Edda Fahrenhorst: Kuratorin des Umweltfotofestivals "horizonte zingst"

Wir sprachen mit Edda Fahrenhorst über Besucherzahlen, Fotofestival-Konkurrenz und den diesjährigen Themenschwerpunkt "Flora" des Umweltfotofestivals "horizonte zingst".

Manfred Zollner

Manfred Zollner

Chefredakteur fotoMAGAZIN

Edda Fahrenhorst
Foto: © Sebastian Vollmert

Seit 2020 ist Edda Fahrenhorst Kuratorin des Umweltfotofestivals „horizonte zingst“ und dort Nachfolgerin des Gründers Klaus Tiedge. Unter ihrer künstlerischen Leitung hat das Festival zu einer konsequenten inhaltlichen Fokussierung gefunden. Wir haben das Festival, das vom 7. bis 11. Juni stattgefunden hat, besucht und uns mit der Hamburgerin zu einem Gespräch getroffen.

Peter Biaobrzeski und Edda Fahrenhorst in Zingst

Edda Fahrenhorst (rechts) neben dem Fotografen Peter Bialobrzeski, der mit seinem „Waldschadensbericht“ auf dem Festival vertreten war.

Foto: © Manfred Zollner

fotoMAGAZIN: Diesmal haben Sie für das „horizonte zingst“-Festival den Themen-Schwerpunkt „Flora“ ausgesucht. Wie kam es zu dieser Themenwahl?
Edda Fahrenhorst: Ursprünglich hatten wir tatsächlich ein kritischeres Thema geplant, doch dann haben wir uns alle letztes Jahr im Oktober zusammengesetzt und anders entschieden. Sie erinnern sich vielleicht: Im Oktober drohte uns ein dunkler, düsterer und fieser Winter. Also entschieden wir, ein freundlicheres zu Thema wählen.

fotoMAGAZIN: Sie haben auch durchaus kritische Aspekte zum Thema Flora eingebracht. Das erkenne ich als wichtigen Grundgedanken dieses Festivals, dass hier ein Thema aus verschiedensten Perspektiven beleuchtet wird.
Edda Fahrenhorst: Genau, wir sind ja nach wie vor das Umweltfotofestival. Tatsächlich ist das Thema Flora nur deutlich leiser und auch in Teilen auch leichter als andere Themen.

fotoMAGAZIN: Was haben Sie im vergangenen Jahr bei „horizonte zingst“ gelernt und diesmal anders gemacht?
Edda Fahrenhorst: Vor allen Dingen habe ich sehr genau auf die Mischung der Arbeiten geachtet. Ich wollte, dass alles noch besser durchmischt und abwechslungsreich ist – unterhaltsam, humorvoll, kritisch.

fotoMAGAZIN: Was steht hinter der Kürzung des Festivaldauer auf weniger Veranstaltungstage in diesem Jahr?
Edda Fahrenhorst: Dahinter steht die Überlegung, dass wir zwei Wochenenden in unserem Festival hatten, als es zehn Tage dauerte. Am ersten Wochenende hatten wir die ganzen Fotografinnen und Fotografen zu Besuch und es gab die Vernissagen. Das war unser Ausstellungs-Wochenende. Am zweiten Wochenende gab es dann den Fotomarkt. Wir hatten tatsächlich eine Menge Beschwerden. Besucher fanden es doof, sich für ein Wochenende entscheiden zu müssen, da sie nicht so viel Urlaub hatten. Deshalb haben wir das dieses Jahr zusammengelegt.

fotoMAGAZIN: Schmerzt es bei der Bilanzierung, wenn sich dadurch die Besucherzahlen automatisch reduzieren sollten.
Edda Fahrenhorst: Erstmal nicht, weil wir das alle als Experiment, als Test betrachten. Aber tatsächlich ist uns sehr daran gelegen, dass wir eben alle Bereiche zusammenbinden, die wir hier in Zingst anbieten.

fotoMAGAZIN: Ein Lerneffekt des Festivals 2022 war offensichtlich, dass die monothematische Ausrichtung gut funktioniert.
Edda Fahrenhorst: Sie hat für uns sehr gut funktioniert. Natürlich gab es auch Kritikpunkte. Man kann es nie allen recht machen. Doch tatsächlich haben wir gemerkt, dass es bei der Vorbereitung und der Organisation einfacher ist, mit einem Thema zu hantieren.

fotoMAGAZIN: Haben die Besucher akzeptiert, dass das Festival jetzt kritischer geworden ist, dass es jetzt auch politischer ist?
Edda Fahrenhorst: Auch da gibt es Kritiker. Aber ich habe schon den Eindruck, dass das Publikum sehr aufmerksam ist und sehr genau hinhört. Das Publikum, das an unseren Veranstaltungen teilgenommen hat, war dem Thema gegenüber sehr aufgeschlossen.

fotoMAGAZIN: Wie viel Spielraum haben Sie bei der Wahl der Veranstaltungsorte für das Festival? Können Sie da selbst auswählen?
Edda Fahrenhorst:  Die Ausstellungsorte stehen fest. Wir haben zwei bis drei Variablen, die wir immer wieder tauschen. Letztes Jahr zum Beispiel waren wir im Marinekomplex. Dort zeigte Pablo Piovano seine Arbeit „The Human Cost“. Für diese Location hatte ich jetzt auch diesmal schon etwas angedacht, aber wir haben den Raum aus Versicherungsgründen jetzt nicht mehr bespielt.

