oben und 45 Grad nach unten kippen. Eine Touchscreen-Bedienung ist nicht möglich – diese beherrschen im Testfeld nur die Canon EOS 80D und die Nikon D500. Der Pentaprismensucher hat klassentypisch eine 100-prozentige Bildfeldabdeckung und zeigt ein einigermaßen großes Bild. Die Mattscheiben lassen sich übrigens austauschen.
Wie von Ricoh gewohnt, ist das Kameragehäuse sehr robust und mit 67 Dichtungen gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser geschützt sowie bis -10 Grad Celsius frostsicher.
Als Zubehör ist der Batteriegriff D-BG7 erhältlich, der die Bedienung im Hochformat vereinfacht und mit einer zusätzlichen Batterie die Laufzeit verlängert – ohne Batteriegriff ist diese mit 400 Aufnahmen deutlich kürzer als bei der K-3 II (750 Aufnahmen) oder den meisten anderen Kameras im Test.
Beweglicher Sensor
Ein wichtiger Vorteil von Pentax-SLRs gegenüber den Modellen von Canon und Nikon ist der in die Kamera integrierte Bildstabilisator, der den Bildsensor verschiebt und so Bewegungen des Fotografen auf fünf Achsen korrigiert (Drehung, horizontale und vertikale Verschiebung, horizontale und vertikale Neigung).
In der KP erreicht er laut Ricoh wie in der K-1 eine Effektivität von fünf Blendenstufen (K-3 II und K-70: 4,5 Blendenstufen). In unserem Test mit dem 3,5-5,6/16-85 mm haben sich diese Angaben bestätigt: Im Telebereich (ca. 128 mm kleinbildäquivalent) gelangen mit Belichtungszeiten von 1/6 s bis 1/4 s meist scharfe Aufnahmen. Zur Sicherheit sollte man aber an der Verwacklungsgrenze mehrere Aufnahmen machen.
Der Vorteil des beweglichen Sensors gegenüber dem Bildstabilisator im Objektiv zeigt sich auch bei anderen Funktionen. Vielversprechend ist der Pixel-Shift-Resolution-Modus (PSR). Hierbei macht die KP (wie schon die K-3 II, K-1 und K-70) vier Aufnahmen, bei denen der Sensor um jeweils einen Pixel nach links, rechts, unten und oben verschoben wird.
Anders als Olympus nutzt Ricoh den Pixel Shift nicht, um eine Datei mit höherer Pixelzahl zu erzeugen; stattdessen werden pro Pixel rote, grüne und blaue Farbinformationen erfasst, die normalerweise mit Qualitätsverlusten aus Nachbarpixeln interpoliert werden. Voraussetzung ist ein Stativ und ein weitgehend statisches Motiv.
Die Kamera erkennt allerdings leichte Bewegungen – beispielsweise von Blättern im Wind – und nutzt in diesen Bereichen nur eine Belichtung, um Artefakte zu vermeiden. Tatsächlich konnten wir im Test im PSR-Modus ein geringeres Rauschen und eine etwas bessere Auflösung feststellen. Für letztere sollte aber ein entsprechend hochwertiges Objektiv zum Einsatz kommen – mit dem Zoom 3,5-5,6/16-85 mm konnten wir kaum Unterschiede erkennen.
Der beweglich gelagerte Bildsensor kann aber noch mehr. So hat Ricoh das schärfemindernde Tiefpassfilter vor dem Sensor weggelassen. Dies hat prinzipiell den Nachteil, dass bei bestimmten Motiven Moirés entstehen können. Um dies zu vermeiden, lässt sich der Bildsensor in leichte Vibrationen versetzen und damit das Tiefpassfilter simulieren.
Weitere Funktionen des beweglichen Bildsensors sind eine automatische Horizontkorrektur um +/- 1 Grad, die Simulation eines Tilt-Shift-Objektivs (Verkippen um 1,5 mm) und der Astrotracer, bei dem die Bewegung der Erdachse bei längeren Belichtungen durch die Bewegung des Sensors ausgeglichen wird – Voraussetzung ist das optional erhältliche GPS-Modul O-GPS1.
Autofokus und Verschluss
Wie die K-3 II nutzt auch die KP das Autofokusmodul SAFOX 11, das 27 Messfelder, davon 25 Kreuzsensoren, und eine Empfindlichkeit bis -3 EV mitbringt. Der Live-View beruht auf einem reinen Kontrast-AF und ist entsprechend langsam – wir haben mit dem 3,5-5,6/16-85 mm 1,3 s Auslöseverzögerung gemessen.
Zum Vergleich: Canons EOS 80D mit Hybrid-AF fokussiert im Live-View mit dem EF-S 3,5-5,6/18-135 mm Nano USM in 0,25 s bis 0,55 s. Nikon hat den Live-View-AF zuletzt mit neuen Schrittmotoren in den AF-P-Objektiven beschleunigt und erreicht mit dem AF-P 3,5-5,6/18-55 mm VR immerhin rund 0,6 s.
