Sowohl das OM System M.Zuiko Digital ED 3,5/90 mm Macro IS Pro als auch das Sony FE 1,4/50 mm GM sind keine Objektive, die sich der Systemkamera-Einsteiger oder -Aufsteiger als erstes zulegen würde. Doch wer entweder im MFT-System Makrofotografie betreiben möchte oder als Sony-Fotograf einen sehr lichtstarken Allrounder für beispielsweise Straße und Available-light (und möglicherweise Videos) sucht, dürfte die Neuheiten weit oben auf seiner Wunschliste platzieren.
> Unsere Testobjektive auf einen Blick
Sony FE 1,4/50 mm GM: kleines und leichtes Vollformat-Standardobjektiv
Das Sony FE 1,4/50 mm GM reiht sich ein zwischen fünf existierenden 50er und einem 1,8/55 mm Sonnar ZA von Sony (ca. 800 Euro). Zudem gibt es zahlreiche Alternativen der Fremdhersteller.
Das Sony FE 1,4/50 mm GM ist ein sehr leistungsfähiges Objektiv.
Lars Theiß, Praxisredakteur
Für das FE 1,4/50 mm GM sprechen die hohe Lichtstärke und die üppige Ausstattung. Zwei XD-Linear-Motoren treiben den Autofokus schnell (laut Sony 1,9x flinker als beim rund 250 Gramm schwereren 1,4/50 mm ZA) und leise an, zwei Fokushaltetasten speichern entweder die Entfernung oder lassen sich anderweitig programmieren. Nicht nur, dass es einen Blendenring besitzt: Dieser kann auch im Automatik- oder im Blendeneinstellmodus arretiert werden. Ein weiterer Schalter wählt zwischen Klicken in Drittelstufen oder laut- und stufenlosem Verstellen der Blende aus, was insbesondere Filmer freut. Alle beweglichen Teile sind abgedichtet.
Professionellen Ansprüchen genügt die samtmattierte Streulichtblende: Sie hat eine gummierte Vorderkante und ist mittels Knopf zu entriegeln. Da das Objektiv glänzende Oberflächen an der Hinterlinsenblende aufweist, ist der Streulichtschutz gut bis sehr gut. Der gummierte Fokussierring ist feinfühlig bedienbar und wird rein elektronisch linear gesteuert.
Das alles ergibt 89 Prozent für die Mechanik.
In der Kategorie Optik erreicht das FE 1,4/50 mm GM ebenfalls 89 Prozent. Der Vierzehnlinser erzielt schon bei offener Blende hervorragende Auflösungswerte. Abblenden steigert die Werte in den 100-Prozent-Bereich, was zu einem außergewöhnlich weiten bevorzugten Blendenbereich führt: Es gibt keinen Grund, aus Rücksicht auf die Bildqualität eine bestimmte Blende einzustellen. Etwas Federn lässt das Normalobjektiv bei der Randabdunklung. Die ist aufgeblendet sichtbar bis deutlich und abgeblendet bei f/2,8 noch sichtbar mit sehr natürlichem Verlauf. Die Verzeichnung zeigt sich – ohne kamerainterne Korrektur – leicht bis sichtbar kissenförmig, was ein gutes bis sehr gutes Ergebnis ist.
OM System M.Zuiko Digital ED 3,5/90 mm Macro IS Pro: Leistungsstarkes Makro
Das langerwartete OM System M.Zuiko Digital ED 3,5/90 mm Macro IS Pro entspricht äquivalent zum Kleinbild einem 180 mm und schafft eine bis zu 2-fache und damit extrem starke Vergrößerung (KB-äquivalent 4x). Das ist aber noch nicht das Ende der Vergrößerungsfähigkeit: Als erstes OM System-/Olympus-Makro ist es auch mit den Telekonvertern MC-14 und MC-20 kompatibel, mit denen sich eine bis zu 4-fache Vergrößerung erzielen lässt (8-fach bei Vollformat).
Der Fokussierbereichsbegrenzer legt die Entfernungseinstellung innerhalb einer bestimmten Distanz fest: S-Macro für 2:1 reicht von der Nahgrenze bei 22,4 cm bis 50 cm. Der zweite Bereich startet bei 25 cm (1:1) und geht ebenfalls bis 50 cm. „Full“ ist beim Objektiv 25 cm bis unendlich. Einen reinen Telebereich ohne Nahbereich offeriert das 90 mm nicht. Zur manuellen Scharfeinstellung wird der ausgezeichnet bedienbare Fokusierring in Richtung Kamera gezogen und der Autofokus entkoppelt (Focus Clutch). Das gibt eine Entfernungsskala mit Vergrößerungsfaktor-Markierungen frei. Focus-Stacking wird vom umfassend abgedichteten 3,5/90 mm Macro unterstützt.
„Es gibt nur ganz wenig, was OM System hätte besser machen können.“
Lars Theiß, Praxisredakteur
Mit einem kompatiblen Kameragehäuse erlaubt der Bildstabilisator (IS) die 5-Achsen-Sync-Bildstabilisierung. Ohne Sync-IS bietet das Makro 6 EV, mit Sync-IS 7 EV Verschlusszeitkompensation gegen Verwacklungen. Da das Makro nicht so schwer ist, macht es die Kamera-Objektiv-Kombination nicht allzu kopflastig, dennoch wird sich mancher eine passende Stativschelle für eine bessere Balance wünschen.
In der optischen Messung zeigt das 3,5/90 mm Macro eine ausgezeichnete Auflösung ab der Anfangsöffnung, die beim Abblenden nachlässt. Bei Makromotiven sollte also nicht zu stark abgeblendet oder bei Bedarf das Stacking in Betracht gezogen werden. Die Randabdunklung ist nur bei offener Blende mit natürlichem Verlauf sichtbar. Überzeugend ist die Verzeichnung korrigiert, die das Makro reprotauglich macht. So holt sich das 3,5/90 mm Macro ein souveränes „Super“.
FAZIT
Das lange Warten auf das M.Zuiko Digital ED 3,5/90 mm Macro IS Pro hat sich gelohnt, es gibt nur ganz wenig, was OM System hätte besser machen können. Insofern kann der Interessierte bedenkenlos zugreifen. Auch das Sony FE 1,4/50 mm GM ist ein sehr leistungsfähiges Objektiv. Die kleinen Schwächen bei Randabdunklung und Verzeichnung lassen sich leicht korrigieren. Wer nach einem solchen Objektivtyp Ausschau hält, macht mit diesem Normalobjektiv nichts falsch.
> Hier gelangen Sie zum Download der Tabelle mit allen Ergebnissen aus unserem Test.
Labormessungen: Anders Uschold
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Dieser Test ist in unserer Ausgabe fotoMAGAZIN 4/2023 erschienen.
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