Achten Sie während des Fotografierens darauf, dass Ihr Model den Bildschirm nicht einsehen kann – das lenkt ab und verunsichert.
© Adobe Stock/KapinonEiner der Vorteile der Digitalfotografie liegt darin, dass sich das Bildergebnis sofort nach der Aufnahme überprüfen lässt. Trotz großer und hochauflösender Displays auf der Kamerarückseite kommt es in der Praxis dennoch vor, dass bei der späteren Betrachtung am PC-Monitor einiges nicht passt. Sei es die Blendenwahl, der Schärfeverlauf, der Fokus oder einzelne Details. Hier schafft Tethered Shooting Abhilfe, weil Sie die Aufnahme direkt kontrollieren können.
Diese Probleme lassen sich umgehen, indem Sie per USB-Kabel direkt „in den Computer“ fotografieren. Diese „gefesselte“ Art des Fotografierens wird als Tethered Shooting bezeichnet. Mit Tethered Shooting erhalten Sie neben einer optimierten Bildkontrolle am großen PC-Monitor zahlreiche weitere Vorteile: Im Raw-Konverter können Sie direkt den passenden Look einstellen und eine realistische Vorschau auf das finale Bild genießen. Zudem erlauben Ihnen Tethered Shooting-Pausen, bereits eine Vorauswahl zu treffen, Posen mit Ihrem Model abzusprechen, bei Produktaufnahmen letzte Fussel zu entfernen oder Stillleben zurechtzurücken. Selbst Ihre Kunden profitieren davon, wenn sie direkt vor Ort einen ersten Eindruck des fertigen Bildes erhalten.
Und die Nachteile? Gibt es eigentlich nur wenige. Letztlich stehen räumliche Begrenzungen und Stolperfallen durch das USB-Kabel sowie ein etwas aufwendigerer Hardware-Aufbau bei On-Location-Shootings einer Nutzung von Tethered Shooting entgegen. Doch was genau braucht es, um Tethered Shooting durchzuführen? Verschaffen wir uns einen Überblick.
Equipment
Zunächst muss natürlich Ihre Kamera über einen USB-Ausgang verfügen, der es ermöglicht, Raw-Dateien in Echtzeit an den Computer zu senden – eine wichtige Voraussetzung für effektives Tethered Shooting. In der Theorie gibt es auch Optionen per Wi-Fi, entweder über die Kamera selbst oder spezielle SD-Karten. Bei häufig über 50 MB pro Raw-Datei und einer hohen Aufnahmefrequenz sind diese Übertragungsmethoden jedoch schlicht zu langsam. Auch das Kabel selbst sollte mit Bedacht gewählt werden: Mit Verlängerung oder ohne? Das teure Profi-Kabel oder das günstige Discounter-Teil von Amazon?
Auf die (Kabel-)Länge kommt es an
Für maximale Bewegungsfreiheit beim Tethered Shooting gilt: Je länger, desto besser. Gerade beim Fotografieren in großen Studios oder on Location ist die Kabellänge oft ein einschränkender Faktor. Standard-USB-Kabel gibt es in der Regel bis zu fünf Meter Länge. Wer auf hochwertige Kabel Wert legt, findet beispielsweise bei Tether Tools ein 4,6 Meter langes Kabel. Zu einem stattlichen Preis – etwa 50 Euro – lohnt sich diese Investition: Das Kabel ist dank seines intensiven Oranges nicht nur besser sichtbar und dadurch weniger eine Stolperfalle, sondern bietet auch hochwertige Anschlüsse, die eine stabile Verbindung zwischen Kamera und PC für optimales Tethered Shooting gewährleisten.
Die hochwertigen Kabel von Tether Tools sind unter Profis besonders beliebt und leicht an ihrer orangen Farbe erkennbar.
© Adobe Stock/Jacob LundWer mehr als fünf Meter Länge benötigt, kann zusätzlich auf eine aktive USB-Verlängerung zurückgreifen. Bei Verwendung eines guten Kabels empfiehlt sich hier eine hochwertige Verlängerung, ebenfalls von Tether Tools erhältlich in 4,9 Meter Länge. Der Gesamtradius von knapp zehn Metern sollte dann auch für fast alle Anforderungen an Tethered Shooting genügen.
Wer allerdings häufig mit USB-Kabel fotografiert, kann mit der Zeit Probleme mit dem USB-Anschluss bekommen, da das Kabel ständig in Bewegung ist. Eine absolute Empfehlung für nachhaltiges Tethered Shooting ist daher eine Zugentlastung. Auch hier gibt es einfache Optionen von Tether Tools; andere, stabilere Systeme führen das Kabel durch die Stativplatte oder klemmen den Stecker direkt an einem Gestell fest.
Tethered Shooting on Location
Ein Aspekt, der nach wie vor von vielen Fotografen vernachlässigt wird, ist das Tethered Shooting on Location. Gerade dort, wo der Zeitdruck besonders hoch ist und die Lichtsituationen ungewohnt sind, lohnt es sich, mit Tethered Shooting eine schnelle und hochwertige Vorschau des Ergebnisses zu erhalten. Um die Bilder vor Ort am Computer wiederzugeben, benötigen Sie zunächst ein Notebook oder MacBook, außerdem ein Stativ mit solider Laptop-Halterung und idealerweise zusätzlich ein Laptop-Zelt für eine gute Ablesbarkeit bei Außenaufnahmen.
