Im Test: Zwei Profi-Telezooms 2,8/70-200 mm

Farbe und Größe lassen auf ganz unterschiedliche Objektive schließen, doch unter dem Strich steckt das Gleiche drin: Wie schlagen sich die Profi-Telezooms für Canons und Nikons Vollformat-Spiegellose im Test?

Porträt Lars Theiß

Lars Theiß

Praxis-Redakteur, seit 1995 im fotoMAGAZIN-Team.

Zwei Profi-Telezooms im Test

Unsere Testkandidaten im Oktober 2020: Links das Canon RF 2,8/70-200 mm L IS USM (Preis: ca. 2780 Euro). Rechts: Nikon Nikkor Z 2,8/70-200 mm VR S zum Preis von ca. 2730 Euro.

© Hersteller

Als Brot-und-Butter-Objektiv gelten für Profis die lichtstarken Telezooms 2,8/70-200 mm; und auch Fotografen, die zum privaten Vergnügen ihrem Hobby nachgehen, haben diesen Objektivtyp gerne in ihrem Fundus. Der Brennweitenbereich lässt viele Anwendungen zu, die hohe Lichtstärke und die Bildstabilisatoren helfen unter schwachem Licht oder beim Freistellen der Motive – Porträts eingeschlossen.

Daher ist es naheliegend, dass Canon und Nikon für ihre jungen spiegellosen Vollformatsysteme sehr frühzeitig mit diesem Objektivtyp aufwarten. Wir haben das Canon RF 2,8/70-200 mm L IS USM und das Nikon Nikkor Z 2,8/70-200 mm VR S im BAS-Digital-Test geprüft und praktisch ausprobiert.

Aufnahme mit Canon RF 2,8/70-200 mm L IS USM

Ungewöhnlich für ein Profizoom dieser Objektivklasse ist das Ein- und Ausfahren des Tubus – Canon verlässt sich auf seine Abdichtungen gegen Staub.

© Canon

Canon mit Auszugsverlängerung

Canon geht bei seinem Modell einen ungewöhnlichen Weg: Während die 70-200er aller Hersteller seit (Spiegelreflex-)Generationen einen internen Zoommechanismus besitzen, der dafür sorgt, dass das Objektiv seine Baulänge bei der Brennweitenverstellung beibehält, griff Canon zur Bauweise von einfacheren und lichtschwächeren Zooms mit einer Auszugsverlängerung.

Der Vorteil liegt spürbar auf der Hand: Das RF 70-200 mm ist laut Canon das kürzeste und leichteste Wechselobjektiv dieser Objektivkategorie. Der Nachteil: Das Handling ist eher ungewohnt, der Zoomring ist etwas schwergängiger und beim Ein- und Ausfahren vergrößert sich die Gefahr, Feuchtigkeit oder Staub einzusaugen.

Die übrige Mechanik ist auf hohem Niveau, es gibt nur kleine Schwächen beim Fokussierring, beim Streulichtschutz, der Kunststoff-Filterfassung und dem durchschnittlichen Stativring. Der Fokussierbereichsbegrenzer bietet nur eine Wahl des Fernbereichs.

Display Nikon 70-200 mm

Trotz der – für ein Zoom – hohen Lichtstärke liefert das Canon RF 2,8/70-200 mm bereits bei offener Blende seine höchste Auflösung

© Lars Theiß

Ausgezeichnete Auflösung des Profi-Telezooms

Die optischen Leistungen übertrumpfen die Mechanik. Soweit vom Menü zugelassen, haben wir die Objektivkorrektur-Funktionen bei beiden Testkandidaten ausgeschaltetet. Die Auflösung ist bei allen Brennweiten schon bei offener Blende ausgezeichnet und steigert sich durch Abblenden nur noch marginal. Ab Blende f/8 geht sie allerdings kräftig zurück.

Die Randabdunklung ist ebenfalls ausgezeichnet korrigiert, was auf interne digitale Korrektur hinweist. Bei 70 mm ist die Verzeichnung sichtbar, bei den anderen Brennweiten etwas besser.

Aufnahme mit Nikon Z 2,8/70-200 mm

Abblenden steigert die Werte nicht.
Objektiv: Canon RF 2,8/70-200 mm L IS USM. Aufnahmedaten: 147 mm, Blende f/5, 1/800 s, ISO 100. Kamera: Canon EOS R.

© Lars Theiß

Das Nikon Nikkor Z 2,8/70-200 mm VR S wartet mit einer erstklassigen Mechanik auf. Es ist speziell gegen Nässe und Staub abgedichtet und behält seine Länge beim Zoomen, pumpt dabei also keine Luft. Die Zoom- und Fokussierringe sind ebenso wie der Multifunktionsring (das ist der Ring in Bajonettnähe) ausgezeichnet zu bedienen. Kleinigkeiten wie die mit Samt ausgeschlagene Streulichtblende oder die gummigemantelte Frontfilterfassung treiben die Wertung hoch.

Wie schon bei anderen Z-Nikkoren, hat das 70-200 mm ein OLED-Display, das auf Tastendruck die aktuelle Brennweite, Entfernungseinstellung oder den Schärfentiefebereich anzeigt. Neben den vier Funktionstasten im vorderen Bereich, auf denen klassischerweise die Schärfespeicherung liegt, gibt es eine weitere Funktionstaste. Der Fotograf kann diesen Tasten 21 verschiedene Funktionen zuweisen.

Das OLED-Display liefert auf Wunsch diverse Angaben zu Kamera- und Objektiveinstellungen, kann aber auch ausgeschaltet bleiben.

© Lars Theiß

Hervorragende Mechanik

Ausgeklügelt sind auch Stativschelle und -fuß: Gleich zwei kleine Stativ­gewinde sind im Fuß eingelassen; wird der Fuß abgenommen, steht noch ein Gewinde im Ring zur Verfügung.

Der eingebaute Bildstabilisator, über dessen Wirkungsstärke sich Nikon ausschweigt, kann nur über das Kameramenü ein- bzw. ausgeschaltet werden. Beim Fokussierbereichsbegrenzer könnte man sich ebenfalls eine Auswahl des Nahbereichs wünschen. Die Nahgrenze ist von 50 cm bei 70-mm-Einstellung bis 1 m bei 200 mm gleitend. Insgesamt bietet es eine hervorragende Fassungsqualität.

Optisch vermessen haben wir das Nikkor nur am VF-Sensor. Dort zeigt es je nach Brennweite sehr unterschiedliche Auflösungen: Bei 70 mm ist es ab f/4 sehr gut bis ausgezeichnet, bei 120 mm ab Offenblende ausgezeichnet, bei 200 mm erreicht es ab f/5,6 nur gute Werte. Beugungseffekte sind hingegen im Messbereich nicht auszumachen. Die Randabdunklung ist gut bis sichtbar und abgeblendet ausgezeichnet. Während die Verzeichnung bei 70 mm praktisch neutral ist, nimmt sie mit der Brennweite auf deutlich kissenförmig zu.

FAZIT zu den Profi-Telezooms

Es ist interessant zu sehen, wie unterschiedlich die beiden Telezooms performen: Während das Canon RF 70-200 mm mit einer sehr hohen Auflösung ab Offenblende und geringer Randabdunklung auftrumpft, glänzt das Z Nikkor mit einer Spitzenmechanik. Canon-Fotografen profitieren von dem geringeren Gewicht und den kürzeren Abmessungen.

> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test: Canon RF 2,8/70-200 mm L IS USM, Nikon Nikkor Z 2,8/70-200 mm VR S.

Labormessungen: Anders Uschold

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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 11/2020 erschienen.

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