Der schwache Live-View-AF macht sich vor allem bei der Videoaufzeichnung negativ bemerkbar – eine Autofokusnachführung ist gar nicht erst möglich. Auch sonst gehört Video nicht zu den Stärken der KP. Full-HD-Filme nimmt sie nur mit 30 Vollbildern beziehungsweise 60 Halbbildern/s auf. Bei Canon und Nikon sind zumindest 60 Vollbilder/s möglich, in der D500 auch 4K. Immerhin kann die KP Intervallaufnahmen zu einem Film in 4K-Auflösung zusammenstellen.
Der mechanische Verschluss ist wie bei der K-70 für 1/6000 s ausgelegt – in dieser Preisklasse schafft die Konkurrenz, beziehungsweise die K-3 II aus dem eigenen Haus, 1/8000 s. Pentax gleicht den Nachteil aber zum Teil durch einen elektronischen Verschluss aus (im Menü irritierenderweise elektronische Blende genannt), der sogar 1/24.000 s beherrscht und im Live-View das lautlose Auslösen ermöglicht.
Zu der insgesamt herausragenden Ausstattung tragen weitere Funktionen wie Mehrfachbelichtungen, eine elektronische 3D-Wasserwaage, die Raw-Bearbeitung in der Kamera und das integrierte Wi-Fi-Modul bei, das sich auch zur Fernsteuerung nutzen lässt.
Geschwindigkeit und Bildqualität der Pentax KP
Kein Ruhmesblatt ist die Autofokusgeschwindigkeit im Sucherbetrieb: Mit dem DA 3,5-5,6/16-85 mm WR haben wir im Labor eine Auslöseverzögerung von rund 0,7 bis 0,9 s gemessen, das ist der mit Abstand schlechteste Wert im Testfeld. Am schnellsten ist die Sony Alpha 77 II (ca. 0,3 s).
Bei Serienbildern haben wir eine Frequenz von 6,8 Bildern/s ermittelt, welche die Kamera mit einer schnellen Speicherkarte für sehr gute 158 JPEGs in Folge durchhält, im Raw-Modus wird sie allerdings schon nach 10 Bildern in Folge langsamer. Aktiviert man den kontinuierlichen Autofokus, so reduziert sich die Serienbildgeschwindigkeit auf maximal 5,3 Bilder/s.
Bei der Bildqualität liegt die KP ungefähr gleichauf mit der Konkurrenz, allerdings fällt die im Labor mit dem 50er-Makro gemessene Auflösung relativ niedrig aus. Die besten Werte erreicht sie überraschenderweise nicht bei ISO 100, sondern zwischen ISO 200 und ISO 800 – auch hier kommt sie allerdings nicht über 11 effektive Megapixel hinaus.
Zum Vergleich: Die Nikon D7200 und Sony Alpha 77 II mit der gleichen Sensorauflösung bringen es auf rund 20 effektive Megapixel. Besser steht die KP in den höheren ISO-Stufen da, weil die Auflösung bis ISO 12.800 fast konstant bleibt – die D7200 hat hier nur noch die minimal höhere Auflösung.
Das Bildrauschen fällt erfreulich niedrig aus – vor allem zwischen ISO 400 und 3200 ist die KP eine der besten Kameras im Testfeld, wobei die Sony Alpha 77 II noch etwas bessere Rauschwerte erreicht. Sehr gut ist die KP beim Dynamikumfang – zwischen ISO 200 und 800 erreicht sie mit rund 9 Blendenstufen die besten Werte im Testfeld.
In der Praxis hat die KP – ähnlich wie andere APS-C-SLRs – bis ISO 1600 eine sehr gute Bildqualität und bei ISO 3200 noch eine gute. Höhere ISO-Stufen sind für hohe Ansprüche und große Ausgabefomate nicht empfehlenswert.
Fazit: sehr gute Kamera mit starker Konkurrenz
In unserem Wertungsschema schneidet die KP etwas besser ab als die K-3 II. Für die Neue spricht, dass sie etwas leichter sowie minimal kleiner ist, ein integriertes Wi-Fi-Modul und einen elektronischen Verschluss hat. Auf der anderen Seite fehlt ihr das eingebaute GPS-Modul, der mechanische Verschluss schafft nur 1/6000 s und die Akkulaufzeit fällt deutlich kürzer aus.
Bei der Bildqualität nehmen sich die beiden Pentax-Modelle unter dem Strich wenig, wobei die K-3 II in den unteren ISO-Stufen besser ist und die KP ab ISO 800. Im Vergleich mit den Testsiegern können beide Pentax-SLRs nicht ganz mithalten. Vor allem der vergleichsweise langsame Autofokus zieht die Wertung nach unten.
Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Canon EOS 80D, Canon EOS 7D Mark II, Nikon D500, Nikon D7200, Ricoh Pentax K-3 II, Ricoh Pentax KP, Sony Alpha 77 II).
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 05/2017 erschienen. Zur Einzelheftbestellung gelangen Sie hier.
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