Wichtig dabei: Ein Notebook auf einem Stativ läuft immer Gefahr, durch Kabelzug oder Berührung des Stativs umgeworfen zu werden. Versuchen Sie, dieses Risiko beim Tethered Shooting so weit wie möglich zu reduzieren! Möglicherweise gibt es vor Ort einen Tisch, auf dem Sie Ihr Notebook abstellen – oder Sie befestigen es mit Panzer-Tape. Falls diese Option nicht besteht, informieren Sie sich über stabile, passende Notebook-Ständer fürs Stativ, beispielsweise die Leofoto LCH-2.
Der letzte entscheidende Punkt in Sachen Equipment ist die passende Software. Für ein reibungsloses Tethered Shooting bieten sich die gängigen Raw-Converter in Lightroom Classic oder Capture One an. Auf die Bedienung der Tethered Shooting-Funktionen gehen wir später noch ein.
Workflow beim Tethered Shooting
Der Ablauf beim Tethered Shooting ist denkbar einfach: Fotografieren Sie in Raw bei voller Auflösung. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen möchten, können Sie – je nach Kamera – parallel dazu JPGs auf der Speicherkarte ablegen lassen. In jedem Fall sollten Sie Ihre Daten nach Ende der Foto-Session zeitnah sichern, da bei Tethered Shooting auf dem PC die Gefahr von Datenverlust etwas höher ist als auf der Speicherkarte.
Aus der Praxis empfiehlt sich folgende Vorgehensweise für ein optimales Tethered Shooting: Machen Sie von jedem Motiv und in jeder Location zunächst ein paar Testbilder. Überprüfen Sie diese am PC und passen Sie gegebenenfalls die Raw-Einstellungen oder das Licht-Setup an.
Das Model sieht den Monitor erst am Schluss
Wenn der Bildeindruck stimmt, sollten Sie das Motiv weitgehend störungsfrei durchfotografieren, um Ihre Konzentration aufrechtzuerhalten, und nur sporadisch einen Blick auf den Monitor werfen. Nutzen Sie stattdessen die Zeit zwischen den Aufnahmen, um die Bildausbeute zu kontrollieren und bereits per Sterne-Bewertung eine erste Vorauswahl zu treffen.
Lassen Sie dann – und erst dann – auch das Model einen Blick auf die Bilder werfen, um gemeinsam herauszufinden, welche Posen gut funktionieren und welche nicht. Achten Sie dabei darauf, dass der Monitor während des Tethered Shooting nicht für das Model einsehbar ist, um Ablenkungen und ständiges Korrigieren zu vermeiden – so bleibt der für ein gutes Bild nötige Flow erhalten.
Ein weiterer Vorteil des Tethered Shooting ist, dass bei Auftragsaufnahmen der Kunde direkt einen Blick auf die Bilder werfen und das Ergebnis beurteilen kann. Professionelle Fotografen arbeiten oft ergänzend mit einem Digital Producer, der dafür sorgt, dass das Tethered Shooting in Echtzeit am Computer optimiert wird.
Die richtige Software für Tethered Shooting
Sowohl Lightroom Classic als auch Capture One bieten einfache und praktische Möglichkeiten, um Kameradaten in Echtzeit zu verarbeiten – ideal für Tethered Shooting.
Bei Lightroom müssen Sie die Tethered Shooting-Funktion im Menü aktivieren.
© ScreenshotBei Capture One genügt es, die Kamera anzuschließen; die Raw-Dateien werden dann automatisch im Aufnahmeordner gespeichert. In beiden Programmen können Sie die Kamera-Einstellungen direkt am Computer anpassen, und das Auslösen vom PC aus ist ebenfalls möglich. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn Sie unbewegte Motive vom Stativ aus fotografieren – beispielsweise ein Fahrzeug, ein Produkt oder ein Stillleben – oder wenn Sie Verwacklungen bei langen Verschlusszeiten vermeiden möchten.
Die Dateibenennung und die gewünschten Einstellungen wie Farbe, Kontrast, Anschnitt und Masken legen Sie direkt in der Software fest. Üblicherweise empfiehlt es sich, die Einstellungen des vorherigen Bildes zu übernehmen. Sie können aber auch eigene Presets verwenden. Wer fürs Tethered Shooting Capture One nutzt, kann zudem bei der Bildkontrolle während einer Pause noch schnell die Schärfe kontrollieren: Wählen Sie im Lupen-Reiter das Fokus-Fenster, stellen Sie den Zoom-Faktor auf etwa 80 Prozent ein und wählen Sie den Augenbereich aus – so sehen Sie das Hauptbild als Ganzes und im Fokusfenster nur den Augenbereich im 80-Prozent-Zoom.
Professionelle Bildkontrolle während des Shootings
Tethered Shooting bringt zahlreiche Vorteile und ist für jeden Fotografen, dessen Kamera über einen USB-Ausgang verfügt, sehr empfehlenswert für einen qualitativ optimalen Workflow. Durch den Einsatz von Tethered Shooting sichern Sie nicht nur Ihre Bilder, sondern optimieren auch Ihre Arbeitsprozesse erheblich.
Tipp: Achten Sie darauf, die Bilder nach dem Shooting zu sichern – denn bei Tethered Shooting besteht auf dem PC eine höhere Gefahr von Datenverlust als auf der Speicherkarte. Lassen Sie sich nicht stressen, wenn Ihre Bildauswahl zwischen den Aufnahmen etwas länger dauert und Ihr Model schon wieder am Set wartet. Am Ende profitieren alle davon, wenn Sie Ihre Bilder bereits während des Shootings professionell kontrollieren.
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