Leica CL – da war doch was? Tatsächlich hatte Leica bereits in den 70er-Jahren eine CL im Programm: eine besonders kompakte und leichte Kleinbild-Sucherkamera, die in Kooperation mit Minolta entstand – die erste Leica „Made in Japan“ (siehe Test in fotoMAGAZIN 9/73). Die digitale CL ist nun wieder „Made in Germany“, sie wird also hier zusammengebaut, viele Komponenten kommen natürlich weiter aus Asien.
Eine entfernte Ähnlichkeit mit dem analogen Namensvetter ist durchaus vorhanden. Das Design ist, wie man es von Leica gewohnt ist, eher puristisch, wirkt aber weniger futuristisch als bei der TL2 – und das ist durchaus positiv gemeint. Statt des großen Touchscreens (9,4 cm Diagonale) als Bedienzentrale hat die CL einen normalgroßen Monitor (7,5 cm), aber mehr mechanische Bedienelemente. Links neben dem Monitor gibt es Play-, Funktions- und Menü-Tasten, rechts eine klassische Viererwippe mit Bestätigungstaste.
Die beiden Einstellräder auf der Oberseite haben jetzt ebenfalls Tasten. Mit der rechten lässt sich das Belichtungsprogramm wählen, mit der linken der ISO-Wert. Die Einstellungen werden im kleinen Status-Display auf der Oberseite angezeigt. Menü-Einträge lassen sich auf der ersten Ebene individuell anpassen („Favoriten“), genauso wie die Belegung der Bestätigungstaste.
Ein anpassbares Kurzmenü kann man außerdem durch die Kombination aus Funktionstaste und den Pfeilen auf der Viererwippe aufrufen. Der Monitor ermöglicht einige Touch-Funktionen (AF-Messfeld setzen, in der Wiedergabe vergrößern und weiterblättern), aber im Gegensatz zur TL2 keine komplette Touch-Bedienung aller Menüs (einige Untermenüs ausgenommen).
In den Sucherbetrieb schaltet die Kamera automatisch per Augensensor. Der E-Sucher ist angenehm groß, wenn auch nicht so riesig wie beispielsweise bei der Lumix G9. Die Auflösung ist mit 2,4 Millionen Bildpunkten (1024 x 768 mit jeweils drei RGB-Subpixeln) ausreichend für ein scharfes Bild. Auf dem Monitor und im Sucher lassen sich ein virtueller 3D-Horizont, ein Raster, eine Histogramm und eine Clipping-Warnung einblenden.
Bei der manuellen Fokussierung kann man die Schärfe dank Peaking und Vergrößerung sehr gut beurteilen. Insgesamt hat uns das Bedienkonzept der CL deutlich besser gefallen als das der TL2, auch wenn die Menüs immer noch recht unübersichtlich sind. Etwas umständlich ist auch die AF-Messfeldwahl. Auf dem Monitor kann diese per Touch erfolgen, im Sucherbetrieb aber nicht; hier muss man zeitraubend auf Feld oder Punkt umschalten, um das Messfeld mit den Pfeiltasten zu verschieben. Andere Hersteller machen den Touch-AF auch im Sucherbetrieb nutzbar. Denkbar wäre auch, dass der AF-Modus getrennt für Sucher und Monitor voreingestellt werden kann.
Verbesserte Ausstattung
Auch unter der Haube ist die CL deutlich mehr als eine TL2 mit Sucher. Überrascht haben uns beispielsweise die neuen Motivprogramme Schwenkpanorama (mit 8176 x 1920 Pixeln), Miniatur und HDR. Auch Intervallaufnahmen gab es bisher nicht.
Dringend notwendig war die Beseitigung einiger Bugs – die hoffentlich auch bei der TL2 als Firmware-Updates folgen. So funktioniert nun endlich die Schärfenachführung im Serienbildmodus und die Belichtungssimulation lässt sich im manuellen Modus deaktivieren. Dies ist die Voraussetzung, um im Studiobetrieb mit einer Blitzanlage zu arbeiten. Während bei der TL2 bei beispielsweise 1/180 s, Blende 8 und ISO 100 im dunklen Studio der Monitor schwarz bleibt (bis auf einen kurzen Moment bei der Fokussierung), kann die CL das Bild aufhellen, um eine Motivbeurteilung vorzunehmen.
Auch den dritten gravierenden Mangel der TL2 hat Leica behoben: Der elektronische Verschluss steht jetzt auf Wunsch bei allen Belichtungszeiten zur Verfügung und nicht nur bei ultrakurzen Zeiten; damit lässt sich nun also beispielsweise im Theater oder Konzert auch bei längeren Zeiten lautlos fotografieren. Der E-Verschluss erlaubt übrigens Zeiten bis zu 1/25.00s, der mechanische Verschluss wurde von 1/4000 s auf 1/8000s verbessert.
