Die langen Makroobjektive mit Brennweiten um die 100 Millimeter erfreuen sich großer Beliebtheit, weil sie gleich zwei Motivbereiche abdecken: Nahaufnahmen und Porträts.
Für die jüngeren spiegellosen Vollformatsysteme sind nun solche Makros auf dem Markt, von denen wir drei in den BAS-Digital-Test geschickt haben. Wir vergleichen das Canon RF 2,8/100 mm L Macro IS USM, das Nikon Nikkor Z MC 2,8/105 mm VR S und das Sigma 2,8/105 mm DG DN Macro Art für L- und E-Bajonett.
Die Test-Makroobjektive im Überblick
Objektiv | Canon RF 2,8/100 mm L Macro IS USM | Nikon Nikkor Z MC 2,8/105 mm VR S | Sigma 2,8/105 mm DG DN Macro Art |
Gerechnet für Sensorgröße | Vollformat | Vollformat | Vollformat |
Linsen/Gruppen | 17/13 | 16/11 | 17/12 |
Nahgrenze | 0,26 m | 0,29 m | 0,295 m |
Kleinste Blende | 32 | 32-51 | 22 |
Filtergröße | 62 mm | 62 mm | 62 mm |
Baulänge | 148 mm | 140 mm | 133,6/135,6 mm |
Gewicht | 730 g | 630 g | 715/710 g (L/E) |
Besonderheiten | AF, Ultraschallmotor, Bildstabilisator, 1:1,4- Makro, Steuerring, Fokussierbereichsbe- grenzer, Steuerring für spärische Aberration, Staub- und Spritzwasser- schutz, Streulichtblende | AF, Bildstabilisator, 1:1- Makro, umprogram- mierbarer Einstellring, OLED-Display, Funk- tionstaste, Fokussier- bereichsbegrenzer, staub- und spritzwasserge- schützt, Streulichtblende | AF (HSM), 1:1-Makro, Fokus- sierbereichsbegrenzer, Fokus- Haltetaste, Blendenring, Blendenring-Klick-und-Sperr- schalter, Staub-und Spritz- wasserschutz, Streulichtblende, optionale Individualisierung mittels Software (nur L-Mount) |
Anschlüsse | Canon R | Nikon Z | Leica L, Sony ILCE-FE |
Preis | ca. 1550 Euro | ca. 1100 Euro | ca. 750 Euro |
Canon RF 2,8/100 mm L Macro IS USM
Nicht nur preislich, sondern auch im Ausstattungsumfang sticht das Canon RF 2,8/100 mm L Macro IS USM hervor. Die Canon-Ingenieure schufen das erste AF-Makroobjektiv mit 1,4facher Vergrößerung.
Das bedeutet, dass Objekte, die an der erstaunlich kurzen Nahgrene von 26 cm fotografiert werden, auf dem Kamerasensor größer als im Original abgebildet werden. Der Arbeitsabstand beträgt übrigens bei korrekt angebrachter Gegenlichtblende nur rund 4,5 cm.
Die zweite große Besonderheit des RF 100 mm ist die Steuerung der sphärischen Aberration. Dazu steht ein Einstellring zur Verfügung, der sich um jeweils vier (nicht rastende) Einheiten in den Plus- und Minusbereich drehen lässt. In der 0- oder Neutralstellung rastet er ein und lässt sich dort verriegeln, um unbeabsichtigten Einfluss zu verhindern.
Normalerweise versuchen die Hersteller mit großem Aufwand, die sphärische Aberration zu verringern. Dieser – auch Öffnungsfehler genannte – Abbildungsfehler einer optischen Konstruktion bewirkt vereinfacht gesagt, dass die vom gleichen Objektpunkt ausgehenden Lichtstrahlen (nach dem Passieren der Optik) auf dem Film oder Sensor nicht die gleiche Schnittweite haben, sprich nicht in einem Punkt zusammenlaufen. Das Ergebnis ist eine Unschärfe.
Beim Canon-Macro wird nun eine Linsengruppe bewegt, die für genau diesen Fehler sorgt: Beim Drehen in den Plusbereich werden die unscharfen Bildanteile (Bokeh) vor dem Fokussierungspunkt weicher und die dahinter liegenden verstärkt, was auch als Zwiebelring- oder Seifenblasen-Effekt bezeichnet wird. Außerdem wird der scharfgestellte Bereich weichgezeichnet, was bei Porträts erwünscht sein kann.
Sphärische Aberration beim Canon RF 2,8/100 mm L Macro IS USM
Der Bildeffekt beim Drehen in den Minusbereich sieht etwas anders aus: Zwar wird auch hier das Scharfgestellte weichgezeichnet, doch die Bokeh-Konturen im Vordergrund werden kräftiger und der Hintergrund weicher, wobei je nach Motiv ein Swirl-Effekt zu beobachten ist. Die Stärke der oben beschriebenen Auswirkungen hängt von einigen Faktoren ab:
- Sie lässt mit dem Abblenden nach.
- Der ideale Entfernungsbereich soll 50 cm betragen, an der Nahgrenze und bei Unendlich-Einstellung ist er minimal.
- Eine weitere Rolle spielen die Abstände zwischen Vorder- und Hintergrund.
Zudem verändert sich die Belichtung und wird der Bildausschnitt größer/kleiner, was bei sorgfältigen Bildkompositionen bspw. mit Stativ zu berücksichtigen ist. Im Labor haben wir in der Nullstellung der Aberrationskontrolle gemessen. Da zeigt das Canon eine ungewöhnliche und recht ausgeprägte Offenblendschwäche, die erst ab f/5,6 behoben wird.
Nikon Nikkor Z MC 2,8/105 mm VR S
Deutlich sanfter verläuft die Auflösungskurve beim Nikon Nikkor Z MC 2,8/105 mm VR S. Hier und bei der Verzeichnung sammelt es mehr Punkte ein. Seine Ausstattung mit Bildstabilisator (nur über die Kamera steuerbar) und dem elektronischen Display lässt kaum Wünsche offen – außer einem einstellbaren Fernbereich beim Fokussierbereichsbegrenzer.
Sigma 2,8/105 mm DG DN Macro Art
Einen einstellbaren Fernbereich beim Fokussierbereichsbegrenzer wiederum besitzt das Sigma 2,8/105 mm DG DN Macro Art.
Sigma verzichtet zwar auf den Optical Stabilizer, doch die jüngeren Sony-E- und Panasonic-S-Kameras verfügen über sensorbasierte Stabilisatoren. Die Ausstattung ist also vergleichsweise normal, dafür ist seine Auflösung ab Offenblende überragend. Kleine Schwächen bei der Randabdunklung und Verzeichnung lassen sich durch kamerainterne Korrekturen ausbügeln.
„Alle drei Testkandidaten überzeugen mit hohen Leistungen.“
Fazit lange Makroobjektive
In welchem Kamerasystem Sie auch unterwegs sind, mit den drei Makroobjektiven machen Sie einen guten Fang. Das Canon RF 100 mm liegt zwar im Preis klar über den beiden anderen, bietet jedoch Fotografen, die gerne mit Effekten spielen, einen gehörigen Zusatznutzen. Spitzenleistungen liefert das Nikkor Z 105 mm, während das Sigma 105 mm für alle L- und E-Kunden eine nicht nur preislich sehr attraktive Lösung darstellt.
> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test der langen Makroobjektive.
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 1/2022 erschienen.
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