fotoMAGAZIN: In Zingst wird weiter viel gebaut. Ist das auf Dauer schwierig für das Festival, weil es weniger Platz für Ausstellungen geben wird?
Edda Fahrenhorst: Erstmal nicht. Wir haben viele Möglichkeiten. Die wird es auf Dauer auch geben. Ich mag natürlich Orte, die nicht ganz so perfekt sind – wie den Marinekomplex.

fotoMAGAZIN: In den Gebäuden steckt eben auch ein bisschen Vergangenheit.
Edda Fahrenhorst: Genau und damit lässt sich auch bei einer Ausstellung natürlich prima arbeiten.

fotoMAGAZIN: Verraten Sie uns bereits, was jetzt das nächste Festivalthema sein wird?
Edda Fahrenhorst: Ich kann es tatsächlich nicht, weil die Entscheidung noch nicht gefallen ist. Ich denke, das wird auch wieder im September/Oktober geschehen. Es sind also noch viele verschiedene Themen in der Pipeline.

fotoMAGAZIN: Und dann wird auch erst entschieden, wie lange das nächste Festival dauern wird?
Edda Fahrenhorst: Nein, das wird früher passieren, weil viele Leute ihren Jahresurlaub danach einrichten. Das wird also relativ flott geschehen.

fotoMAGAZIN: Welche Rolle spielen der Fotomarkt, Workshops und Vorlesungen und Vorträge im heutigen Festivalkonzept?
Edda Fahrenhorst: Eine ganz große Rolle, denn wir haben viele Gäste, die das von Anfang an kennen und sehr schätzen. Sie kommen einfach auch deswegen. Ich glaube, diese Verknüpfung von Industrie und Kultur ist in Deutschland tatsächlich einzigartig.

fotoMAGAZIN: Mir scheint, die Partnerschaft des Festivals mit den beiden Zeitschriften Stern und Geo sind enger geworden. Täuscht dieser Eindruck?
Edda Fahrenhorst. Ich habe das tatsächlich intensiviert, weil uns diese Medienpartnerschafft einerseits ganz viel Themenaustausch bringt und zudem auch Öffentlichkeit.

fotoMAGAZIN: Benötigen Sie für die Ausstellungen noch externe Sponsoren, die Gelder zuschießen oder funktioniert das Festival auch ohne diese?
Edda Fahrenhorst: Das Festival funktioniert seit Jahren für sich – auch, weil wir bereits eine Reihe von Partnern haben. Diese stecken viel Geld in die Ausstellungen und bringen viel Know-how ein. Sie gehören so eng zum Team, das ich mir die Arbeit ohne sie gar nicht vorstellen kann.

fotoMAGAZIN: Ergänzen sich momentan die Fotofestivals in Deutschland – oder nehmen sie sich gegenseitig Zuschauer?
Edda Fahrenhorst: Das ist schwer zu sagen. Ich finde an der Stelle kann noch eine Menge getan werden. Also ich würde mir das wünschen.

fotoMAGAZIN: Bessere Zusammenarbeit?
Edda Fahrenhorst: Keine Zusammenarbeit, aber zumindest einen Austausch. Ich habe das jetzt ein bisschen angefangen und wünschte, ich hätte mehr Zeit, um das zu intensivieren. Zum Beispiel war ich mit der Kollegin von den Darmstädter Fototagen im Austausch. Ich finde, das sollten wir mehr forcieren. Tatsächlich ziehen wir alle am gleichen Strang und haben alle das gleiche Interesse.

fotoMAGAZIN: Das ist wahrscheinlich auch keine Konkurrenz.
Edda Fahrenhorst: Nein, ich empfinde das nicht als Konkurrenz.

fotoMAGAZIN: Irgendwo ist allerdings permanent ein Festival – zu viele, um überall dabei zu sein.

„Selten habe ich so ein aufmerksames Publikum erlebt, das Spaß hat, das fragt, das auch geduldig zuhört.“

Edda Fahrenhorst, Kuratorin

Edda Fahrenhorst: Genau, deswegen richten sich die Festivals immer an einen bestimmten Umkreis. Also aus Bayern gibt es natürlich vereinzelt Leute, die nach Zingst kommen, aber unsere Gäste kommen eigentlich oft aus der Region.

fotoMAGAZIN: Wenn Sie auf Fotofestivals schauen, achten Sie dann mehr aufs Ausland als auf Deutschland?
Edda Fahrenhorst: Also ich reise dieses Jahr zu Cortona on the Move und freue ich mich total darauf. Sonst war ich öfter in Baden bei Wien zu Gast bei La Gacilly-Baden.

fotoMAGAZIN: Was ist Ihnen diesmal noch so aufgefallen zu diesem Zingster Festival: Verändert sich hier etwas?
Edda Fahrenhorst: Ich kann nur zu den Ausstellungen etwas sagen. Das Publikum, das an den Führungen und den Vernissagen teilnimmt, ist sehr viel größer geworden und es ist unglaublich aufmerksam. Selten habe ich so ein aufmerksames Publikum erlebt, das Spaß hat, das fragt, das auch geduldig zuhört.

Zur Person
Edda Fahrenhorst ist seit 2020 Kuratorin des Umweltfotofestivals »horizonte zingst«. Darüber hinaus arbeitet die Hamburgerin in ihrer Heimatstadt als Mitinhaberin und Geschäftsführerin der Agentur Fotogloria.  

–––––––––––––

Horizonte Zingst 2024

Bereits drei Tage nach Ende des Festivals verkündeten die Veranstalter eine positive Bilanz und gaben den Termin für das nächste Jahr bekannt: Das 17. Umweltfotofestival soll dann wieder zehn Tage lang gefeiert werden, und zwar vom 8. bis 16. Juni 2024. Das Thema soll in Kürze bekannt gegeben werden.

Beitrage Teilen