4K mit Crop
Auch den 4K-Videomodus hat Leica gegenüber der TL2 verbessert. Er nimmt wie gehabt maximal mit 3840 x 2160 Pixeln, 30 Bildern/s, rund 100 MBit/s und in sehr guter Qualität auf. Allerdings steht nun der Touch-AF zur Verfügung, sodass sich die Schärfe-ebene während der Aufnahme verlagern lässt. Leider wird das Bildfeld bei 4K stark beschnitten, bei Full-HD nicht. Immerhin: Bei der Videofunktionalität hat Leica Canon überholt – bei den spiegellosen EOS-Systemkameras gibt es maximal Full-HD.
Trotz deutlicher Verbesserungen bei der Ausstattung kann die CL insgesamt nicht mit der APS-C-Konkurrenz von Canon, Fujifilm oder Sony mithalten. So gibt es keine Sensorreinigung, keinen Bildstabilisator (weder in der Kamera wie bei Sony, noch in den Objektiven). Eine Bildbearbeitung in der Kamera ist leider auch nicht möglich. Schön wäre es, wenn man den Bildstil (bei Leica „Film Look“ genannt) nachträglich ändern könnte, um beispielsweise ein Farbbild in SW zu wandeln. Prinzipiell geht das natürlich am Computer in einem Bildbearbeitungsprogramm, allerdings nicht unbedingt im speziellen Leica-Look.
Im Gegensatz zu manchen anderen Herstellern stehen nämlich die Bildstile von Leica nicht in der Kamerakalibrierung von Lightroom oder Photoshop Camera Raw zur Verfügung (Käufer der CL erhalten ein 90-tägiges Foto-Abo von Adobe mit Lightroom und Photoshop). Bei der Schnittstellenausstattung fällt die CL sogar hinter die TL2 zurück: Es gibt schlicht keine mechanischen Schnittstellen – kein USB, kein HDMI, kein Audio. Lediglich das drahtlose Wi-Fi steht zur Verfügung. Einen eingebauten Blitz hat die CL nach wie vor nicht, ein Blitzschuh ist aber vorhanden.
Testbilder mit der Leica CL
Aus dem Testlabor
Kleine Überraschung: Die neue Leica ist richtig schnell. Den Einzel-Autofokus haben wir im Labor mit dem neuen Pancake-Objektiv 2,8/18 mm getestet. Diese Kombination hat eine sehr kurze Auslöseverzögerung von 0,3 s – das ist besser als die TL2, die wir allerdings mit dem Zoom Vario-Elmar-TL 3,5-5,6/18-56 mm vermessen haben. Im Serienbildmodus „H“ erreicht die CL ohne AF-Nachführung 10 Bilder/s – mit der schnellsten SD-Karte von Sony haben wir über 500 JPEGs oder 34 Raws in Folge gemessen – das ist sogar besser als von Leica angegeben. Der zweite Serienbildmodus „M“ erlaubt die AF-Nachführung, dann allerdings nur noch mit 3,5 Bildern/s.
Die Laborergebnisse für die JPEG-Bildqualität mit dem Referenzobjektiv 2,8/60 mm Makro enttäuschen dagegen etwas. So ist die Auflösung die mit Abstand niedrigste im Testfeld und liegt bis ISO 800 noch unter derjenigen der TL2: Maximal 67 Prozent Wirkungsgrad haben wir bei ISO 200 und 400 gemessen. Zum Vergleich: Die Fuji- und Sony-Modelle erreichen deutlich über 90 Prozent. Immerhin verschlechtert sich die Auflösung bis ISO 6400 nur geringfügig.
Das Bildrauschen ist bis ISO 800 sehr niedrig – hier erzielt die CL mit die besten Ergebnisse im Testfeld – steigt dann aber deutlich an; bei ISO 6400 rauscht die CL am stärksten. Ähnlich sieht es beim JPEG-Dynamikumfang aus: In den unteren ISO-Stufen sehr gut, ab ISO 3200 deutlich schlechter, aber immerhin besser als bei der EOS M5. Sehr enttäuschend sind übrigens die Auflösungswerte des neuen 18-mm-Pancake. Selbst bei bester Blende (f/5,6) erreicht es an der CL nur 58,5 Prozent Wirkungsgrad.
FAZIT
Kein Frage: Leica ist mit der CL auf dem richtigen Weg, kann aber mit der – preiswerteren – Konkurrenz, speziell von Fujifilm und Sony, nach wie vor nicht mithalten. Vor allem bei der Bildqualität und dem einen oder anderen Ausstattungsmerkmal ist noch Luft nach oben. Der Testsieg geht daher einmal mehr an die Fujifilm X-T2, knapp gefolgt von der Sony Alpha 6500. Den Preistipp gibt es für Canons spiegelloses Spitzenmodell, die EOS M5, die schon für unter 800 Euro erhältlich ist und damit weniger als ein Drittel der Leica CL kostet.
Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test (Canon EOS M5, Fujifilm X-Pro2 (Firmware-Version 4), Fujifilm X-T2, Leica CL, Leica TL, Sony Alpha 6500).
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test wurde in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 2/2018 veröffentlicht.
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